Thailändisch lernen

Kolumbien Barracudas Märchenstunde: Ein Tag in der Stadt des ewigen Frühlings

        #11  

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Kann mich den anderen da nur anschließen, gefällt mir sehr gut!
Bitte mehr!
 
        #12  

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Der Abend bleibt angenehm warm und vor Einbruch der Dunkelheit fahren wir zurück nach Hause, um unser Barbeque vorzubereiten. Auf dem Rückweg vom Spa machen wir noch Halt im CarreFour, um Fleisch zu kaufen. Die Sonne geht bereits unter und das tiefstehende Licht verzaubert die umliegenden Berge in Gold. Die Szenerie erinnert mich an Kalifornien. Die Luft ist lau und seidenweich und duftet nach Blumen. Ich fühle mich an Santa Barbara erinnert, nur ohne Meer.

Während der Hausherr sich am Fleischtresen um die Proteine für den Abend kümmert stehe ich vor dem Rum-Regal bei den Spirituosen und greife mir zielsicher eine Flasche von meinem Lieblingsrum, Ron Zacapa Centenario Solera23 aus Guatemala. Das Vergnügen ist zwar teuer, nicht zuletzt, da es sich um ein Importprodukt handelt, aber das Getränk ist jeden einzelnen Cent wert. Wer mal 23jährigen fassgereiften Rum probieren will, der greife hier unbesorgt zu. Es geht nichts über den Orgasmus der eigenen Geschmacksnerven, wenn das karamellfarbene flüssige Gold fast schon schokoladig und ölig in Konsistenz die eigene Kehle hinunterrinnt, ein wahrhaft himmlischer Genuß...

Wir verlassen das Einkaufszentrum mit 3 Kilo Rinderfilet zu umgerechnet 10 Dollar das Kilo, 2 Kilo Punta de Anca, vom Schnitt vergleichbar mit einem Ribeye Steak nur noch saftiger, diversen Hühnerschenkeln, und einem ganzen Baby-Thunfisch, der 6 Stunden zuvor noch quicklebendig im Pazifik geschwommen ist. Mehr geht nicht und wenn ich an die deutschen Preise denke und was unser Einkauf in einem deutschen Geschäft gekostet hätte, wird mir einen Moment lang fast schwarz vor Augen.

Unser SUV bahnt sich seinen Weg durch den dichten Verkehr, es ist mittlerweile stockdunkel draussen und ich staune immer wieder darüber, wie schnell die Sonne in den Tropen untergeht. Die Strassen sind brechend voll und es ist ungewöhnlich viel Polizei unterwegs. Schon bald sehen wir den Grund dafür, als wir im Stau langsam in Richtung einer Polizeikontrolle fahren. Mir krampft sich kurz der Magen zusammen, als ich an die Schusswaffe in meinem Stiefel denke, denn es ist trotz allem Wild West Feeling in dieser Stadt verboten, Schusswaffen mit sich zu führen, und schon gar nicht automatische Waffen wie die Maschinenpistole, die mein kolumbianischer Freund unter seinem Sitz hat. "Tranquilo Amigo!" sagt er beruhigend und wirkt noch entspannt.

Der Stress jagt mir dennoch den Schweiss auf die Stirn, der mir brennend in die Augen läuft und als ich schliesslich bemerke, dass bald darauf mein Gastgeber ebenfalls nervös wird, als wir der Polizeisperre näher kommen, da kommt es mir sauer hoch. Bald wird auch mir klar, warum mein Kumpel nun nervös ist, denn vor uns am Kontrollpunkt steht nicht die normale Verkehrs- bzw. kommunale Polizei, sondern ein Kommando der Bundespolizei. Die stehen sich hier mit Sicherheit nicht wegen eines Verkehrsunfalls die Beine in den Bauch...

Ich habe gelernt, in solchen Situationen ruhig zu bleiben, aber es fällt mir schwer, meine Nerven zu beruhigen, als wir herausgewunken werden und unser Wagen sich von einem schwerbewaffneten Raid Commando umstellt sieht. Im Film sieht das immer cool aus, wenn die Gangster dann ganz seelenruhig aus dem Auto steigen und irgendeinen Spruch bringen. Meine Beine dagegen sind in dem Augenblick weich wie Gummi und so stehe ich am Strassenrand mit zum Zerrreissen gespannten Nerven und sehe zu wie zwei Polizisten mit meinem Freund zum Einsatzwagen hinübergehen und ein weiterer Polizist zum Glück eher gelangweilt einen Blick ins Innere unseres Fahrzeugs riskiert. Noch sagt niemand, was los ist oder warum alle Fahrzeuge auf den Ausfallstrassen kontrolliert werden. Wenigstens liege ich noch nicht mit dem Gesicht im Dreck und mit den Händen auf dem Rücken in Handschellen
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        #13  

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@Barracuda

ich finde es absolut super, dass du hier deinen Bericht gestartet hast.

Du hast eine tolle, kurzweilige Schreibweise und untermalst deinen Bericht auch noch mit schönen Bildern. Ich bin sehr gespannt was hier noch so alles kommt.........................

