Thailändisch lernen

Pattaya Pattaya im Drehkreuz des Vietnamkonflikts - Historischer Nachhilfeunterricht

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Rest & Recreation, kurz R & R genannt, war für US-Soldaten während des Vietnamkrieges festes Programm und bedeutete in etwa Ruhe und Erholung. Im Jargon der GI's auch als L & L genannt, Liquor & Love – frei und sinngemäss auf Deutsch übersetzt - Saufen und Bumsen.
Mit dem Segen von General Westmoreland kamen sie aus der Hölle ins Paradies, aus dem Dschungel direkt in die Bars von Pattaya. "Ein hervorragendes Mittel um die Moral unserer Truppen zu festigen!", so seinerzeit der General wörtlich.
Seit 1965 halten in Vietnam die Kriegshandlungen zwischen dem Vietkong und der Südvietnamesischen Armee und ihren amerikanischen Verbündeten unverändert an. Hochoffiziell sind die USA 1964 in den Krieg eingetreten, inoffiziell haben sie die “Grande Nation” nach der verheerenden Niederlage 1954 in Dien-Bien-Phu abgelöst. Ziel war es, den Kommunismus zurückzuwerfen. Die US-Amerikaner operieren von den Stützpunkten U-Tapao in Thailand, Okinawa in Japan sowie von der Subic Bay und Clark Airbase auf den Philippinen. Ferner standen ihnen eine Anzahl Flugzeugträger im Südchinesischen Meer und im Golf von Thailand zur Verfügung.
Die eigentliche Erfolgsgeschichte Pattayas begann 1967, als die Amerikaner in Sattahip eine Marinebasis und die Airbase U-Tapao für den Nachschub nach Vietnam bauten. Bis in die 1970er Jahre starteten hier unter anderem die B-52-Bomber mit ihrer tonnenschweren, tödlichen Last. Der Flughafen kann mit einem Flugfeld von 3500 m und 50 m Breite auftrumpfen und wird bis heute, vereinzelt sogar von privaten Airlines, weiterhin benutzt. Zum Beispiel gibt es Flugverbindungen direkt nach Ko Samui oder Pukhet. Mit Billigflügen werden russische Touristen direkt von Moskau eingeflogen. Die G.I.‘s fuhren in ihrer Freizeit ins nahe gelegene Pattaya, um sich dort an den (noch) sauberen Stränden zu entspannen. Bald wurde der Ort offiziell zur „Rest and Recreation Area“ (R&R) des US-Militärs erhoben; anfänglich mit einem einzigen Hotel internationalen Standards, der Nipa Lodge. Im ständigen Pendelverkehr wurden vom Kampf in Vietnam erschöpfte G.I.'s zur Erholung nach Pattaya geflogen. Nach und nach benutzten auch Besucher aus Bangkok am Wochenende die Möglichkeiten, obwohl die Anfahrt über die holprige Fernstrasse damals recht ermüdend war.
Die Entwicklung nahm ihren Verlauf. Das ehemalige Fischerdorf wurde durch die Dollarflut aus dem Dornröschenschlaf herausgerissen und es entstand ein passables Seebad. Fast jeder Friseur räumte seine Hinterzimmer leer und stellte Massageliegen hinein. Immer mehr Bars, Shops , Restaurants, Hotels und Gästehäuser entstanden. Und natürlich kamen zum Vergnügen der Männer Mädchen aus der nahen Umgebung sowie aus den fernen Nordprovinzen und standen zur Rundumbetreuung der GI's bereit. Gerne erinnere ich mich an die sprichwörtlich „gute alte Takecare-Fraktion.“ Männer mussten das Bier nicht selber an die Lippen führen, sich Duschen, Baden und Abtrocknen lassen war Minimalstandart, Preise der Gören waren alle „up to you“ und praktisch alle boten schönsten Girlfriedsex mit dem Hintergedanken, einen Lebenspartner und ein geregeltes Leben im Westen zu finden.
Schon allein deswegen war das ST-Angebot in frühen Jahren nicht stark entwickelt. Im Vergleich zu heute war Patty unvergleichbar weniger abgefuckt.

