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Hallo zusammen
Der Artikel hat mich überzeugt und ich stelle den mal hier rein. nzz von Heute
Grüsse
tt
Erneut düstere Aussichten für Thailand
Zickzackkurs der Putschisten verschlimmert Thaksins Erbe
Bald zehn Jahre nachdem von Thailand aus die Asien-Krise mit dem Absturz des Baht begonnen hat, brauen sich über dem Königreich nach vorübergehender Erholung wieder neue Gewitterwolken zusammen. Mit dem Militärputsch ist eine Vertrauenskrise ausgebrochen.
Bangkok, im Mai
Von unserem Korrespondenten in Thailand, Urs Morf
In Bangkoks Banken- und Geschäftsviertel, dort, wo sich die Sathornstrasse mit der Hochbahn «Skytrain» kreuzt, prangt an einem noch im Rohbau befindlichen Wolkenkratzer in schwindelnder Höhe ein 300 m[2] grosses Spruchband. Darauf teilt die Immobilienfirma Golden Land mit, dass die künftigen luxuriösen Eigentumswohnungen und Büros bereits zu 100% ausverkauft sind, und bedankt sich «aufrichtig bei der geschätzten Käuferschaft». Vorwärts in die Vergangenheit - könnte man da spotten. Denn in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es schon einmal eine Zeit, als in Bangkok Bauprojekte aller Art, vom Einfamilienhäuschen bis zur Grossüberbauung, schon beim ersten Spatenstich zur Gänze ausverkauft waren und während der Fertigstellung, häufig mehrmals und selbstredend immer zu noch höherem Preis, die Hand wechselten. Doch dann kam der schicksalshafte Tag, der sich am kommenden 2. Juli zum zehnten Mal jähren wird und der das Spekulationskarussell zu einem brüsken Halt brachte.
Folgenreicher Baht-Absturz
An diesem 2. Juli 1997 musste die Bank of Thailand (BoT), die Zentralbank des Königreiches, ihren Versuch aufgeben, durch Stützungskäufe die hoffnungslos überbewertete Landeswährung, den Baht, vor einer durch ausländische Geldmarktinvestoren erzwungenen Abwertung zu bewahren. Diesem von Anfang an zum Scheitern verurteilten Versuch hatte die Notenbank zuvor im Lauf von sechs Monaten fast die ganzen Devisenreserven von 38 Mrd. $ geopfert. Doch auch die Hoffnung der BoT und der Regierung, nach der Umstellung zu einem «managed floating» werde sich der Wechselkurs bei 31 bis 32 Baht je US-Dollar einpendeln, zerschlug sich bald: Stattdessen setzte die Landeswährung, die zuvor für ungefähr 25 Baht/$ gehandelt worden war, zu einer Talfahrt an, deren Tiefstpunkt mit 58 Baht/$ erst Anfang 1998 erreicht wurde.
Der Baht-Absturz hatte drastische Folgen. Viele Unternehmer, die in ausländischer Währung aufgenommene Darlehen in Grossprojekte, nicht nur im Immobiliensektor, investiert hatten, verfügten schlagartig nicht einmal mehr über das Geld für die Bedienung der Zinsen. Weil nun die Käufer ausblieben, wurden auch die Sicherheiten für diese Kredite und damit auch die Portefeuilles der Gläubigerbanken ebenso plötzlich wertlos. Und auch der Staat war nach verzweifelten Versuchen, Finanzinstitute und Banken vor dem Zusammenbruch zu retten, bankrott. Regierung und BoT mussten sich letztlich den harten Bedingungen des IMF zu beugen, um von einem vom Fonds zusammen mit mehreren Geberländern geschnürten Stützkredit von insgesamt 17,2 Mrd. $ Gebrauch machen zu können.
