Thailändisch lernen

Pattaya Pitcairns Visa-Run

        #1  

Member

Pitcairns Visa-Run
Der Chauffeur entpuppt sich als absolutes Multitasking-Talent. Er telefoniert, sortiert Reisepässe, heftet Passfotos mit dem Bostitch an die Antragsformulare und fährt gleichzeitig noch mit einem Affenzahn über die mehrspurige Schnellstrasse und überholt langsamere Fahrzeuge. Eigentlich habe ich das neueste Buch von Christian Kracht, „Imperium“ in mein Daypack gelegt und wollte auf der Fahrt an die Grenze etwas lesen. Doch ich entscheide mich, die eventuell letzten Stunden meines Backpackerlebens bei wachem Geist und klarem Blick auf den Asphalt zu verbringen. Vielleicht kann ich mich im entscheidenden Moment vor dem grossen Crash noch ducken und somit ein gnädigeres Karma erwirken.

Bist du Bürger der Europäischen Union oder zum Beispiel Mitglied der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dann darfst du im Königreich Thailand ohne Visum einreisen und hier 30 Tage verweilen. Beachte, dass es sich um eine Aufenthaltsbewilligung und nicht um ein Visum handelt. In Gesprächen mit Behörden ist zwischen diesen Begriffen peinlich genau zu differenzieren. Kommst du von den zauberhaften Girls und dem guten Sound im Tahiti Queen an der Beach Road nicht mehr los und möchtest mehr als eine Woche verlängern, machst du einen eintägigen Visa-Run, zum Beispiel ins nahe gelegene Kambodscha. Weil du auf dem Landweg nach Thailand zurückkehrst, wird dein Aufenthalt um 15 Tage, andererseits auf dem Luftweg um 30 Tage verlängert. Andere Regelungen gibt es für Bürger der ASEAN-Staaten oder der Russischen Föderation. Den Visa-Run kannst du umgehen, wenn du auf einer Thailändischen Botschaft im Ausland ein Visum beantragst; dieses kannst du dann direkt in Thailand verlängern und musst dazu nicht ausreisen. Bist du in Patty, ist deine Anlaufstelle das Immigration Office in der Soi 5 in Jomtien. Eine einmalige und auf 7 Tage verlängerte Aufenthaltsbewilligung kannst du direkt in Jomtien einholen. Eintägige Visatrips sind ein Geschäftszweig zahlreicher Reisebüros in Pattaya geworden. Preise inkl. Mittagessen bewegen sich für Farang zwischen THB 1800 – 2500. Verbindliche Details zum Thema Einreise und Aufenthaltsbewilligung entnimmst du den einschlägigen Informationen der Thailändischen Botschaft in deinem Wohnsitzland.

Ich habe mich für ein Rundum-Sorglos-Paket zu THB 1800 von einem Reisebüro in der Soi Postoffice entschieden. Eingeschlossen sind das Abholen vor der Unterkunft, die Erledigung sämtlicher Formalitäten, ein Mittagessen und die Heimstellung. Mitzubringen ist der Reisepass und zwei neue Ablichtungen meines Konterfeis. Schon heute Morgen zum Hahnenschrei hat der Tag ärgerlich angefangen.
In Jomtien habe ich bereits um 5.45 Uhr vor meinem Condo gewartet. Als der auf pünktlich 6 Punkt Null Null Uhr avisierte Minibus auch um 6.25 Uhr nicht eingetroffen war, telefonierte ich auf die mobile Kontaktnummer des Reisebüros. Nach längerem Läuten meldete sich eine verschlafene Lady am anderen Ende der Leitung.
Ich formulierte kurz mein Problem in Englisch und die Frau versprach sich der Sache anzunehmen: „I check for you“, sagte sie knapp und hängte auf. Ich wartete auf einen Rückruf, doch der kam nicht. Kurz vor 6.35 Uhr wählte ich die Nummer erneut und die verschlafene Frauenstimme meldete sich wieder. Ich sagte, „Hello, this is Pitcairn calling again. Why you did not call me back? » Zuerst ein paar Sekunden Stille – dann folgt die Antwort: „Bus on the way, wait 5 minutes“. Na also, und nach ein paar Minuten kam der weisse Lexus-Van wirklich angefahren. Ich hatte mich schon darauf eingerichtet, eine 7tägige Verlängerung Vorort beantragen zu müssen. Zwei weitere Personen steigen noch anderswo hinzu, so dass wir die effektive Fahrt an die Grenze um 7.00 Uhr beginnen können.

