Thailändisch lernen

Thailand UNHEILBAR-Buchauszug: Bangkok und Kanchanaburi

        #1  

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Die Hauptstadt und Kanchanaburi sind die Hauptschauplaetze in meinem juengst erschienen Buch, es ist auch so etwas wie ein Reise und Erlebnisbericht, eben halt in Romanform.

Hier packe ich 'mal eine Leseprobe aus meinem Buch hinein, es hat viele Beschreibungen moeglicher Ausflugs- und Reiseziele inne und so mancher kennt es ja noch nicht.
Wen solche fiktiven Reisebeschreibungen realer Schauplaetze nicht interessiert, der braucht ja nicht 'reinzugucken :wink0:

Hier geht es also los:

UNHEILBAR

Vergangenheitsbewältigung auf Reisen


Eigentlich bin ich müde, sehr müde sogar. Die gut elf Stunden im Flugzeug von Frankfurt nach Bangkok vergingen leider nicht wie im Fluge, sondern tröpfelten eher vor sich hin, wie ein undichter Wasserkran. Die zwei Stunden in der Limousine vom Airport ins Hotel waren auch gespickt mit haarsträubenden Spurwechseln auf wirklich übervollen Strassen, sofern es nicht im Schritttempo voranging.
Bangkok hatte mich wieder. Hier war ich letztmalig auf einer Geschäfts-reise mit gemischten Gefühlen, damals in den frühen 90-er Jahren. Mit gemischten Gefühlen deshalb, weil mich zu jener Zeit der Projektmanager des neuen Kunden unserer Firma, einem japanischer Hersteller für Autozubehörkram, nach erfolgtem Abschluss in einen Privatclub mitnahm. In diesem Privatclub kümmerte sich eine Hostess um mich, wie es noch keine Frau vor ihr auf der ganzen Welt getan hatte. Seitdem war mein heimisches Liebesleben recht nachhaltig gestört.
Mit meiner Exfrau geschah immer weniger, und ich ertappte mich oft bei dem Gedanken, die Nacht der Nächte ein weiteres Mal zu erleben, bevor ich das Zeitliche segne. Meine ohnehin kinderlose Ehe zerbrach, und seit meiner Scheidung vor sieben Jahren habe ich nur äusserst selten die Lust auf ein weibliches Wesen verspürt – mit Ausnahme der Geisha von damals, die seither engelsgleich in allen meinen Tagträumen existiert. Niemals erzählte ich jemandem davon; sie sollte mein Geheimnis bleiben.

Ich wollte mir nicht die Blösse geben, von einer Prostituierten befriedigt worden zu sein. Nicht auszudenken, die Schmach im Kollegenkreis.
Dann kam der Moment, der mein restliches Leben verändern sollte. Im Rahmen einer planmässigen Vorsorgeuntersuchung diagnostizierte man mir im vergangenen Monat, dass ich mit einer deutlich reduzierten Lebenserwartung rechnen müsste. Die Diagnose tut hier nichts zur Sache, aber ich wollte nun bewusster leben und erleben – die noch verbleibende Zeit, in der ich mich halbwegs wohlfühlen konnte, aktiv nutzen.

Alle früheren Gedanken, welche ich zum Beispiel für ,gute Vorsätze‘ opferte, warf ich nun aber über Bord. Warum sollte ich mit dem Rauchen aufhören, wenn meine Lebensuhr nun ohnehin wesentlich schneller tickt, als mich ein Lungenkrebs dahinraffen könnte. Warum sollte ich das gelegentliche Trinken und das damit verbundene Vergnügen aufgeben, wenn meine Leber theoretisch viel länger malträtiert werden könnte.
Mit dem Ablauf meines Mindesthaltbarkeitsdatums in Sicht, gönnte ich mir nun erstmals die Erfüllung lange gehegter Wünsche. Noch vor guten vier Wochen war alles im alten Trott, mein silbergrauer Audi A 6 war ein Jahr lang mein treuer Begleiter auf allen innerdeutschen Reisen, auf denen ein Flug unrentabel war.

