Thailand Buddha, Beach & Beziehungskitsch – Gschichtn ausm Paulanergarten

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        #11  

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Wie man sich in eine Stadt verliebt

So vergingen die Tage.
Sie arbeitete, ich lebte mich ein.

Manchmal trafen wir uns in ihrer Mittagspause, manchmal am Abend. Wir kochten zusammen oder gingen essen, trafen Freunde von ihr, gingen ins Kino, lachten über dieselben Filme. Es fühlte sich nicht nach Urlaub an, sondern nach Alltag – einem dieser seltenen, leichten Alltage, in dem man gern aufwacht.

Ich lernte kleine Routinen kennen. Wo es den besten Eiskaffee gab, wie lange der Bus zur nächsten Station wirklich brauchte, wann der Pool leer war. Ich wusste, welcher 7-Eleven nachts noch geöffnet war und wo der Verkäufer mich schon mit einem Nicken begrüßte.

Und zwischen all dem – ohne dass ich es bewusst steuerte – wuchs etwas in mir.
Ein Gefühl von Zuhause.

Nicht im Sinne von Sesshaftigkeit oder Besitz. Sondern eher wie ein stilles Einverstandensein mit dem Moment.

Ich liebte die Stadt nicht, weil sie perfekt war. Ich liebte sie gerade wegen ihrer Widersprüche.
Weil sie mich nahm, wie ich war.
Und weil sie mir zeigte, wie viel Raum im Leben ist, wenn man ihn nicht komplett verplant.

Und während ich weiter durch ihre Straßen lief, in Cafés saß, ihre Sprache noch immer nicht verstand, wusste ich:
Ich würde sie vermissen, bevor ich überhaupt gegangen war.

Diese eigenartige Mischung aus Hitze, Chaos und Ruhe. Die Garküchen am Straßenrand, das schrille Lachen der Schulmädchen auf Mopeds, der Duft von gebratenem Knoblauch, das Summen der Klimaanlagen, das Tuckern der Boote auf dem Chao Phraya. Die Stadt war nicht schön im klassischen Sinn – aber sie war da, intensiv, unübersehbar.

Ich begann, mich in sie zu verlieben.

In ihre Unordnung, in ihre Gegensätze.
In das Gefühl, dass hinter jeder Ecke etwas Neues wartet – nicht immer Spektakuläres, aber etwas Echtes.
Ich mochte es, morgens durch unbekannte Straßen zu schlendern, ohne Ziel, nur mit der Neugier auf das Nächste. Ich mochte die kleinen Läden, die rostigen Tore, die Tempelglocken in der Ferne. Ich mochte es, einfach Teil davon zu sein – auch wenn ich nicht dazugehöre.

Es war keine stürmische Liebe.
Eher eine, die wächst, wenn man sich immer wieder begegnet.
Und irgendwann ertappt man sich dabei, wie man innehält, sich umsieht – und lächelt, ohne Grund.

So war das mit Bangkok.
Langsam, aber beständig.
Ein Gefühl, das blieb, auch wenn ich es nicht greifen konnte.

Die letzte Woche unserer Reise verbrachten wir in Chiang Mai. Auf die Inseln im Süden hatten wir diesmal keine Lust – vielleicht, weil uns der Trubel dort gerade nicht reizte, vielleicht auch, weil wir einfach etwas anderes suchten.

Nach den Tagen in Bangkok sehnten wir uns wieder nach mehr Ruhe, nach einem langsameren Takt. Und Chiang Mai empfing uns mit genau dieser Gelassenheit: kleinen Gassen, stillen Tempeln, den Bergen am Horizont.

Bangkok hatte mich auf seine eigene, rauschhafte Art in den Bann gezogen. Ich genoss jede Minute dort und spürte, wie ich begann, diese Stadt mit all ihrem Chaos, ihrer Hitze und ihrem Lärm zu mögen – vielleicht sogar zu lieben.
Aber es ist eine Liebe auf Zeit. Eine, die brennt, solange man mittendrin ist, die aber weiß, dass sie nicht bleiben kann.

