Pitcairns Reise 2012 - Teil 09 - Das Massaker möge beginnen

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Philippinen - Das Massaker möge beginnen
Die Kampfhähne sind mit erhobenen Nackenfedern und in den Boden gekrallten Füssen zum Kampf aufgestellt. Feuer brennt in ihren Augen. Was für herrliche Kreaturen mit prächtigem Gefieder, muskulösen Beinen und selbstbewusstem Habitus. Es sind die perfekten Kampfmaschinen. Jetzt werden die Kontrahenten in Kampfesstimmung versetzt, indem man sie – vorerst mit abgedeckten Messern – immer wieder einander näher bringt und sie Scheinattacken ausführen lässt. Auf diese Weise verschafft man dem Publikum einen Eindruck über die Kampfstärke und mögliche Favoritenstellung eines Hahns. Als einer der letzten Nebenwetter brülle ich mein Wettgebot dem Kristo entgegen, der mit zwei nach unten gerichteten Fingern quittiert. Ich habe zweitausend Pesos (CHF 46.-- ) auf den Llamado gesetzt. Hier wird nichts notiert, sondern alles memorisiert. Der Schiedsrichter entfernt die Lederhüllen, prüft die Messer und wischt sie nochmals mit Antiseptic ab. Die Wettgeschäfte sind abgeschlossen, möge das Massaker beginnen.

Auf ein Zeichen werden die Vögel
freigelassen und fliegen aufeinander zu. Die Arena tobt und wird zum brodelnden Hexenkessel. Ekstase! Hier wiederspiegelt sich die volle Bandbreite philippinischer Emotionen. Die Männer stecken ihre Hoffnungen und Träume Woche für Woche in ihren gezüchteten Hahn. Andere halten keine Hähne und sind somit reine Nebenwetter; sie hoffen auf einen Gewinn, ein bisschen Glück, auch wenn es nur ein paar Geldscheine sind, die es ihnen erlauben, sich zumindest an diesem Wochenende volllaufen zu lassen, um das harte Alltagsleben für ein paar Stunden zu vergessen. Nun explodieren tausende Jahre des Instinkts und der Evolution in einem Wirbelwind von Federn und Stahl. Federn fliegen, Blut spritzt, bis unter dem Riesenlärm der ekstatischen Zuschauer der weniger populäre Gockel auf dem sandigen Boden zusammensackt. Der stärkere Favorit vollzieht weitere Attacken, versucht seinem Gegner ein Auge auszuhacken, bis dieser vollständig verstümmelt ist und sich nicht mehr regt. Der Geist dieser Vögel ist so edel, dass sie bis in den Tod kämpfen wie weiland die Mongolenhorden in Zentralasien.

Auch die Federn des Siegers sind mit Blut befleckt und er ist auf einem Auge blind, denn er hat ordentlich etwas abbekommen. Die Hähne werden nun präsentiert, hochgehoben und wieder fallen gelassen. Ein Vogel wird für tot erklärt, wenn er nach diesem Prozedere dreimal nicht mehr hochkommt und kein Lebenszeichen von sich gibt. Doch der andere Hahn wird dadurch noch nicht automatisch zum Sieger; er muss den toten Gegner mindestens noch zweimal picken. Nach diesem Ritual wird er zum Gewinner erklärt. Erfolgt das Picken nicht, weil das Federviech vielleicht zu stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, verliert er den Sieg und der Kampf wird als unentschieden gewertet.

Zahlreiche Arenen im Lande haben sich auf eine maximale Kampfzeit von zehn Minuten geeinigt, doch werden Combats meist bereits in der ersten Minute vorentschieden und dauern selten lange. Wer den ersten Volltreffer landet und seinem Gegner mit der Klinge am Fuss eine veritable Stichwunde versetzt, hat fast schon gewonnen.
Kleinere Blessuren des siegreichen Hahns werden hinter der Tribüne genäht. Der Hahnenbesitzer bekommt den Wetteinsatz der zentralen Wette. Nebenkosten für den Bevollmächtigten, den Messerfixierer, den Veranstalter gehen noch von dieser Summe ab. Der unterlegene, tote Hahn wird zumeist dem Sieger als Trophäe zum Verzehr übergeben. Oft wird ignoriert, dass das Fleisch gedopter Hähne möglicherweise karzinogen ist. Auch ich kassiere meinen Gewinn und suche mir einen besseren Platz, um meine Kamera in Position zu bringen.