Er wäre es geblieben, aber dann stand ich in einer Nacht nach einem Kinobesuch vor dem hell erleuchteten Schaufenster eines bekannten Sportwagenhändlers und jahrzehntelang unterdrückte Gefühle keimten in mir auf. So ein Nobelflitzer würde mir gut stehen, knallrot und mit dem nötigen Power unter der Haube, bis der Arzt kommt! Am nächsten Morgen stand ich dann vor dem Schreibtisch des Inhabers. Die Modalitäten hatte ich schnell hinter mich gebracht, und der Porsche liess sich fahren, als hätte er mich schon immer chauffieren wollen.

Der frische Adrenalinstoss aber, den mir der neue fahrbare Untersatz verschaffte - der klang recht schnell wieder ab. Das Naserümpfen meiner lieben Managerkollegen daheim in der Firma konnte mir nicht entgehen. „Zweiter Frühling!“, hörte ich sie tuscheln. „Jetzt spinnt er aber komplett!“, raunten sich unsere Arbeiter zu – nur die ledigen Sekretärinnen lächelten mich nun jetzt etwas breiter an.
Ich lebte nun aggressiver, bewusster, härter und... irgendwie viel schöner. Warum nur bedurfte es der eigentlich so verheerenden Diagnose, um mich aus meiner Spiessbürgerlethargie zu wecken?

Am kommenden Freitag beginnt das Meeting der Führungskräfte der internationalen Kfz.-Zubehörindustrie im malaysischen Kuala Lumpur und ich erwirkte beim Direktor mühelos einen Kurzurlaub im Zusammenhang mit meinem dortigen Auftritt. Die vier Wochentage vor der Veranstaltung werden mir anstandslos genehmigt. Mein Referat über abriebsarme, hoch hitzebeständige, aber asbestfreie Bremsbeläge, wie sie meine Firma herstellt – das habe ich fertig auf der Festplatte des Laptops. Alle Spezialisten der Firma haben daran mitgearbeitet und es ist wirklich gut. Nun bin ich endlich im wohl klimatisierten Zimmer des Hyatt Erawan Hotel, einer der feinsten Adressen der Stadt.

Das Interkontinental, in dem ich seinerzeit residierte, gibt es nicht mehr. Dort ist nun eine Grossbaustelle, auf der eine Megamall für die reicher gewordenen Thai und die ausländischen Touristen entsteht, bemerke ich während der Vorbeifahrt. Grosse, gemalte Poster zeigen eine Chrom- & Glasfassade mit einer ansprechenden Aussenarchitektur des Luxus und der Superlative. Bangkok macht’s möglich.

Ich dusche und mache mich dann auf den Weg, die nähere Umgebung per pedes zu erkunden. Die Gehwege sind an diesem frühen Montagnachmittag nicht von vielen Passanten frequentiert. Etwas links die Strasse hinunter ist das Peninsula Plaza, ein anderes, feines Hotel der Oberklasse, und ich beobachte ein wenig das bunte Treiben auf dem Gehsteig davor. Eine Kaffeestube an der Front des Peninsula lädt zum Verweilen ein und ich folge dieser Eingebung. Es wird unmöglich sein, die Zauberfee von damals wieder zu finden, das weiss ich schon, obwohl ich oft an sie denke – aber allein der Gedanke daran hat mich schliesslich hergezogen.

Privatclubs der Japaner sind für westliche Leute ohne japanische Begleitung so uneinnehmbar wie eine Festung. Jeder halbwegs ehrenvolle Türsteher würde hier sein mickriges Leben dafür riskieren, einem Nichtasiaten mit allen ihm gegebenen Mitteln den Zugang zu verwehren. Aber Bangkok hat ja auch noch eine Menge anderer Entertainments zu bieten, als den einen oder anderen schummerigen Privatclub in der sechsten oder siebten Etage eines Bürohauses.

Genüsslich schlürfe ich meinen Cappuccino und erfreue mich an der Ansicht der bienenfleissigen Bediensteten hier, die in ihren kurzen weissen Röckchen und hellbraunen Poloshirts sehr adrett und irgendwie süss aussehen. Meine Bedienung trägt ein Namensschildchen, auf dem steht: Dao. Sie lächelt schöner, als ein Werbemodell für Zahnpasta und ich lächle verhalten zurück. Sie ist allerhöchstens 20 Jahre alt und das packt sie in eine für mich unerreichbare Liga.

