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Zeigt das Militär die Zähne?
Timo Kozlowski 29.03.2007
Nach Protesten gegen die thailändische Militärjunta würde Armeechef Sonthi Boonyaratkalin in Bangkok gerne den Notstand ausrufen
Droht Bangkok der Notstand? Nach Protesten und Demonstrationen von Gegnern des thailändischen Militär-Coups im März erwägt Armeechef General Sonthi Boonyaratkalin die Ausrufung des Notstands in Bangkok und den umliegenden Provinzen, weil seiner Ansicht nach anderenfalls die Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung nicht zu gewährleisten sei. Der von der Junta eingesetzte Premierminister Surayud Chulanont hat über diese Maßnahme zu entscheiden. Bislang wies er General Sonthis Ansinnen zurück. Die Demonstrationen auf dem Sanam Luang waren bislang friedlich verlaufen. Organisiert wurden die Protestkundgebungen von dem Satellitensender PTV, der maßgeblich von Mitgliedern der ehemaligen Regierungspartei Thai Rak Thai betrieben wird. Grund für die Proteste war eine Unterbrechung des Programms, hinter der der Sender das Militär sieht.
Ein symbolischer Ort
Der Sanam Luang ist ein offenes Feld gegenüber dem Großen Palast, auf dem im Laufe des Jahres buddhistische Zeremonien abgehalten werden. Am Wochenende lassen dort die Bangkoker meist Drachen steigen. Der Platz hat aber auch eine politische Symbolkraft – im Mai 1992 kam es auf dem Sanam Luang zu Massenprotesten gegen General Suchinda Krapayoon, der sich im Jahr zuvor an die Macht geputscht hatte. Bis zu 200.000 Protestanten hatten sich dort versammelt. In der Nacht vom 17. auf den 18. Mai rief Suchinda den Notstand aus. 52 der Protestierenden starben im folgenden Kugelhagel, mehrere Hundert wurden verletzt. Nachdem König Bhumipol Suchinda und seinen politischen Gegenspieler Chamlong Srimuang im Fernsehen zur friedlichen Zusammenarbeit aufgefordert hatte – und sowohl Suchinda als auch Chamlong bei dieser Ausstrahlung keine gute Figur gemacht hatten – musste Suchinda aufgrund des öffentlichen Drucks bald zurücktreten.
In der thailändischen Presse wird in letzter Zeit immer häufiger der Vergleich zwischen den Mai-Unruhen und der augenblicklichen politischen Lage gezogen. Das ist insofern bemerkenswert, da nach der Machtübernahme des Militärs im September 2006 die Meinungsmacher den Putsch zwar nicht unterstützten, aber trotzdem darin einen Fortschritt zum Monate langen Stillstand sahen. Dieser Ton hat sich in den Kommentarspalten des Königreichs mittlerweile geändert – das Council of National Security (CNS), wie sich das oberste Gremium der Junta genannt hat, wird immer wieder an sein Versprechen erinnert, Ende des Jahres die Macht an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben, die Korruption zu bekämpfen und eine neue Verfassung schreiben zu lassen. Dass diese Ziele erreicht werden, das wird mittlerweile eher kritisch beurteilt. Kurz nach der Forderung nach dem Notstand erklärte der Premierminister, die Wahlen würden, wie versprochen, im Dezember stattfinden.
Die Demonstrationen auf dem Sanam Luang hatten bisher noch nicht den Charakter von Massendemonstrationen, zogen aber immerhin 2000 Demonstranten an. Der Armeechef befürchtet wohl eine schnelle Ausweitung der Proteste, wie es auch bei den Protesten gegen den Ex-Premier Thaksin Shinawatra der Fall war. Die Massenproteste gegen ihn hatten auch klein begonnen und sich dann binnen weniger Monate auf Demonstrationen mit 100.000 Teilnehmern hochgeschaukelt (Stell dir vor es ist Putsch ... und keiner geht hin!).
Unter Thaksins Regierung wurden die Notstandsgesetze zwar eingeführt, er selbst hatte sie in Bangkok jedoch nie eingesetzt. Gedacht waren sie in erster Linie für die drei rebellischen Provinzen an der Grenze zu Malaysia. Diese Gesetze verbieten politische Treffen ab 10 Personen, sie erlauben das Abhören von Telefonen, die Festnahme von Verdächtigen ohne richterlichen Beschluss und die Zensur von Medien und Internet.
Internetzensur
Zensiert wird das Internet jedoch auch ohne ausgerufenen Notstand. Die thailändische Polizei und das Ministerium für ICT haben eine tausende Adressen umfassende Schwarze Liste erstellt, die Seiten mit unerwünschten Inhalten (vor allem Pornographie, aber auch Seiten, die die nationale Sicherheit gefährden sollen) definiert. Anfragen an solche Seiten werden blockiert, statt dessen erhält der unbedachte Surfer eine Warnung. Die NGO Asian Human Rights Commission aus Hong Kong hat eine Online-Petition gegen Internetzensur in Thailand gestartet.
Die nächste Demonstration auf dem Sanam Luang ist für Freitag geplant.
