Thailändisch lernen

Thailand Pitcairns Reise 2012 - Teil 25 - Thailand - Raclette und Schwyzerörgeli

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Raclette und Schwyzerörgeli
Während meiner Patty-Zeit kamen gestaffelt drei Jugendkollegen aus der CH zu Besuch und ich hatte reichlich, wenn nicht sogar manchmal etwas zu viel Abwechslung; Freund Alkohol war halt immer dabei. Vom Kiffen nimmt man in Thailand heutzutage wohlweislich Distanz; zu drastisch sind die Konsequenzen, wenn du auch nur mit einem bescheidenen Jointlein erwischt wirst. Das war vor vierzig Jahren hier noch anders. Wers nicht lassen kann, macht den kurzen Weg nach Kambodscha. Dort gehört Marihuana noch nahezu zu den Grundnahrungsmitteln und du kannst dich täglich für wenig Geld zudröhnen. Langsam aber sicher bekam ich von meinem stationären Leben als teilkastrierter Strohwitwer in Patty genug. Ich war in einer anderen Ausgangslage als früher, in einer anderen Alterskategorie, hatte andere Lebensziele und schlichtweg keinen Bock, mir jede Nacht um die Ohren zu schlagen.

Nachdem mein Vielliebchen aus den Philippinen eingejettet war, hat sich mein Leben wieder normalisiert. Sie hat während 10 Wochen zwei Bauprojekte umgesetzt und ich bequeme Sau lag auf der faulen Haut. Eines unserer Häuser brauchte ein neues Dach und wurde wie eine Puppenstube abgedeckt, neue elektrische Leitungen gelegt und eine Untersicht eingezogen. Jetzt kann der nächste Taifun kommen.

Die 2003 erstellte Front-Umgebungsmauer musste wegen Konstruktionsmängel niedergerissen und neu gebaut werden. Haftung bei Baumängel ist in diesem Lande nahezu unbekannt. Selbst wenn ich einen Vertrag gehabt hätte, wären unsere Rechte nicht rechtsökonomisch durchzusetzen gewesen. Da wird alles auf Endlosigkeit verzögert und die Anwälte kosten durch die Instanzen hindurch mehr als eine neue Mauer. Da muss man als Schweizer mit Rechtsverständnis lernen, von gewissen Prinzipien im Ausland abzurücken. Da machst du dir sonst nur die Nerven kaputt und hast am Ende noch die höheren Kosten. Es ist vorteilhaft, alles per Handschlag zu regeln und den Papierkram auszulassen.

Bei diesem Renovationsprojekt ersetzten wir auch das Einfahrtstor und bauten einen kleinen Krämerladen, auf den Philippinen Sari-Sari-Store genannt. Auch unser grosser Nutzgarten im der 4 Km entfernten Hauptresidenz, wurde in einen landwirtschaftlichen Park mit grossen Pflanzenboxen, Plattenwegen und betonierten, abgedeckten Regenwasserkanälen umgestaltet; letztere dienen uns auch als Fussweg. Vor allem in der matschigen Monsunzeit, werden wir diese festen Wege zu schätzen wissen. Ein erhöhtes Fundament für Pitcairns Pizzaofen mit Plattform wurde auftragsgemäss gebaut. Nun muss ich nach der Rückkehr auf die Suche nach einem professionellen Ofenbauer gehen - nicht ganz so einfach auf den Philippinen. Zur Not habe ich in Europa bereits ein Handbuch angeschafft, wie man selber so einen Ofen baut. Brauche aber dazu zumindest noch die richtigen Schamottesteine. (Für Tipps von Forumsmitgliedern zu Beschaffung bin ich dankbar!)

Irgendwie werde ich eine Lösung finden, schlussendlich hat die anderen Öfen im Lande auch jemand gebaut. Allenfalls gehe ich, wenn nötig mit dem Motorrad auf Erkundungstour von Insel zu Insel und frage mich durch. Das käme mir gar nicht ungelegen, so hätte ich wieder einen neuen Grund herumzugondeln. Ein Leben ohne Projekte ist doch nicht lebenswert
J.

