Phnom Penh - gestern und heute

  • Ersteller
        #11  

Member

Danke für alle Likes und Kommentare, sei es positiv oder negativ.
 
        #12  

Member

Der letzte Tag.

Das Touristenprogram war bald abgearbeitet:

Palast,
Wat,
Markthalle,
Russenmarkt,
Toul Sleng,
Killing Fields.

In dieser Reihenfolge an einem Tag ist es der beste Weg in die Depression. Aber das Kambodscha eine traurige Geschichte mit sich trug, wusste ich.

Gegengift.

Fröhliche Pizza brauchte ich nicht, Alkohol reichte mir völlig, um fröhlich zu werden.

Mit einer AK47 auf Tiere zu schießen interessierte mich auch nicht. Ein Jahr Bundeswehr hatte mich meine männliche militärische Ader ausleben lassen. Das G3 hatte immer Ladehemmungen gehabt, mein Krieg wäre schnell beendet gewesen. Gut so.
Waffen reinigen war mein Albtraum und an so machen nasskalten, einsamen Novemberabenden schmerzt mich manchmal noch immer die rechte Schulter vom Rückstoß der Panzerfaust.

Verdammt,
wie jetzt.
A
B
C
Pflaster alle.

Mein Lieblingsmopedfahrer hatte schließlich eine Idee, was noch zu erkunden sei. Ohne Erwartungen ließ ich mich mit dem Moped an einen Ort 11 km entfernt von PP fahren. Ich kam verstört zurück.

"I have seen horrors, horrors that you have seen. It is impossible for words to describe what is necessary to those who do not know what horror means.
Ich habe das Grauen gesehen, das Grauen, das auch Sie gesehen haben. Es ist unmöglich mit Worten zu beschreiben was notwendig wäre für jene, die nicht wissen, was Grauen bedeutet."

Hatte ich mich dort gesehen? Too much.

"Tell me, baby, what's my name?
Tell me, honey, baby guess my name
Tell me, baby, what's my name?
I'll ya one time you're to blame"

Ich ließ mich ins Hotel zurückfahren. Die Minibar war voll, so wie ich bald auch. Nein, ich war anders. Not same same, different.

Der Alkohol überzeugte mich schließlich.
Und der Blick auf den Mekong. Der Fluss war breit und träge, darüber hingen am blauen Himmel fette Wolken. Erhaben und ewig, alles gesehen und alle Antworten.
Die Farbe des Himmels wechselte bald, es wurde schlagartig dunkel, wie immer in den Tropen. Es wird Regen geben.

Das Casinoboot.

Da war doch noch etwas. Waffen und Sprengstoff hatte ich gerade auch nicht mehr dabei, es konnte also sofort losgehen...

Gut beschwingt. Johnny Walker war mein bester Freund.
Verabredung im Martini? Meine Blume aus Saigon. Lege den Gedanken schwer beiseite. Es gelingt. Jetzt schnell handeln. Kein Zittern, kein Zögern.
Ein Blick in den Spiegel überzeugt. Die Prüfung der Eigenwahrnehmung - dank "Selfie" - sollte mich erst Jahre später verunsichern. Ein frisches und gebügeltes Hemd hatte ich noch. Kann losgehen.

Den Aufzug aus der 5ten Etage genommen, durch die Lobby an der Massage vorbei. Müsste ich auch noch probieren.

Der Gang nach draußen in Richtung Fluss. Die dicke, schwere Wärme der Nacht umfängt mich. Es war jetzt kurz vor Mitternacht, als ich das NAGA betrat. Das Innere der Schlange.

Teppich und Plüsch.
Gold und Jade.
Arm und Reich.
Jung und Alt.
Schön und Hässlich.
Hell und Dunkel.
Gut und Böse.

Dickbäuchige Asiaten mit uralten Augen in glänzenden, schwarzen Anzügen schmücken sich mit den jungen wunderschönen Begleiterinnen dieser Nacht. Oder war es umgekehrt?