Quelle:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24971/1.html
Timo Kozlowski 29.03.2007
Nach Protesten gegen die thailändische Militärjunta würde Armeechef Sonthi Boonyaratkalin in Bangkok gerne den Notstand ausrufen
Droht Bangkok der Notstand? Nach Protesten und Demonstrationen von Gegnern des thailändischen Militär-Coups im März erwägt Armeechef General Sonthi Boonyaratkalin die Ausrufung des Notstands in Bangkok und den umliegenden Provinzen, weil seiner Ansicht nach anderenfalls die Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung nicht zu gewährleisten sei. Der von der Junta eingesetzte Premierminister Surayud Chulanont hat über diese Maßnahme zu entscheiden. Bislang wies er General Sonthis Ansinnen zurück. Die Demonstrationen auf dem Sanam Luang waren bislang friedlich verlaufen. Organisiert wurden die Protestkundgebungen von dem Satellitensender PTV, der maßgeblich von Mitgliedern der ehemaligen Regierungspartei Thai Rak Thai betrieben wird. Grund für die Proteste war eine Unterbrechung des Programms, hinter der der Sender das Militär sieht.
Ein symbolischer Ort
Der Sanam Luang ist ein offenes Feld gegenüber dem Großen Palast, auf dem im Laufe des Jahres buddhistische Zeremonien abgehalten werden. Am Wochenende lassen dort die Bangkoker meist Drachen steigen. Der Platz hat aber auch eine politische Symbolkraft – im Mai 1992 kam es auf dem Sanam Luang zu Massenprotesten gegen General Suchinda Krapayoon, der sich im Jahr zuvor an die Macht geputscht hatte. Bis zu 200.000 Protestanten hatten sich dort versammelt. In der Nacht vom 17. auf den 18. Mai rief Suchinda den Notstand aus. 52 der Protestierenden starben im folgenden Kugelhagel, mehrere Hundert wurden verletzt. Nachdem König Bhumipol Suchinda und seinen politischen Gegenspieler Chamlong Srimuang im Fernsehen zur friedlichen Zusammenarbeit aufgefordert hatte – und sowohl Suchinda als auch Chamlong bei dieser Ausstrahlung keine gute Figur gemacht hatten – musste Suchinda aufgrund des öffentlichen Drucks bald zurücktreten.
In der thailändischen Presse wird in letzter Zeit immer häufiger der Vergleich zwischen den Mai-Unruhen und der augenblicklichen politischen Lage gezogen. Das ist insofern bemerkenswert, da nach der Machtübernahme des Militärs im September 2006 die Meinungsmacher den Putsch zwar nicht unterstützten, aber trotzdem darin einen Fortschritt zum Monate langen Stillstand sahen. Dieser Ton hat sich in den Kommentarspalten des Königreichs mittlerweile geändert – das Council of National Security (CNS), wie sich das oberste Gremium der Junta genannt hat, wird immer wieder an sein Versprechen erinnert, Ende des Jahres die Macht an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben, die Korruption zu bekämpfen und eine neue Verfassung schreiben zu lassen. Dass diese Ziele erreicht werden, das wird mittlerweile eher kritisch beurteilt. Kurz nach der Forderung nach dem Notstand erklärte der Premierminister, die Wahlen würden, wie versprochen, im Dezember stattfinden.
Die Demonstrationen auf dem Sanam Luang hatten bisher noch nicht den Charakter von Massendemonstrationen, zogen aber immerhin 2000 Demonstranten an. Der Armeechef befürchtet wohl eine schnelle Ausweitung der Proteste, wie es auch bei den Protesten gegen den Ex-Premier Thaksin Shinawatra der Fall war. Die Massenproteste gegen ihn hatten auch klein begonnen und sich dann binnen weniger Monate auf Demonstrationen mit 100.000 Teilnehmern hochgeschaukelt (Stell dir vor es ist Putsch ... und keiner geht hin!).
Unter Thaksins Regierung wurden die Notstandsgesetze zwar eingeführt, er selbst hatte sie in Bangkok jedoch nie eingesetzt. Gedacht waren sie in erster Linie für die drei rebellischen Provinzen an der Grenze zu Malaysia. Diese Gesetze verbieten politische Treffen ab 10 Personen, sie erlauben das Abhören von Telefonen, die Festnahme von Verdächtigen ohne richterlichen Beschluss und die Zensur von Medien und Internet.
Internetzensur
Zensiert wird das Internet jedoch auch ohne ausgerufenen Notstand. Die thailändische Polizei und das Ministerium für ICT haben eine tausende Adressen umfassende Schwarze Liste erstellt, die Seiten mit unerwünschten Inhalten (vor allem Pornographie, aber auch Seiten, die die nationale Sicherheit gefährden sollen) definiert. Anfragen an solche Seiten werden blockiert, statt dessen erhält der unbedachte Surfer eine Warnung. Die NGO Asian Human Rights Commission aus Hong Kong hat eine Online-Petition gegen Internetzensur in Thailand gestartet.
Die nächste Demonstration auf dem Sanam Luang ist für Freitag geplant.
Quelle:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24971/1.html