Es ist früher Nachmittag, aber wie durch ein Wunder fühle ich mich trotz der Reisestrapazen wie neugeboren. Das Lächeldoping von Dao, der Kaffee, die exotische Atmosphäre und die Erwartungshaltung an die nächste Woche... oder war es das alles zusammen?
 
        #2  

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@ abstinent

liest sich echt klasse

wenn ich im mai in bkk bin, und wir uns treffen sollten würde ich dir gerne ein exemplar abkaufen

gruss alex
 
        #3  

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@ Absti!


In welcher Buchhandlung in Phuket gibt es dein Buch?
...in Kata etwa auch?

Gruss

Peter
 
        #4  

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@ lex

klar, wurd' mich freuen :yes:

@ peter

im raume kata-karon habe ich mehrere verkaufsstellen. mani's bakery sowie mehrere von den beachseitigen supermaerkten, welche auch literatur im programm haben. meist haben die dann auch solch ein poster im fenster:

Anhang anzeigen 317_posterthaibeachklein_1.jpg

ciao

abstinent
 
        #5  

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Ich schlendere am Hotel Erawan vorbei in Richtung der Betonhochbrücke, über die alle paar Minuten eine Art Strassenbahn herfährt, aber meine Aufmerksamkeit gilt auf einmal nur noch dem Geschehen in dem Tempelschrein zu meiner Rechten. Hier steht offensichtlich eine Götterfigur auf einem gemauerten Podest, und Hunderte von jungen Frauen beten sie an oder behängen sie mit Blumengirlanden. Räucherstäbchen in Bündeln verbreiten ein exotisches Aroma, und die Girlanden aus frischen Blüten machen das Ganze zu einem Erlebnis für die Nase. Als dann eine bisher unsichtbare Kapelle mit überirdisch klingenden Weisen dem Happening hier noch eine akustische Komponente verleiht, bleibe ich wie gebannt stehen und betrachte das Schauspiel.

Im Uhrzeigersinn umkreisen die Gläubigen das Götterbild, das mehrere Gesichter zu haben scheint. Die Farben, der Geruch, die Klänge... alles wirkt irgendwie fantastisch, sehr exotisch - aber auch nicht unangenehm. Ich sauge alles gierig in mich auf. Im Innenbereich des Tempelschreins befinden sich auch einige Steinsitzbänke, und meine müden Knochen würden sich gerne darauf ausruhen. Aber ich schäme mich etwas, denn ich weiss nicht, was ich dort machen soll, um nicht Anderen unangenehm aufzufallen. Also beobachte ich die Szene noch eine Weile.

„Excuse me, sir!“, mit diesen Worten spricht mich ein kleines Mädchen von der Seite an, es strahlt mich an und hält eine dieser hier häufig zu sehenden Blumengirlanden in ihrer ausgestreckten Hand: „Only ten Baht, sir.“ Und ich krame in meiner Tasche nach Kleingeld, aber ich habe nur eine blaue 50 Bahtnote als kleinsten Schein und gebe ihn der Kleinen. „Oh, sorry sir...“, sagt sie noch, während sie um die Ecke wegrennt. Na ja, den Verlust eines Euro kann ich verschmerzen – und habe auch nicht das Gefühl des Geprelltwordenseins.

Ich gehe also in die Umzäunung des Schreins und setze mich auf eine freie Bank im Innenbereich, direkt gegenüber der funkelnden Statue. Ein nicht abreissen wollender Zustrom neuer Geschenkebringer für die Götterfigur sorgt für permanenten Nachschub an Blumengirlanden und Räucherstäbchen. Meist machen die Opfernden eine Runde um die Figur, und stoppen alle 90 Grad an einer der offensichtlich vier Gesichtsseiten des Gottes. Diesen Stop nutzen sie dann für ein kurzes Gebet, oftmals auf den Knien, und sie verneigen sich mit vor dem Gesicht zusammen gefalteten Händen davor. Nach dem Intermezzo hier stürzen sie sich wieder in den Verkehr oder gehen ihren sonstigen Tagesgeschäften nach.
Niemand starrt mich an, niemand gibt mir durch Blicke zu verstehen, ich sei hier fehl am Platze oder gar unerwünscht. Manchmal erhasche ich ein flüchtiges Lächeln einer der zahlreichen jungen und hübschen Frauen und ich bin dankbar dafür. Dankbar für das Lächeln und auch für meinen Entschluss, endlich wieder hierher zu kommen.