Es ist so kalt hier.

Jahre später sollte ich das Casino des Hotel Lisboa in Macao betreten und mich erinnert fühlen. Dort laufen die wunderschönen Damen auf dem race track im basement um ihr Leben und das ihrer Familien.

Schnell ein Bier und eine Zigarette. Die Hände müssen beschäftigt werden. Keep on moving. Ich verbrachte meine Zeit mit staunen.

Casino Hohensyburg? Well no, not quite. Not even close.

Roulette, Black Jack, Mahjong. Ich spielte nicht.
Cannot. Kann nur Automat.
Seltsame Durchsagen im Lautsprecher, die ich nicht verstand. Gespräche, Worte, Schreie, Musik. Der Duft von schwerem Parfüm.
Selbst meine Zigaretten der Marke Alain Delon gaben mir nicht das Gefühl, dazu zu gehören. 4 Bier später bekam ich noch gerade mit, dass es genug war. Zeit zu gehen.

Die
Schlan-
ge
spuckt
mich
aus
.
.
.
.
Schlafen. Very Longtime.

Den letzen Vormittag verbringe ich mit schwarzem Kaffee, Frühstück und der Phnom Penh Post in einem Riverside Café.
Der Himmel ist hell, blau und wolkenlos. Ein leichter Wind geht. Rikschas fahren eilig an mir vorbei. Den Bettler grüße ich freundlich. Er lächelt mich zahnlos, eine Alain Delon Zigarette lässig im Mundwinkel an und wünscht mir auf französisch einen schönen Tag.

Es geht mir gut. Ich bin zufrieden und es wird die Zeit kommen, zurückzukehren.

Mein RAMONA Koffer ist gepackt.

"you can checkout any time you like, but you can never leave".

Geht später weiter.
 
        #13  

Member

... schöner Bericht ... vielen Dank ... ;)
 
        #14  

Member

Ich war in den 90ziger Jahren auch 2 mal in PP und erinner mich gern an das Martini und den FCC. Damals gab es sehr viele Kasinos in PP.

Jetzt nur noch ein großes Kasino und das Martini ist seit wenigen Monaten auch geschlossen.

Mitte Dez. fliege ich wieder für 4 Tage hin.
 
        #15  

Member

JAJA PP vor 20 Jahren! Das war noch echt geil und mit dem heutigen, fast sauberen, nicht zu vergleichen. - und K 11 war auch nicht zu verachten.
 
        #16  

Member

Anhang anzeigen IMG_2443.jpg 2015

Flughafen Don Muang. Bangkok. Thailand. Abflughallen.

Der Mann tanzt

einsam.

Von einem Bein auf das andere.

Seine Füße stecken in bunten Turnschuhen der Marke NB. Nicht die Sorte, welche im Jahr 2015 Jahren hip waren, sondern jene, mit denen man wahrscheinlich richtig rennen kann.
Die Jeans ist weit über die Hüfte gezogen und verkürzt den dicken Oberkörper enorm.
In die Hose gesteckt ist ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Good Morning Vietnam“. Die Brille mit Metallgestell, die Gläser wirken graubraun und schmierig. Ein glatt rasiertes Gesicht, gekrönt von einer Nike Kappe.
Seine Tanzfläche wird begrenzt durch die Länge das Kabel seines Smartphones, welches er zum Laden in die einzige Steckdose weit und breit gesteckt hat.

Der Flug möchte jetzt bitte bald aufgerufen werden. Mein drittes kleines Heineken ist leer. In die Verkäuferin habe ich mich verliebt.

Mal wieder.
 
        #17  

Member

Anhang anzeigen IMG_2491.jpgAnhang anzeigen IMG_2465.jpg Vom Flughafen nehme ein Taxi, es ist ein brandneuer weißer Toyota Crown, zum Hotel Cambodiana. Alles ist organisiert. Am Schalter holt man sich das Taxi Ticket. Festpreis 9 USD.

