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Pitcairns Reise 2012 - Teil 11 - Phils: Charly don't surf

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"Charly don’t surf“
"Ich mag den Geruch von Napalm am frühen Morgen. Riecht nach Sieg", sagt der Batallions-Kommandant der luftmobilen Einheit, Lieutnant Colonel Bill Kilgore.
Soeben hat der surfbegeisterte Oberst mit schwarzem Kavalleriehut einen Angriff auf ein kleines, vom Vietcong beherrschtes Dorf befohlen, als er vernimmt, dass es beim Dorfstrand brauchbare Wellen gibt. Er erteilt einem Soldaten den Befehl, zu surfen, während am Strand die Mörsergranaten des Feindes einschlagen. Der GI macht sich vor Angst fast in die Hose und sagt: "Aber Sir, da könnte Charlie im Busch sein“. Kilgore antwortet mit dem bekannten Satz, der in die Filmgeschichte einging: "Charlie don’t surf!"Charlie surft nicht. Im US-Slang war mit Charly stets der Vietcong gemeint. In die Filmgeschichte eingegangen ist auch ein Angriff auf ein vietnamesisches Dorf mit Kampfhelikoptern, untermalt mit Robert Wagners Walkürenritt. Schaut mal auf YouTubes rein. Apocalypse Now ist ein
Kriegsfilm des Regisseurs Francis Ford Coppolaaus dem Jahr 1979, dessen Handlung während des Vietnamkriegs spielt. Die Aussenaufnahmen der geschilderten Szene wurde in der Provinz Aurora in der Nähe von Baler an der Baler Bay auf den Philippinen gedreht. Der besagte Strand heisst dort seither Charlies Point. Weitere Aussenaufnahmen wurden in der Nähe von Laguna, Philippinen sowie in der Dominikanischen Republik gedreht. Der Film wurde mehrfach preisgekrönt und geniesst in der Filmgeschichte absoluten Kultstatus.


Wir reisen weiter an die Baler-Bay. Das ist ziemlich am Ende der Welt oder zumindest ein Ort, wo es nicht mehr weiter westlich geht; sonst musst du schwimmen. Richtung Norden führt eine Strasse Richtung Casiguran und Dinalungan. Irgendwann ist die Strasse zu Ende und du musst laufen. Dann wird es besonders interessant. Das Trekking setzen wir auf die Pendenzenliste und nehmen das nächste Mal das geeignete Equippement mit. Sich entlang der Küste zu Fuss in den Norden von Luzon durchzuschlagen, bei den Einheimischen in den Dörfern zu übernachten, sie aus ihrem Leben erzählen zu hören, einzigartige Fotos zu schiessen und dann vielleicht nach Wochen oder sogar Monaten auf Santa Ana im obersten Nordosten zu stossen. Sollten wir schon vorher Heisshunger auf einen BigMac kriegen, machen wir einen Deal mit einem Fischer, der uns in eine sinnvolle Richtung transportiert. So was Ähnliches habe ich 1996 bereits in der Südsee gemacht. Am Schluss wartete ich drei Wochen auf einer verlassenen Insel bis mich ein Postschiff in die Zivilisation zurückbrachte. Diese herrliche Zeit möchte ich in meinem Reiseleben nicht missen!

In Baler gibt es ein paar schöne Strände und Resorts. Die Anreise mit öffentlichen Bussen ist beschwerlich, die Landschaft zwischen Cabanatuan bis Baler aber äusserst reizvoll. Von Manila herkommend, müssen wir in Cabanatuan den Bus wechseln. Die Abfahrt ist auf 13.00 Uhr angesagt, aber wir müssen warten, bis alles Gemüse aufgeladen ist und noch mehr Reisende Platz genommen haben. Unter allen Einheimischen sind wir die einzigen Canos. Dieses Wort ist von der Bezeichnung Americano abgeleitet und ins Tagalog übernommen worden. Ein weisser Mann ist ein Cano, eine weisse Frau eine Cana. Für die Filipinos sind bis auf den heutigen Tag noch immer alle Weissen Canos. Vereinzelte haben mittlerweile vielleicht gemerkt, dass es im Ausland nicht nur Amerikaner, sondern auch Australier und Europäer gibt. Der Pinoy will es aber gar nicht so genau wissen. Abroad ist abroad. Sie sind nicht an der Mehrung ihres Wissens interessiert.