Ich fasse Mut und laufe in respektvollem Abstand einmal um den Schrein herum. Dabei fallen mir die hinteren Teile des Schreins auf. Auf der dem SOGO-Kaufhaus zugewandten Seite befindet sich ein anderer Opferschrein für Elefantenfiguren, und es stehen hier Hunderte dieser Miniaturelefanten in Reih und Glied vor einem anderen Götterbild. Grosse und kleine, geschnitzte und bemalte, hölzerne und solche aus Plastik.
Auf der zum Erawan Hotel hin gewandten Seite ist ein gemauerter, sehr ornamentaler Baldachin, unter dem eine achtköpfige Kapelle sitzt. Die männlichen Musikanten tragen identische Kostüme, und deren Instrumente wirken auf mich wie aus einem Museum entliehen. Ich beobachte aus den Augenwinkeln, wie ein Gläubiger eine Geldsumme an einen Bediensteten überreicht, und dieser der Kapelle ein Zeichen gibt, worauf diese nach kurzer Absprache mit dem Musizieren beginnt. Mit dem Beginn der Melodie taucht, wie herbeigezaubert, eine Gruppe junger Tempeltänzerinnen auf. In wunderschönen traditionellen Kostümen wiegen sie ihre gertenschlanken Körper zu den Weisen.

Ich fühle mich wie in einem schönen Traum, aber meine Füsse teilen mir unmissverständlich mit, das nun endlich eine Ruhephase erforderlich sei. Also setze ich mich wieder auf die immer noch freie Bank. Ich nicke fast ein, aber dann berührt mich eine kleine Hand sanft am Arm: „Sir, I looking for you, but you go away!“ Etwas vorwurfsvoll schaut mir die kleine Girlandenverkäuferin in die Augen und ich kann mir ein plötzliches Lächeln nicht verkneifen. Sie hält mir zwei 20 Bahtscheine mit der anderen Hand hin und ist fast erstaunt, als ich ihr entgegne: „You can keep the change, buy some sweets or icecream for yourself!“
Die grossen, dunkelbraunen Augen strahlen um die Wette mit den kleinen, blütenweissen Zahnreihen. Sie setzt sich neben mich auf die Bank, und fragt mich: „Where you come from?“

„I come from Germany“. „Oh, Jölemanny…“, quietscht sie da los. „...do You have BTS in Jölemanny?“ - „BTS, what is that?“ - „Up there, that’s BTS!“, und sie zeigt mit dem Finger nach oben. Ich verstehe, die Hochbahn heisst hier BTS. „One day I go BTS!“, sagt sie inbrünstig und voller Stolz. Ich schaue wohl etwas verwirrt drein. „Mae promised me, I can go BTS, but I sell flower many first.“ Ich verstehe nicht ganz. „Come back tomollow Khun Farang!“, ruft sie mir noch zu, und verschwindet wieder zwischen den Leuten draussen auf dem Gehsteig.
 
        #6  

Member

Ich verspüre Hunger, das Erawan und die tollen, vielfach preisgekrönten Restaurants dort, sie sind ganz nah, aber mich packt nun das Entdeckerfieber. Ich erklimme eine Fussgängerbrücke über die Hauptstrasse. Sie heisst Rama 1, später Sukhumvit und soll mehrere hundert Kilometer lang sein. Das muss sie wohl auch, denn das Verkehrsaufkommen ist schier erdrückend. Die Gipfelhöhe der Brücke scheint bei knapp zehn Metern zu liegen, erst ganz dicht unter dem BTS-Bauwerk führt diese die Passanten auf die andere Seite. Für alte und gebrechliche Leute ist es unmöglich, hier die Strassenseite zu wechseln. Städteplanung gibt’s nur für aktive Sportler hier in Bangkok, wie es den Anschein hat.