Alle US-Männer waren zum Geldausgeben gekommen, um restlos alles auf den Putz zuhauen. Nach weniger als einer Woche, ging es dann wieder zurück
nach Camp Carroll, the Rockpile oder zur Khe Sanh Combat Base in die DMZ-Zone um dort vielleicht beim nächsten Einsatz am 17. Breitengrad jämmerlich mit aufgeplatzten Eingeweiden zwischen Bambus und Elefantengras am Hamburger-Hill zu verenden, N.B. ohne jemals mehr die Lieben zuhause wiedergesehen zu haben. Eine elende dreckige Welt, aus der es für US-Soldaten kein Entrinnen gab. Damals nicht, wie auch heute im Irak oder in Afghanistan nicht. Ein grosses Opfer zur Erhaltung der freien Welt und zur Eindämmung des kommunistischen Vormarschs. Aus heutiger Sicht wohl schwer verständlich, aber vom damaligen Zeitgeist her beurteilt, eben schon. Ich danke dem Allmächtigen, dass ich kein US-Bürger, sondern nur ein kleinkarierter ausländischer Foreign-Correpondent war. Meist war ich erst nach den Gefechten beim Bodycount dabei.

Der Watergate-Skandal liess die Verdienste von Präsident Richard Nixon ungerechterweise verblassen. Die Last des Vietnamkrieges war sein Erbe vom Vorgänger Harry S, Truman. Nixon war bemüht um echte Entspannung. Als erster US-Präsident hat er in den kommunistischen Hochburgen Moskau und Beijing Staatsbesuche absolviert. Unter seiner Präsidentschaft wurde 1973 im Vietnamkrieg ein verbindlicher Waffenstillstand ausgehandelt. Dafür wurde seinem Aussenminister Henry Kissinger und Vietcongchef Le Duc Tho der Friedensnovellpreis zuerkannt.
Kriegsmüdigkeit und andauernde Proteste der Volksmassen in den USA, veranlassten die führenden Politiker, die eigenen Kräfte immer mehr aus dem Konflikt herauszunehmen. In den damaligen Protestveranstaltungen waren bekannte Musiker, allen voran Joan Baez und Bob Dylan involviert. Zum Beispiel war die Konzertveranstaltung in Woodstock, Californien (1969) der Höhepunkt der Hippiebewegung und zugleich eine gigantische Antikriegsdemonstration. Protestsongs wie „Masters of war“, Bob Dylan, „Where are you now, my son“, Joan Baez, „Vietnam“, Jimmy Cliff, „Give peace a chance“, John Lennon, Eve and destruction“, Barry Mc Guire sowie viele andere gingen um die Welt. Die Nordvietnamesische Armee hielt sich nicht an das Waffenstillstandsabkommen. Der Vor-Vor-Vorgänger vom Ratzinger Sepp in Rom flehte die Politiker in einer flammenden Rede an, mit dem Krieg nun endlich aufzuhören. Die eklatante Verletzung des Friedesabkommens von Paris, produzierte keine US-Vergeltung. In den USA hatte die grosse Mehrzahl der Bürger den Kragen voll. Die südvietnamesische Armee musste den Konflikt weiter alleine austragen. Die USA stellten nur noch militärische Berater, Supportpersonal und Waffen zur Verfügung. Ein kleines Kontingent von G.I.‘s beschützte amerikanische Anlagen. Die "Operation Frequent Wind" läutete die Endphase des Krieges ein und führte zur Evakuierung der südvietnamesischen Botschaft in Saigon am 29. und 30. April 1975. Vor der Küste Vietnams waren die vier Flugzeugträger USS Hancock, USS Midway, USS Coral Sea und USS Enterprise sowie der Hubschrauberträger Okinawa stationiert, diese sollten als Landebasis für die Hubschrauber dienen, die von der 9th Marine Amphibious Brigade zur Verfügung gestellt wurden. Als Landeplätze wurden in Saigon das Gelände der US-Botschaft sowie das Areal des Defense Attaché Office gewählt, die ummauert und leichter zu kontrollieren waren. Als alter Knabe hast du diese Bilder sicher seinerzeit im TV gesehen. Bist du eine Spätgeburt, freue dich, das Drama verpasst zu haben. Trotzdem – schaue mal hier rein – dann bist du up to date. Video nicht mehr vorhanden
Watergate brachte Nixon 1974 zu Fall und erst unter seinem Nachfolger und Trittbrettfahrer Gerald Ford, kehrte Vietnam 1975 zum Frieden zurück.
In Tat und Wahrheit haben die USA den Indochinakrieg nicht verloren, sie haben einfach nicht mehr weitergekämpft und sind nach Hause gegangen. Das amerikanische Volk wollte es so. Das definitive Ende des Krieges machte rund 70'000 Leute in Thailand arbeitslos; davon mehr als die Hälfte Frauen, die im Unterhaltungsgeschäft tätig gewesen waren. Die US-Stützpunkte wurden geschlossen und die Soldaten kehrten in ihre Heimat zurück. Pattaya begann sich innert weniger Jahre zum bedeutenden Ferienziel für westliche Touristen und Einheimischen aus dem 154 Km entfernten Bangkok zu wandeln. 1979 wurde Pattaya de facto so etwas ähnliches wie das Stadtrecht zuerkannt.


