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Ungeduldig wartete ich darauf, dass das Mädchen an der Rezeption auf mein Klingeln reagierte und die Tür öffnete, sodass ich das Hotel verlassen konnte. Es schien mir diesmal endlos lange zu dauern bis ich das Summen hörte, mit dem sie per Knopfdruck die Arretierung der Tür freigab. Ich ging die steile Treppe hinunter und schritt hinaus in die Dunkelheit. Es war mittlerweile schon nach 1 Uhr und die Lichter der benachbarten Etablissements waren gelöscht. Einige der Mädchen, die für gewöhnlich dort arbeiteten hatten sich auf die kleine Hocker an der Bar zur Soi 22 gesetzt und versuchten fleißig, potenzielle Kunden in die paar Quadratmeter Raum zu lotsen, die großspurig als Bar bezeichnet wurde. Ich war einige Male in dieser Bar gewesen, halt um mit den Mädchen zu scherzen und noch eine letzte Limo zu schlürfen bevor ich zurück auf mein Zimmer ging. Aber heute Abend stand mir der Sinn nicht danach. Mein Kopf war voller Wut und Enttäuschung über das egoistische Verhalten von Mem. Was mochte in ihrem Kopf vorgehen, dass sie zu einem solchen Handeln verleitete. War es die Unfähigkeit, sich etwas in mich hineinzudenken oder ganz einfach nur die spezielle Leichtigkeit des Seins, die so viele Thais die in dem Gewerbe oder auch nur im Dunstkreis des Gewerbes arbeiteten, verinnerlicht zu haben schienen.
Ich wusste es nicht. Mem war nicht das unschuldige, kleine Mädchen, das sie für einen unbedarften Beobachter auf den ersten Blick zu sein schien. Ich kannte sie gut genug und auch ihr Egoismus, der ab und an mal durchbrach, war mir nicht unbekannt. Es war ja gerade erst einmal drei Jahre her, seit meine Frau in Thailand schwer an einer Meningitis erkrankt war und fast 3 Wochen im Camillian Hospital lag, nachdem ihre Erstversorgung im Samidivej Hospital erfolgt war. Es war ein Schock für mich und auch für die Familie. Mama, Papa, mein Neffe Niki, Pi Pam aus Nakhon Pathom, Apuan und Apot aus dem Nachbardorf, alle waren innerhalb von 24 Stunden in Bangkok. Nong Beo war ja mit uns zusammen unterwegs und Mem kam sofort aus Pattaya angereist. Der Zustand meiner Frau war zwar nicht mehr lebensbedrohlich, aber auch nicht unkritisch. Niemand mochte vorhersagen, wie ihr Gehirn auf die Folgen des durch die Infektion erhöhten Gehirndrucks reagieren würde. Es dauerte zwei Tage, bis alle sich wieder soweit beruhigt hatten, dass sie ins Auge fasten, auch wieder nach Hause zu fahren. Und ich hatte erst einmal ein paar Tage Zeit, für mich zu realisieren, was passiert war.
Meine Frau ist 5 Tage nach mir in Thailand angekommen. Ihr ging es zu dieser Zeit schon nicht besonders gut. Sie klagte über Müdigkeit und Kopfschmerzen. Ihr Zustand verbesserte sich nicht, blieb aber recht lange Zeit auf diesem Level. Irgendwann begann sie sich zu übergeben, konnte das Essen nicht mehr bei sich behalten. Ich habe dann mit unserem Arzt zu Hause telefoniert und der hatte mir empfohlen, eine CT machen zu lassen. Das habe ich dann getan, aber auf dem Scan war nichts zu erkennen. Einen Tag vor ihrer Rückreise nach Deutschland waren wir in Bangkok. Meine Frau lag im Bett und verlangte nach Wasser. Sie richtete sich auf und ich reichte ihr eine Flasche Wasser. Sie griff nach ihr, aber ihr fehlte plötzlich die Koordination, die Flasche festzuhalten. Im gleichen Moment fiel sie zur Seite, ihre Augen waren weit geöffnet, aber sie war nicht mehr in der Lage, auf irgendetwas zu reagieren. Ich rief sie verzweifelt an, wusste nicht was ich machen sollte, zwang mich dann dazu, nach draußen zu gehen um ein Taxi zu holen. Gut, Nong Beo, meine Nichte, blieb bei meiner Frau.