Ein Tag in der Arena
Es ist Samstag und ich bin mit meiner Maschine in die Sabungan, die Hahnenkampfarena gefahren. Es herrscht Volksfeststimmung. Der Hahnenkampf fasziniert hier die meisten Leute, ist aber nichts für Memmen, zarte Gemüter und Tierschützer. Die Parkplätze vor der Arena sind über und über belegt mit Autos, Jeepneys, Tricycles und Motorrädern. Grössere Kinder, als selbsternannte Parkwächter, weisen mir einen komfortablen Platz zu. Sie werden meine Honda Africa Twin während der nächsten zwei Stunden im Auge behalten und darauf achten, dass mir niemanden den Rückspiegel klaut, Benzin aus dem Tank in einen Kanister abzapft oder sogar mit der ganzen Maschine davonwetzt. Ein kleines Trinkgeld ist ihnen nach der Veranstaltung sicher; darauf haben sie spekuliert.

Ich schreite durch den Eingang und bezahle PHP 35 Eintritt. Draussen im Arena-Areal gibt es einen kleinen Markt und es werden frische Fische und Gemüse verkauft. Einladend sind die zahlreichen Ess- und Grillstände. Ich entscheide mich für je ein Stick mit Schweinefleisch und Hühnerleber. Die vorgebratenen Fleischstäbchen werden kurz auf dem Feuer fertiggegrillt und mir dann übereicht. Ich tunke das Fleisch in eine Essigmarinade und geniesse die kleine Zwischenmahlzeit zusammen mit einer Flache San Mig Light. Da soll mal einer sagen, die philippinische Küche schmecke nicht gut.

Ein Gambler bin ich nicht, aber einem Spielchen gelegentlich nicht abgeneigt. Ich bin heute primär da, um Fotos zu schiessen. Man kennt mich, wie auch die anderen wenigen Weissen, die hier in diesem Städtchen sesshaft geworden sind. Wie ein roter Hund bin ich als Cano den Beobachtungen der Leute ausgesetzt. Ich kann damit leben, angenehm ist das allerdings nicht. Nie kann ich es mir leisten, hier einmal über die Stränge zu schlagen, denn ich habe eine unfreiwillig zugeteilte Vorbildfunktion. Wir pflegen direkte Kontakte zur lokalen Nomenklatura wie beispielsweise dem Polizeichef, dem Bankdirektor, dem Bischof, verschiedenen Bauunternehmern und anderen Firmeninhabende. Ich mache einen Rundgang durch die Nebengebäude, nehme einen Augenschein und begrüsse da und dort einen Bekannten.

Beim Heeler lasse ich mir die grosse Kollektion seiner Messer zeigen, die er in einem Attache-Case aufbewahrt. Ständig liegen mir Leute in den Ohren, um mich als Sponsor für die Basketballmannschaft ihrer Barangay zu gewinnen. Dabei hat mich Sport, ausser Boxen, zeitlebens nie interessiert. Ein Councelor möchte, dass ich sein gesamtes Team mit neuen T-Shirts ausstatte. Ein anderer hofft auf zwanzig Kunststoffstühle für die Zuschauer. Ein Ehrenplatz als Don Pitcairn bei den Flores de Mayo – den jährlichen Maifeiern - wird mir zugesichert. Mal sehen. "I gonna think about it and let you know later on", sage ich diplomatisch und wohlwissend, dass ich bald abreisen und bei der nächsten Nachfrage nicht mehr im Lande anwesend sein werde. Ein Kampf ist in vollem Gange, als ich zur Arena emporsteige. Ein Hahn ist gerade dabei, seinem Widersacher sein Messer in die Seite zu rammen.

Tierschutz
Gegenüber tierischem Leid, besteht hierzulande Gleichgültigkeit. Der Asiate hat generell gegenüber der Kreatur wenig Respekt. Im Grunde genommen fängt diese Einstellung bereits weitgehend im fernen Südeuropa an. Man denke an die vielen ausgesetzten Hunde und Katzen während der Ferienzeit. In Südamerika und Afrika sind die Verhältnisse nicht eben besser. Westliche Kritiker des Hahnenkampfes sprechen von einem schockierenden, grausamen Blutsport, der mit fragwürdigen Wettleidenschaften gekoppelt ist. Sie ignorieren dieses nationale Kulturerbe und tief verwurzelten Volkssport und wollen in ihm einzig und allein ein barbarisches Laster sehen. Es muss sich scheinbar auch hier, wie immer wieder, um miesmachende Grüngurken und übereifrige Tierschützer handeln, die eine vermeintlich bessere Welt anstreben.