Das Gepäck ist bereits eingeladen, die Sitze belegt. Wir vertreiben uns draussen die Wartezeit und essen etwas im Toro-Toro-Restaurant. Die Armut muss in dieser Landesgegend besonders gross sein. Diverse Kinder, eine Mutter mit Kind sowie eine alte Frau betteln um Essensgeld. Systematisch weisen wir alle weg. Wir sind nicht bereit, den Alkoholkonsum von Eltern oder Ehegatten zu finanzieren – so läuft das hier oft. Der alten Frau biete ich ein Essen an, doch sie lehnt ab. Sie überdenkt ihren Entscheid und kommt nach zehn Minuten zurück und spricht mit Vielliebchen. Schweinefleisch will sie nicht, doch aber einen Teller Reis mit Suppe und Huhn, hier Tinola Manok genannt. Kein Wort des Dankes - erwartungsgemäss wie meistens.

Ich schäkere etwas mit der jungen Serviererin. Wir haben Augenkontakt und sind einander sympathisch. Ich analysiere sofort und weise zu: Ich das Alpha-, sie das Omegatier. Das würde zusammen passen. Wer ein wenig Tagalog spricht, hat hier schon gewonnen. Das Girl spricht wenig Englisch. Vielliebchen verfolgt die Diskussion und hilft mit der Übersetzung. Nie wird sie eifersüchtig, warum auch, es gibt keinen Grund. Ich will ja nicht das Modell wechseln, sondern nur Kontakt mit der Bevölkerung haben. Das junge Landei schwärmt von der Hauptstadt – einmal war sie dort. Oh Gott, wie kann ihr ein solches Stinkloch wie Greater Metropolitan Manila mit 15 Mio.Einwohner gefallen!? Da geht ein normaler Mensch doch nicht freiwillig hin. Das Girlie sieht aus wie 18 ist aber bereits 22. Wäre ich ohne Begleitung, würde sie ohne zu zögern meiner Einladung folgen, ihren Job hinschmeissen und mitkommen; davon bin ich überzeugt.

Gelegentlich habe ich das früher als Junggeselle erlebt. Sofern wir uns anständig gebaren und zivilisiert verhalten, gelten weisse Touristen in der Provinz immer noch als Halbgötter. Frauen winken uns in den vorbeifahrenden Bussen zu. Wir sind (einigermassen) gebildet, haben Lebenserfahrung, die nötige Finanzkraft, sind in der Lage eine Familie durchzubringen, schlagen keine Frauen. Das reicht und die Girls kommen voller Hoffnung mit. "I like you! Are you already married? Never mind, i want to be your mistress!“ Ich bin mittlerweile ein angegrauter, knapp sechzigjähriger Traveller und meine Attraktivität hat sich gegenüber asiatischen Frauen im Vergleich zu früher eher noch etwas erhöht. Well, i am still going strong, take always charge, wandle in sauberen Kleidern durch die Pampa, gehe mit allen manierlich um, bin freundlich und bemühe mich um Kontakt. Ich entspreche nicht dem landläufigen Klischee eines ungewaschenen, vollbekifften, rumgammelnden Backpackers. Damals und heute nicht.

Ich teile primär die Philosophie des individuellen Reisens mit dem Rucksack. Doch ich bin nicht als Coachsurfer und Selfcatering-Müeslifresser unterwegs. Ich verfüge über bescheidene finanzielle Mittel, gönne mir auch mal ein Zimmer mit privatem Bad, ganz abgesehen vom besseren Essen. Selbst das teure Ticket für Lionel Ritchie im Araneta Coliseum in Manila liegt ausnahmsweise einmal drin. "Once in a liftime – na also!" Am Schluss können wir ja nichts mitnehmen, wenn wir über den Jordan springen. Um der Reisephilosophie treu zu bleiben und um Informationen zu erhalten, übernachten wir nach wie vor in einschlägigen Unterkünften und reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Hier berichten uns andere Individualreisende von aktuell herrschenden Verhältnissen und geben uns manchen Rat hinsichtlich der Verkehrsverbindungen, Zustand der Strassen und Willkür von Grenzpolizisten.