Trotz der enormen neuen öffentlichen und privaten Schuldenlast - die Regierung hatte für die Schliessung von 58 Finanzinstituten und die Stützung der privaten und halbstaatlichen Geschäftsbanken 1700 Mrd. Baht (44 Mrd. $) aufgewendet - erfolgte die Erholung in Thailand sehr viel schneller als erwartet. Nachdem die Volkswirtschaft 1998 noch um 8,3 % geschrumpft war, wies sie im ersten Quartal 1999 bereits wieder ein leichtes Wachstum aus, das sich in den folgenden Monaten so weit verstärkte, dass für das Gesamtjahr 1999 gar wieder ein Wachstum von 4,1% verzeichnet werden konnte. In den Jahren danach kam es zwar, bedingt durch Konjunkturschwächen in den USA, durch die Ausbrüche der Lungenseuche Sars und der Geflügelgrippe sowie durch den Tsunami, immer wieder zu kurzen krisenhaften Einbrüchen. Dennoch erwies sich Thailands Erholung gesamthaft als erstaunlich robust. Ein augenfälliges Zeichen dafür war, dass ab 2002 auch die vielen Bauruinen in Bangkok, an denen 1997 von einem Tag auf den anderen alle Arbeiten eingestellt worden waren, zu verschwinden begannen. Von damals über 600 solchen «Mahnmälern» sind gegenwärtig nur noch ein Dutzend übrig geblieben.
Bedrohter Exportmotor
Gegenwärtig sind Thailands Aussichten wieder düsterer. Die Regierung des ehemaligen Telekom-Unternehmers und populistischen Politikers Thaksin wurde nach fünfeinhalb Jahren mit einem Militärputsch zum Sturz gebracht. Thaksin hatte bei seinem Amtsantritt zu einem «Umbau der Volkswirtschaft» aufgerufen. Diese sollte zusätzlich zum bestehenden Motor der Exportwirtschaft von einem stärkeren Binnenmarkt einen zweiten Antrieb erhalten. Die Kräftigung hätte das Resultat einer «Befreiung der Bauernscharen aus der Schuldenfalle» und damit einhergehend der Freisetzung des gigantischen Potenzials der Binnenkaufkraft sein sollen.
Wie weitherum befürchtet, hatten sich viele der populistischen Mittel als untauglich erwiesen. So war bei Thaksins Sturz im letzten Jahr festzustellen, dass Millionen von Bauern neue Handys und Motorräder sowie Hunderttausende von Städtern neue Autos gekauft hatten - aber zu einem hohen Preis: Die meisten dieser naturgemäss nicht produktiven Anschaffungen waren auf Pump getätigt worden, und die durchschnittliche Haushaltverschuldung verdoppelte sich in der Thaksin-Zeit auf knapp 120 000 Baht.
Doch auch die traditionelle Wirtschaftsstütze, der zumindest bisher noch einigermassen munter brummende Exportmotor, ist neuerdings Risiken ausgesetzt. Im Gegensatz zu 1997 erscheint Thailands Währung, wie auch diejenigen der meisten anderen asiatischen Länder, nun vorab gegenüber dem Dollar als unterbewertet. Im Unterschied zu Thailand lassen aber einige Länder, deren Produkte auf dem Weltmarkt mit denen Thailands konkurrieren (vorab China, Hongkong und Vietnam) ihre Währungen gegenüber dem Dollar nur in engen Grenzen fluktuieren. Der Währungsdruck droht Thailands Exporte deshalb schon mittelfristig konkurrenzunfähig zu machen.
Wer erwartet hatte, dass die von den Putschisten eingesetzte Regierung alles unternehmen würde, um die bisher im Königreich anwesenden ausländischen Investoren bei Laune zu halten und sich gegenüber Neuinvestoren attraktiv darzustellen, sah sich bisher eines Schlechteren belehrt: Wohl eher aus Unfähigkeit denn aus böser Absicht hat die Regierung diese mit einem bizarren Zickzackkurs bei der Beschränkung des Kapitalverkehrs, mit der Ankündigung neuer, unvorteilhafter Gesetze für ausländische Direktinvestitionen und den Detailhandel eher vergrault. Ob Thailand wieder zu einem Wachstumskurs zurückfinden oder in eine weitere Krise abrutschen wird, hängt vor allem davon ab, ob noch vor Ende Jahr, wie von den Putschisten versprochen, Neuwahlen abgehalten werden können.
quelle: ungültiger Link entfernt
Der Artikel hat mich überzeugt und ich stelle den mal hier rein. nzz von Heute
Grüsse
tt
Erneut düstere Aussichten für Thailand
Zickzackkurs der Putschisten verschlimmert Thaksins Erbe
Bald zehn Jahre nachdem von Thailand aus die Asien-Krise mit dem Absturz des Baht begonnen hat, brauen sich über dem Königreich nach vorübergehender Erholung wieder neue Gewitterwolken zusammen. Mit dem Militärputsch ist eine Vertrauenskrise ausgebrochen.
