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Liebe Freunde,
hier nun, wie bei “Safaris in Tansania“ #95 angekündigt, der Thread “Tansania vor 40 Jahren“. Teil 1
Bin damals mit meiner “Deutschen Gretel“ als Backpacker nach Nairobi geflogen. Nach 3 Tagen ging es von dort in einem uralten Rumpel-Bus über die Grenze weiter nach Arusha. Es könnte aber auch Moshi gewesen sein. Ich kriege es nicht mehr zusammen.
Am dortigen Busterminal drängte sich ein etwa 40-jähriger Tour-Guide bei uns mit dem Versprechen auf, alles für uns zu organisieren. Sein Angebot, uns in ein passendes Quartier zu bringen, habe ich leider ausgeschlagen. So brachte er uns mit einem uralten VW-Bus ins YMCA, das in einem damaligen Backpacker-Reiseführer als das beste Billig-Quartier vorgeschlagen wurde. Nun – das war es nicht (mehr), denn es hatte seine Blütezeit längst überschritten und war in einem völlig desolaten Zustand.
Was noch erwähnt werden muss, Tansania war damals auf dem Weg zum Sozialismus und es gab Auflagen, wie in den Europäischen Ländern des “Ostblocks“. U.A. gab es einen lästigen Devisen-Nachweis, der einem beim Grenzübertritt ausgehändigt wurde. Die mitgeführten Devisen waren an der Grenze einzutragen. Jeder Umtausch in die Landeswährung musste (sollte) von der Bank oder einem dafür berechtigten Hotel bestätigt werden und bei der Ausreise würde das dann strengstens kontrolliert. So konnte praktisch nur offiziell zu einem lausigen, völlig unrealistischen Wechselkurs getauscht werden.
Aber man war ja in Afrika !!!
Im Reiseführer wurde vorgeschlagen, einen Teil der Devisen am Körper zu verstecken, da es garantiert keine Leibesvisitation gäbe. Man könne sich dann damit auf dem Schwarzmarkt weit günstiger mit der Landeswährung eindecken. Aber halt nur teilweise, da ja auch Tauschbeträge auf dem Devisen-Nachweis erscheinen müssten. So tauschte ich an der Grenze 100 DM zum offiziellen Kurs und ließ mir diese in den Devisen-Nachweis eintragen.
Es sollte das einzige legal umgetauschte Geld sein!
Unser Tour-Guide machte uns nämlich das Angebot, sämtlich benötigtes Geld für uns einzutauschen und dies auch in den Devisen-Nachweis eintragen zu lassen. Um seine Zuverlässigkeit zu testen, gab ich ihm 100 DM und wollte dann am nächsten Tag seine Safari-Angebote mit ihm durchsprechen.
Tatsächlich erschien er dann auch am nächsten Tag wie vereinbart im YMCA und brachte uns das schwarz getauschte Geld mit. Aber ich brauchte halt nicht nur 100 DM. So fuhr er uns dann zu einem Hotel, wo ich an der Rezeption bei seinem “Freund“ einen Großteil des benötigten Geldes zu einem Traumkurs eintauschte, was dieser mir dann auch tatsächlich mit Stempel in den Devisen-Nachweis eingetragen hat.
Jetzt war ich auch bereit, weitere Dienstleistungen bei ihm zu buchen. Das ging natürlich nur mit einem kleinen Vorschuss und ohne Vertrag per Handschlag.
Als erstes wollten wir den Kilimandscharo “besteigen“, was vorab in einem D-Reisebüro gebucht, für mich damals praktisch unerschwinglich gewesen wäre.
Ich weiß nun nicht, wie das heute abläuft, aber damals brauchte man einen speziellen Berg-Guide nebst 2 Trägern und einen Koch für dieses Vorhaben. Diese mussten von uns, nebst der Bezahlung, auch mit Lebensmittel versorgt werden. Gerade diese waren zu dieser Zeit relativ knapp und nur sehr schwierig zu organisieren. Dank unserem Tour-Guide war es dann jedoch sehr einfach, da er uns zu einem “Indischen Freund“ brachte, der ein “schwarzes Lebensmittel-Depot“ betrieb und uns alles relativ günstig verkaufte.