Bereits nach einer guten Stunde Fahrt, gibt es eine viertelstündige Pipi-Pause. Unser multitalentierter Fahrer spricht bis auf einen Wortschatz von drei Wörtern „Coffee, Visa und Go“, kein Englisch. Als ich ihn frage, wie lange die Fahrt bis zur Grenze dauert, sucht es das Weite und springt davon. „Vielleicht sehe ich aus wie eine Geisterbahn oder die Bambusratte hat Komplexe“, schiesst es mir durch den Kopf. Die Fahrt geht weiter auf bester Strasse. Ich bin mir nicht reuig, die Fotoausrüstung zuhause gelassen zu haben. Die Szenerie ist alles andere als breathtaking. Die Strasse ist gesäumt von Zweckbauten, die Topografie mehrheitlich flach, die Vegetation Busch- und Gestrüpp artig. Hinzu vermiest das äusserst dunstige Wetter jedem passionierten Landschaftsfotografen seine gute Laune. Auf dem Weg passieren wir zwei Militärkontrollen und um ca. 10.30 Uhr erreichen wir den Grenzübergang Thailand - Kambodscha. Der Fahrer weist mich an, meinen roten Pass bereitzuhalten und an der Kolonne am Schalter „Emigration“ anzustehen, indem er eine Pantomime macht und auf den Schalter zeigt und sagt „Go“. Bald bin ich an der Reihe und werde vom den thailändischen Beamten speditiv abgefertigt. Nun bin ich im Niemandsland. In Thailand ausgereist und in Kambodscha nicht eingereist. Unser Fahrer, der auch die Rundum-Sorglos-Betreuung seiner Fahrgäste zu verantworten hat, ist nicht zu sehen. Ein thailändischer Zoll-Mitarbeiter schickt mich weiter an zwei verschiedene falsche Schalter. Eine Verständigung in Englisch scheint unmöglich. Dann kommt eine freundliche Beamtin mit mir und bringt mich etwas weiter zurück an den Schalter 7. Doch ich habe keine Papiere und Fotos, denn die befinden sich beim Chauffeur. Jetzt erst scheint bei den Leuten die Erkenntnis zu wachsen, dass ich einer Gruppe angehöre und in Folge der normalen Logik zuerst ein kambodschanisches Visa und von diesem Land einen Ein- und Ausreisestempel benötige. Erst im Anschluss kann ich wieder in Thailand einreisen. Ein Beamter zeigt mir den kurzen Weg zum richtigen Ort auf diesem Postenlauf. Ich setze mich sichtlich nervös und laut fluchend in Bewegung. Neben einer Verkaufsstelle für Getränke und Snacks finde ich draussen mehrere Schreibtische und emsiges Treiben vor. Auch unser kurzgeschorener Fahrer ist da und ich ergreife ihn an der Schulter und erteile ihm eine Standpauke: „What the fuck you are running away. I am searching this place for a longtime. Why you can’t wait for me? I’ve been applying already to 3 wrong counters. Das Knäblein weiss sehr genau, dass er Scheisse gebaut hat und wähnt sich einmal mehr in Schweigen. Er nimmt mir demütig den Reisepass ab und übergibt ihn den Beamten an den Schreibtischen. Dort wird mein rotes Reisebüchlein mit Kreuz mit einem Begleitformular durch drei Hände geschleust und anschliessend einem Motorrad-Kurier übergeben. Dieser hat bereits ein Bündel weiterer Pässe in der Hand und wetzt damit in Richtung Kambodscha davon. Nach rund zwanzig Minuten ist er zurück und die Beamten nehmen sich erneut der Unterlagen an.
Bald kriege ich meinen biometrischen Reisepass, versehen mit dem Kambodscha-Visum und dem Ein- und Ausreisestempel zurück. Der Fahrer füllt das Einreisedokument für Thailand aus, welches er mir anschliessend zur Unterzeichnung vorlegt. Dann geht es zurück an den Immigrations-Schalter „nach Thailand“. Vor mir wartet ein beinmagerer, unrasierter Tourist in ungewaschenen Kleidern mit Piratenkopftuch. Ein Pseudo-Johnny-Depp der Wert auf ein besonderes Äusseres legt. Jeder Nicht-Hirnamputierte sollte wissen, dass man auf Konsulaten, Botschaften und Behörden und somit auch am Zoll, in geordnetem Outfit, ohne Kopfbedeckung und anständigen Manieren auftritt. Gewisse Leute scheinen dies nie zu lernen und sind dann verwundert, weshalb ihre Abfertigung länger dauert und sie von den Beamten zusätzlich gevögelt werden. Die Staatsangestellten in Uniform sind autorisiert, bei Verdacht die Einreiseprüfung wenn nötig auszudehnen. Ein Tourist muss zum Beispiel nachweisen oder zumindest glaubhaft machen können, dass er für seinen Aufenthalt im Gastland selber aufkommen kann und über genügend Geldmittel verfügt. Auch die Art und Weise seiner Ausreise muss er belegen können. Allerdings wird dies bei Überlandreisen in Asien selten geprüft. Auch die Überprüfung dieses Touristen dauert doppelt solange als bei konformen Einreisenden und ich muss warten.
Ich betrachte solch renitente Touristen nicht als Enthusiasten, sondern als inkonformen Abschaum, der seine Nation und andere Landsleute unnötig in Misskredit bringt.