Bangkok, im Mai
Von unserem Korrespondenten in Thailand, Urs Morf
In Bangkoks Banken- und Geschäftsviertel, dort, wo sich die Sathornstrasse mit der Hochbahn «Skytrain» kreuzt, prangt an einem noch im Rohbau befindlichen Wolkenkratzer in schwindelnder Höhe ein 300 m[2] grosses Spruchband. Darauf teilt die Immobilienfirma Golden Land mit, dass die künftigen luxuriösen Eigentumswohnungen und Büros bereits zu 100% ausverkauft sind, und bedankt sich «aufrichtig bei der geschätzten Käuferschaft». Vorwärts in die Vergangenheit - könnte man da spotten. Denn in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es schon einmal eine Zeit, als in Bangkok Bauprojekte aller Art, vom Einfamilienhäuschen bis zur Grossüberbauung, schon beim ersten Spatenstich zur Gänze ausverkauft waren und während der Fertigstellung, häufig mehrmals und selbstredend immer zu noch höherem Preis, die Hand wechselten. Doch dann kam der schicksalshafte Tag, der sich am kommenden 2. Juli zum zehnten Mal jähren wird und der das Spekulationskarussell zu einem brüsken Halt brachte.
Folgenreicher Baht-Absturz
An diesem 2. Juli 1997 musste die Bank of Thailand (BoT), die Zentralbank des Königreiches, ihren Versuch aufgeben, durch Stützungskäufe die hoffnungslos überbewertete Landeswährung, den Baht, vor einer durch ausländische Geldmarktinvestoren erzwungenen Abwertung zu bewahren. Diesem von Anfang an zum Scheitern verurteilten Versuch hatte die Notenbank zuvor im Lauf von sechs Monaten fast die ganzen Devisenreserven von 38 Mrd. $ geopfert. Doch auch die Hoffnung der BoT und der Regierung, nach der Umstellung zu einem «managed floating» werde sich der Wechselkurs bei 31 bis 32 Baht je US-Dollar einpendeln, zerschlug sich bald: Stattdessen setzte die Landeswährung, die zuvor für ungefähr 25 Baht/$ gehandelt worden war, zu einer Talfahrt an, deren Tiefstpunkt mit 58 Baht/$ erst Anfang 1998 erreicht wurde.
Der Baht-Absturz hatte drastische Folgen. Viele Unternehmer, die in ausländischer Währung aufgenommene Darlehen in Grossprojekte, nicht nur im Immobiliensektor, investiert hatten, verfügten schlagartig nicht einmal mehr über das Geld für die Bedienung der Zinsen. Weil nun die Käufer ausblieben, wurden auch die Sicherheiten für diese Kredite und damit auch die Portefeuilles der Gläubigerbanken ebenso plötzlich wertlos. Und auch der Staat war nach verzweifelten Versuchen, Finanzinstitute und Banken vor dem Zusammenbruch zu retten, bankrott. Regierung und BoT mussten sich letztlich den harten Bedingungen des IMF zu beugen, um von einem vom Fonds zusammen mit mehreren Geberländern geschnürten Stützkredit von insgesamt 17,2 Mrd. $ Gebrauch machen zu können.