Oben auf der Brücke sitzt an jedem Aufgang je ein Bettler, und artig verneigen sie sich vor jedem Passanten. Viele Thai werfen eine kleine Münze in die als Becher hingehaltenen, aufgeschnittenen Plastikgetränkeflaschen. Ich finde ein Fünfbahtstück in der Tasche, dass ich im Vorübergehen in den Becher werfe, den mir ein alter Mann mit zittriger Hand hinhält. Er sieht mich nicht direkt an, aber ich glaube zu spüren, wie er mir noch lange nachschaut, während ich die Treppe hinuntergehe.

Der riesige Komplex einer Shoppingmall lockt mit klimatisierten Räumlichkeiten nicht weit von meinem neuen Standpunkt entfernt. Central World Plaza heisst er, und ich gehe hinein. Der reine Zufall will es, dass drei deutsche Touristen die gleiche Rolltreppe benutzen, und ich höre zwangsläufig ihr Gespräch mit. Zwanglos berichten sie von der tollen Massage nach der Badewannensache, und der Dickste der drei grölt: „Nachdem ich ihr den zweiten Schuss verpasst hatte, ging nix mehr – kein Bumsen war mehr drin!“, worauf ein Anderer meinte: „Heut’ Abend klappt’s bestimmt wieder, ich geb’ dir meinen Blasebalg von gestern!“
Die sprachen ganz ungeniert über ihre Erlebnisse bei den Prostituierten und hatten offensichtlich alle ihren Spass gehabt. Ich würde gern mehr erfahren, aber da musste zunächst einmal ein Plan aufgestellt werden. Ich esse in einem Steakrestaurant einen riesigen Salatteller und deren ,Surf & Turf Special‘. Lobster und Filetsteak, meine Leib- und Magenspeise, internationaler Standardfrass vieler gestresster Manager. Für die exotischere Thailändische Küche fehlt mir heute ganz einfach der Mut.
Nach dem Mahl gönne ich mir noch einen Irish Coffee, was meinen Tischnachbarn, einen waschechten Iren, auf den Plan ruft.
In breitestem irischem Dialekt hob er sein Bier und toastet mir irgendetwas zu. Ich grinse und erwidere den Trinkergruss halbherzig. „Watcha doing this neck of the woods?“, fragt er, was soviel heisst wie: Was machen Sie in diesem lausigen Nest? „Business“, ist meine etwas lapidare Antwort.
„Don’t forget the fun in this city!“, warf er zu mir herüber und setzte sich in Bewegung herüber zu mir an den Tisch, aber nicht ohne vorher das Riesenglas Bier in einem Zuge leerzutrinken. Ich wittere Lunte, hier kann ich die benötigten Informationen bekommen.

„Please sit down“, sage ich ihm, mit einer einladenden Handbewegung auf den Stuhl gegenüber weisend „..which are the hotspots today?“. Und er beschwert sich über die ID-Card Alterskontrolle bei den Mädchen in der Thermae, die neuen Öffnungszeiten der Bars und A Go-Go’s und die gestiegenen Preise der Freelancer in den Discos ,Angel‘ und ,Hollywood‘. Ich merke mir alle Namen, so gut wie es geht, und komme nicht umhin, ihm ein Bier zu bestellen, denn er schielt laufend nach dem Kellner.

Roger, so heisst der Guteste, erzählt mir dann seine Lebensgeschichte - oder genauer gesagt: Er beginnt damit. Just zu diesem Zeitpunkt bekomme ich glücklicherweise eine belanglose SMS auf mein Handy, wie mir das akustische Signal verrät, ich nutzte die sich nun bietende Gelegenheit, um ein kurzes Gespräch vorzutäuschen.
„I pity you business freaks“, sagt Roger mit einem breiten Lächeln. Ich kann nun ausweichen und den Monolog abbrechen, zahle schnell die Rechnung, verabschiede mich brav und gehe meines Weges.