Übrigens......dein Thread heißt ja " Barracudas Märchenstunde " . Ist das nur eine Story, oder hast du das alles auch wirklich erlebt ?
 
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        #14  

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:D Ja ich habe mir schon gedacht, dass mir jemand die Frage bald stellt. Ich habe alles tatsächlich im Juli 2009 auf meinem zweiten langen Besuch bei meinen Freunden erlebt. Orte und Begebenheiten haben sich wirklich so zugetragen nur Namen sind nicht genannt bzw. ich habe sie geändert, weil es ansonsten einfach etwas heikel werden könnte 😉

Ich habe ein Händchen dafür, "interessante" Menschen kennenzulernen, und wahrscheinlich durch mein Aussehen, meine Körpersprache und halt durch meine Art durchs Leben zu gehen kann ich mich relativ problemlos in Kreisen bewegen, die ansonsten verschlossen bleiben. Die eigene Authentizität, offene Kommunikation und Aufrichtigkeit darüber, wer man wirklich ist hilft da einfach... naja, und irgendwie bin ich schon auch ziemlich durchgeknallt gewesen in der Zeit :roll:
Ich war zu der Zeit auch selbst mit einem ziemlichen "Stallgeruch" behaftet...


Vielleicht komme ich irgendwann auch mal auf meinen Costa Rica Trip zurück, allerdings gibts da keine bzw.nur wenig Bilder...
 
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        #15  

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Hammer Teil dein Bericht! Ich kanns kaum abwarten bis es weiter geht. :)
Ein Hollywoodauthor könnte es nicht besser schreiben, man kann sich förmlich in die Geschichte hineinversetzen. Großes Kino, bitte bald mehr davon!
 
        #16  

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Anhang anzeigen IMG_0532.jpg

Hier stehe ich nun allein, umringt von bis an die Zähne bewaffneten Polizeikommandos, und die Minuten, die mein Kumpel mit den anderen Polizisten verschwunden ist, ziehen sich nervenaufreibend langsam dahin. Mir kommt spontan irgendeine Doku aus Rio de Janeiro in den Sinn, wo Commandosoldaten vom BOPE in den Favelas aufräumen und einen Verhafteten hinter das Einsatzfahrzeug schleifen, so dass die Kamera nicht aufzeichnet, wie mitten in der Liveübertragung der Mann erschossen wird. Wo bleiben die denn so lange?

Zwei Polizisten in schwerer Kampfausrüstung sichern immer noch unser Fahrzeug, während die anderen nacheinander weitere Fahrzeuge auf den Standstreifen lotsen. Es herrscht gespannte Ruhe. Besorgte Familienväter beruhigen ängstliche Ehefrauen, Mütter beschwichtigen weinende Kinder. Hausrat, Einkaufstüten und Taschen werden durchsucht und zurück in Kofferräume verstaut, Autos fahren weiter und machen Platz für die nächsten. Wären nicht die vielen Uniformen mit ihren Sturmgewehren, würde ich mich glatt wie auf einem Busbahnhof fühlen.

Es kommt mir vor als wäre eine Ewigkeit verstrichen, als endlich die zwei Polizisten mit meinem Gastgeber wiederkommen. Er schaut ziemlich grimmig aber nicht mehr so nervös wie zuvor aus, die beiden Polizisten machen einen fast entspannten Eindruck. Wir steigen in den SUV, fädeln uns wieder in den Verkehr ein und fahren Richtung Poblado. Erst jetzt merke ich verwundert, dass weder unser Fahrzeug durchsucht worden war noch irgendjemand meine Ausweispapiere kontrollieren wollte.

Erwartungsvoll mustere ich meinen Fahrer, aber der starrt gedankenversunken und grimmig auf die Strasse. Also gut, dann eben nicht, ich habe gelernt keine Fragen zu stellen und wenn es etwas gibt, das ich wissen müßte oder er mir mitteilen will, werde ich es von ihm schon zu hören kriegen.

Langsam komme ich runter vom Adrenalin, man hat dann immer das Gefühl, als ob man sich unter Wasser befindet und alles nur noch gedämft zu einem durchdringt. Ich bin schliesslich bald so in die Leere meiner Gedanken versunken, dass ich aufschrecke, als mein kolumbianischer Gastgeber die Stille durchbricht und schliesslich erzählt, worum der ganze Aufruhr sich dreht.

Ich höre nur zu und merke dabei wieder einmal, wie surreal meine Situation gerade ist, das alles kann doch nur ein schlechter Film sein. Die Polizei sucht mit Großaufgebot ein Kommando der "Paracos", die in El Centro drei Morde verübt haben, während ich im Spa lustig gevögelt habe. Die drei Ermordeten waren Angestellte von Ricardo, einem Hersteller von Kolumbiens Exportprodukt Nr.1 oben in den Bergen. Sie waren bei einem Betrugsversuch erwischt worden und waren nach der typischen Art der "Paracos" beseitigt worden, nämlich öffentlich ohne Vorwarnung und so blutig wie möglich. Ricardo bewirtschaftet für die Paracos ein Anwesen mit drei großen Pferdeställen. In zwei von diesen Ställen stehen die Pferde, mit denen er seine Pferdezucht betreibt. In dem Dritten allerdings arbeiten nackte Arbeiter mit Mundschutz an den Trocknungstischen und packen das Produkt ab.