Die Verhältnisse in anderen Ländern darf man nicht allein aus Sicht des Westens und dessen moralischer und ethischer Grundhaltung beurteilen. Unsere Sicht der Dinge ist nicht der alleinige Massstab auf dieser Welt. Wenn es hier in diesem Lande etwas zu verbessern gilt, dann sind es primär die Verhältnisse der Mitmenschen und insbesondere der Kinder. Gegen den Hahnenkampf ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Der Kampf gehört zum genetischen Erbe und wird dem Tier nicht aufgezwungen. Hähne sterben mit der Würde des Kampfes, die ihnen die Natur mitgegeben hat. Gezüchtete Kampfhähne leben wesentlich länger und besser als Nutzgeflügel, das im Regelfall genau vierzig Tage bei Kunstlicht – Flügel an Flügel mit tausend anderen - zur Schlachtreife herangezogen wird, um dann von einer Nachtcrew die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. In westlichen Ländern ist die Tötung sogar industrialisiert. Auch bei der Nutztierhaltung fliesst Blut. Ein Tatbestand, der von Gegnern verdrängt wird.

Julius Cäsar liess seine Gladiatoren seinerzeit mit vielen Annehmlichkeiten vor dem Kampf verwöhnen. Bei den Kampfhähnen ist es nicht anders. Die Tiere werden gehätschelt, mit bestem Futter versorgt und führen bis zu ihrem lebensentscheidenden Einsatz in der Arena ein privilegiertes Paschaleben. Ihre Lebenszeit ist unvergleichbar länger als bei Nutzgeflügel. Diese Argumente darf man nicht ignorieren. Der Einsatz von Messersporen ist vehement zu befürworten, denn dann kommt der Kampf auch zu einem baldigen Ende. Ich habe Hahnenkämpfen ohne Messer, zum Beispiel in Afrika, beigewohnt. Auf dieser Art dauert das Sterben des Verlierers bis zu dreiviertel Stunden. Immer wieder hackt der überlegene Hahn auf den schwachen ein, zerstört zuerst das eine, dann das andere Auge. Dann ist der Kopf dran, der Stück für Stück zerhackt wird. Da soll mich mal einer überzeugen, dass der Kampf ohne Stahl humaner sei.


Mag-sasabong ka? (Spielst du auch?)
Wenn ein philippinisches Haus lichterloh brennt, dann rettet der Hausherr zuerst seinen Kampfhahn, dann seine Kinder und anschliessend die Gattin. Dieser Spruch zeigt den Stellenwert der männlichen Domäne Hahnenkampf deutlich. Die grössten Konkurrenten philippinischer Ehefrauen sind Kampfhähne und nicht etwa, wie man denken mag, die Mätressen. Auf unseren Inseln gilt nach Basketball, der Sabong als zweitbeliebtester Volkssport. Kampfhähne werden von ihren Besitzern oft mit grösserer Sorgfalt ausgebildet als ihre Kinder.
Über den volkswirtschaftlichen Nutzen von Hahnenkämpfen kann man streiten.

Tatsache ist, dass einschliesslich dem Nebengewerbe, jährlich Umsätze in Milliardenhöhe von Pesos erfolgen.
Der Hahnenkampf ist ein Big Business. Auch multinationale Firmen wie die San Miguel Corporation, Novartis oder Bayer mischen bei den Verdienstmöglichkeiten kräftig mit, indem sie Futtermittel oder Nahrungszusätze produzieren. Nun soll mir aber kein Kritiker aus dem Westen kommen und sagen, dies sei verwerflich und müsse gestoppt werden. Wenn Europa das Geschäft nicht macht, dann machen es die USA und vielleicht bald einmal die Volksrepublik China.

Fast jede grössere Dorfgemeinschaft verfügt über einen Kampfplatz. Es gibt hierzulande über zehntausend Sabongs, in welchen jährlich bis zu fünfzehn Millionen Einzelkämpfe stattfinden. Die Philippinen gelten als Hahnenkampfeldorado. Beim früheren Präsidenten Ferdinand Marcos – den fähigsten den die Philippinen nebst Fidel Ramos je hatten - nahm der Hahnenkampf einen so hohen Stellenwert ein, dass er ein Hahnenkampf-Gesetz verabschieden liess. Ziel war es, ein nationales Erbe, indem sich nationale Identität ausdrückt, zu erhalten und zu pflegen. Diverse Printmedien, drei Fernsehprogramme sowie ein Radiosender haben den Hahnenkampf als Zentralthema auserkoren.

