Thailändisch lernen

Pitcairns Reise 2012 - Teil 33 - Vietnam - One bullet - one Dollar

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Bericht über Cao Dai, Cu Chi, Mekong Delta

Cao Dai.
Wir haben genug vom Smog der Stadt, wollen Landluft atmen und verlagern unsere Tagesaktivitäten in die Provinz. 80 Km nordwestlich von HCMC. Hier in Tay Ninh, nicht weit von der kambodschanischen Grenze, befindet sich der Haupttempel und das Wallfahrtszentrum der bizarren Cao Dai- Religion, die noch keine 100 Jahre alt ist und deren Inhalte aus einer bunten Mischung aller Weltreligionen, Mythen, Okkultismus, Weltliteratur und Politik bestehen. Die Religion ist eine Erfindung des erleuchteten ehemaligen vietnamesischen Staatsbeamten Ngo Van Chieu. Der Caodaismus versteht sich als dritte und letzte religionsgeschichtliche Epoche oder Amnestie Gottes, nach den ersten beiden östlichen durch Buddha und Laotse und den zwei westlichen mit Moses und Christus. Die Tempel selbst sind opulent und kitschig bunt ausgestattet, Hauptsymbol des Glaubens ist das heilige Auge. Die Caodaisten unterhielten zu kolonialen Zeiten sogar eine Privatarmee von 25'000 Mann, bewaffnet mit Mörsern, die alle aus den Auspuffrohren alter Kraftwagen hergestellt worden waren. Die Armee agierte in wechselnden Allianzen. Mit bis zu 4 Mio. Anhängern hatte die Cao Dai eine bemerkenswerte Machtstellung, heute dürften es schätzungsweise nur noch halb so viele Mitglieder sein. Verlässliche Zahlen sind nicht in Erfahrung zu bringen.


One bullet – one Dollar (Cu Chi)
Der Ho-Tschi-Minh-Pfad und die Tunnels von Cu Chi sind zur Touristenmeile verkommen. Geld stinkt nicht, selbst wenn es von ehemaligen Feinden stammt. Deshalb darf hier im Besucherzentrum mit glänzenden Äugelein und alten amerikanischen Knarren wie AK 47, M16 oder Colt 45 auf ethnisch undefinierbare Pappkameraden geschossen werden - pro Schuss 1 US-Dollar please. Yeah, we gonna kill'em all!

Zusammen mit zurückgekehrten Amerikanern, pensionierten Militärs mit lokaler Kriegserfahrung und anderen Touristen, haben wir in der De Tham einen Bus bestiegen und sind zum vierzig Kilometer von der Stadt entfernten Tunnelsystem des Vietcong hinausgefahren. Hier haben sich einst die nordvietnamesischen Partisanen vor den GI's versteckt. Das Tunnelsystem hatte eine Länge von rund 200 Kilometer und stellte praktisch eine Kleinstadt mit der nötigen Infrastruktur wie Schulen, Büros, Lazarette, Küchen etc. dar.

Auch wir sind zur Steigerung unseres individuellen Erlebniskonsums da und steigen in die schmalen Gänge hinab. Wohlweislich habe ich meine Taschenlampe eingepackt, denn ich weiss von früheren Exkursionen, dass es dort unten dunkel ist wie in einem Kuhmagen. Die Tunnels sind auf unterernährte vietnamesische Halbportionen zugeschnitten, und nicht auf ein Mannsbild meiner Körperlänge und einer diskreten Vergangenheit von unzähligen Schlachtplatten. Vielliebchen hat da mit 162 cm keine Probleme und huscht elegant wie ein Karnickel durch die Gänge; ich aber fluche die ganze Strecke, weil ich mich nur gebückt fortbewegen kann. Wenn so ein Stollen einbricht, gibt es wohl keine Rettung mehr und ich habe mein Grab gefunden. Ich hätte den Tunnelguide informieren sollen, dass ich für die Ewigkeit lieber in Sagada in den Felsen baumeln möchte. Einige Stollen sind bereits eingesackt und für Touristen nicht zugänglich. Ein Teil der Klaustrophobierten bleibt oben und wird von einem anderen Führer zum Tunnelausgang geleitet, wo die Leute uns erwarten.