Während der ganzen Umbauphase konzentrierten wir alle Angehörigen in unserem grossen Haupthaus. Ich war froh, diesen Tumult nicht ertragen zu müssen. Ich brauche periodisch meine Ruhe, mein Scriptorium wo ich mich zurückziehen und dem Lesen, Schreiben und Philosophieren widmen kann. Da will ich keinen plärrenden TV, keine permanent kreischende Kinderschar, keine überdrehte Musikanlage, keinen Karaokelärm aus den Nachbarhäusern und generell kein übermässig lautes Stimmengewirr.
Sicher denkt ihr, Pitcairn ist alt geworden. Nun, taufrisch bin ich wirklich nicht mehr, aber so grottenalt fühle ich mich auch wieder nicht. Zeitlebens habe ich die Ruhe zu bestimmten Zeiten geschätzt und auch gebraucht. So sehr wie ich den Tumult und die Crowd noch heute an einem Rockkonzert schätze, so sehr kann ich auch die Ruhe geniessen. Gerne sitze ich in meinem Baumhaus auf dem grossen Mangobaum und blicke über die Reisefelder. Schizophrenerweise habe ich allerdings meine grösste Inspiration beim Schreiben meist in einer belebten Gaststätte gefunden.

Anfangs Mai räumte ich mit Wehmut mein Appartement mit Terrasse im 20. Stock in Pattaya-Jomtien. Mein Nachbar ist ein gleichaltriger
kultivierter Schweizer mit laotischer Partnerin. Wir waren oft zusammen unterwegs, u.a. auch mit seinem Auto. Den Blick über Pattaya und das Meer habe ich abends oft genossen; natürlich mit einer Büchse Heineken in der Hand. Pattaya ist seit jeher ein vertrautes Pflaster und coming home für mich.


Ein Jahr ohne Winter kann ich spielend ertragen, ein Jahr ohne Raclette nicht. Zum Abschied durfte ich einen Hauch Schweiz erleben, denn ich war mit anderen Schweizern und ihren asiatischen Frauen aus unserem Appartementhaus an einem Racletteessen im Restaurant und Gästehaus Edelweiss. Gottlob hat der Wirt an diesem Abend nicht zum Schwyzerörgeli gegriffen, das wäre mir dann sonst wirklich allzu heimatlich geworden. Es gibt übrigens eine Anzahl Lokale mit guter Schweizerküche und ich habe sie während meines Aufenthaltes alle besucht und getestet. Der Pitcairn kann ja nicht immer Zitronengras und Reisnudeln fressen. Das weisse Kreuz auf rotem Grund ist im Ausland immer noch ein Garant für gute Dienstleistung und Qualität. Ergänzenderweise möchte ich festhalten, dass es in Pattaya auch gute Lokale mit deutscher oder österreichischer Küche gibt. Wenn ich da an Sauerbraten mit Knödel denke, an Wiener Schnitzel und Kaiserschmarrn, lecker, lecker was Teutonen und Ösiländer so auf denTisch zaubern.

Nicht weit von meinem Condominium, ca. eine halbe Stunde zu Fuss, befindet sich Meat-Stuff, die ehemalige Metzgerei Bodenmann. Dieses kanadisch-schweizerische Unternehmen veranstaltet jeden Freitag und Samstag ein BBQ. Da können sich Fleischliebhabende unter anderem mit grillierten Olma-Bratwürsten, Kartoffelsalat und dunklem Brot eindecken. An den Outdoor-Tischen sitzen Expats, Ferientouristen, Heimwehschweizer, Deutsche und Österreicher und quatschen. Einmal hatte ich sogar einen Catering-Grossunternehmer mit 600 Angestellten aus Bangkok am Tisch. Er beliefert unzählige namhafte Airlines. Sein Kollege, auch ein Schweizer, leitet in Bali ein Viersternehotel. Beide kommen öfters nach Patty um sich zu erholen. Es handelt sich ausnahmsweise einmal um zwei löbliche Besonderheiten von Schweizern, die im Ausland Erfolg haben. Andererseits arbeiten sich die beiden fast zu Tode und haben praktisch keine Freizeit. Derjenige aus Bali hatte nach vier Monaten ununterbrochenem Einsatz, erstmals wieder ein paar Tage frei.
Immer wieder wurde ich von anderen Europäern beglückwünscht, dass die Schweiz dieses Eurodebakel nicht mitmacht und sich auf Distanz hält. Unglaublich, im Ausland sind wir Schweizer die viel bessere Patrioten, ja sogar gute Nationalisten – ein Phänomen, das schwer zu erklären ist.

