Jeder braucht sie, aber keiner mag sie. So könnte man das Credo der schlitzohrigen Mopedtaxifahrer umschreiben. Dabei stemmen sie den Großteil des öffentlichen Personennahverkehrs und auch beim Stückgutverkehr wird so einiges mit Hubräumen bis 150 ccm bewältigt.
Tagsüber sehen viele der Mopedvehikel eher heruntergekommen aus, doch nachts sind viele Unikate unterwegs. Wobei die Beleuchtung wie wir sie aus europäischen Breitengraden kennen, eher ein stiefmütterliches Dasein fristet. Aber was ist schon ein banaler Scheinwerfer welcher die Straße ausleuchtet gegen eine geile LED-Lichterkette auf dem Kettenkasten. Wahre Helden des Straßenverkehrs verzichten auf Blinker, Bremslicht oder ähnlichen Firlefanz. Sie nutzen die freigewordenen Ressourcen der Lichtmaschine besser für eine unter dem Motor angebrachte Kathodenleuchte um mit ihrem Zweirad immer auf einem blauen Flor fahren zu können. Ich weis nicht wie oft mir beim Betrachten dieser tollkühnen Kisten die geniale Wurstblinkerstory aus dem ersten Werner-Film einfiel. Hier gäbs den Stoff für eine Fortsetzung.
Leider konnte ich mit meinem bescheidenem Fotoequipment diese Teile nachts nicht fotografieren.
Teilweise sind die Jungs aber auch echt lästig. Einem Dominikaner sind jegliche Tätigkeiten, die ihn eventuell zum Schwitzen bringen könnten ein Greuel. Und somit kann es der zweirädrige Reiter halt nicht verstehen, wie ich dann da durch die Gegend fuße. Noch dazu, wo ja die Gringos alle die Taschen voller Geld haben.
Ich geniesse es halt immer wieder, bei herrlichem Wetter, mal eine Strecke zu Fuß zurück zu legen. Schon ganz einfach deshalb, weil mir während der Ausübung meines Jobs einfach die Bewegung fehlt.
Und so kam es halt öfters zu folgendem, fast immer ähnlichem, Geschehen:
Ich laufe irgendeine Straße lang, schon von weitem höre ich den Ruf „Moto!“ Ich mache darauf die internationale Kopfbewegung für NEIN, oder winke dezent mit der Hand ab und sage no. Darauf bekomme ich die nächste Ansage „Olah Amigo, Motogoncho!!“ Ich antworte darauf freundlich: „no no, gracias.“ Mittlerweile steht der Mopeddriver neben mir, kam er von hinten hat er natürlich gedreht, und bringt nun etwa folgendes zum Besten: „Amigo!! Motogoncho to Playa!!“ Normal lasse ich den Guten dann einfach stehen, der muß halt auch jeden Tag aufs Neue seine Kohle verdienen. Und bei den Tarifen, wird nicht viel über bleiben. Ist er jetzt aber bereits der dritte innerhalb der letzten zwei Stunden mußte er schon mit folgender Antwort rechnen: NO, du ...(Piiiiieeeeppp, zensiert)!!
Auch kennt natürlich jeder Mopedtreiber sein Sosua wie aus dem FF. Einmal hab ich einen nach dem Restaurant Germania gefragt, und dabei ein 25 Peso Stück gezeigt. Die Antwort war natürlich ein „Si Amigo“, und die Handbewegung zum „Spring auf“. Also gings los. Aber irgendwie bog er nicht da ab, wo ich es erwartet hatte. Am Centrum schaute er mich dann an, wie: Hier richtig? Ich sagte dann beim absteigen: „Is zwar jetzt nicht das Germania, aber in der Schlemmerstube schmeckts auch nicht schlecht“. Und gab ihm seinen Fünfundzwanziger.
Was solls auch, ich hab Urlaub. Wegen solcher Kleinigkeiten mach ich mich nicht nass. Und, Winwin-Situation, ich brauch nach dem Essen nicht so weit laufen, um zu den Chicas zu gelangen.
Eine weitere Situation war, als ich heimzu von Cabarete mit dem Fahrrad in einen Platzregen kam. Als ich dann zu 101% durchnässt war, hat mich der warme Regen kaum noch gestört. Aber die Sicht war durch den Regen, die Gischt der Autos und den aufkommenden Dunst mehr als bescheiden. Deshalb hab ich aus Gründen der Sicherheit an einem kleinem Laden angehalten, mir ein Eis sowie etwas zu trinken gekauft und Pause gemacht. Und natürlich hat es auch zwei oder drei Motogonchos erwischt. Einer kam dann auf die Idee mich fahren zu wollen, das Fahrrad könne ich ja dabei halten. Während des Gesprächs fiel mein Blick auf sein Vorderrad. Ich weis nicht, der Reifen war entweder ein Slick oder eine Glatze. Und dann lief im Kopfkino folgendes Szenario: Vorn sitzt der dominikanische Spargeltarzan, dann mehr oder weniger genau auf oder nach der Hinterachse der Zwei-Zentner-Gringo. Sicher, der rauhe caribische Asphalt vermeidet auch ganz zuverlässig Aquaplaning, nur wer garantiert mir, daß nicht doch mal eine glatte Stelle kommt. Ihr könnt mich ja für eine feige Sau halten, aber für mein Sicherheitsbedürfnis war einfach ein Madonnenbildchen zuwenig auf dem Moped. Deshalb habe ich dieses Angebot dankend abgelehnt.
Mal was zu den Preisen. Da darf man eigentlich nicht zimperlich sein, die Jungs werden jede erdenkliche Möglichkeit nutzen, um für die Tour mehr heraus zu schlagen. Innerhalb Sosuas habe ich tagsüber jeweils 25 Peso, und nachts 50 Peso geboten. Dieser Tarif war mir gleich am ersten Tag im Hotel so erklärt worden, und alle Driver haben dies so akzeptiert. Das Beförderungsentgelt ist pro Nase, kurvt man also mit Schatzi nach Hause, ist es Bockwurst ob man ein zwei Mopeds ordert, danach sind 100 Peso fällig. Um Ärger zu vermeiden sollte man den Fahrpreis immer passend haben. Auch wenn den Fahrern schon die Hosentaschen vom vielen Kleingeld aufplatzen, sie werden es erstmal mit der Masche versuchen, nicht wechseln zu können.
Wer Angst hat, abends auf der Heimfahrt von einem Motogoncho ausgeraubt zu werden, auch das soll es schon gegeben haben, nimmt einfach sein letztes Getränk beim „Dicken Hermann“ und sagt beim Bezahlen Bescheid, daß er ein Motogoncho braucht. Dort wird ihm geholfen, und ein „seriöser“ Driver heran gewunken.
Noch eine Seite in Sachen Sicherheit. Auch in der Dominikanischen Republik soll es wohl so etwas wie eine Straßenverkehrsordnung geben, also theoretisch. Praktisch bekommt man davon allerdings nichts mit. Entgegen der Einbahnstraße fahren, warum nicht wenn's doch der eindeutig kürzere Weg ist. Die Polizei zu dritt auf einem Motorrad? Na solln die Jungs etwa laufen?
Eine rote Ampel in der Nacht, dann bis auf Grün warten zu müssen sehen manche schon als Bevormundung an. Aber andererseits, ich hab noch nirgendwo so viele Menschen mit Amputationen gesehen wie dort. Und ich könnte mir schon vorstellen, daß da ein Zusammenhang besteht.