Trotz der enormen neuen öffentlichen und privaten Schuldenlast - die Regierung hatte für die Schliessung von 58 Finanzinstituten und die Stützung der privaten und halbstaatlichen Geschäftsbanken 1700 Mrd. Baht (44 Mrd. $) aufgewendet - erfolgte die Erholung in Thailand sehr viel schneller als erwartet. Nachdem die Volkswirtschaft 1998 noch um 8,3 % geschrumpft war, wies sie im ersten Quartal 1999 bereits wieder ein leichtes Wachstum aus, das sich in den folgenden Monaten so weit verstärkte, dass für das Gesamtjahr 1999 gar wieder ein Wachstum von 4,1% verzeichnet werden konnte. In den Jahren danach kam es zwar, bedingt durch Konjunkturschwächen in den USA, durch die Ausbrüche der Lungenseuche Sars und der Geflügelgrippe sowie durch den Tsunami, immer wieder zu kurzen krisenhaften Einbrüchen. Dennoch erwies sich Thailands Erholung gesamthaft als erstaunlich robust. Ein augenfälliges Zeichen dafür war, dass ab 2002 auch die vielen Bauruinen in Bangkok, an denen 1997 von einem Tag auf den anderen alle Arbeiten eingestellt worden waren, zu verschwinden begannen. Von damals über 600 solchen «Mahnmälern» sind gegenwärtig nur noch ein Dutzend übrig geblieben.
Bedrohter Exportmotor
Gegenwärtig sind Thailands Aussichten wieder düsterer. Die Regierung des ehemaligen Telekom-Unternehmers und populistischen Politikers Thaksin wurde nach fünfeinhalb Jahren mit einem Militärputsch zum Sturz gebracht. Thaksin hatte bei seinem Amtsantritt zu einem «Umbau der Volkswirtschaft» aufgerufen. Diese sollte zusätzlich zum bestehenden Motor der Exportwirtschaft von einem stärkeren Binnenmarkt einen zweiten Antrieb erhalten. Die Kräftigung hätte das Resultat einer «Befreiung der Bauernscharen aus der Schuldenfalle» und damit einhergehend der Freisetzung des gigantischen Potenzials der Binnenkaufkraft sein sollen.
Wie weitherum befürchtet, hatten sich viele der populistischen Mittel als untauglich erwiesen. So war bei Thaksins Sturz im letzten Jahr festzustellen, dass Millionen von Bauern neue Handys und Motorräder sowie Hunderttausende von Städtern neue Autos gekauft hatten - aber zu einem hohen Preis: Die meisten dieser naturgemäss nicht produktiven Anschaffungen waren auf Pump getätigt worden, und die durchschnittliche Haushaltverschuldung verdoppelte sich in der Thaksin-Zeit auf knapp 120 000 Baht.
Doch auch die traditionelle Wirtschaftsstütze, der zumindest bisher noch einigermassen munter brummende Exportmotor, ist neuerdings Risiken ausgesetzt. Im Gegensatz zu 1997 erscheint Thailands Währung, wie auch diejenigen der meisten anderen asiatischen Länder, nun vorab gegenüber dem Dollar als unterbewertet. Im Unterschied zu Thailand lassen aber einige Länder, deren Produkte auf dem Weltmarkt mit denen Thailands konkurrieren (vorab China, Hongkong und Vietnam) ihre Währungen gegenüber dem Dollar nur in engen Grenzen fluktuieren. Der Währungsdruck droht Thailands Exporte deshalb schon mittelfristig konkurrenzunfähig zu machen.
Wer erwartet hatte, dass die von den Putschisten eingesetzte Regierung alles unternehmen würde, um die bisher im Königreich anwesenden ausländischen Investoren bei Laune zu halten und sich gegenüber Neuinvestoren attraktiv darzustellen, sah sich bisher eines Schlechteren belehrt: Wohl eher aus Unfähigkeit denn aus böser Absicht hat die Regierung diese mit einem bizarren Zickzackkurs bei der Beschränkung des Kapitalverkehrs, mit der Ankündigung neuer, unvorteilhafter Gesetze für ausländische Direktinvestitionen und den Detailhandel eher vergrault. Ob Thailand wieder zu einem Wachstumskurs zurückfinden oder in eine weitere Krise abrutschen wird, hängt vor allem davon ab, ob noch vor Ende Jahr, wie von den Putschisten versprochen, Neuwahlen abgehalten werden können.
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