In Chiang Mai ließen wir uns treiben. Die Tage begannen meist gemütlich mit einem Kaffee in einem der zahllosen kleinen Cafés – oft mit Blick auf grüne Innenhöfe, in denen sich streunende Katzen in der Sonne räkelten. Die Stadt fühlte sich an wie ein großes Dorf, ruhig, freundlich, überschaubar. Wir schlenderten durch kleine Gassen, entdeckten Streetart, Märkte und Tempel, die wie zufällig zwischen modernen Gebäuden auftauchten.

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Abend auf dem Nachtmarkt: Das warme Licht, der Duft nach Gewürzen, das Gemurmel der Menschen. Wir aßen frisch zubereitetes Khao Soi an einem improvisierten Plastiktisch und ließen uns einfach treiben. Später saßen wir noch auf einer Dachterrasse, tranken Chang-Bier, schauten auf die flimmernden Lichter der Stadt und redeten stundenlang.

Chiang Mai war für uns ein Ort zum Ankommen, zum Durchatmen. Kein großes Sightseeing-Programm, kein Plan. Einfach nur Sein. Vielleicht war es gerade das, was es so besonders machte.

Als wir dann zurück nach Bangkok mussten, blieb uns nur noch ein letzter Abend. Wir verbrachten ihn bei ihr, gingen noch einmal gemeinsam aus, aßen an einem dieser kleinen Straßenstände und ließen uns treiben, als könnte man die Zeit so ein wenig anhalten.

Wir sprachen wenig über den Abschied, aber ich glaube, wir wussten beide, dass er näher rückte, unausweichlich und schwer. Gegen drei Uhr nachts sollte mein Flieger gehen. Ich beschloss, alleine zum Flughafen zu fahren – vielleicht weil ich dachte, es würde den Abschied einfacher machen.

Also standen wir irgendwann wieder dort, wo alles begonnen hatte – in der Lobby des Wohnkomplexes, in dem sie mich Empfang. Es war ein leiser Moment. Kein großes Drama, keine Tränen. Nur ein letzter Blick, ein kurzes Lächeln, eine Umarmung, die länger hätte dauern dürfen.

Dann stieg ich ins Taxi und sah zu, wie Bangkok in der Nacht an mir vorbeiglitt.

Die Fahrt zum Flughafen war still. Ich lehnte mich zurück, ließ die Fenster einen Spalt offen, hörte das Rauschen. Bangkok wirkte plötzlich fremd, fast unwirklich – als hätte die Stadt gewusst, dass ich gehe.

Am Flughafen war alles wie immer: Neonlicht, das einem zu grell vorkommt, wenn man müde ist, Stimmengewirr, das sich über die Lautsprecher legt, und Menschen, die eilig irgendwohin unterwegs sind. Ich checkte ein, ging durch die Sicherheitskontrolle und wartete am Gate.

In meinem Kopf lief alles vom ersten kennenlernen an wie ein Film rückwärts. Ich dachte an unseren ersten gemeinsamen Tag, an unser Wiedersehen, an unsere gemeinsamen Reisen durch Nord- und Südthailand, an die leisen Gespräche und das Lachen, das manchmal einfach so aus uns herausbrach.

Der Aufruf zum Boarding holte mich zurück in die Gegenwart. Ich stand auf, griff nach meinem Rucksack – und für einen Moment zögerte ich. Als müsste ich etwas zurücklassen, um den Rest überhaupt mitnehmen zu können.
 
        #12  

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Member hat gesagt:
Wie man sich in eine Stadt verliebt

So vergingen die Tage.
Sie arbeitete, ich lebte mich ein.

Manchmal trafen wir uns in ihrer Mittagspause, manchmal am Abend. Wir kochten zusammen oder gingen essen, trafen Freunde von ihr, gingen ins Kino, lachten über dieselben Filme. Es fühlte sich nicht nach Urlaub an, sondern nach Alltag – einem dieser seltenen, leichten Alltage, in dem man gern aufwacht.