Es schien fast eine Ewigkeit zu dauern, bis ich ein Taxi gestoppt hatte. Ich hatte an der Rezeption Bescheid gesagt und man half mir, meine Frau in das Taxi zu bringen. Sie war abwesend, ihre Augen waren aufgerissen und ihre Hände griffen immer wieder nach mir und reflexhaft massierte sie meine Arme, ansprechbar war sie nicht. Es dauerte eine gottverdammt lange Zeit, bis sich das Taxi durch den Verkehr der Sukhumvit gequält hatte und wir endlich in eine Soi einbogen und nur wenig später am Samidivej Hospital vorfuhren. Der Taxifahrer war mir eine große Hilfe. Er war sofort in der Notaufnahme verschwunden und ehe ich mich versehen hatte, war meine Frau auch schon wegtransportiert worden. Sie wurde unverzüglich einer Notversorgung unterzogen, an Sauerstoff angeschlossen und ihr wurde eine Infusion gelegt, Puls und Herzschlag wurden abgenommen und fortwährend überwacht. All diese Horrorgeschichten, die ich über thailändische Krankenhäuser gehört hatte, dass man Patienten verrecken ließe, würden sie sich als nicht zahlungsfähig erweisen, all dies verwies ich in diesem Moment ins Reich der Märchen. Geglaubt hatte ich es eh nicht, aber nun wurde mir, auch wenn die Gegebenheit schrecklich für mich war, das Gegenteil bewiesen.
Ich hatte aus dem Taxi heraus kurz nach der Abfahrt vom Honey House Mem angerufen. Sie versprach, unverzüglich vorbeizukommen. Und alles was recht war, sie hielt Wort, knapp zwei Stunden nach unserem Telefonat erschien sie im Krankenhaus. Ich war so froh, sie jetzt bei mir zu haben, sie gab mir für einen Moment den Halt, den ich jetzt brauchte. Ich stand neben dem Krankenbett meiner Frau, wieder ergriff sie meinen Arm mit einer Hand und begann reflektiv mich zu massieren. In nur wenigen Sekunden flogen die letzten Wochen, die ich zusammen mit meiner Frau verbracht habe, an meinem geistigen Auge vorbei, die ganzen Sorgen, die ich mir während dieser Zeit gemacht habe, der ganze Stress brach auf einmal über mich herein. Ich sah meiner Frau in die Augen und sie sah mich an ohne mich zu sehen oder zu erkennen, zumindest war in diesem Moment nichts Bewusstes in ihrem Blick. In mir brach ein Damm und ich spürte, wie die Tränen über mein Gesicht liefen, Tränen, derer ich mich nicht schämte. Es gab selten Augenblicke, in denen ich mir der Liebe zu meiner Frau und meiner Familie so sehr bewusst war wie in diesem Moment.
Ich wusste es nicht. Mem war nicht das unschuldige, kleine Mädchen, das sie für einen unbedarften Beobachter auf den ersten Blick zu sein schien. Ich kannte sie gut genug und auch ihr Egoismus, der ab und an mal durchbrach, war mir nicht unbekannt. Es war ja gerade erst einmal drei Jahre her, seit meine Frau in Thailand schwer an einer Meningitis erkrankt war und fast 3 Wochen im Camillian Hospital lag, nachdem ihre Erstversorgung im Samidivej Hospital erfolgt war. Es war ein Schock für mich und auch für die Familie. Mama, Papa, mein Neffe Niki, Pi Pam aus Nakhon Pathom, Apuan und Apot aus dem Nachbardorf, alle waren innerhalb von 24 Stunden in Bangkok. Nong Beo war ja mit uns zusammen unterwegs und Mem kam sofort aus Pattaya angereist. Der Zustand meiner Frau war zwar nicht mehr lebensbedrohlich, aber auch nicht unkritisch. Niemand mochte vorhersagen, wie ihr Gehirn auf die Folgen des durch die Infektion erhöhten Gehirndrucks reagieren würde. Es dauerte zwei Tage, bis alle sich wieder soweit beruhigt hatten, dass sie ins Auge fasten, auch wieder nach Hause zu fahren. Und ich hatte erst einmal ein paar Tage Zeit, für mich zu realisieren, was passiert war.