Wenn ich als Single unterwegs bin, teile ich ein Hotelzimmer mit einem Reisekollegen; so habe ich die Kosten im Griff.Leute die auf einem Einzelzimmer beharren und einen Schalenkoffer anstelle eines Rucksacks mitnehmen wollen, sind ein klares NoGo-Indiz; sie sind nicht streetsmart genug um sich pragmatisch und kostengünstig mit ö.V. in der Dritten Welt durchzuwuseln. Ein Samsonite-Koffer ist nicht knautschfähig und findet keinen Platz unter einem Bussitz. Er ist auch zu breit und passt nicht in einen Maissack. Vor allem in Südamerika tarne ich das Gepäck oft auf diese Art.

Wer gern liest, weiss von Sartre, dass die Hölle immer die anderen sind. Wer gerne reist, hat das vermutlich schon selbst erfahren. Die schönste Reiseroute ist umsonst, wenn man mit den falschen Leuten unterwegs ist. Alleine durch den Orinoco-Dschungel in Venezuela?! Eine Kleinigkeit, im Vergleich zu einer Reise mit Samsonite-Touristen durch Westeuropa. Selbst, wenn sich jemand unbedingt zu mir gesellen will, sich zusammenrauft und zähneknirschend Kompromisse eingeht, führt dies meist zu unangenehmen Diskussionen; wegen dem Schnarchen, dem Rascheln am Morgen , wegen dem Frühaufstehen, wegen dem Monitorlicht des Laptops, wegen dem Lesen mit der Taschenlampe, wegen dem Rauschen der Dusche, wegen dem nassen Lavabo, wegen dem Ventilator, wegen der eingeschalteten AC, wegen der Selbstmontage des Moskitonetzes (wenns keines hat) und schlussendlich wegen der fehlenden Privatsphäre und der permanenten Nähe im gemeinsamen Zimmer. Die Spannung knistert, die Stimmung eskaliert und schlussendlich wollen Herr oder Frau Begleiter ein eigenes Zimmer und ich bin mit höheren Kosten konfrontiert oder muss meine Reise kürzen um im Budget zu bleiben.

Solche Leute sind auch ausserstande, eine verbindliche Budgetphilosophie mitzutragen, machen teils auf Moralapostel, wenn ich mir mal eine Nacht in einem einschlägigen Club um die Ohren haue – was selten vorkommt - , wissen alles besser, kommen in der Terra incognita nicht klar, haben schlechte Nerven, sind nicht gewohnt in Askese und Selbstgeisselung zu Travellen, leiden unter Wohlstandsverwahrlosung, können ihre posttraumatischen Störungen nicht überwinden und stellen mein Sicherheitsdispositiv in Frage. Im Verlaufe der Reise werden ihnen die Umtriebe beim Reisen mit ö.V. zu viel, sie sehen sich nach einem Privatfahrzeug mit Fahrer; oder wie kürzlich in Afrika erlebt, nach einem geeigneten Airlift, denn sie wollen um jeden Preis ausgeflogen werden in die Zivilisation und nichts anderes, als am Swimming-Pool ausruhen, plantschen und Belletristik lesen. Alles descha wü, denn ich spreche aus reichlicher Erfahrung. Die Liste könnte endlos erweitert werden. Mögen solche beschissenen SpielverderberInnen und Joykiller ohne mich unterwegs sein und ihren Reisealptraum anderweitig ausleben. Noch viel besser folgen sie der Empfehlung von Marthin Luther: "Lass raisen wer da wil, bleib du dahaim."

In Sachen Akzeptanz von Reisenden in der Dritten Welt, sind Outsider mit einer schnellen Antwort nicht verlegen: "Natürlich wegen deiner Kohlen“ (die ich sehr zaghaft einsetze) bist du akzeptiert; doch das alleine ist es eben nicht. Nur wer Asien à fonds kennt, kann hier objektiv mitdiskutieren. Es entspricht allerdings einer Tatsache – und das schleckt keine Geiss weg - dass wir Caucasion in der Dritten Welt ganz ohne Kohlen, nichts, aber auch gar rein nichts zu bestellen haben. In den letzten vierzig Reisejahren, nämlich im Jahr 1996 auf Western Samoa, Insel Savaii, im Südpazifik, habe ich eine einzige Abweichung erlebt. Ich hatte meinen Jeep bei den Blowholes geparkt. Da kam ein Matai – so werden Häuptlinge dort genannt - hohen Standes daher und zog seinen Wegzoll ein. Wir führten ein langes philosophisches Gespräch und stellten fest, dass wir in Sachen Weltanschauung auf der gleichen Wellenlänge lagen.