Die erforderliche Mannschaft, alles seine “Freunde“, wurde ebenfalls von ihm für uns gebucht und der Eintritt in den Kilimandscharo-Nationalpark, der damals in Devisen zu bezahlen war, ging bei seinem “Freund“ an der Kasse mit schwarz eingetauschten Schilling, wie die Landeswährung damals hieß.
Jedenfalls war unser Trip der günstigste, wie wir bei der “Besteigung“ von anderen Touristen erfuhren, denen dafür teils echt das Fell über die Ohren gezogen wurde.
Wir wurden dann noch an einen Haufen mit Klamotten geführt, wo wir uns passend einkleiden konnten. Dicke Jacke, eine Überzieh-Hose, Handschuhe, Pudelmütze und Stiefel. Ob dafür Miete erhoben wurde, weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls war alles so dreckig, versifft und stank, wie wenn es bereits verwesten Leichen ausgezogen worden wäre, dass wir uns ständig davor ekelten. Aber es gab keine andere Wahl.
Der Aufstieg zusammen mit dem Berg-Guide, der immer bei uns war, ging dann zuerst einmal gemütlich zum ersten Übernachtungslager, wo uns der Koch schon mit einem leckeren Dinner empfing. Die Träger, die das Gepäck, die Lebensmittel und das Feuerholz schleppten, waren schon durch den Schnaps beschwingt, der auch vorab von uns zu besorgen war. In einer Hütte verbrachten wir dann die erste Nacht, während unsere Mannschaft zusammen mit anderen Mannschaften abseits fröhlich feierte und wohl im Freien übernachtete. Hier war es ja noch relativ warm.
Wir wurden dann bei Tagesanbruch von unserem Berg-Guide geweckt, der uns zu einem Speiseraum brachte, wo das üppige Frühstück schon für uns bereitstand. Koch und Träger waren bereits aufgebrochen.
Die zweite Etappe erreichten wir dann nachmittags, wo das Essen ebenfalls schon wieder für uns bereitstand. Ich hatte aber gar keinen Appetit. Wir waren nun schon fast auf 4000 m und mir war ständig etwas kötzelig. Auch hatte ich Kopfweh und ein ständiges Hämmern in meinem Schädel. Im Abendessen stocherte ich dann nur noch herum, während es meiner Gretel noch recht gut schmeckte.
Den nächsten Tag blieben wir weiterhin in diesem Lager. Dabei stiegen wir mit unserem Guide auf über 4000 m, machten dort einige Übungen wie Kniebeugen und Liegestützen und stiegen dann wieder ab. Dieser zusätzliche Tag wurde im Reiseführer empfohlen. Tatsächlich ging es mir abends wieder wesentlich besser und ich verbrachte eine relativ erholsame Nacht.
Morgens wurden wir dann wieder bei Tagesanbruch vom Guide geweckt. Nach dem Frühstück ging es dann los. Träger und Koch waren schon wieder gestartet. Ich erinnere mich noch schwach an den “Last Water Point“ der schon auf weit über 4000 m lag. Dort füllten wir unsere Getränkeflaschen noch einmal auf. Da ging es uns beiden noch relativ gut, doch wir wurden immer langsamer.
Am frühen Abend erreichten wir den letzten Abschnitt. Das vorbereitete Dinner, nur eine Suppe, konnten wir beide nicht mehr essen, weil es uns nur noch übel und elend war. Das Zimmer war im Gegensatz zu den vorherigen Hütten total heruntergekommen. Das “Bett“ war rabenschwarz vom Dreck. Da es zudem noch affenkalt war, legten wir uns voll angezogen mit den dreckigen Bergstiefeln hinein. An Schlafen war gar nicht zu denken, da wir entsetzlich froren!
Noch in tiefer Nacht wurden die 5 anderen Gruppen von ihren Guides geweckt. Es klang, wie wenn sie zur Exekution abgeholt würden. Genauso fühlte ich mich auch in diesem Moment. Dann waren auch wir dran. Das Frühstück entfiel, angeblich um den Körper nicht noch zusätzlich mit der Verdauung zu belasten. Ich hätte eh keinen Bissen runtergekriegt.
Hinter ihren 5 Berg-Guides die alle eine trübe Ölfunzel trugen, setzten sich nach und nach alle Gruppen in Bewegung. Jetzt ging es plötzlich meiner Gretel total beschissen.
