#78 Gänsehaut! Petersen trifft im letzten Heimspiel | Video | Mit ohrenbetäubenden Sprechchören ist Nils Petersen beim SC Freiburg verabschiedet worden. Zum Abschluss erzielte der 'Fußballgott' sein erstes Saisontor.
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Ein Spieler der damals nach seiner Leihe von Werder hier seine Heimat gefunden hat, mit in die 2. Liga gegangen ist und wesentlich bessere Angebote von anderen Vereinen ausgeschlagen hat.
Es ist mittlerweile über 8 Jahre her, dass Nils Petersen seine Zusage zu einer Leihe nach Freiburg in Toren ummünzte, und wie! Er wurde in der zweiten Halbzeit gegen Frankfurt eingewechselt, zu einem Zeitpunkt, wo es noch 1:0 für Frankfurt stand. Am Ende stand es 4:1 für den SC und Petersen hatte drei Tore gemacht. Einen lupenreinen Hatrick, wie er im Bilderbuch steht. Einer mit Links, einer mit Rechts und einmal mit dem Kopf traf er. Er war da! Unsere Rettung, und später auch ein Frankfurt-schreck! Derjenige, der versprach die Torflaute bei uns zu beenden. Nach 17 Spieltagen waren wir tabellenletzter und hatten 17 Tore geschossen. Das waren die drittwenigsten in der Liga. Nach dem Spieltag 18 standen vier hinter uns und drei hatten genausoviele. Das war ein Einstand nach Maß! Zum ersten Mal schallte "Petersen! Petersen! Petersen!" durch das Stadion.
Die Euphorie sollte nicht sehr lange anhalten. Zwei Spiele später riss er sein Außenband im Knie. Er fiel aus! 5 lange Wochen mussten wir warten. Doch dann kam er wieder und traf direkt im ersten Spiel als (wen überrascht es?) Joker. Nur ein einziges Spiel spielte er über die gesamte Distanz danach und traf dabei gleich doppelt. Im Derby gegen Stuttgart. Schon da hätte man es erahnen können, dass NP etwas an diesem Verein liegt. Er traf 9 mal in einer Halbserie, und das meistens als Joker von der Bank. Gegen die Bayern sogar innerhalb von nur 4 Minuten Einsatzzeit. Damals noch Weltmeister IV Hummels und Boateng durften einen Sahnepass von Karim Guedé in der 90sten Minute nur hinterhergucken. Petersen grätsche rein und traf. Das Stadion tobte! Das werde ich nicht wieder vergessen! Es brodelte! Plötzlich hatte er uns eine Chance gegeben doch die Klasse zu halten. Gegen Hannover brauchte es nur ein Unentschieden. Es kam anders! NP war mit dem SC abgestiegen. Jeder war erstmal zertstört. In Freiburg war die Stimmung total am Boden. Ich kann mich immernoch an diese Stille erinnern, die durch die Kneipe geisterte nachdem 90 Minuten alle darüber frustriert waren, warum NP in einem solchen Spiel nicht von Anfang an spiele durfte. Es ging doch um alles! Ja! Unentscheiden reicht, aber wollen wir es wirklich darauf ankommen lassen? Das haben sich alle gefragt! Es war aber wie so oft in Freiburg, schnell wieder Tagesgeschäft angesagt. Wer wird uns verlassen? Doch nicht der Nils! Bitte nicht der Nils! Er ist doch unsere Hoffnung auf den Wiederaufstieg! Ohne ihn wird das doch wieder nichts!
Es herrschte Leere. Keiner wusste so richtig bescheid und ich war selbst total unsicher, was uns die neue Saison hätte bringen können. Die Zeit ging vorbei, und plötzlich gab es hier diese Insidermeldung. NP sollte bleiben. Er hätte sich entschieden mit in die zweite Liga zu gehen. So unglaublich, wie sein Tor gegen die Bayern, überhaupt seine Leihe zu uns, sein Dreierpack zu Einstieg gegen Frankfurt, genauso Unglaublich war diese Nachricht. Ich hätte Hartensaier umarmen können und Nils noch dazu! Aber so ist er, der Herr Petersen. Er wartet auf den richtigen Moment und schlägt dann zu, um Emotionen zu wecken, die man nicht geglaubt hat zu haben. Der perfekte Joker!
