Russen in Patty: Ich bin seit vierzig Jahren auf der endlosen Reise.
Eine von vielen Erkenntnissen ist die: Je mehr ich reise, umso mehr werde ich ungewollt zum Rassisten. Pattaya ist ein Heimspiel und ich verfolge die Entwicklung von Gohok-City seit 1973. Dieses Jahr bin ich beruflich von Februar bis April hier. Gerade habe ich eine grössere Erkundungstour durch die Restaurant- und Hotelwelt abgeschlossen und habe aktuelle Eindrücke erhalten. In den Anfängen des „Seebades“ waren mehrheitlich G.I. hier und es herrschten mehr oder weniger gesittete Umstände. Die Militärpolizei wachte vor Ort. Später zogen die Amis ab und es folgten andere Touristen aus westlichen Ländern.
In Naklua hat sich ein „Little Germany“ etabliert, unter anderem auch mit deutschen Gaststätten, deutscher Musik und Schunkeln wie in den Biergärten an der Leopoldstrasse. So good, so far, wer während zwei Wochen nicht auf seine teutonische Kultur verzichten kann, gönnt sich eben halt auch in der Fremde eine Weisswurst mit Kraut. Ich habe nichts dagegen. Leben und leben lassen, heisst doch die Devise. Da ist Toleranz gefragt. Nie und nimmer habe ich negative Ereignisse mit deutschen Touristen registriert. Dieser Volkstamm, der sich mittlereile auch rudimentär in Englisch verständigen kann, ist bei den Thailändern gern gesehen. Aus unzähligen Gesprächen mit Thais habe ich entnommen, dass vor allem zwischen Touristen aus Westeuropa und aus Russland unterschieden wird.
Russische Touristen finden sich seit der Öffnung des eisernen Vorhangs in immer grösseren Anzahlen überall in Patty ein. Teilweise landen sie direkt in Utapao. Die grosse Mehrheit sind keine Junggesellten, sondern Paare. Zurzeit beherbergt das Fünfsterne-Hotel Royal Cliff 80% Gäste russischer Nationalität. Das Hotel Dusit in Nordpattaya hat auch jede Menge russischer Gäste, wird aber zurzeit in seinen 452 Zimmern von indischen Gästen wegen einer gigantischen Hochzeit dominiert. Gestern waren auf Kho Larn nur russische Gäste zu sichten – so weit das Auge reicht. In Naklua, Wong Amat Beach – Russen, Russen, nicht als Russen. Im Süden in Jomtien sind wenige Skandinavier auszumachen, sonst aber gibt es nur Russen.
Der Markt hat sich auf diese neue Kundschaft , welche meist kein einziges Wort Englisch spricht, eingestellt. Es gibt Speisekarten in russischer Sprache und nebst Thai und Englisch ist zunehmend auch vieles in Russisch angeschrieben.
Gestern war ich im Bath-Taxi von der Süd-Pattaya Road nach Jomtien unterwegs. An Bord hatten wir auch einen leicht betrunkenen Touristen aus Chabarowsk. Die Kommunikation war lustig und seine Freude war umso grösser, als ich erwähnte, dass ich schon öfters mit dem Schiff von Chabarowsk nach Yokohama gereist bin. Mein Nachbar – ein Norweger - besitzt ein Condominium in einem der Hochhäuser in Jomtien. Er ist jedes Jahr sechs Monate hier.
Nun hat er die Schnauze von den russischen Mitbewohnern im Haus endgültig voll gekriegt. Die Saufgelage am Swimming-Pool haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Einmal war die Lärmemission von den betrunkenen Männern enorm, andererseits wurde der Pool mit Erbrochenem und sogar mit Kot verschmutzt. Viele Hotels in Pattaya veranstalten wöchentliche Gardenparties, BBQ-Abende, Buffet-Mahlzeiten. Günstig und gut it es zum Beispiel im LEK-Hotel oder beim Anton in Naklua. In den sogenannte besseren Hotels und auch in edlen Restaurant dominiert einmal mehr die grosse russische Mehrheit.
Nach dem Run aufs Buffet ist meist alles zerzaust und ich habe keinen Appetit mehr, mir etwas auf den Teller zu schöpfen. Wer solchen Exzessen aus dem Wege gehen will, wählt am besten Orte, wo das Personal das Essen auf den Teller legt. Ich möchte diese Aussage nicht als repräsentativ gewertet wissen.
Aus ungezählten Gesprächen, mehrheitlich mit Thaifrauen, konnte ich entnehmen, dass der russischen Mentalität weniger Sympathie entgegengebracht wird, als anderen Nationen. Speziell wird die Knausrigkeit der Russen beklagt, welche selten Trinkgelder geben. Auch die starren, teilnahmslosen, unfreundlich wirkenden Gesichtern ohne ein Lächeln, werden erwähnt. Im sprichwörtlichen "Land des Lächelns" fällt dies natürlich umso mehr auf. Meine Kritik richtet sich fast ausnahmslos auf männliche russische Touristen. Treten diese ohne Frauen, unter Einfluss von Alkohol auf, kann sich eine unschöne Dynamik entwickeln. Freund Alkohol ist allerdings bei Männlein und Weiblein Ruski immer und überall dabei. Gestern auf der Fähre nach Koh Larn wurden die mitgebrachten Flaschen Johnny Walker Red Label schon vor dem Ablegen ausgepackt.
Pattaya hat sich stark verändert. Ich fühle mich hier generell nicht mehr so wohl wie früher. Ich freue mich in den letzten Jahren immer, wenn ich abreisen darf.
Kambodscha und Vietnam sind nicht weit und dort herrscht für mich eine andere, bessere Touristenwelt , die nicht von russischen Touristen dominiert wird.