Thailändisch lernen

Pitcairns Reise 2012 - Teil 10 - Phils Pinatubo Action

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Philippinen - Pinatubo Action
Die Einwohner des Dorfes Patal Pinto am Fusse des Mount Pinatubo verzeichnen am 2. April 1991 nur ein kleines Rumpeln und beobachten leichten Rauch aus dem Krater aufsteigen. Die Geräusche werden von kleinen Explosionen begleitet. Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen, denn auf den Philippinen gehören Erdbeben fast zur Tagesordnung. Der südostasiatische Archipel mit seinen 7107 Inseln – irgendwer muss sie einmal gezählt haben – liegt direkt auf dem pazifischen Feuerring, ein Gebiet mit der höchsten seismischen Reaktion auf unserem Planeten.
Mehr oder weniger bebt hier die Erde immer etwas und ohne Vulkane gäbe es die Philippinen nicht. Unter dem Begriff Pazifischer Feuerring versteht man einen hufeisenförmigen Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean umringt. Der Gürtel führt von den Aleuten im nordpazifischen Beringmeer (Alaska, USA) zum russischen Kurilen-Archipel, weiter über die japanischen Riukiu-Inseln die sich bis vor Taiwan erstrecken. Weiter tangiert sind die Philippinen, Neuguinea, die Salomonen, die neuen Hebriden, dann die Westküste von Nord- und Südamerika bis hinunter zur Antarktis. Mindestens zwei Drittel aller Ausbrüche in der jüngeren Erdgeschichte konzentrieren sich auf diesen Gürtel. Dazu gehören auch starke Erdbeben und dadurch ausgelöste Springfluten.


Mehr als 600 Jahre hat sich der Vulkan vor der Haustüre von Manila nicht gerührt, dann kommt das grausige Erwachen. Mit einer gewaltigen Eruption meldet sich der Langschläfer in der Provinz Pampanga im Sommer 1991 zurück. Die Erdstösse sind so stark, dass die Seismometer ausfallen. Über Luzon verdunkelt sich der Himmel, der Tag wird zur Nacht; selbst im 93 Km entfernten Manila regnet es Asche vom Himmel. Die Aschewolke hat einen Umfang von 125‘000 Km².
Gleichzeitig fegt der Taifun Yuna über die Insel hinweg. Die vulkanischen Ablagerungen vermischen sich mit Regenwasser, und es entstehen grosse Lahare, die ganze Ortschaften unter dem Schlamm begraben. Vom Hubschrauber aus bieten die tropischen Gipfel der Zambales-Berge ein Bild wie die Alpen im Winter. In der nahe gelegenen Stadt Angeles fliehen die Menschen vor einem Regen aus kochendem Schlamm und glühenden Steinen. 35‘000 Filipinos retten sich in Evakuierungslager. Während des Höhepunktes des Ausbruchs verliert der Pinatubo 256 Meter an Höhe; der Gipfel sackt ein, und es bildet sich eine zwei Kilometer grosse Caldera. Die kolossale Eruption ist die grösste des 20. Jahrhunderts und zehn Mal grösser als diejenige 1980 von Mount Helen in den USA. Insgesamt sterben 875 Menschen. Nicht etwa, wie man vermuten könnte, durch heisse Lava; sie werden mehrheitlich vom Übergewicht zusammenstürzender Dächern erschlagen. 80.000 Häuser werden zerstört, zehntausende Hektaren Land mit Asche und Lava bedeckt. Wir sind auf Sicherheit bedacht und erst nach erfolgter Katastrophe vor Ort. Mit leichter Zeitverzögerung treffen wir im Jahre 2012 ein.


"Bitte gedulden Sie sich noch dreissig Minuten. Das Wetter um Mount Pinatubo klärt gerade auf. Nehmen Sie doch in der Kantine noch einen Kaffee. Jeff Osmena der Pilot wird auch gleich kommen", sagt die Office-Assistentin von Omni-Aviation in Angeles. Wir sind mit dem Jeepney hergekommen und müssen noch ein paar Meter laufen. Überpünktlich, nach bester Schweizermanier, sind wir um 07.50 Uhr auf Platz und startbereit. Wir haben Verständnis, fliegen wir doch mit der gecharterten einmotorigen Cessna auf Sicht und wollen vor allem Fotos schiessen. Da können wir nicht zu viele Wolken gebrauchen. Ein Techniker checkt unser Flugzeug und gibt es frei. Bald ist der junge Pilot – er stammt ursprünglich aus San Jose, Occidental Mindoro – auch eingetroffen. Nach dem obligaten Erinnerungsfoto vor dem Flugzeug, quäle ich mich auf den Rücksitz. Hier ist mein idealer Platz und ich kann beiderseits Fotos machen. Vielliebchen nimmt neben Jeff Platz. Wir sind aufgefordert, den Kommunikations-Kopfhörer mit Mikrophon anzulegen. Die Verbindung zu mir nach hinten funktioniert nicht; das Kabel hat eine Bruchstelle und es knackst. Was der Techniker wohl vorher gecheckt hat? Typisch Filipino! "No maintenance, no security – nie werden sie es in diesem Lande lernen. Alles lässt man verrotten." Das Wetter ist bestens. Wir bekreuzigen uns - als ob das etwas helfen würde - und heben ab.