Grössere Barangays auf den Philippinen haben in der Regel vier Wahrzeichen: die Kirche, das Rathaus, den Basketballplatz und die Hahnenkampfstätte(n). Letztere hat sich nach rechtlicher Auflage, mindestens einen Kilometer von Schulen, Kirchen und dem Rathaus zu halten. Die Bandbreite der Kampfstätten reicht von schnell improvisierten, vielleicht nicht genehmigten Topodas auf sandigen Strassenplätzen bis hin zu professionell erstellten Kampfarenen mit allerlei Infrastruktur.
Der klassische Cockpit – wortgenau übersetzt Hahnengrube, der nichts mit einem Pilotencockpit gemein hat, ist ein überdachter, halboffener Holzbau mit einem viereckigen, etwa acht Meter grossen und mit Sand bestreutem Kampfplatz. Ähnlich wie bei einem Boxring, schliessen sich nach oben gestaffelte Holzbänke an. Der Kampfplatz und Zuschauerplätze sind aus Gründen des Zuschauerschutzes durch Metallgitter- oder Glaswände getrennt. Das nervt mich immer beim Fotografieren.

Es kann Nebenräume für den Snackverkauf
, die Registrierung und Kampfvorbereitung geben. Ob ein Kampf stattfindet, ist oft an einem roten Fähnchen am Eingang oder dem Lärm bereits anwesender Zuschauer zu erkennen. In kleineren Barrios finden Kämpfe oft nur an Festtagen statt. In grösseren Ortschaften geht das Spektakel zumeist am Sonntag nach der Messe über die Bühne. Es gibt die Redewendung: Sunday is Sabong Day. In der Hauptstadt Manila finden jeden Tag Hahnenkämpfe in grossen Arenen statt. Bei Kämpfen mehrerer Hähne gleichzeitig gegeneinander, spricht man nicht von einer Gangbang, aber von einer Royal Battle. Diese Kämpfe sind seltener.

Das Zuschauerpublikum ist weitgehend männlich. Der Bezug von Pinoys zum Cockfight lässt sich an keinem anderen Ort so symbolhaft lokalisieren wie in der Arena. Hier wird über Stärke und Geschick entschieden. Der Gockel gilt als Inbegriff männlicher Tugend wie Kampfesmut und Draufgängertum. Es besteht ein tiefenpsychologischer Zusammenhang zwischen Gallus und Phallus. Frauen sind auf dem Kampfplatz marginal vertreten, aber es gibt sie vereinzelt auch. Oft bekleiden sie Nebenrollen und verkaufen Getränke und Esswaren. In grösseren Arenen unterhalten sie Ess-Stände und es wird auch gegrillt. Glücksspiel und Prostitution gehören zusammen wie Pulver und Blei. In grossen Ortschaften gibt es in nächster Nähe von Arenen, Karaokelokale, Bar- und Bordellbetriebe, damit erfolgreiche Pinoys, ihre Gewinne gleich auf den Putz hauen können. Die Haushaltskasse einer philippinischen Familie kann durch die Wettverluste des Familienoberhaupts schwer in Mitleidenschaft gezogen werden.

Aufzucht
Als Hochburg für die Aufzucht von Kampfhähnen gilt die Insel Negros. Doch auch andernorts sind Cockfarms ein Geschäft. Spitzenkampfhähne werden systematisch gezüchtet. Zuchtprogramme sind wissenschaftlich ausgelegt. Ein Kampfhahn aus einer guten Erblinie kann bis zu US $ 200 kosten. Stehen genügend Mittel zur Verfügung, wird schon mal ein spezielles Trio aus den Vereinigten Staaten importiert. Ein solches besteht aus einem Hahn mit zwei Hennen. Die Kosten dafür können bis zu US $ 25'000 gehen. Beliebt sind Züchtungen wie Roundheads, Clarets oder Greys. Bestimmte Super-Blutlinien können im Trend oder Out sein. Als Gesamt- und Überbegriff von importierten Hähnen wird die Bezeichnung Texas-Cocks verwendet. Sie sind meist nicht ästhetisch, gelten aber als besonders stark und ausdauernd. Im Vergleich zu ausschliesslich einheimischen Hähnen, können sie scheinbar viermal mehr Attacken austeilen.