In der Hans Meyer Höhle, benannt nach dem Erstbesteiger, gab es eine etwas längere Rast. Meine Gretel schien im Sterben zu liegen. Unser Berg-Guide riet ihr, zusammen mit ihm wieder abzusteigen. Er bat einen anderen Guide, so dass ich mich seiner Gruppe hätte anschließen können. Ich lehnte ab, da ich befürchtete, auch zu versagen und damit die ganze Gruppe von 5 jungen Leuten zum Umkehren zu zwingen. Ohne Guide darf sich hier keiner bewegen, auch nicht abwärts. Wie sich nachher herausstellte hat es gerade diese Gruppe nicht geschafft und somit hätte auch ich mit denen vorzeitig umkehren müssen.
Meiner Gretel ging es plötzlich wieder besser, nachdem sie sich mehrmals erbrochen hatte. So schleppten wir uns weiter. Langsam ging es nun mir immer schlechter. Ich gab das aber nicht zu, sonst hätte uns unser Berg-Guide zum Abstieg gezwungen.
Eigentlich wollten wir zum Sonnenaufgang den Gilmoinst Point auf dem Kraterrand erreichen. Wenn der Kraterrand erreicht ist, wird ein Vulkan als bestiegen gewertet. An die noch etwas höhere Uhuru Spitze war nicht einmal mehr zu denken.
Gut eine Stunde nach dem Sonnenaufgang erreichten wir diesen Gilmoinst Point. Unser Berg-Guide gratulierte uns, riet dann aber zum sofortigen Abstieg. Ich blickte noch kurz in den Krater, der eine bizarre Eislandschaft birgt. Im Gipfelbuch verzerrte sich mein Name zu unleserlichen Hieroglyphen. Meine Pudelmütze hing schief und verdeckte ein Auge. Ich war nicht mehr in der Lage, den Arm zu heben und sie richtig aufzusetzen. Dabei sah ich Sterne und Blitze, die durch mein Gesichtsfeld schossen. Scheinbar lallte ich nur noch Unverständliches. Vermutlich wäre ich nach kurzer Zeit auch gestorben, wie schon so viele vor mir!
Dann begann der Abstieg. Oft konnte ich in der Hocke zig Meter rutschend auf dem nun aufgetauten Lava-Geröll hinter mich bringen. Mit jedem Meter ging es mir wieder besser. An den Hütten unserer letzten Übernachtung warteten die Träger und der Koch auf uns. Für die Träger war hier planmäßig Schluss. Der Koch servierte uns noch ein Frühstück. Hat dann auch noch das Dinner in der nächsten Hütte vorgekocht. Alle gratulierten uns und erwarteten ihren Tip. Ich gab jedem, was uns unser Tour-Guide vorgeschlagen hatte. Es war nicht wenig, aber ich war gerade so euphorisch, dass ich es gerne gab.
Dann ging es mit unserem Berg-Guide weiter zum zweiten Übernachtungslager unseres Aufstiegs. Hier wurde auch beim Abstieg noch einmal übernachtet. Das Dinner stand, wie schon erwähnt, auch bereit. Von den 5 Gruppen, die in der letzten Nacht, wie wir, zum Gipfel wollten, mussten 2 Gruppen vorzeitig abbrechen. Alle waren total enttäuscht. Viel Geld bezahlt ohne Erfolgserlebnis.
An der, in allen möglichen Sprachen total vollgekritzelten Holzwand schrieb ich nun: “Zwar semmor faschd vorreckt, doch nuffkomma semmor!“
Seit langer Zeit wurde auch mal wieder gefickt!
Am nächsten Tag ging es, nach einem Frühstück von je 2 kalten harten Eiern, flott bergab. Der erste Übernachtungspunkt beim Aufstieg wurde dabei auch wieder ausgelassen. Am frühen Abend erreichten wir die Rezeption vom Nationalpark. Hier gab es dann eine alberne Urkunde und im Besucher-Buch konnten wir uns als erfolgreiche Besteiger eintragen. Dabei war ja der komplette Trip mehr oder weniger eine Bergwanderung.
Unser Berg-Guide verabschiedete sich, nachdem er einen fürstlichen Tip erwartet und auch erhalten hatte.
Dann kam auch schon unser Tour-Guide und brachte uns zum YMCA.