Ungeachtet, ob Budgettraveller oder nicht, gibt es Aktionen, once in a lifetime, die man trotz horrender Kosten einfach gemacht haben muss. Dazu gehört ein Helikopterflug über die Insel Kauai (Hawaii) oder eben ein Pinatubo-Rundflug. Die erkalteten Lava- und Schlammflüsse, die veränderte Landschaft sind von der Höhe aus bestens zu sehen. Eine Wolke bedeckt kurz den Krater, doch dann schiebt sich Pinatubo in Sicht und tritt mit seinem See in smaragdgrüner Pracht hervor. Jeff macht sich die Mühe und umrundet aus nächster Nähe den Kraterrand. Wegen unkalkulierbarer Abwinde darf er nicht quer über den Krater fliegen; das ist aber auch nicht nötig. Dank dem, dass das Kleinflugzeug relativ langsam fliegt, haben wir jede Menge gute Fotoperspektiven. Ich muss nur die Verschlusszeit etwas höher schrauben. Wieder mal ein Reisehighlight ohnegleichen, selbst für mich abgefuckten Berufs-Backpacker.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir mal den zweitägigen Treck dorthin machen. Jetzt haben wir keine Wanderschuhe, sondern lediglich unsere Teva-Treckingsandalen mit dabei. Die Fussbekleidung ist zwar sehr ok, bietet aber für solche Touren zu wenig Halt und Steine schieben sich zwischen Sohle und Fuss. Auch sind feste Schuhe wegen der zahlreichen Schlangen geeigneter, die in Asien auf den Wanderer warten. Die Viecher haben eine Vorliebe für weisse behaarte Schweizerbeine
J
. Das ist aber kein Problem, denn wir schicken den Führer in kurzen Hosen immer voraus.

Man realisiert schnell, dass Jeff ein geübter Flieger, nicht aber aus der Gegend stammt. Sicher hat er die Route mit anderen Touristen schon unzählige Male abgeflogen. Von den seinerzeitigen Details des Pinatuboausbruchs weiss er nichts zu berichten. Er vermag nicht einmal die erkalteten Schlamm- und Lavaflüsse, genannt Lahare, zu deuten, die man vom Flugzeug aus gut sieht. Auch der Name des Flusses Pasig-Potrero ist ihm unbekannt. Weitere Flüsse die Schlammmassen transportierten heissen O'Donnel, Sacombia-Bamban, Pampanga und Marella. Er ist ein typisches Beispiel für die Filipino-Mentalität: Nicht dumm, aber teilnahmslos, desinteressiert, fehlender Erkenntnishunger. In der Mehrung seines Wissens kann er keine Vorteile erkennen. Wozu auch? Er hat einen sauberen Job, ein Motorrad, kann sich eine Familie leisten, sich abends mit den TV-Soaps zumüllen oder mit seiner Barkada ein paar Bierchen zwitschern. Er ist dreissig, die Frau mit dem vierten Kind schwanger. Was will ein Mann denn noch mehr?



Philippinen - Bacolor
1991 wurde die San Guillermo Parish Church in Bacolor, ein Vorort von San Fernando (Pampanga) von den Schlamm- und Aschemassen zugeschüttet.
Eigenartig, wenn nur noch ein Kirchenturm aus dem Boden ragt. Starke Regenfälle lösten an den Ausläufern von Mount Pinatubo Schlammlawinen aus, die sich über den Pasig-Potrero-River Richtung Südosten bewegten. Weite Teile der Provinz und insbesondere San Fernando, standen tagelang unter Wasser. Tiefer liegende Regionen wurden mit Schlamm aufgefüllt. Dadurch versanken ganze Ortschaften.
Wir nehmen von Angeles den Bus bis anfangs San Fernando, weiter ein Jeepney bis zum Markt von Bacolor und von dort ein Trycicle bis zur Kirche. Das letzte Fahrzeug schlägt einiges, was ich bis jetzt an umgebauten Trycicles gesehen habe. Im Sitz des Beiwagens ist ein gigantischer Audio Amplifier eingearbeitet und von einer Upholstery sauber und fachgerecht neu mit Klarsichtmaterial überzogen worden; der Sitzkomfort mit Federung ist völlig unbeeinträchtigt. Ein Subwoofer ist hinten eingebaut und der hintere Beiwagenkasten dient als Resonanzkörper.
Ferner sind Midranges und Tweeter diskret auf Bauch und Augenhöhe montiert.
Die Batterie des Trycicle liefert zu wenig Saft. Das Soundsystem wird von einer extra Autobatterie angetrieben, die im Fussraum der Kabine platziert ist und mir die Beinfreiheit raubt. Entschädigt werde ich durch die satte, kristallklare Stimme von Jimmy Page und seinem Song Stairways to heaven. Led Zeppelin lassen grüssen.

Die Verbindung nach Bacolor ist relativ aufwendig, ermöglicht aber wieder jede Menge Kontakt zur Bevölkerung. Genau so muss es sein, das ist Reisen wie wir es mögen. Wir stellen fest, dass heute, 21 Jahre nach der Katastrophe, viele Schäden behoben oder Ersatzbauten errichtet wurden. So weit wie möglich, wurden Gebäude ausgegraben, neu überdacht. San Guillermo wird neu als eine Art Mehrzweckhalle verwendet, und daneben wurde eine neue Kirche errichtet. Pitcairn

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
        #2  

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Bilder es fehlen mehr Bilder, da Du vom viel Fotografieren schreibst wären deine sicher ein weiteres Highlight
 
        #3  

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Hallo Pitcairn,

ich verschlinge gerade Teil für Teil deinen Bericht und halte alle Daumen hoch!

Tolle Schreibe, freue mich vor allem auf die Thailand-Teile.

Jimmy Page war übrigens der Gitarrist von Led Zeppelin, Robert Plant der Sänger.
Habe 1980 in München noch eins der letzten Konzerte kurz vor dem Tod des Drummers John Bonham gesehen.

Das musste ich als alter Led Zeppelin Fan halt mal sagen...:yes:
 
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