Nach dem Kauf durchläuft der Babygockel die Altersabschnitte Baby-Stag (unter einem Jahr), Battle-Stag (unter zwei Jahren) bis Battle-Cock (ab zwei Jahren).
Zeigt sich im Training oder Sparring eine Kampfuntauglichkeit, werden Jungtiere oft getötet, um die Qualität der Blutstamm-Linie zu gewährleisten.

Betreffend Fütterung, hat jeder Züchter seinen eigenen geheimen Ernährungsplan. Der mittellose Filipino wird seinen einzigen Hahn mit Reisresten, Gemüse und alten Pandesal füttern. Vermögendere Besitzer greifen zu besseren Getreidesorten, Milch, Käse oder Äpfeln sowie Nahrungsmitteladditive wie Vitaminen, Mineralien, Elektrolyten oder sogar Amphetaminen. Auch Strychninzugaben zur Steigerung des Appetits beziehungsweise zur Herz- und Kreislaufanregung vor dem Kampf, sind nicht ausgeschlossen. Aufwendiges Doping gibt es streckenweise also auch in der Kleintierwelt.

Aufzucht und Training zielen primär auf Kampfkraft, Aggression und Ausdauer des Hahnes ab. Zucht- und Trainingsziel ist insbesondere ein leichtfüssiger, beweglicher Hahn mit kräftiger Bein- und Flügelmuskulatur. Zuviel Muskelmasse kann den Hahn unbeweglich machen. Massagen, Turnübungen an einer Art von Trapez, sowie Hochwerfen sollen die Muskulatur stärken. Impfungen sind ein Thema. Auf die Verhinderung von Parasiten- und Wurmbefall wird geachtet. Teils werden Hähne in Strassennähe gehalten, um sie an den späteren Lärm in der Arena zu gewöhnen. Zirka ab sechs Monaten, kann die Kampfqualität erstmals an einem anderen Hahn als Sparringspartner getestet werden. Zum Angewöhnen wird bereits ein Messer montiert, jedoch mit einer Sparring Muff abgedeckt.

Mit der Zuteilung von agressiven Namen wird das Kampfimage der Federviecher gesteigert. Zu hören bekommt man zum Beispiel Stormbringer, Body Count, Charly Manson. Das früheste Kampfalter beginnt mit neun Monaten, meistens sind die Hähne aber zwei Jahre alt und mehr.

Kampfvorbereitung
Wie bei den Profiboxern, werden Begattungsakte vor einem Fight strikte abgelehnt, weil sie den Kampfgeist schwächen. Ich erinnere mich noch an die seinerzeitigen Boxkämpfe von Cassius Clay, dem späteren Muhammad Ali, der lauthals in den Medien verkündete, dass er sechs Wochen vor einem wichtigen Kampf nie kraftraubenden Bettsport betreibe. Bei Viechern scheinen gleiche Grundsätze zu gelten. Erst kämpfen, gewinnen, und erst zur Belohnung nachher bumsen. Auch dem Aberglauben werden Tribute gezollt. Die Kampfhahn-Halter achten darauf, dass ihr Gockel nicht von einer menstruierenden Frau berührt wird. Solche Kontakte gelten als sicheres vorzeitiges Todesurteil. Auch der Kontakt mit Witwen kann Unheil bringen. Zu weiteren irrationalen Empfehlungen gehört, dass man den Hahn mit der von einem Priester gesegnete Unterwäsche einer Jungfrau in Berührung kommen lässt. Weitere Massnahmen zur Steigerung der Wildheit und Aggressivität ist die Unterbringung im Dunkeln, das Blasen von Zigarrettenrauch in die Augen oder das Bestreichen des Afters mit Chilly. Nachgeholfen wird auch mit Chemiekeulen wie Testosteronspritzen, Digitalispräparaten zur Herzbeschleunigung oder Vitamin K zur besseren Wundschliesslung.