Mekong Delta / Tag 1
Als zehntlängster Fluss der Welt, schlängelt sich der berühmte Mekong fast 5'000 Kilometer lang von Tibet durch China, Myanmar (Burma), Thailand, Laos, Kambodscha und schlussendlich durch vietnamesisches Hoheitsterritorium bis er im 70'000 Km² grossen Mekongdelta zweiarmig unter der Bezeichnung Oberer Mekong und Unterer Mekong ins Südchinesische Meer fliesst. Diese Region im Südwesten von Vietnam besteht aus einem Netz von Flussarmen, das durch Kanäle verbunden ist. Das Delta ist durch Sedimentation entstanden und wächst heute jährlich noch immer um 80 Meter. Es umschliesst eine Fläche von 39'000 Km² und das geflutete Gebiet variiert saisonal.

Seit endloser Zeit, bereise ich systematisch und prinzipiell immer wieder neues Territorium.
Diese Reise auf ausgetretenen Touristenpfaden unternehme ich ausschliesslich meiner Angetrauten zuliebe, bin aber trotzdem gerne zurückgekommen. Von Saigon aus besuchen wir in zwei Tagen mit Bus und Boot diese einzigartige Flusslandschaft. Entgegen allen Prinzipien, sind wir in einer Gruppe unterwegs – ja ich weiss und gebe es offen zu; big shame on me; ausschlaggebend ist das Preis-Leistungsverhältnis. Das Angebot ist ausnahmsweise mit einer Individualreise nicht im Entferntesten zu überbieten. Im Delta findest du eine flache, üppige, grüne Vegetation vor. Der fruchtbare Schwemmlandboden macht intensive Landwirtschaft in dem dicht bevölkerten Gebiet möglich. Nahrungsmittel wie Fisch, Tropenfrüchte, Zuckerrohr und Kokosnüsse werden hier produziert. Reis kann jährlich drei Mal geerntet werden. Deshalb wird das Gebiet auch die südliche Reiskammer Vietnams genannt. Kein Wunder dass Diktator Pol Pot 1978 das Gebiet für Kambodscha zurückerobern wollte. Bähh, und dann hat er von den Viets eins hinter die Löffel gekriegt. Eine Riesenlawine wurde losgetreten und beendete dann bald seine Gewaltherrschaft in Kambodscha; leider viel zu spät. Lest doch einmal das E-Book: Deutscher Titel: The Killing Fields - Schreiendes Land, Originaltitel: The Killing Fields. Es gibt auch einen Film (DVD).

Es ist Morgen um 08.00 Uhr und wir warten mit leichtem Gepäck in der De Tham vor dem Kim Cafe Travel, eine bewährte Reiseagentur mit vielen Ablegern in ganz Vietnam. Bereits in den Jahren 1996 und 1999 habe ich hier Touren gebucht und wurde nie enttäuscht.
Für eine Zweitages-Rundreise mit Bus und Boot, inkl. Besichtigungen, Führer und einer Übernachtung, werden wir pro Kopf um US $ 25 zurückgesetzt. Einmal mehr haben wir einen englischsprechenden Top-Guide und die Touristen in der Gruppe sind auch einigermassen erträglich. Die Nationen Vietnam, Singapore, Korea, Gabun, Deutschland und die Schweiz sind unter den Teilnehmenden vertreten.

Die Anfahrt in einem etwas abgenutzten aber halbleeren Minibus – herrlich, ich kann meine Beine strecken - erachten wir als akzeptabel; schliesslich bezahlen wir auch nicht viel. Wie bei allen Touristenprogrammen laufen wir einen Souvenirshop an. Es handelt sich um eine Behindertenwerkstätte. Kriegsversehrte oder Menschen mit Geburtsgebrechen (Agent Orange-Opfer) produzieren Lackarbeiten und andere Souvenirs für Touristen. Nach der Werkstätte kommen in logischer Folge der Verkaufsladen und dann die Kantine.
Wie meist, ist die Toilette irgendwo versteckt und jeder muss nach dem Weg fragen. Wir bleiben draussen, beobachten die Touristen und warten auf die Weiterfahrt.

