Thailändisch lernen

Imker und Bienen

        #1  

Member

Über Imker, Bienen und Stiche


Nein, Pattaya hat seine Anziehungskraft noch lange nicht verloren, und schon gar nicht die Bienen. Die Frage bleibt aber immer, was der geneigte Besucher eigentlich sucht.
Im Allgemeinen sucht man etwas, was man nicht hat, was einem fehlt. Vielen Besuchern Pattayas scheinen dementsprechend einige heisse Nächte zu fehlen., oder, genauer gesagt, die damit verbundene Anerkennung. Es ist nicht allzu schwer, in Pattaya eine liebenswerte Person zu finden, die sich für einige hundert Baht aufgibt, und einen ganzen Tag lang Geliebte spielt.
Glückselig der Freier, der in Deutschlands Bordellen stets ergebnislos mit seiner Angehimmelten „die ganze Nacht“ verbringen will, und dem dort kommentarlos das Fensterchen oder die Tür vor der Nase zugemacht werden. In Pattaya ist dies ohne Problem die ganze Nacht möglich, ja geradezu selbstverständlich. Selbstverständlich auch, daß die Angehimmelte sogar >Geliebte< spielt.
Doch dann wird es oft ernst. Der Freier bekommt das Gefühl, wirklich geliebt zu werden, und das will er jetzt, bitteschön, nicht nur für eine Nacht mit jeweils einer anderen Biene, sondern er möchte jetzt geliebt, umsorgt und verwöhnt werden. Und das immer zu jeder Tageszeit. Einfach immer!
Aber, während eine Nacht recht kurzweilig und auch lustig sein kann, ist ein Leben viel langweiliger und schwieriger. Meist will er in jeder Beziehung versorgt werden. Dafür zeigt er seiner Angehimmelten dann auch, wie sie deutsch ißt und deutsches Essen zubereiten kann. Wie sie deutsch sprechen soll, sich deutsch und nützlich verhält, wie sie ihm am besten entspricht und wie sie immer brav zu Hause sitzen darf. Sie darf eigentlich alles, nur sie selbst darf sie nicht sein. Aber man kann keinen Menschen ändern. Wenn man mit ihm nicht so leben kann, wie er ist, dann sollte man es bleiben lassen, denn die Endtäuschungen und der Abflug sind dann bereits vorprogrammiert.