Ich erwähnte, dass ich mich in Papeete ernsthaft für den Erwerb eines Hostels umgesehen habe. Der einzige solche, von einer alten Chinesin geführte Laden, stand nämlich zum Verkauf und ich hatte mit ihr Verhandlungen geführt. Er empfahl mir, besser in Western Samoa zu bleiben. Er nehme mich gerne in seine Dorfgemeinschaft auf. Ein paar senile US-Amerikaner und Australier waren schon lange da und hatten mit ihren einheimischen Südseefrauen fleissig Nachwuchs produziert. Nach ihrem Wehrdienst Ende des Zweiten Weltkriegs, sind sie im September 1945 nicht nach Hause gefahren und gleich im Paradies geblieben.

Leben in einer samoanischen Dorfgemeinschaft – und das muss man wissen - bedeutet Sozialismus pur. Alles gehört allen. Du hängst dein frisch gewaschenes T-Shirt zum Trocknen auf und plötzlich trägt es ein anderer. Die Sexualität und das Partnerschaftsverhalten werden sehr liberal gehalten und es ist nicht jedermanns Sache, wenn die eigene Frau im Fale (Haus) mit anderen herumvögelt, obschon dies gesellschaftlich toleriert wird. Natürlich hast du gleiche Rechte, wirst dich aber bald wieder nach einer konventionellen Gesellschaftsordnung zurücksehnen. Das war schon seinerzeit in Poona beim Baghwan nicht anders. Das Südseeparadies existiert nur in Romanen und geschönten Reiseberichten.

Es gibt noch ein Phänomen, weshalb insbesonders Schweizerbürger rund um den Globus Vorschusslorbeeren geniessen. Mit unserer Nationalität wird Tugendhaftigkeit, gute Bildung, Sprachtalent, Charakterstärke und Wohlstand assoziiert. Gar mancher Schweizer Kleinunternehmer im Ausland schmückt sein Geschäft, seine Produkte, die Speisekarte mit dem weissen Kreuz auf rotem Grund. Glaubt mir, liebe Lesende, irgendetwas Zutreffendes muss daran sein. Wenn ich irgendwo, nach einem mühsamen zweiwöchigen Dschungeltrekking, aus dem Busch heraustrete und mich in die nächstgelegene Zivilisation begebe, halte ich Ausschau nach einer von einem Westler geführten Gaststätte. Gibt es einen Schweizer, ist die Chance ziemlich gross, dass man dort besser verpflegt wird als anderswo, dass man richtige Butter auf dunkles Brot schmieren kann, einen passablen gekühlten offenen Rotwein bekommt und sonstwie etwas Anständiges ins Teller. Angenehm sind mir auch Lokale die von Deutschen, Österreichern oder Franzosen geführt werden. Das darf fairerweise auch gesagt sein. Nach Monaten der Entbehrung, kann mich zum Beispiel ein Hinweisschild German Bakery zu Freudensprüngen veranlassen.

Mit einer Stunde Verspätung, fährt der vollbepackte Bus mit dem Ziel Baler los. Er hat eine Metamorphose erfahren und ist jetzt ein Lastwagen vom Typ rollender Markt mit zusätzlichen Personensitzen. Die Fahrt führt an endlosen Reisplantagen vorbei. Die ganze Landschaft leuchtet in sattem Grün. Es ist noch nicht lange her, da wurde Palai, der neue Reis angepflanzt. Das Klima hier erlaubt pro Jahr mehrere Ernten. Unterwegs machen wir Halt um Diesel zu tanken. Das System funktioniert hierzulande bei einfachen Bussen auf folgende Art: Mit ein paar wenigen Litern Kraftstoff im Tank fährt der Bus los. Unterwegs werden vom Schaffner die Fahrkosten von den Reisenden einkassiert. Mit diesen Einnahmen wird Diesel-Treibstoff an der nächsten Zapfstelle finanziert. Bei längeren Fahrten wiederholt sich das Vorgehen. Aus dem offenen Busfenster – richtige Scheiben gibt es meist nicht – schaue ich runter auf den Tankwart. Mir stockt der Atem und die Augen fallen mir fast aus dem Kopf. Mit einer brennenden Zigarette im Mundwinkel füllt er auf unnachahmlich entspannte Art unseren Tank, hantiert mit dem Zapfhahn und quasselt mit den Kollegen beim Tankhäuschen, die ebenfalls am Rauchen sind. Wenn da was schiefgeht, bin ich bald im Nirwana. Ich bekreuzige mich und kläre den schnellsten Fluchtweg ab. Ich trete nicht ein für ein Leben in Vollkasko, aber für ein Leben ohne Fahrlässigkeit. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis da mal etwas passiert. Filipinos halten wenig von Sicherheit. Sie repräsentieren gerade das Gegenteil unseres Sicherheitverhaltens. Nach zehn Minuten werde ich von meinem Albtraum erlöst und die Fahrt geht weiter.


