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Devote Obsessionen
Prolog
Jonas fühlte sich vollkommen tiefenentspannt. Er beglückwünschte sich, den weisen Rat seiner Tante angenommen und beständig befolgt zu haben. Wie hatte er es seinerzeit von seiner Tante gelernt, eine Lebenserfahrung in Bezug auf eine erwachende und lebendige Libido, die sowohl für Jungen als auch Mädchen galt? Die hatte ihm gesagt: ‚Jonas, du bist jung, du hast einen Trieb, lebe ihn aus, wo immer du kannst, lass nichts anbrennen, sondern genieße dein Leben, lebe deine Sexualität aus, wann immer du sie ausleben kannst, auch wenn ein Mädchen mal nicht so ganz nach deinem Geschmack ist. Es wird ein Zeitpunkt in deinem Leben kommen, ein Zeitpunkt, ab dem deine Libido an Lebendigkeit verliert, an dem du jedem verpassten und nicht wahrgenommenen Erlebnis nachtrauern wirst. Glaube mir, es wird sich in deiner Erinnerung manifestieren und du wirst dich dran erinnern und die Tage ungeschehen machen wollen, an denen du Nein gesagt hast.‘
Jonas war mittlerweile gewaltig genervt. Seit 8 Monaten schon wohnte er bei dieser seltsamen Familie. Er hatte entgegen seinen Wünschen ausgerechnet in dieser Stadt einen Studienplatz bekommen und fürs erste und wegen der kurzen Zeit bis zum Beginn seines Studiums das erstbeste Zimmer genommen. Anfangs schien es ganz gut zu laufen, Moni, seine Vermieterin, war ganz okay, lebte zusammen mit ihrem Freund im 1. OG und er hatte ein kleines Zimmer im ausgebauten Dachgeschoss, welches über einen Gemeinschaftsraum verfügtem das er mit der Tochter der Vermieterin teilte, die das zweite Zimmer im Dachgeschoss für sich beanspruchte. Allerdings war der Freund seiner Vermieterin häufig für mehrere Monate auf Montage und nur selten zuhause. Das gemeinschaftlich genutzte Zimmer war spartanisch eingerichtet, eine Couch, eine Tisch, ein Sessel und als zusätzliches Zugeständnis ein Flat-TV mit Kabelprogramm, aber auch eine kleine Nische mit einem Kühlschrank. Obwohl sie manchmal gemeinsam vor dem Bildschirm hingen, meist musste er sich den Programmwünschen Tinas fügen, kamen nie tiefer gehende Gespräche zustande. Tina, so hatte sie sich ihm vorgestellt, kam ihm deshalb etwas suspekt vor. Ihr Auftreten war lasziv bis provokant kokettierend und er hatte des Öfteren den Eindruck, als wolle sie ihn mit ihren teilweise recht offenherzig zur Schau gestellten Reizen provozieren.
Nun gut, er war jung, voller Saft und Kraft und er hatte bis jetzt wenig Zeit gefunden, sich nach einer Freundin umzusehen, was in einer Stadt mit überwiegend männlichen Studenten eh nicht einfach war. Mehr als einmal ertappte er sich dabei, wie er angesichts der Offenherzigkeit von Tina unvermittelt eine Erektion bekam. Letztendlich blieb ihm nur, es sich in seinem Zimmer selbst zu besorgen oder halt dafür das Bad im 1. OG zu nutzen, das ihm ebenso zur Verfügung stand. Insgeheim stellte er sich die Frage, ob Tina genau das mit ihrem Verhalten provozierte und ob sie es bemerkte, dass er einen Steifen bekam, der sich eigentlich unübersehbar durch den Stoff seiner Jeans abzeichnete, oder wenn er gerade einmal Shorts trug, eine entsprechende Beule verursachte. Zwar reagierte er dann immer sehr schnell, aber er vermeinte doch hier und da ein verhaltenes Lächeln in Tinas Gesicht zu erkennen.
Eigentlich kam Jonas so ganz gut klar, aber das änderte sich schlagartig, als Lisa eines Tages auftauchte. Lisa entpuppte sich als langjährige Freundin von Tina und sie hatte es wieder in ihre Heimatstadt verschlagen, weil sie hier einen Job angenommen hatte. Tina überfiel ihn regelrecht in seinem Zimmer. Wie zumeist war er nur mit T-Shirt und seinen Shorts bekleidet, weil es unter dem Dach recht warm war.
In einer gewissen Weise war Tina verschlagen, andrerseits aber eigentlich ein nettes Mädchen. Ihr Problem war, dass sie sich schon ein paar Mal auf Studenten eingelassen hatte. Sie selbst hatte es bis zur mittleren Reife gebracht, war durchaus clever genug, fand aber kein Interesse daran, sich für ein Studium zu begeistern oder überhaupt einen Bildungsweg in dieser Richtung einzuschlagen. So richtig im Klaren war sie sich über ihre berufliche Zukunft noch nicht, begeisterte sich jedoch leidenschaftlich für Kunst und Fotografie. Ihre Abneigung gegen Studenten begründete sie damit, dass für die scheinbar nur kurzfristige Sachen in Betracht kamen, manchmal lediglich Bettgeschichten für ein Weekend oder die kürzeste Variante als einer von vielen Gigs lediglich ein One Night Stand, der oftmals schon mit dem Abgang des Jungen vorbei war. Diese Aversion hatte sich in einem gewissen Maße in ihr manifestiert, was auch der Grund war, dass Sie Jonas so gut wie keine Aufmerksamkeit schenkte und ihn links liegen ließ, obwohl er eigentlich ganz passabel aussah. So war es ihr ganz Recht, dass sie an diesem Tag mit einem Anliegen ganz besonderer Art an Jonas herantreten musste und sie fühlte sich in der Rolle, die sie zu spielen gedachte, recht wohl. Wie sie es gewohnt war, betrat sie Jonas Zimmer, ohne vorher anzuklopfen.
„Jonas, du musst dein Zimmer räumen! Lisa nimmt ab morgen dein Zimmer und du schläfst auf der Couch im Gemeinschaftsraum. Wenn du willst, kannst du auch eine Matratze mitnehmen und die zum Schlafen nutzen. Bettwäsche bekommst du von mir, ist vielleicht bequemer!“
„Aber Tina, ich habe einen Mietvertrag für dieses Zimmer!“
Jonas fühlte sich komplett überfahren. Tinas beherrschtes Auftreten verunsicherte ihn. Es erinnerte in unangenehm an das dominante Auftreten seiner Mutter.
„Ich werde auch keinen Widerspruch von dir dulden. Mache es und füge dich! Ach, bevor du auf den Gedanken kommst, dich bei Mom zu beschweren, die ist einverstanden und hat alles abgesegnet.“
Jonas war perplex. Er wusste um die Tücken einer Untervermietung, was für ihn bedeutete, im Falle einer Weigerung innerhalb der nächsten zwei Wochen auf der Straße zu sitzen, denn es würde unmöglich sein, innerhalb kürzester Zeit eine brauchbare Alternative zu finden. Zähneknirschend willigte er ein. Er fühlte sich auch ob des vehementen und herrisch selbstbestimmten Auftretens von Tina urplötzlich in eine devote Rolle gedrängt. Er verspürte ein merkwürdiges Kribbeln in seinem Bauch und seinen Lenden aber er realisierte noch nicht, das diese Verhalten tief in seinem Unterbewusstsein ein Reaktion auslöste, die zu beurteilen er noch weit von entfernt war.