Die Fahrt dauert ca. vier Stunden und meine Tagalin nutzt die Gelegenheit für ein Nickerchen. Ich warte darauf, dass wir den Bus über den Hau Giang-Fluss auf die Fähre verladen müssen. Es handelt sich um die ehemaligen, von Dänemark gespendeten Oeresund-Fähren. Doch weit gefehlt. Seit meinem letzten Besuch, habe ich herausbekommen, wurde 2004 mit dem Bau einer gigantischen mautpflichtigen Bogenbrücke in vietnamesisch-chinesisch-japanischer Zusammenarbeit über das Flusssystem begonnen. Leider kam es 2007 während der Bauarbeiten zum Einsturz eines Teils der Brücke, der nach offiziellen Angaben 53 Menschenleben kostete. Im April 2010 wurde die Brücke für den Verkehr freigegeben. Ich habe keine Mühe, die Errungenschaften der modernen Zivilisation zu geniessen. So freut mich auch, dass die Leute eine neue Brücke hin gepflastert haben. Auch grosse Schiffe können problemlos unten durchfahren. Das Wetter ist klar und der Rundblick über die Deltalandschaft vom höchsten Punkt des grossen Bogens ist super. Es lohnt sich, die Kamera bereitzuhalten und im richtigen Moment abzudrücken; Halten ist den Fahrzeugen untersagt.

Auf dem Besichtigungsprogramm steht der Besuch einer Produktionsstätte von Durian-Bonbons irgendwo mitten im Kraut. Vielliebchen erwirbt etwas von diesem Naschwerk. Leider ist das Schutzpapier von den klebrigen Lutschern praktisch nicht zu entfernen und muss mit geschleckt werden. Homemade ist nicht immer besser. Wir rätseln, ob es sich vielleicht um Reispapier handelt. Nervenkitzel kommt auf, als ein Vietnamese eine mittelgrosse Würgeschlange daher schleppt. Nanu denke ich, da wird die Menukarte etwas ausgebaut. Doch nichts von alledem, das Tier ist nur zum Fotografieren gedacht. Meine Tagalin lässt es sich nicht nehmen, das eklige Viech um ihren Hals zu legen. Ich gehe erst auf reichlich Distanz, mache dann aber wieder auf Approach und schiesse trotzdem ein Erinnerungsphotos. Von Würgeschlangen habe ich eigentlich genung von Zuhause auf den Phils. Erst nach dreimaligem Duschen und Desinfektionsbad, werde ich dem Girl heute Abend wieder näher treten. Nach kurzer Bootsfahrt wird uns auf dem nächsten Eiland vietnamesische Life-Musik und Gesang dargeboten. Zweifelsohne, die Leute beherrschen ihre Kunst, doch mein Gehör ist zu stark auf Clapton, Santana und AC/DC ausgelegt. Für mich ist und bleibt der vietnamesische Sound gewöhnungsbedürftig. In mein iTunes-Archiv wird es dieser Musikstil nie und nimmer schaffen. Doch wir zollen den Künstlern Respekt, klatschen und entrichten einen kleinen Obolus.

Essen heisst auf Vietnamesisch an com d.h. Reis essen, weil eine Mahlzeit ohne Reis oder Reisprodukte nicht vorstellbar ist. Reis ist in Vietnam überall präsent. Nicht nur klassisch in gekochter Form, sondern sehr verbreitet auch als Reismehl, Reisnudeln, Reisblättern, Reispapier usw. Unser Touristenprogramm nimmt seinen weiteren Verlauf und wir tuckern einer kleinen Reisnudelfabrik entgegen. In diesem
Familienbetrieb wird der Reisbrei mittels einer abenteuerlichen Konstruktion aus einem Motor und mehreren Schleppgurten in einem Bottich zu Reisbrei verquirlt. Dieser kommt dann in Säcke, durch die das Wasser ablaufen kann und zurück bleibt das Reismehl. Dieses wird erneut zu einem Brei angemischt und auf beheizten Trommeln mit Stoffbespannung wie ein Crêpe aufgetragen. Geheizt wird mit Reisspelzen. Dann wird der Fladen auf Bambusmatten zum Trocknen in die Sonne gelegt. Mit einer, den italienischen Pastamaschinen ähnlichen Vorrichtung, werden die Fladen in verschieden breite Nudelstreifen geschnitten. Für feuchte Nudeln wird der Teig auf Baumwolltücher, die über Dampftöpfe gezogen , gedämpft bis er fest ist, abgenommen und in Streifen geschnitten. Diese Nudeln müssen am gleichen Tag konsumiert werden. Fertig sind die Nudeln, um all die leckeren Suppen oder Pad Thai (Thailand) zuzubereiten. Reispapierblätter werden auf ähnliche Weise über Dampf hergestellt, man verwendet sie nach dem Trocknen zum Einwickeln von Gebratenem und Salaten.