Die Namen der Bars und Plätze, die Roger genannt hatte, habe ich mir vorsorglich ins Sprachmemo des Handys aufgesagt. Etwas weitere Recherche wird nun nötig sein. Dafür hatte ich die Vokabel-Munition für einen Taxifahrer, denn ohne diese hätte ich mich bestimmt nicht in eines der berüchtigten Bangkoker Taxis gesetzt. Zur Thermae soll es nun gehen, der Fahrer nickt, schaltet den Taximeter ein und fährt los. Es ist mittlerweile Abend, die Armbanduhr zeigt 20:25 Uhr. Siedendheiss fällt mir ein, dass ich meine Breitling am Handgelenk unbedingt noch gegen ein billiges Modell eintauschen sollte, denn... man weiss ja nie!
 
        #7  

Member

Nach einiger Kutschiererei zeigt das Taximeter in rot leuchtenden Digitalziffern 89 Baht und wir halten vor einem Hotel mit einem Lokal im Untergeschoss. ,Thermae‘ steht an einer Tafel angeschlagen, auf geht’s.

Meine Ernüchterung kennt kaum Grenzen, als ich dann in dem schummrigen Souterrainladen die Schwingtüre aufmache. Ein dumpfer Geruch aus abgestandenem Qualm mischt sich mit Resten von Billigparfüm und dem Aroma verschütteter Getränke. Gähnende Leere, ausser mir nur vier weitere Personen anwesend, nicht eine einzige Frau, abgesehen einmal von der stark geschminkten Omi am vorderen Thekenrand.

Komische Innenarchitektur, denke ich, während ich staunend ins Innere trete. Eine geschwungene Inseltheke ohne Ausschank in der Mitte, links und rechts Sitzgruppen im Dinerstil, und eine Jukebox im hinteren, linken Bereich. Das hier soll wahrhaftig die sagenumwobene Aufrissbude sein? Da hatte ja jede Bushaltestelle, die wir auf der Taxifahrt passierten, nach meinem Dafürhalten mehr an attraktiver Weiblichkeit zu bieten!
Die Schanktheke befand sich in einer Nische links neben dem Eingang, aber ich mache auf dem Absatz kehrt, als sich ein uniformierter Kellner zielstrebig in meine Richtung aufmacht. Ich gehe also zurück auf die Strasse und versuche, mich zu orientieren. Das Bauwerk über meinem Kopf sieht genauso aus, wie die BTS in der Nähe meines Hotels, ein Strassenschild etwas weiter verrät mir dann auch, dass ich wieder auf der Sukhumvit war. Seltsam, der Taxifahrer war unterwegs mehrfach in verschiedene Haupt- und Seitenstrassen abgebogen - dabei bin ich jetzt immer noch auf der gleichen Strasse.
Weiter rechts sehe ich etliche Marktstände, und ich schlendere dorthin. Im Scheine nackter Glühbirnen bieten hier die Händler Hemden, Krawatten und andere Sachen an. Ich erstehe an einem dieser Stände eine Billiguhr für 400 Baht. Der Markt zieht sich weiter hin, und ich folge ihm über mehrere Strassenkreuzungen hinweg. Fast permanent sprechen mich irgendwelche Schlepper an und wollen mir Girls, Boys oder was auch immer anbieten. Ich lehne ihre Angebote rigoros ab, denn die Schlepper sind international immer die schlechtesten Ratgeber.

Eine lange Treppe führt vom Gehsteig zur BTS Station nach oben, und ich erspähe ein Schild: NANA steht dort angeschlagen, und ich erinnere mich noch, dass Roger diesen Namen mehrfach im Zusammenhang mit Vergnügen genannt hatte. Ich war also gar nicht so verkehrt hier.

Die Läden hier hatten fast alle noch geöffnet, und ich betrete einen kleinen Supermarkt. Die Aircondition auf Maximalleistung verschlägt einem nahezu den Atem, wenn man den Raum hier betritt. Ich kaufe ein Paket Kaugummi und dann noch eine Schachtel Zigaretten. Auf meine Frage: „Where is the Nana?“, ernte ich nur ein wenn auch nicht unfreundliches, doch verständnisloses Lächeln der Kassiererin, aber ein anderer Kunde hilft aus und erklärt mir freundlich, dass diese Gegend Nana genannt wird – aber das wohl von mir gesuchte Entertainmentviertel sich in der Soi 4 befinden soll.