Die gute Strasse veranlasst den Fahrer, in bester Ralleymanier, das letzte aus seinem rollenden Gemüsegarten herauszuholen. Der Zehntonner fliegt geradezu über Hügel und Berge. Passagieren und Fracht wird das letzte abverlangt. Wegen entgegenkommenden oder vorausfahrenden Fahrzeugen muss unser Fahrer immer wieder voll abbremsen. Das Gefährt darf als Klapperkiste bezeichnet werden, der Motor allerdings ist bestens im Schuss und gibt eine Bestperformance ab. Sonst ist am Fahrzeug so ziemlich alles defekt oder abgeschraubt, was ein Berufschauffeur in westlichen Breitengraden benötigt, um sicher zu fahren: Aussenspiegel, Drehzahlmesser, Tacho und Scheibenwischer sind ausser Betrieb. Wenigstens hat das Ding einen Motor. Ich hatte mir schon gedacht, dass ich noch Futter für einen Gaul auftreiben muss. Für die letzten vier Stunden unserer Fahrt haben wir die Plätze direkt neben dem Fahrer eingenommen. Das wichtigste Equippement on Bord scheint ein Audio Power Amplifier zu sein, der direkt auf dem Armaturenbrett montiert ist. Der MP3-Sound ab einem Cellularphone wird damit verstärkt und auf die Lautsprecher im Bus verteilt. Die rasende Fahrt in Konzertlautstärke wird zu einem echten Kamikaze-Ride. Bei ohrenbetäubendem Sound läuft ein Dokumentarfilm in Realtime wie auf National Geographics ab.

Die Provinz Aurora liegt im Zentrum des philippinischen Taifungürtel und ist das sturmgefährdetste Gebiet in den Philippinen, wenn nicht vielleicht sogar auf diesem Globus. Während der Regenzeit wird die Region innerhalb eines halben Jahres von jeweils mehr als zwanzig Tiefdruckzonen gegeisselt. Diese brauen sich über dem Pazifik zusammen und erreichen die Baler Bay mit teilweisen apokalyptischen Auswirkungen. Einmal als beispiellose Sturzflut, ein anderes Mal noch schlimmer als ein Supertaifun. Mit satanischem Heulen werden Behausungen weggefegt, Schneisen der Verwüstung zurückgelassen und Menschenleben beendet.
Ausdauer und Durchhaltewillen sind sonst nicht unbedingt eine Stärke der philippinischen Mentalität. Dieser besondere Menschenschlag hier ist es gewohnt, permanent gebeutelt zu werden und immer wieder von Neuem anzufangen. Trotzdem hat dieses beinharte, entbehrungsreiche Opferleben Vorteile. Die Existenz In einer ruralen Dorfgemeinschaft, in einer intakten Familie mit sozialem Rückhalt, ist einem Leben in der Grossstadt vorzuziehen. Vor allem Junge erliegen den vermeintlichen urbanen Reizen und stranden als Randständige ohne Arbeit und Unterkunft. Dann ist der Weg in die Kriminalität, Prostitution und Drogenabhängigkeit oft nicht mehr weit.