Beim nächsten Stopp hält unser Boot bei einer richtigen Vorzeige-Plantage.
Aus früherem Elend wurde hier eine Tugend gemacht, d.h., ehemalige Bombenkrater sind jetzt mit Wasser gefüllt und dienen als Aufzuchtteiche von Fischen oder Garnelen. Wir scheinen zur richtigen Jahreszeit eingetroffen zu sein, denn in den Monaten Mai und Juni steht die ganze Palette südost-asiatischer Früchte vor der Ernte und breitet sich vor uns aus. Geruhsam und ohne Hektik schreitet der Führer mit uns durch die Plantage und überzeugt durch profundes Fachwissen.
Wir sehen Ananas, Pomelo, Jackfrucht, Guave, Karambol (Sternfrucht), Lychee, Drachenaugenfrucht und Longan. Wie könnte es anders sein, Business as usual, am Ende der Tour werden im Plantagen-Restaurant Früchteteller zu Touristenpreisen angeboten.

Der Tag ist stark vorgerückt und das Boot bringt uns zurück auf festen Boden, wo der Bus wartet und uns nach Can Tho fährt. Mit geschätzten 1,5 Mio. Einwohnern ist es die grösste Stadt im Delta mit einer belebten Uferpromenade, verwinkelten Seitenstrassen und einem breiten Angebot an Hotels und Restaurants.

Hier beziehen wir unser 1-Sterne-Hotel. Es verfügt über keinen Lift, ein Coolie ist nicht zur Stelle und das Gepäck müssen wir alleine in die vierte Etage schultern.
Das Zimmer ist sauber, ohne Schnickschnack, aber mit AC, Satelliten-TV und einem separaten Bad. Da hatte ich eher mit einer muffigen Abstellkammer gerechnet. Ich würde mir alle Finger lecken, wenn ich in Afrika bei meinen Expeditionen jeweils solche Unterkünfte antreffen würde.

Der Tag ist bereits fortgeschritten. Wir knallen unser Gepäck auf einen Stuhl, hängen die Toilettenbeutel auf, machen die Badelatschen bereit und begeben uns dann gleich ohne zu Duschen auf die Suche nach einem geeigneten Lokal zum Abendessen. An der Promenadenstrasse bleiben wir bei einigen Marktfrauen stehen und sichten das Angebot an Obst und Gemüse.
Nach einer halben Stunde finden wir ein adäquates Lokal mit Blick auf die Promenadenstrasse. Am Nebentisch macht sich ein Schweizer bemerkbar, als er feststellt, dass wir uns auf Hochdeutsch miteinander unterhalten. Er ist ein Ü50 und gönnt sich mit seiner Partnerin ein Sabatjahr. Der Mann ist etwas verklemmt und das Gespräch plätschert nur zögerlich dahin. Anglikanische Touristen hätten uns in einer halben Stunde bereits ihre halbe Lebens- und Krankengeschichte erzählt. Warum denn nicht ? Wir sind alle auf der Reise, sehen einander vermutungsweise zum ersten und letzten Mal. Was hat man denn da zu verlieren, wenn man ein wenig mehr von sich preis gibt?


Mekong Delta – Tag 2
Türülü, türülü, türülü, der iPod sagt uns, dass es 6.00 Uhr morgens und Zeit für den Floatingmarket ist. Wir machen uns bereit, jucken in die Funktionswäsche und steigen anschliessend mit dem Gepäck zur Lobby hinunter. Hier herrscht emsiges Treiben und internationales Stimmengewirr. Der Empfang wurde zum Frühstücksraum umgestellt und wir nehmen an langen Tischen Platz. Die Koreaner neben uns machen etwas eigenartige Gesichter, doch sie scheinen sich damit abzufinden, dass es heute keine Nudelsuppe zum Tagesaufstart gibt. Umso mehr freut mich das frische Baguette-Sandwich mit Rührei und Kaffee. Das Frühstück ist im Arrangementpreis inbegriffen, doch ich habe Kohldampf und muss das Supplement bei dieser knappen Preiskalkulation extra bezahlen. Das Gepäck bleibt im Hotel, denn wir kehren nach dem Vormittagsausflug noch einmal zum Mittagessen zurück.