Soi 4, Soi heisst wohl Strasse, und ich erinnere mich an etliche Strassenschilder mit dieser Bezeichnung. Die Nummern wurden in meiner Laufrichtung kleiner, sind hier auf dieser Seite aber ungerade. Ich schliesse daraus, dass ich auf der falschen Seite der Sukhumvit bin und suche nach einer Möglichkeit, die Strasse zu überqueren.

Eine weitere Brückenkletterpartie folgt etwas später und ich befinde mich auf der geraden Seite. An einem grossen Luxushotel vorbei gehe ich weiter in die Richtung und finde die Soi 4 recht einfach. Hier herrscht ein sehr reger Fussgängerverkehr und etliche Passanten beiderlei Geschlechts streben in diese Seitenstrasse hinein. Manche kommen mir mit leicht geschürzten jungen Mädchen an der Hand entgegen und ich fühle mein Herz höher schlagen. Schon nach ein paar Metern zweigt nach links auf eine Art Hinterhofplatz eine Zufahrt ab und Hunderte von Neonreklamen bemühen sich nach Kräften, im Innenhofbereich die Dunkelheit der Nacht zu erschlagen und ein bunt kreischendes Leben ins Rampenlicht und in das Interesse der Kunden zu rücken.

Nana Plaza, ich bin endlich dort! Um jetzt bloss nichts verkehrt zu machen, setze ich mich einfach in eine der Open Air-Bars im Eingangsbereich und bestelle mir eine Coca-Cola. Das wirre Treiben hier hatte keine für mich erkennbaren festen Regeln. Von meinem leicht erhöhten Platz aus kann ich sehr gut den Innenhof überblicken. Ringförmig drumherum gibt es Bars auf drei Etagen. Unzählige Bars und ihre Belegschaft warten hier auf zahlende Kunden und Unmengen an Bargirls harren geduldig ihrer nächtlichen Freier.

Ein Eldorado für den Einen, ein Sündenbabel für den Anderen. Meine Augen schweifen umher und registrieren die Sachlage, aber mein Verstand will damit nicht recht Schritt halten. Als Topanalyst meiner Firma verfüge ich, so sagt man mir nach, über ausserordentlich wache analytische Fähigkeiten. Warum aber versagen die hier so sehr? Rätsel über Rätsel. Schräg gegenüber führt eine Rolltreppe in die erste Etage hoch, offensichtlich eine Einbahnstrasse für jeden, der dort hochfährt – denn ich sehe diese Leute nicht wieder zurückkommen.
 
        #8  

Member

Member hat gesagt:
@ abstinent

liest sich echt klasse

wenn ich im mai in bkk bin, und wir uns treffen sollten würde ich dir gerne ein exemplar abkaufen

gruss alex

@ lex-kf,
in Bangkok kannst es dir in der Buchhandlung im Nanahotel kaufen.
 
        #9  

Member

nicht schlecht,

mal ne andere Frage,
gibts das Teil auch als Hörbuch ?

klar kann ich lesen, aber so ein mp3 Teil auf den ipot oder das Handy,
und dann ablaufen lassen, während man sich sonnt,
ist schon bequemer :yes:
 
        #10  

Member

@ salas

richtig, gut aufgepasst - danke :tu:

ausserdem z.b. auch beim otto in der suk 20 (zeitungs & delikatessenlaedchen vorne), german beerhouse suk 11 und diversen bookazine und asiabook-stores (nicht alle)

@ leebanon

hab ich bisher nicht vorgesehen, ist aber sicher eine gute idee fuer spaetere realisation. erstmal will ich den buchvertrieb auch in europa unter dach und fach haben. je ein distributor (verteiler) in D, CH & A steht bereits. naehere info dazu im werbethread unter UNHEILBAR, wenn es soweit ist. in thailand habe ich nun 60+ verkaufsstellen direkt bestueckt (plus etliche weitere ueber den grosshandel bzw. buchvertrieb)

ciao

abstinent
 
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