Nun bin ich an der Reihe und pflanze mich mit einem freundlichen Lachen vor dem Schalter auf. Der Polizeioffizier ist in Champagnerlaune.
Kein Wort zu meiner Einreise. Pass und Immigrationsformular werden unverzüglich gestempelt. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Der Kerl spricht sogar ein einigermassen verständliches Thai-Englisch. Aufgrund meines Wohnsitzes will er den Unterschied zwischen Thaifrauen und Filipinas genauer erfahren. Ich mache es mir etwas einfacher und sage Klischeehaft, dass Frauen hierzulande eher etwas grösser gewachsen, magerer und im Durchschnitt hübscher sind. Filipinas sind oftmals nur 150 cm gross, fetter und haben mehr Vorbau. Was ich für mich behalte ist, dass Thaifrauen infolge anatomischer Voraussetzungen ihre Glieder wesentlich stärker biegen können. Auch die Beine bringen viele fast bis zum Spagat auseinander. Das hat für einen Mann in bestimmten Situationen gewisse Vorteile. Auch geplagte Männer mit Mikropimmel haben dadurch Vorteile. Dann kommt der Offizier auf die Küche zu sprechen. Da kann ich gegen Thailand nicht gross auftrumpfen, doch nach vierzig Jahren sind die Philippines Islands „bayan ko“ und wenn irgendwo die Nationalhimmne
„Lupang Hinirang“ (Auserwähltes Land) erschallt, bin ich es, der am lautesten mitsingt. Ich berichte ihm von Afritada und Caldereta, meinem Leibgericht Embutido, Tinola Manok, Pancit Bihon oder Canton, Lechon babuy und Rilienos, das sind mit Hackfleisch gefüllte Calamares. Wahrscheinlich versteht er nur die Hälfte, aber das Wasser läuft ihm im Munde zusammen.
Die wartenden Leute hinter mir werden langsam aber sicher nervös und fragen sich, was wir wohl alles Wichtige zu besprechen haben.
Der Beamte reicht mir durch den Schalter die Hand, nicht ohne mir ein
grosses Bonbon aus seiner Schatulle zu überreichen. Immer wieder erlebe ich solche Geschichten. Ich kann’s nicht ergründen.

