Einen Tag später
Ziehe den Vorhang zum Balkon auf. Bis die Sonne in Deutschland das nächste Mal so scheint werden noch Monate ins Land gehen. Unten am Pool vom Hotel gegenüber liegt jeden Tag der selbe Mann und liest ein Buch. Es gibt Dinge, auf die ist Verlass. Frage mich, ob ich nicht einen größeren Erholungseffekt aus dem Urlaub rausschlagen könnte, wenn ich seine Routine übernehme und mir die Liege neben ihm schnappe.
Zappe durchs TV und bleibe am Bollywood Kanal hängen. Genial. Ein ganzer Film besteht aus 3 Kulissen, alles lebt vom dramatisch inszenierten Mimikspiel der Protagonisten:
Sie (mit Golketten behängt) schaut glückseelig.
Er (mit Riesenschnauzer unter der Nase) kommt rein und sagt was. Sie schaut total entsetzt.
Er sagt was. Sie schaut todtraurig.
Er sagt nichts. Sie schaut hoffnungsvoll.
Schon sind 20 Minuten rum.
Denke mir, dass ich den weiteren Verlauf des Films jetzt vorhersagen kann (Goldkettchen schaut fröhlich, bestürzt und zufrieden) und schalte weiter.
Es kommt mein Lieblingssender. Buddhistische Theravada-Mönche sitzen im Lotussitz auf einem Podest und singen. Erstaunlicherweise klingt das gar nicht so weit weg vom gregorianischen Gesang katholischer Mönche. Beides hat einen beruhigenden Effekt auf mich. Interessant jedenfalls, dass die beiden buddhistischen Sender den ganzen Tag lang laufen, offensichtlich gibt es genug Leute die zuschauen. Unterbrochen wird das Programm vom täglichen Lagerbericht der Militärregierung um 18 Uhr, der, soweit ich feststellen kann, gleichzeitig auf allen thailändischen Sendern ausgesstrahlt wird.
Aber ich bin nicht zum Fernsehschauen hier. Der letzte Abend war abwechslungsreich. Während mich die eine im Club fast zum Abschuss bringt, versagt meine Lust bei der anderen noch bevor wir das Hotel betreten. Denke, dass mir das bei meinem süßen Figur-Model nicht passiert wäre. Plane darum heute nochmal im Sugarbaby vorbei zu schauen. Oder sollte sie etwa gestern nicht gekommen sein, um mir aus dem Weg zu gehen? Quatsch! Mir fällt in dem Moment ein, dass mich gestern eine Kellnerin aus heiterem Himmel ansprach:
"Lady not come today".
"What? What Lady?"
"You Lady last night. But will tomorrow. Come tomorrow!"
Na also! Heute abend wird gut.
Abends
Ich bin da. Und wer nicht? Ihre Schlafzimmerblick-Partnerin auch nicht. Komisch, denke ich. Dafür dass sie sich nicht leiden können stimmen sie ihre Anwesenheit gut aufeinander ab. Wieder kommt die Kellnerin auf mich zu, diesmal erkenne ich sie sofort wieder.
"Lady not here. Later. Come later."
Hm. Ist das schon ein Fall vom LKS, wenn ich meine Abendgestaltung nach ihr ausrichte?
Drehe eine Runde durch die WS. Aber es ist schon mein dritter Tag hier, es gibt es wenig neues zu entdecken. Beobachte einen Trupp Soldaten, der gemütlich die Strasse entlang schlendert. Einer hat sein Handy an so einer Selfie-Stange montiert und macht es den chinesischen Touristinnen gleich. Vielleicht möchte er sich später an die unbeschwerten Tage in Pattaya zurückerinnern, wenn seine Einheit wieder im Urwald des Goldenen Dreiecks stationiert ist und er bei strömenden Regen in einem Schützengraben hockt.
Zwei Stunden später
Jackpot! Sie ist da. Nein, beide sind da. Sie tanzen einträchtig nebenander zusammen mit den Teenies auf der größen Bühne und strahlen mich an. Sie sehen hinreissend aus. Der Abend wird gut...