Als Langschwein mit masochistischer Veranlagung, musst du für deine Mekong-Tour unbedingt ein kleines Boot auswählen. Spätestens nach einer Stunde wird dir die Sonne erbarmungslos auf den Skalp brennen und du wirst krampfhaft nach einem Reisstrohhut Ausschau halten, den man dir zu einem Wucherpreis verkaufen wird. Denn Sonnenschutz mit Faktor 30 hast du dort vergessen wo er dir am meisten nützt – nämlich im Hotel. Bei ungünstiger Witterung meldet sich der Monsun zurück und du wirst bis auf die Unterhose nassgetropft. Wenn schon handgeschnitzte Elefanten und verzierte Toilettenspiegel verkauft werden, gibt es vielleicht auch Einweg-Pelerinen zu überrissenen Preisen zu erwerben. Jetzt bist du auf bestem Wege, das ultimative Deltafeeling zu erreichen Das enge Sitzen in nassen Kleidern und die fehlende Beinfreiheit in der Holzklasse, führt zum bekannten Economy-Class-Syndrom. Dieses kann sich in Wadenkrämpfen oder sogar in einer Embolie oder Thrombose bemerkbar machen. Nun hast du es endgültig geschafft und darfst zum Buddhismus konvertieren und den vier grossen Lebensweisheiten Buddhas nacheifern. Eine davon lautet: Leben heisst leiden.

Ein altes chinesisches Sprichwort besagt, dass die Gescheiten aus den Fehlern der anderen lernen, die Normalintelligenten zumindest aus ihren eigenen und die ganz Dummen nicht einmal aus ihren eigenen. Nachdem ich nicht zum ersten Mal im Delta herum tuckere, hoffe ich, zumindest zur zweiten Kategorie zu gehören. Die Torturen mit einem kleinen Boot habe ich bereits in frühen Jahren nach der Öffnung Vietnams hinter mich gebracht und möchte sie nicht unbedingt wiederholen. Natürlich spielt das Alter mittlerweile auch eine Rolle. Nahezu sechzig Kerzen auf dem Kuchen, hinterlassen in einem bewegten Reise- und Männerleben ihre Spuren. Bei der Auswahl des diesjährigen Touranbieters, war ein grösseres Boot nicht nur ein höfliches Anliegen sondern ein zwingendes Muss. In kleinen seichten Kanälen, kannst du wenn nötig immer noch für kurze Zeit in eine Nussschale wechseln. Zwischen den Hauptarmen des Mekong besteht nämlich ein Netzwerk kleiner Kanäle, die dem Tidenhub des südchinesischen Meeres unterworfen sind. Nur da sind kleine Boote zwingend.


Heute ist das touristische Highlight unserer Zweitagestour auf dem Programm: die Besichtigung eines authentischen Floating-Markets. Von Can Tho aus kann man gleich drei besuchen und im Delta gibt es noch mehrere davon. Vom Hotel laufen wir zur nahe liegenden Ablegestelle. Ein einstöckiges, mittelgrosses Boot mit Überdachung wartet auf uns. Platz hat es reichlich und der Boden ist dicht, so dass wir unser Equippement abstellen können. Auf der ca. einstündigen Anfahrt, reihen sich a
m Rand des Flusses zusammengezimmerte Hütten auf Stelzen, dazwischen gelegentlich eine Boot-Tankstelle. Andere Behausungen schwimmen vollständig auf dem Wasser.

Doch die Hauptattraktion befindet sich draussen auf dem Fluss. Es geht zu wie in Europa auf einem richtigen Bauernmarkt, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass alle Geschäfte auf kleinen und grossen Booten auf dem Wasser abgewickelt werden. Dieser Markt ist noch nicht zur Touristenfassade entartet. Unzählige Boote dümpeln im Wasser und wir sind mitten im Gewusel. Auf grossen Kähnen werden eher Engros-Geschäfte abgewickelt. Den Retail-Verkauf Vorort übernehmen die kleinen Boote. Wir verfügen über ein mittelgrosses Boot - gerade richtig. Zu den grossen Kähnen schauen wir rauf, zu den kleineren hinunter. Überraschend, wie Frauen und ältere Kinder, ihre Boote und Aussenbordmotoren mit hoher Fertigkeit zu handhaben verstehen.