Ich schlendere langsam zum Parkplatz zurück. Es lohnt sich, vorher die Gesichter der Mitreisenden, den Van und die Kontrollschildnummer zu merken. Sonst läuft man Gefahr, in den falschen Wagen einzusteigen. Um 11.35 Uhr hat die gesamte Schicksalsgemeinschaft, bestehend aus 3 Asiaten, 6 Russen und einem Eidgenossen wieder in den bequemen Sitzen im Bus Platz genommen und die Rückfahrt beginnt. Sie wird durch einen Lunchbreak von 30 Minuten unterbrochen. Jeder Fahrgast erhält ein Ticket für ein kleines Essen mit Getränk. Das Selbstbedienungs-Restaurant ist bestens zur Bewältigung grosser Touristenströme ausgelegt.
Der Fahrer wirkt wesentlich entspannter und er verbringt die Rückfahrt am mobilen Telefon mit Kopfhörer. Er bemüht sich, mit mir besonders freundlich zu sein und versucht mit Handzeichen zu ergründen, ob ich wieder in Besitz meines Passes bin. Eine Kommunikation unter den Fahrgästen kommt leider nicht zustande. Man mag dies damit entschuldigen, dass Russen kein Englisch sprechen. Das allein aber ist es nicht. Es ist mehr ein Mentalitätsproblem. Ich habe mich schon bestens mit z.B. Menschen in der Mongolei oder in China unterhalten, ohne dass wir eine gemeinsame Sprachbasis gehabt haben. Manchmal hilft der Lonely Planet etwas dabei und in der Neuzeit die Übersetzungsprogramme auf meinem iPod. Aber die beste Technik hilft nichts, wenn die Leute Analphabeten sind. Um 15.00 Uhr sind wir wieder in Pattaya zurück. Erneut freie Bahn für weitere zwei Wochen im thailändischen Seebad. Ich freue mich auf lange Wanderungen frühmorgens entlang des Jomtien Beach, im hohen Norden in Naklua auf Abende mit gutem Sound in Leo’s Blues Bar, auf einen Strammen Max beim Anton, auf Happy Hour und kalten Chardonnay im Hollyday Inn, Beach Rd., auf den Heavy-Metal in der Toi-Bar Ecke Soi 2 / Second Rd., einen Shorttime in der Belgischen Botschaft in der Soi 3 (Hotel Welkome Inn), den womöglich allergeilsten Shorttime-Shuppen in ganz Pattaya, auf Musikabende im Heineken Beergarden an der Second Rd., auf die grosse Schaumparty-Disco Samstag abends im Pool des Hardrock-Hotel, auf Tahiti Queen an der Beach Rd., auf
Sunset Special horsd’euvre im Pattaya-Beergarden Eingangs Walking Street, auf die gereiften Girls in der Bamboo-Bar, nur einen Steinwurf anfangs Walking Street entfernt, auf weitere Lifebands in der Walking Street und auf die Gynäkologen Gogo Windmill in der Soi Diamond.
Ich kann schon jetzt erahnen, dass ich mit meinem Freizeit-Programm nicht durchkomme. In 15 Tagen dürfte ein erneuter Visa-Run nötig werden ;-)))


Pitcairn, seit vierzig Jahren auf der endlosen Reise
©™
 
        #2  

Member



Da wurde ja mal so ein trockenes Thema wie Visaverlängerung in eine nette Geschichte verbaut....
 
        #3  

Member



Run Forrest (Pitcairn) Run:mrgreen:

Blues Factory?

WS

Gruss
 
        #4  

Member



Leo's Blues Bar, Moo 5, Soi 18 / Soi Wongamat,
Naklua
Live Blues and Rock vom Feinsten jeden Abend ab
21.00 Uhr.
Nicht zu verwechseln mit der Blues Fctory in der Walking Street.
Greetz: Pitcairn
 
  • Standard Pattaya Afrika Afrika Phillipinen Phillipinen Amerika Amerika Blank
    Oben Unten