Die Paracos sind ehemals von reichen Grundbesitzern aufgestellte rechtsgerichtete paramilitärische Verbände, die zu Pablo Escobars Zeiten ihre Auftraggeber erfolgreich vor Pablos Sicarios geschützt haben und auch die FARC im Bundesstaat Antioquia, deren Hauptstadt Medellin ist, zurückdrängen konnten. Heute kontrollieren die "Paracos" den Koka-Anbau in den Bergen, die Kokainproduktion und den Vertrieb bis zum Export. Ich habe einmal eine solche Produktionsstätte besichtigen "dürfen", nachdem ich eine Stunde lang mit einem Sack über den Kopf durch die Berge gefahren wurde. Nichts für schwache Nerven und nicht wiederholungswürdig, wenn man ernsthaft bei klarem Verstand ist. Die Paracos kontrollieren übrigens auch die Strassen in Medellin und sind der Familie des Paten treu verpflichtet seit den Tagen, an denen der alte Mann damals selbst Opfer einer Entführung durch Pablo Escobars Leute wurde. Die obersten Drahtzieher und Entscheidungsträger wohnen in Poblado in unserer unmittelbaren Nachbarschaft...

Wir biegen auf Höhe des glasbewehrten Autohauses eines großen japanischen Autohändlers nach links von der Haupstrasse ab und fahren eine kleine unebene Strasse den Berg hoch Richtung Poblado. Die Szenerie ändert sich schlagartig, denn im Lichtkegel unseres Wagens tauchen nun die großen schmiedeeisernen Tore von bewachten Wohnanlagen, Mauern von noblen Appartmenthochhäusern und gepflegten Grünanlagen auf. Wachleute stehen vor Zufahrten mit Schrotflinten und gelangweilt dreinblickenden Schäferhunden. Endlich sind wir wieder in unserem Viertel, wo die oberfläche Illusion von Normalität, Sicherheit und Friedlichkeit etwas hartnäckiger das Chaos überdeckt, das unter der Oberfläche herrscht.

Zuhause angekommen schließt sich das elektrische Tor hinter uns und sperrt diese chaotische Welt aus. Wir fahren die Auffahrt hinauf bis vor die Tür, wo zwei Bedienstete bereits darauf warten, unsere Einkäufe in Empfang zu nehmen und in die Küche zu tragen.

Der Herr des Hauses läßt es sich nicht nehmen, das Fleisch für den Grillabend selbst zuzuschneiden und ich schaue ihm dabei zu mit einem Glas Ron Zacapa, während der Grill vorheizt und wir auf unsere Gäste warten. Aufgrund unseres nervenaufreibenden Zusammentreffens mit der Polizei fliesst der Rum in Strömen und wir sind alles andere als nüchtern, als später endlich das Fleisch auf dem Grill liegt. Nach und nach trudeln auch unsere Gäste des Abends ein, verspätet durch die starke Präsenz der Polizei und den anhaltenden Kontrollen auf allen Strassen, die aus dem Centro nach Poblado hinausführen.


Anhang anzeigen IMG_0616.jpg

 
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        #17  

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Ganz grosse Klasse barracuda- dein Schreibstil und der Inhalt stechen aus der sonst üblichen Berichterstattung hervor.
Interessant, dass du uns einen Einblick in eine Welt gibst die für die meisten von uns sicher nicht zugänglich ist oder sein wird.

Liest sich wie ein sehr guter Krimi- mal sollte echt darüber nachdenken die vielen guten Berichte hier im Forum zusammenzufassen und in einem Buch zu veröffentlichen- dein Bericht müsste für meinen Geschmack unbedingt dabei sein.

Ganz grosses Kompliment
 
        #18  

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@rauhnacht: Komisch, ich habe seit ein paar Tagen auch schon diesen Gedanken, die besten Berichte hier zu einem Buch zusammenzufassen. 30-40% für das Forum, der Rest für die Autoren
 
        #19  

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        #20  

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Member hat gesagt:
@rauhnacht: Komisch, ich habe seit ein paar Tagen auch schon diesen Gedanken, die besten Berichte hier zu einem Buch zusammenzufassen.

Vergiss es lieber Ki_Pi habe bereits heute nachmittag alle Urheberrechte von den Berichten die in Frage kommen gekauft :wink0:
Ein Verlag ist auch schon gefunden- sobald das Buch erhältlich ist ergeht eine Rundmail an das Forum.

Im Vorfeld wird die Erstauflage von 10.000 Exemplaren stückweise im Versteigerungsverfahren angeboten und meistbietend verkauft.:ornp:

Wer zu spät kommt den bestraft das Leben wie du siehst :p....

Mit Barracuda habe ich auch schon gesprochen- er hat seine Kontakte spielen lassen und der Don steht voll hinter mir also immer schön artig bleiben.....:hehe:
 
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