Zur besseren Erkennung, wird das Verkaufsgut oft an eine lange Stange gehängt. In einem Boot werden Ananas, in einem anderen Wassermelonen angeboten. Ein Boot ist bis an den Rand mit Gemüse vollbepackt, eine andere Frau bietet Fische feil. Endlos ist die frische und farbige Auswahl. Die Leute rufen "Hellooooo", und ich rufe "Hollaaaaa", Fremdsprachen muss man halt können.
Andere Boote drängen nun hinzu, in denen Nudelsuppe, Reis oder auch Kaffee gekocht wird. Auf grösseren Hausbooten tollen Kinder, Hunde und Katzen herum. Hinten am Heck hängt Wäsche zum Trocknen. Männer sitzen in Kauerstellung, den Hintern knapp über dem Boden balancierend, die Knie leicht aneinander, herum. Ich bekomme schon den Wadenkrampf, wenn ich ihnen nur zusehe. Ob sie wohl auch einem Erwerb nachgehen? Die Aufgabenteilung ist mir nicht ganz klar. Ein kleines Kind pisst ins Wasser, während die Nachbarin im Hausboot nebenan, am Seil einen Kanister ins Wasser lässt.

Ein neues Boot hat den Approach zu uns gesucht. Ich fotografiere auf Teufel komm raus. Eine paradiesische Auswahl von Fotosujets übergiesst sich vor mir. Allerdings ist das Licht nicht ganz unproblematisch und ich bin vor einige Herausforderungen gestellt. Vielliebchen lässt sich eine Ananas zubereiten. Säuberlich wird die Schale weggeschnitten, das Fruchtfleisch eingekerbt und anschliessend halbiert. Auch das Mittelstück ist zart und essbar.

Im Boot entdecke ich ein Kuckucksei, oder moderner gesagt, einen Trojaner. Die uns unbekannte, junge mitfahrende Vietnamesin entpuppt sich auf der Rückfahrt als hartnäckige Souvenirverkäuferin; jedem streckt sie auf der Fahrt ihre verzierten Toilettenspiegeln und anderen Plastikkram entgegen. Angewidert wende ich mich ab. Ich will mich nach wie vor aufs Fotografieren konzentrieren und nicht auf den unnötigen Klimbim. Das kommt auch bei den meisten anderen Touristen im Boot nicht gut an; trotzdem gibt es immer welche, die etwas kaufen. Das motiviert die Verkäufer und ist Grund genug, ins nächste Boot zu steigen, neue Touristen zu attackieren, wiederkehrend, Tag für Tag.

Der Zeiger steht auf Zwölf Noon und wir kehren ins Hotel zurück, wo jede Reisegruppe im Korridor ein Gepäckdepot erstellt hat. Mit Erleichterung sehe ich unsere Rucksäcke hervorlugen.
Nach einer kurzen Mittagspause mit fakultativem Essen, nehmen wir die lange Rückreise nach Saigon in Angriff.
My Tho ist die Provinzhauptstadt der Provinz
ungültiger Link entfernt im Mekong-Delta im Süden Vietnams. Die Stadt ist nach französischem Muster schachbrettartig angelegt. Im Zentrum liegen der Markt und die beiden Uferstrassen Trung Trac und 30 Thang 4.
Der letztere Name bezieht sich auf das "Ereignis 30.4.", den Fall von Saigon 1975 am besagten Datum. Hier liegen die meisten touristischen Anlaufpunkte wie Hotels und Restaurants, ebenso aber auch die Standorte des Handels aus den verschiedenen Wirtschaftszweigen: Reis, Fischerei und Obst. Wir machen einen Zwischenstopp um die 1820 begründete Vin Trang Pagode zu besichtigen. Mit ihrer ausladenden Architektur- und Gartenanlage wirkt sie wie ein Palast und bildet die Hauptattraktion dieser Stadt am oberen Mekongarm.