Die Accor Gruppe und damit die Marke Sofitel hatte den Vertrag 2001 gekündigt, der General Manager danach mehrfach gewechselt. Erst gerade versucht sich wieder jemand neues.

Der Flughafen ist groß, neu und nicht fertig. Überall wird gehämmert und gearbeitet.

Der Russian Federation Boulevard führt vom Flughafen in die Stadt. Auf der Fahrt zum Hotel sehe ich neue Gebäude, die ich nicht kenne.
Der gerade fertiggestellte Vattanac Tower dominiert die Skyline mit 188 Metern und einem Leerstand von 70%.

Koreanische und russische Investoren.

Sihanouk und Norodom Boulevard. Altes Phnom Penh.

Es fängt plötzlich heftig zu regnen an. Der Scheibenwischer des Toyotas läuft leise auf Maximum, die Klimaanlage ebenso. Alles steht still. Der Verkehr kommt zum erliegen. Junge Männer mit schönen komplizierten Frisuren auf Mopeds versuchen erfolglos sich und ihre Mobiltelefone vor dem Regen zu schützen. Die Frauen waren schlauer. Sie sind nicht zu sehen.

Die Ankunft verläuft wie damals. Es hat sich nichts verändert. Ich sei vor vielen Jahren schon einmal hier gewesen, erzähle ich. Damals, als es noch ein Sofitel gewesen sei.
Da habe sie auch schon hier gearbeitet, entgegnet die freundliche Dame am Empfang. Ich kann mich leider nicht an sie erinnern und bekomme ein Zimmer in der fünften Etage mit Blick auf den Fluss für 100 USD die Nacht.

Eine Konferenz findet im Hotel statt. Es geht um globalen Umweltschutz und Wasserwirtschaft. Später werde ich die Teilnehmer lange Zeit am schönen Pool mit Blick auf den Fluss liegen sehen. Man hat die crucial issues des Treffens scheinbar schon im Vorfeld geklärt. Ein Italiener beeindruckt, wie schon seit 50 Jahren, 2 Mädels mit seinen Wasserspielen. Ich zolle ihm echte stille und ein wenig neidische Bewunderung.


Die Aufzüge sind neu. Das ist alles. Im Flur des fünften Stocks sind die Fenster offen. Die Flure sind unendlich lang, leer und einsam. Der Teppich war früher grün. Jetzt erinnert die Farbe an die Brille des Tänzers.
Die Beleuchtung ist grell und unheimlich. Die Vorhänge wehen lautlos im Wind. Ich schließe meine Zimmertür ab.
Das Zimmertelefon klingelt. In einer Woche solle ein Oktoberfest im Hotel stattfinden, ob ich teilnehmen möchte? Ich sei doch Deutscher. Dann bin ich schon weg.
 
        #18  

Member

Zum Frühstück gehe ich in die Lounge in der
1
2
3
4
fünften Etage.

Ich bin

alleine.

mit dem Kellner. Ich versuche mir einen Kaffe am Automaten zu holen. Keine Chance. Er bedient den Kaffeautomaten für mich und entschwindet, um mir das bestellte Rührei zu holen. Ich trinke den Kaffee und warte.

Wo mag er sein?

Es ist so kalt hier.

Ich regle die riesigen mobilen Klimaautomaten hinunter. Der Kellner erscheint eine halbe Stunde später mit dem kalten Rührei und regelt die Klimaanlage wieder hoch.

Ich schaffe es, ihn zu überlisten und mir einen neuen Kaffee am Automaten selbst zu holen.

Das hat ihm nicht gefallen.
 
        #19  

Member

Top-Bericht, echt geil geschrieben. Freue mich auf den Rest :)
 
  • Standard Pattaya Afrika Afrika Phillipinen Phillipinen Amerika Amerika Blank
    Oben Unten