Ich lernte kleine Routinen kennen. Wo es den besten Eiskaffee gab, wie lange der Bus zur nächsten Station wirklich brauchte, wann der Pool leer war. Ich wusste, welcher 7-Eleven nachts noch geöffnet war und wo der Verkäufer mich schon mit einem Nicken begrüßte.

Und zwischen all dem – ohne dass ich es bewusst steuerte – wuchs etwas in mir.
Ein Gefühl von Zuhause.

Nicht im Sinne von Sesshaftigkeit oder Besitz. Sondern eher wie ein stilles Einverstandensein mit dem Moment.

Ich liebte die Stadt nicht, weil sie perfekt war. Ich liebte sie gerade wegen ihrer Widersprüche.
Weil sie mich nahm, wie ich war.
Und weil sie mir zeigte, wie viel Raum im Leben ist, wenn man ihn nicht komplett verplant.

Und während ich weiter durch ihre Straßen lief, in Cafés saß, ihre Sprache noch immer nicht verstand, wusste ich:
Ich würde sie vermissen, bevor ich überhaupt gegangen war.

Diese eigenartige Mischung aus Hitze, Chaos und Ruhe. Die Garküchen am Straßenrand, das schrille Lachen der Schulmädchen auf Mopeds, der Duft von gebratenem Knoblauch, das Summen der Klimaanlagen, das Tuckern der Boote auf dem Chao Phraya. Die Stadt war nicht schön im klassischen Sinn – aber sie war da, intensiv, unübersehbar.

Ich begann, mich in sie zu verlieben.

In ihre Unordnung, in ihre Gegensätze.
In das Gefühl, dass hinter jeder Ecke etwas Neues wartet – nicht immer Spektakuläres, aber etwas Echtes.
Ich mochte es, morgens durch unbekannte Straßen zu schlendern, ohne Ziel, nur mit der Neugier auf das Nächste. Ich mochte die kleinen Läden, die rostigen Tore, die Tempelglocken in der Ferne. Ich mochte es, einfach Teil davon zu sein – auch wenn ich nicht dazugehöre.

Es war keine stürmische Liebe.
Eher eine, die wächst, wenn man sich immer wieder begegnet.
Und irgendwann ertappt man sich dabei, wie man innehält, sich umsieht – und lächelt, ohne Grund.

So war das mit Bangkok.
Langsam, aber beständig.
Ein Gefühl, das blieb, auch wenn ich es nicht greifen konnte.

Die letzte Woche unserer Reise verbrachten wir in Chiang Mai. Auf die Inseln im Süden hatten wir diesmal keine Lust – vielleicht, weil uns der Trubel dort gerade nicht reizte, vielleicht auch, weil wir einfach etwas anderes suchten.


Nach den Tagen in Bangkok sehnten wir uns wieder nach mehr Ruhe, nach einem langsameren Takt. Und Chiang Mai empfing uns mit genau dieser Gelassenheit: kleinen Gassen, stillen Tempeln, den Bergen am Horizont.

Bangkok hatte mich auf seine eigene, rauschhafte Art in den Bann gezogen. Ich genoss jede Minute dort und spürte, wie ich begann, diese Stadt mit all ihrem Chaos, ihrer Hitze und ihrem Lärm zu mögen – vielleicht sogar zu lieben.
Aber es ist eine Liebe auf Zeit. Eine, die brennt, solange man mittendrin ist, die aber weiß, dass sie nicht bleiben kann.

In Chiang Mai ließen wir uns treiben. Die Tage begannen meist gemütlich mit einem Kaffee in einem der zahllosen kleinen Cafés – oft mit Blick auf grüne Innenhöfe, in denen sich streunende Katzen in der Sonne räkelten. Die Stadt fühlte sich an wie ein großes Dorf, ruhig, freundlich, überschaubar. Wir schlenderten durch kleine Gassen, entdeckten Streetart, Märkte und Tempel, die wie zufällig zwischen modernen Gebäuden auftauchten.