Als es offiziell wurde war ich mit Freude beseelt. Ein solcher Torjäger für uns in der zweiten Liga! Wahnsinn! Euphorie und Hoffnung keimte auf, doch nur ein Jahr Zweitligazugehörigkeit annehmen zu müssen. Und was war? Beim Saisonauftakt zum 6:3 gegen den FCN traf er direkt dreimal und bereitete noch ein Treffer vor. Alles innerhalb der ersten 45 Minuten. Die Saison war wohl seine beste im Trikot des SC. Er spielte fast immer von Beginn, und traf insgesamt 21 Mal und bereitete noch 6 Treffer vor. Eine Topquote in der zweiten Liga. Tim Kleindienst hat dieses Jahr 25x getroffen. Rekordtorjäger der zweiten Liga, Simon Terrodde traf mal 30x, Robert Glatzel traf mal 22 mal und Serdar Dursun mal 24. Er gehörte also zweifelsfrei zu den Besten. Selbst über Jahre hinweg gesehen.
Nach dem Aufstieg war er wieder in der Jokerrolle gefragt. Er traf weniger als noch vor 1,5 Jahren erwartet, aber er traf 10x und das als Einwechselspieler. Der SC wurde entgegen allen Prognosen ("Vorne nix...hinten nix...Freiburg steigt ab") siebter in der Liga. Europäischer Wettbewerb! Pokal! Eine Wahnsinnsgeschichte als Einwechselspieler sollte folgen. Legendenstatus hatte er ohnehin. Niemand konnte erwarten, dass so ein Spieler in die zweite Liga geht. Er tat es. Es war ihm wichtiger für einen guten Verein zu spielen als gut bezahlt für einen beliebigen Verein auf der Bank zu sitzen. Er ging in eine andere Richtung als alle andere es vermutlich getan hätten und bekam damit ein Reichtum geschenkt, worauf andere neidisch blicken dürfen: Kultstatus!
Die Saison danach wurde noch schwieriger, aber Nils traf 15x und führte das Team genausooft als Kapitän aufs Feld. Am Anfang wieder nur als Joker, kam er irgendwann von Anfang an. Am Ende wurde Freiburg 15er. Irgendwas muss an dieser Zahl sein zwinker...
Die Saison darauf war er wieder bei 10 Toren. Dann wieder bei 11. Insgesamt traf NP Ligaübergreifend in 8 Saisons 5x doppelstellig in Freiburg. Das ist absolut krass! Er wurde Nationalspieler und holte eine Silbermedallie bei Olympia. So einen im Team zu haben war ein Geschenk!
Spieler kamen zum SC, und Spieler sind gegangen. Jugendspieler, Eigengewächse, alles mögliche. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals solche Emotionen gefühlt zu haben, als einer gegangen ist, wie bei jeder Aktion von Nils Petersen. Als er kam entfachte er bei mir eine Wahnsinnseuphorie und Hoffnung. Als er trotz Abstieg blieb folgte eine Explosion der Gefühle und Hoffnung kam auf. Als er jedes Mal danach eingewechselt wurde bebte jedes Mal das Stadion (Jetzt gehts Los! Jetzt gehts Los!). Die Gegner hatten einen gehörigen Respekt. Er konnte allein ein Stadion mit 35K mitziehen. Spielte er nicht schallte es "Petersen!, Petersen!, Petersen!" durch das ganze Stadion. Und als er seine Karriere mit einem Jokertor beendete war es für mich unmöglich all diese Erlebnisse nicht in Tränen des Glücks verarbeiten zu können. Ich erkannte mich nicht wieder. Wieso heule ich? Das ist doch nur Fußball! Aber nein! Hier ging es nicht um Fußball! Hier ging es um einen besonden Menschen! Einen Game Changer! Sowohl auf, und neben dem Platz! Nils Petersen!
Er wird mir auf Ewig in Erinnerung bleiben und es wird Tage geben, da werde ich mir wünschen er wäre noch auf der Bank! Ein Typ der es schaffte die Stimmung in einem Spiel innerhalb von wenigen Minuten zu drehen.