Pitcairn, seit vierzig Jahren auf der endlosen Reise
©™
 
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Vielen grossen Dank Pitcairn. Lese nun die 2te Story von dir und muss dir einfach ein grosses Kompliment machen.
Gut recherchiert, sehr informativ, mit geschichtlichen Hintergrund und einfach erklärt.
Nur zwei Fragen:
Wieso hast du mitten in der Story eine andere Schrift und änderst die Grösse? Hat es einen bestimmten Grund?
Was steht dahinter ......seit vierzig Jahren auf der endlosen Reise?

Ciao Heerny
 
        #3  

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Salve Heerny

Ich habe wohl falsch formatiert. Der Artikel sollte alles in der gleichen Schrift figurieren.
Vielleicht kann der Webmaster noch etwas korrigieren.

Frage wegen der endlosen Reise: Ein Abschlusssatz den ich unter jeden Artikel mit Länderbezug setze.
Er sagt aus wie es ist. Ich bin seit dem 17. Altersjahr mit dem Rucksack rund um den Globus unterwegs,
mit besonderer Affinität zu Asien. Greetz: Pitcairn
 
        #4  

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Alles klar. Danke für die Antwort. Freue mich auf weitere Storys von dir.

Ciao Heerny
 
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@Pitcairn

danke fuer die Story und ich freue mich auf Deinen naechsten Bericht.

Ich habe die Amis im mittleren Osten erlebt als es zum Ritt gegen Sadam ging. Daher kann ich Deine politische Ansicht nicht teilen, ist aber auch nicht wichtig.

Das einzig Gute, das die Yankees hinerlassen haben ist Patti und das Nightlife in Angeles, das es ohne die Cowboys wohl in der Form nie gegeben haette.
 
        #6  

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@Pitcairn:
Ich weiss nicht so genau ob ich es schade finden soll dass ich diese Zeiten nicht erlebt habe, oder froh sein...
Aber das Thema an sich finde ich irrsinnig spannend genauso wie ich die Bereichte und Fotos von früher sehr gerne mag.
Von daher würde ich mich freuen wenn du das Thema noch vertiefst, weniger jetzt die Kriegsberichte sondern das Leben damals in Pattaya/Bangkok etc.

@Jodltrio:

Ich mag die Amis ja mal gar nicht, spielen sich als Weltpolizei auf und missachten jedwediges Recht auf der Welt ausser ihrem eigenen, das ist heilig...dazu die unsägliche Doppelmoral usw.
Aber ganz ehrlich: Als (West-)deutscher sollte man mal kurz drüber nachdenken wie wir wohl aufgewachsen wären und heute leben würden ohne Amerika. Siehe Osteuropa...

Greetz, H&S
 
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@Pitcairn:
Vielen Dank für diesen und Deinen anderen "Bericht". Ich finde es gut erklärt zu bekommen wie das heutige IST zustande gekommen ist. Zumal das ein "Zeitzeuge" berichtet.
@HotAndSpicey:
Stimme Dir bezüglich Deines Statemant "Aber ganz ehrlich: Als (West-)deutscher sollte man mal kurz drüber nachdenken wie wir wohl aufgewachsen wären und heute leben würden ohne Amerika. Siehe Osteuropa..." zu. Aber....wie sie ihre "Aufgabe" als Weltpolizei erfüllen, und ob sie dazu das Recht haben gehört - nach meiner Ansicht - nicht hier in dieses Forum. Sonst müßten wir auch diskutieren was "wir" in Bosnien, im Kosovo oder gar in Afghanistan machen.
 
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