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Abend auf dem Nachtmarkt: Das warme Licht, der Duft nach Gewürzen, das Gemurmel der Menschen. Wir aßen frisch zubereitetes Khao Soi an einem improvisierten Plastiktisch und ließen uns einfach treiben. Später saßen wir noch auf einer Dachterrasse, tranken Chang-Bier, schauten auf die flimmernden Lichter der Stadt und redeten stundenlang.

Chiang Mai war für uns ein Ort zum Ankommen, zum Durchatmen. Kein großes Sightseeing-Programm, kein Plan. Einfach nur Sein. Vielleicht war es gerade das, was es so besonders machte.

Als wir dann zurück nach Bangkok mussten, blieb uns nur noch ein letzter Abend. Wir verbrachten ihn bei ihr, gingen noch einmal gemeinsam aus, aßen an einem dieser kleinen Straßenstände und ließen uns treiben, als könnte man die Zeit so ein wenig anhalten.

Wir sprachen wenig über den Abschied, aber ich glaube, wir wussten beide, dass er näher rückte, unausweichlich und schwer. Gegen drei Uhr nachts sollte mein Flieger gehen. Ich beschloss, alleine zum Flughafen zu fahren – vielleicht weil ich dachte, es würde den Abschied einfacher machen.

Also standen wir irgendwann wieder dort, wo alles begonnen hatte – in der Lobby des Wohnkomplexes, in dem sie mich Empfang. Es war ein leiser Moment. Kein großes Drama, keine Tränen. Nur ein letzter Blick, ein kurzes Lächeln, eine Umarmung, die länger hätte dauern dürfen.

Dann stieg ich ins Taxi und sah zu, wie Bangkok in der Nacht an mir vorbeiglitt.

Die Fahrt zum Flughafen war still. Ich lehnte mich zurück, ließ die Fenster einen Spalt offen, hörte das Rauschen. Bangkok wirkte plötzlich fremd, fast unwirklich – als hätte die Stadt gewusst, dass ich gehe.

Am Flughafen war alles wie immer: Neonlicht, das einem zu grell vorkommt, wenn man müde ist, Stimmengewirr, das sich über die Lautsprecher legt, und Menschen, die eilig irgendwohin unterwegs sind. Ich checkte ein, ging durch die Sicherheitskontrolle und wartete am Gate.

In meinem Kopf lief alles vom ersten kennenlernen an wie ein Film rückwärts. Ich dachte an unseren ersten gemeinsamen Tag, an unser Wiedersehen, an unsere gemeinsamen Reisen durch Nord- und Südthailand, an die leisen Gespräche und das Lachen, das manchmal einfach so aus uns herausbrach.

Der Aufruf zum Boarding holte mich zurück in die Gegenwart. Ich stand auf, griff nach meinem Rucksack – und für einen Moment zögerte ich. Als müsste ich etwas zurücklassen, um den Rest überhaupt mitnehmen zu können.
Ich kenne es nur zu gut, der Abschied hat immer was Nostalgisches, aber auch mit der gewissen priese Zuversicht, dass man bald wieder dort ist.
 
        #13  

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Member hat gesagt:
vielen herzlichen Dank, dass Du uns weiter teilhaben lässt.
Auch wenn hin- und wieder der Eine oder Andere eine Meinung äußert die nicht höflich ist,
so hast Du Menschen die Dir gerne lesend folgen. Ich gehöre dazu.
Liebe Grüße
Gerhard
Hallo Gerhard, danke dass du dranbleibst. Ich bin mir sicher, du wirst’s nicht bereuen! ;-)
Member hat gesagt:
Ich lese hier auch gerne mit.


Danke
Vielen Dank auch dir Lennie, kommen noch einige aufregende aber auch haarstäubende Momente.
Member hat gesagt:
Ich kenne es nur zu gut, der Abschied hat immer was Nostalgisches, aber auch mit der gewissen priese Zuversicht, dass man bald wieder dort ist.
Ja, dieser Abschied hatte was Nostalgisches… fast zu friedlich.
Wenn ich bedenke, was da noch kommt... sagen wir mal so: Der ruhige Teil ist spätestens nach dem Philippinen Urlaub offiziell vorbei 😁
 
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