Nach insgesamt 9 Stunden Reise kommen wir ans Ziel. Es ist bereits dunkel geworden. Mein Allerwertester ist durchgerüttelt und gefühllos. Etwa so, wie wenn du mit einem 50 ccm Moped ohne Unterbruch 1000 Km von Manila nach Tacloban knatterst. Dann kannst du dir eine Stecknadel in den Hintern jagen und fühlst drei Tage nichts mehr.
Baler kann mit einem berühmten Bürger auftrumpfen; Staatspräsident Manuel L. Quezon stammt von hier. Zu seiner Erinnerung wurde ein Museum gebaut, wahrscheinlich das schönste Gebäude in der ganzen Stadt. In einem separaten Bau, ist auch sein Dienstwagen, ein Chrysler Airflow, Jahrgang 1937 ausgestellt. Das war nicht nur eine Präsidialkarosse, sondern auch eine automobile Skulptur. Damals war es noch nicht verwerflich, ein grosses Auto zu fahren. Auch der seinerzeitige Dienstwagen, des US-Befreiers General McArthur, ein Cadillac Series 90 V 16 Custom Town Jahrgang 1937, kann nicht weit vom Museum besichtigt werden; ein wunderschönes Exemplar. Entgegen allen philippinischen Usanzen, scheint das Auto – zumindest von aussen gesehen - gut unterhalten zu sein. Während unseres Aufenthaltes mieten wir ein Motorrad mit Beiwagen. Das hat meinem angeschlagenen Hinterteil auch nicht gerade geschmeichelt.

Ausserhalb der Stadt bilden bei Bunga Point zwei grosse Felsen im Meer einen wichtigen Blickfang. Nicht weit von dort, führt eine lange Treppe den Felsen hoch zu einem schönen Aussichtspunkt. Unsere Anstrengung wird belohnt mit einer schönen Aussicht auf Baler und die gesamte Bay. Erst jetzt kannst du den Helikopterangriff vom erwähnten Movie nachvollziehen. Bezüglich Restaurants hat die Stadt nichts zu bieten. Wir haben zwei gefunden. Eines stand unter Renovation und war vorübergehend geschlossen, das andere hat unseren Appetit nicht beflügelt. Wie immer in solchen Situationen entscheiden wir uns für Toro-Toro. Es handelt sich um eine Eatery mit einer Anzahl von Töpfen mit vorgekochtem Essen. Jeder hebt den Deckel, schaut rein und bestellt sein Ulam zum Reis.


Ein besonderer Trip mit kleinem Fussmarsch führt zu Charlies Point. Nach einer halbstündigen Fahrt müssen wir noch 10 Minuten zu Fuss weitergehen, bis wir den seinerzeitigen genauen Drehort erreichen. Auf dem ganzen Weg gab es keine einzige Beschilderung und ohne eine ortskundige Person, wäre der Platz sehr schwer auszumachen gewesen. Die vorherige Erkundigung in unserem Beachresort ergab keine Ergebnisse. Von drei befragten Personen, wusste niemand über die näheren Umstände dieses Films Bescheid. Es entspricht der philippinischen Mentalität, sich gegenüber vielem relativ desinteressiert zu zeigen. Nur das Heute und Jetzt ist wichtig. So lebt sich ziemlich sorglos. Im Vergleich zu anderen Ländern, verstehen es die Philippinen nicht, aus so wichtigen Ereignissen touristisches Kapital zu schlagen. Ein gutes Musterbeispiel ist Krakau in Polen, das mit der Besichtigung von Originalschauplätzen von Schindlers List eine tolle Touristenattraktion geschaffen hat. Wichtige Stationen im Film sind auch auf den Stadtplänen des Touristenbüros eingezeichnet. Zudem gibt es zum besagten Thema Ausstellungen, Museen, Fotosammlungen und und und.
Weil Baler direkt im Taifunbelt liegt, sieht die Gegend nicht immer idyllisch aus. Seinerzeit während den Dreharbeiten, muss es schöner gewesen sein. Die Region wird von Stürmen wiederholt mitgenommen. Die Bauern klagen über Verluste an Bäumen oder Früchten. Das Leben an diesem Küstenstrich ist für die Menschen härter als anderswo. Immerhin hat das Filmteam seinerzeit die Surfboards für die einheimische Jugend zurückgelassen und damit ihre Begeisterung für den Surfsport geweckt. Der Film sorgte für Gratiswerbung. Seither ist Baler ein kleines Zentrum des Surfsports geworden. Im Februar werden jährlich Meisterschaften ausgetragen. Das spült immer wieder ein paar Langschweine und somit Devisen rein. So was nenne ich ein brauchbares Beispiel von Entwicklungshilfe. Pitcairn














 
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Sartre - Huis clos, Geschlossene Gesellschaft. Hat mich ebenfalls nachhaltig beeindruckt.
 
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