Meine Frau ist 5 Tage nach mir in Thailand angekommen. Ihr ging es zu dieser Zeit schon nicht besonders gut. Sie klagte über Müdigkeit und Kopfschmerzen. Ihr Zustand verbesserte sich nicht, blieb aber recht lange Zeit auf diesem Level. Irgendwann begann sie sich zu übergeben, konnte das Essen nicht mehr bei sich behalten. Ich habe dann mit unserem Arzt zu Hause telefoniert und der hatte mir empfohlen, eine CT machen zu lassen. Das habe ich dann getan, aber auf dem Scan war nichts zu erkennen. Einen Tag vor ihrer Rückreise nach Deutschland waren wir in Bangkok. Meine Frau lag im Bett und verlangte nach Wasser. Sie richtete sich auf und ich reichte ihr eine Flasche Wasser. Sie griff nach ihr, aber ihr fehlte plötzlich die Koordination, die Flasche festzuhalten. Im gleichen Moment fiel sie zur Seite, ihre Augen waren weit geöffnet, aber sie war nicht mehr in der Lage, auf irgendetwas zu reagieren. Ich rief sie verzweifelt an, wusste nicht was ich machen sollte, zwang mich dann dazu, nach draußen zu gehen um ein Taxi zu holen. Gut, Nong Beo, meine Nichte, blieb bei meiner Frau.
Es schien fast eine Ewigkeit zu dauern, bis ich ein Taxi gestoppt hatte. Ich hatte an der Rezeption Bescheid gesagt und man half mir, meine Frau in das Taxi zu bringen. Sie war abwesend, ihre Augen waren aufgerissen und ihre Hände griffen immer wieder nach mir und reflexhaft massierte sie meine Arme, ansprechbar war sie nicht. Es dauerte eine gottverdammt lange Zeit, bis sich das Taxi durch den Verkehr der Sukhumvit gequält hatte und wir endlich in eine Soi einbogen und nur wenig später am Samidivej Hospital vorfuhren. Der Taxifahrer war mir eine große Hilfe. Er war sofort in der Notaufnahme verschwunden und ehe ich mich versehen hatte, war meine Frau auch schon wegtransportiert worden. Sie wurde unverzüglich einer Notversorgung unterzogen, an Sauerstoff angeschlossen und ihr wurde eine Infusion gelegt, Puls und Herzschlag wurden abgenommen und fortwährend überwacht. All diese Horrorgeschichten, die ich über thailändische Krankenhäuser gehört hatte, dass man Patienten verrecken ließe, würden sie sich als nicht zahlungsfähig erweisen, all dies verwies ich in diesem Moment ins Reich der Märchen. Geglaubt hatte ich es eh nicht, aber nun wurde mir, auch wenn die Gegebenheit schrecklich für mich war, das Gegenteil bewiesen.
Ich hatte aus dem Taxi heraus kurz nach der Abfahrt vom Honey House Mem angerufen. Sie versprach, unverzüglich vorbeizukommen. Und alles was recht war, sie hielt Wort, knapp zwei Stunden nach unserem Telefonat erschien sie im Krankenhaus. Ich war so froh, sie jetzt bei mir zu haben, sie gab mir für einen Moment den Halt, den ich jetzt brauchte. Ich stand neben dem Krankenbett meiner Frau, wieder ergriff sie meinen Arm mit einer Hand und begann reflektiv mich zu massieren. In nur wenigen Sekunden flogen die letzten Wochen, die ich zusammen mit meiner Frau verbracht habe, an meinem geistigen Auge vorbei, die ganzen Sorgen, die ich mir während dieser Zeit gemacht habe, der ganze Stress brach auf einmal über mich herein. Ich sah meiner Frau in die Augen und sie sah mich an ohne mich zu sehen oder zu erkennen, zumindest war in diesem Moment nichts Bewusstes in ihrem Blick. In mir brach ein Damm und ich spürte, wie die Tränen über mein Gesicht liefen, Tränen, derer ich mich nicht schämte. Es gab selten Augenblicke, in denen ich mir der Liebe zu meiner Frau und meiner Familie so sehr bewusst war wie in diesem Moment.