Vater und Sohn Bodenmann stammen aus Romanshorn SG. Als es dem jungen Frührentner Bodenmann (59) damals in Pattaya zu langweilig wurde, hat er wieder mit dem Metzgen und Wursten angefangen. Maschinen wurden aus der Schweiz importiert und eine ganze Produktelinie von Würsten und veredelten Fleischwaren, z.B. Mostbröckli, ins Sortiment genommen. Nebst einem Verkaufsgeschäft Vorort, beliefert er en gros Restaurants und Supermärkte. Sogar SF1 war einmal da und hat eine Sequenz für einen Dokumentationsfilm gedreht: Alte Männer, kurze Hosen, junge Frauen (siehe Youtube). Mittlerweile obliegt die Produktion einem Kanadier und Bodenmann jun. macht noch das Coaching. Emil Bodenmann Senior hat mittlerweile Flügel gefasst und ist ins Jenseits abgehauen. Mögen ihn genügend Olma-Bratwürste und Dijonsenf auf Wolke 9 erwartet haben.

Während meiner Zeit in Patty habe ich meist am kühleren Vormittag die ganze Stadt mit Vororten zu Fuss erkundigt und bin oft Distanzen von bis zu 10 Km täglich gelaufen. Nun bin ich ziemlich heimisch geworden und fühle mich besonders in Pattaya-Jomtien sehr wohl. Dort kann ich 7 Km am der Promenade entlang laufen und es wird nie langweilig. Immer gibt es etwas zu sehen, zu fotografieren oder mit den Strandverkäuferinnen zu plaudern. Die Gegend ist ein richtiges Touristen- und Frührentner-Paradies. Auch die auf RTL II bekannt gewordene TV-Soap Villa Germania befindet sich hier und nicht, wie man logischerweise vermuten würde, im Teutonenviertel Noklua.

Mit Tourismus kannst du eine Suppe kochen, aber auch dein Haus abbrennen. Immer mehr Hochhäuser für Hotels oder Ferienwohnungen schiessen hier in die Höhe. Patty wiederholt die Fehler von Loret de Mar und Benidorm, die Infrastruktur hält nicht Schritt. Unglaublich, aber wahr: mit rund 80% dominieren hier die russischen und nicht wie sonst überall, die deutschsprechenden Touristen. Es handelt sich nicht etwa um die klassische Sorte von alleinreisenden männlichen Geniessern, wie man sie sonst hier aus westlichen Ländern vorfindet. Die meisten sind in weiblicher Begleitung. Auffallend sind die hübschen, langen Beine und wohl proportionierten Körper.

Wenig Punkte gibt es für die Ost-Gesichter. Die Frauen haben nicht gelernt zu lächeln - ernsthafte Minen passen nicht hierhin ins Partyparadies. Das fällt im sprichwörtlichen LOS besonders auf. Ich fühle mich zurückversetzt an die Krim, wie zu Zeiten des kalten Krieges am Schwarzen Meer. Der Grund dürfte darin zu finden sein, dass Russland ein hartes, raues Land mit einer düsteren Historik ist. Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Leute selbst in der Sonne bedrückt dreinschauen. Nun haben die Iwans Südostasien entdeckt. Russen, nichts als Russen, soweit das Auge reicht: auf der Fähre nach Koh Larn, auf den Liegestühlen am Strand, im Bath-Taxi, in den Restaurants. Speisekarten auf Russisch, Hinweistafeln auf Russisch, Reklame auf Russisch, das ist schon mehr Odessa und nicht mehr Pattaya wie es früher einmal war, als manierliche US-Amerikaner dominierten. In der Walkingstreet gibt es sogar eine Gogo-Bar mit hochkarätigen und hochpreisigen russischen Girls.

Bei einer Besichtigung des Royal Cliff Grand Hotel, äusserte sich mein Boy dahingehend, dass die Fünfsterne-Herberge im Moment mit 80% russischen Touristen belegt sei. Ähnliches hörte ich im Nobelhotel Dusit Thani. Im Moment dominiere eine indische Hochzeitgesellschaft von mehreren hundert Personen, aber sonst seien stets auch viele Russen hier, wusste meine Führung zu berichten. Auffallend bei Russen ist, dass sie selten ein Wort Englisch sprechen. Kommunikation mit anderen Nationalitäten ist praktisch nicht möglich und vielleicht von den Iwans auch nicht erwünscht. Eine weitere Russenhochburg in Pattaya ist Wongamat. Aus verschiedensten Gesprächen mit Thailänderinnen, westlichen Touristen, Bar- und Hotelbesitzern konnte ich entnehmen, dass man das Geld der Russen gerne nimmt. Von Sympathie hat niemand etwas gesagt.