Auf der weiteren Rückreise kaufen wir unterwegs eine Durian, die Frucht der Extreme. Allein ihr Genuss ist eine Reise nach Vietnam wert. Es bedarf viel Anstrengung, den Geschmack hinreichend zu beschreiben. Für Liebhabende schmeckt das Fruchtfleisch wie Vanillepudding, begleitet von Mandelgeschmack und einem Hauch von Frischkäse. Doch die grosse Frucht wird aber nicht von allen Konsumenten geliebt. Der starke Duft des Fruchtfleisches stellt für andere eine Überbeanspruchung ihres Riechorgans dar. Jemand bezeichnete die Geruchsemission wie eine Frucht, die man drei Wochen in einem Plastikbeutel in der Sauna vergessen habe. Aus diesem Grund besteht in Südostasien für öffentliche Gebäude und Hotels häufig ein Mitnahme- und Verzehrverbot und nicht wenige öffentliche Verkehrsmittel – so fast alle Fluglinien in Südostasien - haben ein Beförderungsverbot für die Frucht verhängt. Es dauert nicht lange und die feine Nase unseres Reiseleiters hat das Objekt des Anstosses bei uns geortet. Diplomatisch bittet er uns, die Frucht möglichst luftdicht in einer Plastiktüte zu verschnüren und in der Nähe des Fensters zu lagern. Eine Aufbewahrung im Gepäckraum des Busses lehnt er kategorisch ab. Pitcairn





 
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        #2  

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Hallo Pitcairn >
Nach einer halben Stunde finden wir ein adäquates Lokal mit Blick auf die Promenadenstrasse. Am Nebentisch macht sich ein Schweizer bemerkbar, als er feststellt, dass wir uns auf Hochdeutsch miteinander unterhalten. Er ist

Wer spricht mit wem auf Hochdeutsch ? Du mit deiner phil. Frau ?

Und wegen Durian nach Vietnam ?? Da gibt es doch leckere auch in Davao (z.B.) ..oder sind die in Vietnam besser ?
 
        #3  

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Ich weigere mich, mit meiner philippinischen Frau Englisch zu sprechen. Als sie damals nach zwei Jahren Arbeit in der CH bereits ein passables Hochdeutsch sprach, habe ich für immer umgestellt. So bleibt sie in Übung und verlernt diese Sprache nicht. Wer weiss, ob sie sie irgend einmal wieder braucht. Wissen und Können ist Kapital. Wenn Dritte am Tisch sitzen, entscheiden wir uns für eine gemeinsame Verständigungssprache; meistens Englisch oder gelegentlich Spanisch. Komme soeben aus einem mehrmonatigen Trip aus Madagaskar zurück. Dort kennt man nur Französisch, die wissen nicht einmal dass es noch Englisch gibt :))) Ob ich wohl meinen Reisebericht aus Afrika hier ins Thailand-Asienforum einstellen soll? Ist halt doch nicht Asien. Was meinen die Mitglieder und Forum-Oberaufseher?
 
        #4  

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@pitcairn

ich für meinen Teil würde gerne weiterlesen. Auch andere schreiben ja über ihre Erlebnisse in Kenia der DomRep. Ukraine etc.

BITTE WEITER SO

Vielen Dank und viele Grüsse
 
        #5  

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Grüezi Pitcairn, Dank zuvor für Deinen Vietnambericht, ich staune einmal mehr über Deine Detailkenntniss, besser hättest Du die Cao Dai Bewegung nicht schildern können; das Gefühl in den Cu Chi Tunnels, (meine Frau bekam Panik, obwohl sie direkt hinter einem Vietcong kroch, mir wurde auch bammelig in der Dunkelheit und Hitze, wie hinter mir eine junge Aerztin aus Freiburg i Br von ihrem Freund beruhigt wurde, wurde ich auch getroster), das exotische Leben im Mekong Delta, wir belegten ein *** Hotel in Can Tho, wir hatten wohl Lift, aber sonst erinnerte es an die kommunistischen Herbergen im Ostblock, das Treiben auf dem Floating Market, beim Lesen sind alle Bilder und Gefühle von unserer Vietanmreise im vergangen Jahr wieder präsent. Auch der penetrante Duft der Durian, wir haben mal in Singapur ein kostpieliges Buffet genossen und anschliessen eine Durian Torte versucht, sie hat alles Vorhergehende zunichte gemacht. Du hast die wunderbare Gabe, Erlebtes in Worte zu fassen. Weshalb schreibst Du nicht für Lonely Planet, Merian o.a? Nur eine kleine Bemerkung, der Schweizer genoss wohl sein Sabbatical, also das Sabbatjahr mit bb. Alle andern religiösen Begriffe hast Du einzigartig begriffen, was sehr selten ist in irdischen Foren. Meine Hochachtung, warte gespannt auf die Fortsetzung......
 
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