Im Nachfolgenden beschreibt ein „Imker“ den Werdegang seiner Bekanntschaften in Pattaya.
Denn, wer kann schon 365 Tage am Stück Schlaraffia ertragen? In seinen heissen Nachtträumen auf jeden Fall wohl nur der, der vom Schlaraffenfieber einmal infiziert nicht auf Dauer seine Zelte aufschlägt, aufschlagen will, oder aufschlagen muss, wo Tausende honigsüßer Bienen auch noch vor allem gerade nachts durch die Straßen schwirren. Schwirren, weil sie es wollen. Schwirren, weil sie es auf der Suche nach Blumen und Nektar müssen. Nicht weniigen der zweiten Sorte ist das leid.
Meine Biene zum Beispiel kam, wie so viele andere , aus dem Issan nach Schlaraffia geflogen. Der Stock, in dem Sie geboren wurde und aufwuchs, war morsch geworden, ist inzwischen nahe am Verfallen. Sie wollte alo auch an den Blumen riechen, Nektar sammeln, und vom Honig kosten. Das ist ja so leicht in Schhlaraffia. Hatte sie gehört. Außerdem wären da so viele deutsche Imker, die die kleinen Majas mögen und sie mitunter mit Zucker füttern.
Einen würde es da schon geben, der sie findet und sich ihrer an-, vielleicht sogar mit in seine Heimat nimmt, wo ja die Blumen noch bunter, noch größer und der Nektar noch süßer sein sollen. Dachte sie mit ihrem kleinen Bienenverstand und schien damit richtig zu liegen. Sie fand einen Imker der gut zu ihr war und sie umsorgte. Bis eine kesse Biene kam. Da wurde sie, die ruhige und sanfte, verstoßen. Wohl auch, weil sie nur die hiesige Bienensprache redete und kaum ein Wort , das einer anderen verstand.
Dabei musste sie lernen, daß Urlaubsimker nicht immer Bienenkenner sind. Wie konnte er das ihrem kleinen Bienenherzen antun? Schlaraffia gefiel ihr nun gar nicht mehr. Aber zurück in den alten, verfallenen morschen Stock im Issan? Das ging nicht mehr. Sie mußte, koste es selbst das eigene Ich, hier durchhalten, sich anpassen und einen neuen, vielleicht treueren Imker finden. Die Schwester hatte es doch im zweiten Anflug auch geschafft. Ebenso Freundinnen. Inzwischen weiß die große Schwesterbiene im fernen Europa, daß die kleine Bienenschwester in Schlaraffia jemanden fand, der ihr das Glück versprach, das sie suchte und der bisher alle seine Versprechen hielt. Er hörte im Februar von Ihr und schrieb. Er kam im Mai, sah sie und fing Feuer. Er nahm ihr das Denken ab wie auch die Mühe der täglichen Suche nach Nektar. Er dachte an alles, sorgte für jedes und vergaß dabei nur, daß Bienen einige Gefühle haben, und das freie Herumfliegen lieben.
Er merkte es erst, als sie ihre Sanftmut verlor, einen Abflug vorspielte und aggressiv zu summen anfing, wobei sie den Stachel zeigte. Sehr zu meinem Leidwesen, der ich Bienengift schon als kleiner Junge nicht vertrug. Wann immer jetzt also sich ihre Stimmungslage verändert, werde ich aufmerksam, um mir keinen Bienenstich einzuhandeln. Die Beule würde zwar wieder weggehen, wie der dicke Kopf, den ich nach meinem Angstausflug hatte, aber warum sollte man die Biene, die man über alles mag, zum Zustechen verleiten oder gar dazu, mich zu verlassen.
Ich mag das Sanfte und Ruhige, und eine Biene ist für mich mehr als Heute, wo ich denke, die für mich bestimmte Biene gefunden zu haben.
Früher sah das bei mir ganz anders aus. Da zog ich durch Schlaraffia, zwei- oder drei mal im Jahr, immer für zwei, drei, vier oder gar fünf Wochen. Tag für Tag oder besser gesagt Nacht für Nacht, denn da war die Auswahl größer. Ich war Stammgast manch einschlägigen Bienenhauses, ging in der belgischen Botschaft ein und aus, lief wie King Kong zur Höchstform auf, oder spielte munter bei den Schmetterlingen draußen in der Prärie. (Insider wissen, was ich meine). Mich fest an eine Biene zu binden, wie die Schlaraffen, die mit mir unterwegs waren, wollte ich nicht. Wozu eine Biene, wo es in Schlaraffia doch so verschieden summt und brummt, die Bienen vielfach noch Bienchen, jung und liebreizend sowie zutraulich sind? Spaß hat das Umherschwirren immer gemacht.
Diesen Urlaub sah es ganz anders aus. Vorbei ging ich am großen Waschhaus in die belgische Botschaft. Die bekannten und neue Bienchen umkreisten mich und ließen sich auf meinem Schoß nieder, um zu zeigen, daß sie keine Scheu haben. Mich aber reizte das Spiel mit den fremden Honigsammlerinnen nicht.
Beim großen Affen traf ich eine mir gut bekannte Biene. Aber auch sie betörte mich nicht. Ich hatte keine Lust auf die Freuden, die sie mir versprach. Auch in der Prärie, draußen bei den schönen Schmetterlingen , wo das Leben beim gegenwärtigen Urlaubsimkermangel für die einheimischen Bienen gar nicht so einfach ist, kam keine alte Stimmung auf. Zwei Tage, so erzählte mir ein anschmiegsames Flügelwesen, hätte es zusammen mit seinen Freundinnen ganz einsam draußen in der Ferne gesessen. Es sei, so sagte sie, als sterbe Schlaraffia langsam aus.
Daran allerdings vermag ich nicht zu glauben. Wohl aber daran, daß für manche Schlaraffen und immer wieder über Schlaraffia hereinfallende Bienenfreunde das Alte und Bekannte seinen wesentlichen Reiz verloren zu haben scheint. Auch wenn immer neue Bienen und Schmetterlinge einfliegen. Sie basteln lieber an einen neuen Bienenstock für ihre Lieblinge, in dem sie sowohl Honigkuchen essen, Met sowie Bärenfang trinken und Waben auslecken als auch jeden Tag eine andere Königin wählen können, ohne die den dann irgendwie verpflichtet zu sein.
Tag und Nacht wird da in einer Gartenvilla gebohrt, gesägt, gehämmert, geschraubt, gemahlen, gefließt, geputzt, gewienert und geräumt, damit die Mitte des Monats die neue Luxusherberge fertig ist. Vor der Haustür und den Gärten vieler meiner Bekannter, in denen deren feste Bienen das Revier beherrschen. Was die wohl zu dem neuen Stock in ihrer Nachbarschaft sagen werden?
Ich werde es sehen, wenn ich das nächste Mal wieder nach Schlaraffia komme.
 
        #2  

Member

Sie darf eigentlich alles, ausser sie selbst zu sein. Das sagt doch eigentlich alles...
 
        #3  

Member

Manchmal etwas abstrakt, sich Pattaya als Bienenstock vorzustellen - aber eine gute Idee und gut umgesetzt.

Member hat gesagt:
Sie darf eigentlich alles, nur sie selbst darf sie nicht sein.

...up to you! :mrgreen:
 
        #4  

Member

Gefällt mir gut die Geschichte und die benutzten Metapher haben was......
 
        #6  

Member

Member hat gesagt:
Gefällt mir auch sehr gut die Geschichte
und mit dem von Member " rauhnacht benutzten Wort "Metapher" habe ich etwas Neues dazu gelernt. Das Lesen der Beitrage im TAF erweiter die Allgemeinbildung :tu: :lach:

Metapher | Rossipotti Literaturlexikon

Danke dir, gelegentlich bin ich schon auch für was gut- (den Link kannte ich für meinen Teil noch nicht, eine Win- Win Situation, ist sozusagen der Idealfall)...:wink0:
 
        #8  

Member

Eine sehr schon geschriebene Geschichte, hat mir sehr gut gefallen.
 
  • Standard Pattaya Afrika Afrika Phillipinen Phillipinen Amerika Amerika Blank
    Oben Unten