Bemängelt wurde vehement, dass Russen keine Trinkgelder geben. Mir persönlich, sind des Öfteren die etwas verbesserungsbedürftigen Manieren der Russen aufgefallen. Viele Männer und teils sogar auch Frauen, haben keine Kinderstube und tragen ihre mitgebrachte Schnapsflasche öffentlich zur Schau. Die Sauferei beginnt im Condominium, geht weiter im Bath-Taxi, dann auf der Fähre nach Koh Larn und schlussendlich auch am Strand.
Diese Nationalität wird nicht von allen Touristen gerne gesehen. Mein Norwegischer Nachbar im Condominium berichtete, dass er seine Wohnung nach 5 Jahren gerne wieder verkaufen würde. Die zunehmende Russifizierung werde ihm zu viel. In der Hochsaison würde sogar der hauseigene Swimmingpool bei Partys vollgekotzt und als Abort benutzt. Ich selber habe mit meinen eigenen Augen keine solche Beobachtunge gemacht.

Trotz der russischen Invasion am Strand, habe ich mich sehr gerne in meinem Appartement-Hochhaus aufgehalten. Obschon nicht gerade im klassischen thailändischen Tempelstil gebaut, war es drinnen aber umso besser. Zum Haus gehört auch ein riesengrosser Swimmingpool, fast Olympiagrösse und einen Privatausgang zum Strand. An Infrastruktur gibt es im Haus vier Wäschereien, Lebensmittelgeschäft, Massagen, Vermietungsagenturen, Frisör und auch vier Restaurants. Theoretisch müsste man gar nicht mehr raus. Besonders während der Songkran-Zeit ist das sehr nützlich. Security wird grossgeschrieben und an allen Gates, am Hauseingang sowie bei den Aufzügen steht uniformiertes Sicherheitspersonal. Das tönt nach hoher Kriminalität, die ich in Pattaya nirgendwo festgestellt habe. Pitcairn
 
        #2  

Member

Lieber Pitcairn , du schreibst >

Die Frauen haben nicht gelernt zu lächeln - ernsthafte Minen passen nicht hierhin ins Partyparadies. Das fällt im sprichwörtlichen LOS besonders auf. Ich fühle mich zurückversetzt an die Krim, wie zu Zeiten des kalten Krieges am Schwarzen Meer. Der Grund dürfte darin zu finden sein, dass Russland ein hartes, raues Land mit einer düsteren Historik ist. Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Leute selbst in der Sonne bedrückt dreinschauen.

Nachdem ich des öfteren auch in Russland umherreiste , auch nette Frauen dort kennlernte, kam ich diesem Phänomen auf die Spur , denn ich wunderete mich auch sehr darüber , das dort eine Frau nicht einfach so lächelte . Eine russ. Studentin , welche bei mir wohnte erklärte es mir : es wird einem dort als Mädchen beigebracht , nicht zu lächeln , weil das nur die " Dorfdeppen" machen . Also der Dorftrottel , welcher unkontrolliert lacht/lächelt . Und damit will man/frau sich ja nicht gemein machen .
Aber sei dir gewiss : wenn eine Frau mal mit dir lacht , so ist es echt , und kein stereotypes a la Land of Smile ..lol....
 
        #3  

Member

..eine russische Frau mit dir lacht ..*
 
        #4  

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Member hat gesagt:
Raclette und Schwyzerörgeli
Zur Not habe ich in Europa bereits ein Handbuch angeschafft, wie man selber so einen Ofen baut. Brauche aber dazu zumindest noch die richtigen Schamottesteine. (Für Tipps von Forumsmitgliedern zu Beschaffung bin ich dankbar!)

Pitcairn

Danke für die schönen Berichte.
Ein Kollege in LOS hat sich aus Holz Giessformen in der gewünschten Grösse der Schamottensteine gebastelt. Damit ging er zu einer "Factory" welche solche Nüiangkauli" (Korianischgrillen) Dinger herstellt, sind schamottierte Blecheimer zur Aufnahme von glühender Holzkohle. Die Factory hat im dann nach und nach die gewünschte Anzahl Steine hergestellt. Gesehen habe ich den Ofen noch nicht, die Pizzas, gebacken mit bester Hartholzkohle, sollen aber legendär sein.
 
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