Organisation

Je nach Grösse der Veranstaltung differiert der Umfang der Arbeitsteilung in der Kampfstätte. Oft aber findet sich ein Casador. Er ist eine Art Manager, der für den reibungslosen Organisationsablauf der Veranstaltung verantwortlich ist. Die Hahneneigentümer schliessen ihre Wetten bei ihm ab. Finanziert wird er - wie generell die Veranstaltung - durch Eintrittsgelder und Wettgeldanteile. Der Mananari, der oft eine Vertrauensperson der Eigentümer ist, bestimmt insbesondere die passende Länge und Form der Messer. Davon muss er mindestens acht Stück haben. Sofern nicht er die Sporen befestigt, ist dies die Aufgabe des Heelers (Blade Fixer). Diese Aufgabe muss sehr sorgfältig ausgeführt werden und ist mitunter kampfentscheidend.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist bei unzähligen Kämpfen auf dem Inselarchipel mit Qualitätsprodukten von Victorinox-Messern vertreten. Die rasiermesserscharfen Klingen werden den Hähnen an die Füsse gebunden und verursachen innert kurzer Zeit tiefe Schnitt- und Stichwunden.

Der Sentenciador (Schiedsrichter), dem auch Nebenschiedsrichter zugeordnet sein können, bestimmt den Kampfbeginn und erklärt den Gewinner. Er muss ehrlich und unbestechlich sein, und muss seine Entscheidungen, die fehlerhaft sein können, sehr schnell treffen. Sein Urteil ist bindend und darf nicht hinterfragt werden. Bei Kämpfen mit genauer Zeitkontrolle, gibt es einen Zeitnehmer, hier Timekeeper genannt.

Der Cock Doctor ist nach einem Kampf für die Schliessung von Wunden zuständig, sofern das Tier als weiter lebenswürdig erachtet wird.

Eine zentrale Mittelpunktstellung in den Veranstaltungen hat der Kristo, dessen Funktion einem Buchmacher gleichkommt. Er managt die Nebenwetten des Publikums. Sein Name leitet sich von Christus ab, weil die ausgestreckten Arme typisch für seine Körpersprache sind. Er ruft die Gewinnquoten aus, animiert das Publikum zum Wetteinsatz und bestätigt Wetten. Die Profite folgen einer gleitenden Skala und favorisieren den als unterlegen eingeschätzten Hahn. Bestimmte Handzeichen signalisieren Wetteinsätze. Wenn er vier Finger hebt, handelt es sich um einen Einsatz von 40 Pesos. Vier ausgestreckte Finger, stehen für 400 Pesos, während vier abwärtsgerichtete Finger 4000 Pesos signalisieren. Setzen kann man auf den Llamado (Favoriten) oder den weniger populären Hahn, bezeichnet als Dejado. Siegt der weniger populäre Hahn, gibt es mehr Bares auf die Kralle.
Der Kristo ist nicht nur ein guter Motivator, er muss auch alle seine Sinne beieinander haben. Getätigte Einzahlungen müssen korrekt aus dem Gedächtnis abgerufen und Auszahlungen getätigt werden können. Man kann Wetteinsätze vornehmen, ohne nachweislich über Geld zu verfügen. Cash abgerechnet wird von den Verlierern erst nach Kampfabschluss; sie werfen dem Kristo die zu kleinen Bällchen geformten Wetteinsätze zu. Vielleicht ist hier der Grund zu suchen, weshalb philippinisches Papiergeld oft lausig und abgegriffen aussieht.

Die Begleichung von Wettschulden ist Vertrauens- und Ehrensache. Wenn der Sabongero später nicht zahlt, riskiert er Prügel, die entwürdigende Blossstellung vor dem Publikum oder sogar die Inhaftierung ins nächstgelegene City Jail.
Mancher Verlierer musste schon nach Hause laufen, weil ihm sein Roller als Pfand abgenommen wurde.Gewinner geben dem Kristo meistens eine Prämie von zehn Prozent, Verlierer sind davon ausgenommen. Der Kristo ist im philippinischen Cockfighting unentbehrlich. Als einziger Akteur hat er die Möglichkeit, ohne Risiken beachtliche Gewinnsummen einzustreichen. Pitcairn





 
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Ganz Geil und sehr Interessante Infos, TOP
 
        #3  

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da würde ich spasseshalber ebenfalls mal n paar euronen auf den kopf hauen :)
 
        #4  

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"...zogen wird, um dann von einer Nachtcrew die Kehle durchgeschnitten zu bekommen. In westlichen Ländern ist die Tötung sogar industrialisiert. Auch bei der Nutztierhaltung fliesst Blut. Ein Tatbestand, der von Gegnern verdrängt wird. ."

Bin selber kein Tierschützer , aber es wird wohl seltenst jemand gegen Hahnenkampf sein , der nicht auch hier gegen die industrialisierte Tierhaltung ist ! Jedem Tierchen sein Plaisierchen...
 
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