Nachdem wir unsere Drinks geleert hatten, verließen wir die Walking Street Disco. Cat hatte noch etwas Hunger und wir beschlossen, im Fra Pattaya noch eine Kleinigkeit zu essen. Ich erzählte ihr, dass ich verheiratet war und gerade mal einen kleinen Urlaub alleine in Pattaya verbrachte. Es kamen die üblichen Rückfragen, die ich wie gehabt alle beantwortete. So erfuhr sie natürlich meinen Spitznamen Puchong, wo ich in Pattaya meine Bleibe hatte und dass ich nicht luxuriös wohnte. Nachdem wir gesättigt waren bezahlte ich die Rechnung. Eigentlich hatte ich gedacht, wie üblich mit dem Baht-Bus bis zur Soi Diana zu fahren und von dort das kurze Stück zur Soi Lenkee zu laufen. Ich war dann doch etwas überrascht, als Cat mir eröffnete, dass sie ein Auto hätte, bestimmt nicht so alltäglich für ein Mädchen, das in der Walking Street Disco nach Farang Ausschau hält. Leichte Zweifel kamen in mir auf. Sie meinte, ich solle an der Kreuzung auf sie warten, sie wäre in ein paar Minuten da. Ich fragte kurz nach, um was für ein Auto es sich handeln würde. Ein Honda sei es und der wäre weiß.
Wir trennten uns, sie ging nach rechts und ich nach links und postierte mich da, nach einem weißen Honda Ausschau haltend, an der Kreuzung Pattaya Tai/2nd Road. Ich wusste jetzt nicht so genau, ob ich jetzt einfach abserviert wurde oder ganz einfach Opfer einer kleinen Hochstapelei geworden bin. So beschloss ich, maximal 10 Minuten zu warten. Mein Zeitempfinden war durch Glücksgefühl, Vorfreude auf ein gemeinsames Erlebnis mit einer hübschen Frau, extrem unrealistisch. Zwischen dem subjektiven Empfinden und der tatsächlich verstrichenen Zeit lagen wohl Welten. Ich war ganz in mich selbst versunken, beschäftigte mich mit Allem und Nichts um die bevorstehenden Stunden, als unvermittelt eine Frau neben mir hielt. Geblendet durch das Gegenlicht der vorbeifahrenden Autos nahm ich die weibliche Gestalt nur diffus war.
„Come on!“
Wie ein Dackel gehorsam dem Pfiff seines Herrchens folgte, war ich innerhalb von Sekunden Sozius.
„Where do I have to go?“
“Trong pai, straight on!”
Es kam mir automatisch wie programmiert über die Lippen. Wir setzten uns sofort in Bewegung und waren schon auf Höhe des Wat Chai, als bei mir langsam wieder rationale Denkprozesse einsetzten. Wieso wollte die wissen, wohin sie fahren sollte? Nun gut, als Lady aus Bangkok kannte sie sich möglicherweise nicht gut in Pattaya aus.
„What’s your name?“
Oops, den hatte ich ihr sogar buchstabiert, litt sie an Alzheimer? Mittlerweile lag der Talad Wat Chai, der Markt, fast hinter uns. Meine Gedanken flossen träge wie Sirup im Winter. War da nicht von einem Honda in weißer Farbe die Rede, einem Auto?
„Nice Honda you have, but not white.“
Was stammelte ich mir da für einen Unsinn zurecht. Jemand, der die Gesamtsituation wohl als Außenstehender überblickt hätte, würde mich wohl augenblicklich für verrückt erklären. Irgendwie dämmerte mir so langsam, dass es sich bei einem Honda wohl um ein Auto in weißer Farbe handeln musste. Für gewöhnlich haben Autos 4 Räder, also zwei auf jeder Seite. Und als Gast in einem solchen Auto würde ich normalerweise links neben der Fahrerin sitzen. Der eklatante Unterschied zur momentanen Realität war, dass ich auf einem Gefährt saß, das lediglich über zwei Räder verfügte und ich nicht neben der Fahrerin saß, sondern hinter ihr. In letztendlicher Konsequenz bedeutete das, dass ich auf einem Motorrad saß und nicht in einem weißen Honda. Langsam aber sicher wurde mir bewusst, dass ich da wohl gerade in meinem umnebelten Zustand einen ziemlichen Bockmist verzapft hatte. Blieb also nur noch die Möglichkeit, dass mich meine Lady verarscht hatte und ich bei der Selbstverständlichkeit ihrer Aufforderung aufzusitzen, davon ausgegangen bin, dass sie es tatsächlich sei.
Mittlerweile befanden wir uns schon in der Soi Buakhao, ich hatte ihr kurz zuvor den Weg angewiesen. Ich sah die Lady ja nur von hinten, verrenkte mich ein wenig, um einen Blick in ihr Dekolleté zu riskieren. Wie ein Schock durchfuhr mich nun die Gewissheit, dass es sich mal definitiv nicht um meine Auserwählte Lady handelte. Mir lief es wie ein Schauer über den Rücken. Ich musste meiner Fahrerin, die mich da so selbstverständlich als würden wir uns schon lange kennen, aufgelesen hatte, klarmachen, dass ich gerade im Begriff stand, einen riesengroßen Haufen Mist zu produzieren. Ich fasste mir ein Herz und gab mir einen Ruck.
„Sorry, I am very sorry, I did something wrong. I thought you were someone different. Can you please bring me back to the place where you picked me up? I really did something wrong. Sorry for that.”
Es kam nur ein knappes ‚okay‘ von ihr, in dem allerdings auch etwas Enttäuschung mitschwang. Wir waren jetzt in Höhe der Soi 15 der Soi Buakhao, in die sie sofort einbog. Ich war auf dem Rückweg, hoffte innigst, dass da ein weißer Honda an der Ecke zur 2nd Road auf mich warten würde. Ein doppelter und dreifacher Gesichtsverlust am heutigen Abend würde meine Laune wahrscheinlich für die nächsten Stunden auf einen Tiefpunkt bringen.
Ich bewunderte allerdings meine Fahrerin, mit welch scheinbarer Gelassenheit sie diese Situation bewältigte. Ohne einen weiteren Versuch zu starten, mich umzustimmen oder schlimmer noch, mich einfach abzusetzen, setzte sie alles daran, mich möglichst schnell wieder zurückzubringen. Ich hätte es ihr nicht einmal verdenken können, würde sie mich einfach abgesetzt haben. Aber ich war ja in Thailand, und hier tickten die Menschen nun einmal anders und im Geiste wünschte ich ihr viel Glück.
Wir kreuzten die 2nd Road, fuhren bis zur Beach Road und bogen dann in die Pattaya Tai ein. Fast an genau dem Punkt, an dem sie mich eingesammelt hatte, setzte sie mich wieder ab. Kurz vor uns bog gerade ein weißer Honda in die 2nd Road ein und hielt. Ich hoffte nur, dass es Cats erster Versuch war, mich aufzunehmen. Ich bedanke mich bei meiner Fahrerin mit einem Thank you, das vom Herzen kam und mit einem respektvollen Wai. In dem Moment war ich ihr einfach nur dankbar für ihr absolut korrektes Verhalten. Ich eilte schnell zu dem weißen Honda und da saß dann auch Cat am Steuer und lächelte mich an. Ich stieg erleichtert ein.
Cat fragte mich, wo ich gewesen sei. Also war es zumindest schon mal ihr zweiter Versuch, mich einzusammeln. Ich erzählte ihr diese ganze Geschichte so, wie sie sich ereignet hatte. Leichte Zweifel waren wohl bei ihr vorhanden.
„You lie to me?“
„No, this is really true. I told you before, that I don’t like to lie.”
Sie sah mich für einen kurzen Moment immer noch lächeln an und ich erwiderte ihren Blick.
„Okay, I believe you, so let’s go. We don’t have too much time tonight. I want to enjoy with you. Tomorrow morning I have to go back to Bangkok early.”
Die Erleichterung in mir über diesen glücklichen Ausgang eines fatalen Ereignisses ließ mich den Rest der Nacht mit Cat mit besonderer Intensität erleben. Und auch ihr schien es sehr gut zu gefallen. Mein Kopf versank zwischen ihren Schenkeln und es kam mir vor wie eine besondere Form einer Missionarsstellung. Sie hielt meinen Kopf zwischen ihre Schenkel gepresst und obwohl Buddhistin rief sie in einem fort: ‚Oh my God! Oh my God‘.
Nachdem ich sie so scheinbar missioniert hatte, kümmerte sie sich noch liebevoll um meine Entspannung. Zufrieden kuschelte sie sich danach an mich und wir schliefen einen nur kurz währenden Schlaf bis zum nächsten Morgen. Cat hatte sich den Alarm gestellt, verabschiedete sich mit einem Kuss und einem süßen Lächeln von mir.