Schon am nächsten Tag sollte es bei Sonnenaufgang auf Safari gehen.
Bei späteren Reisen war ich noch öfters über längere Zeit problemlos auf über 4000 m und habe auch noch mehrmals die 5000 m geknackt. Tibet mit Lhasa auf fast 4000 m, von wo es verschiedene Ausflüge auf über 5000 m mit dem Bus gab. Ein Pass zwischen Tibet und Nepal, wo auf über 5000 m sogar übernachtet wurde. Der Aldo von Bolivien mit dem Titicacasee. Der Chakaltaya in Bolivien mit 5395 m konnte bis auf über 5100 m mit dem Auto erreicht werden und nur die letzten Meter mussten zu Fuß bewältigt werden. Ein Pass in Peru zu der Colca Schlucht, wo auf der Passhöhe meine neue Backenzahn-Krone zu bröseln begann und die weiße Verblendung vollkommen vom Goldkern abfiel. Doch nirgendwo habe ich aber noch einmal so gelitten, wie am Kilimandscharo.
Fortsetzung folgt
hier nun, wie bei “Safaris in Tansania“ #95 angekündigt, der Thread “Tansania vor 40 Jahren“. Teil 1
Bin damals mit meiner “Deutschen Gretel“ als Backpacker nach Nairobi geflogen. Nach 3 Tagen ging es von dort in einem uralten Rumpel-Bus über die Grenze weiter nach Arusha. Es könnte aber auch Moshi gewesen sein. Ich kriege es nicht mehr zusammen.
Am dortigen Busterminal drängte sich ein etwa 40-jähriger Tour-Guide bei uns mit dem Versprechen auf, alles für uns zu organisieren. Sein Angebot, uns in ein passendes Quartier zu bringen, habe ich leider ausgeschlagen. So brachte er uns mit einem uralten VW-Bus ins YMCA, das in einem damaligen Backpacker-Reiseführer als das beste Billig-Quartier vorgeschlagen wurde. Nun – das war es nicht (mehr), denn es hatte seine Blütezeit längst überschritten und war in einem völlig desolaten Zustand.
Was noch erwähnt werden muss, Tansania war damals auf dem Weg zum Sozialismus und es gab Auflagen, wie in den Europäischen Ländern des “Ostblocks“. U.A. gab es einen lästigen Devisen-Nachweis, der einem beim Grenzübertritt ausgehändigt wurde. Die mitgeführten Devisen waren an der Grenze einzutragen. Jeder Umtausch in die Landeswährung musste (sollte) von der Bank oder einem dafür berechtigten Hotel bestätigt werden und bei der Ausreise würde das dann strengstens kontrolliert. So konnte praktisch nur offiziell zu einem lausigen, völlig unrealistischen Wechselkurs getauscht werden.
Aber man war ja in Afrika !!!
Im Reiseführer wurde vorgeschlagen, einen Teil der Devisen am Körper zu verstecken, da es garantiert keine Leibesvisitation gäbe. Man könne sich dann damit auf dem Schwarzmarkt weit günstiger mit der Landeswährung eindecken. Aber halt nur teilweise, da ja auch Tauschbeträge auf dem Devisen-Nachweis erscheinen müssten. So tauschte ich an der Grenze 100 DM zum offiziellen Kurs und ließ mir diese in den Devisen-Nachweis eintragen.
Es sollte das einzige legal umgetauschte Geld sein!
Unser Tour-Guide machte uns nämlich das Angebot, sämtlich benötigtes Geld für uns einzutauschen und dies auch in den Devisen-Nachweis eintragen zu lassen. Um seine Zuverlässigkeit zu testen, gab ich ihm 100 DM und wollte dann am nächsten Tag seine Safari-Angebote mit ihm durchsprechen.
Tatsächlich erschien er dann auch am nächsten Tag wie vereinbart im YMCA und brachte uns das schwarz getauschte Geld mit. Aber ich brauchte halt nicht nur 100 DM. So fuhr er uns dann zu einem Hotel, wo ich an der Rezeption bei seinem “Freund“ einen Großteil des benötigten Geldes zu einem Traumkurs eintauschte, was dieser mir dann auch tatsächlich mit Stempel in den Devisen-Nachweis eingetragen hat.
Jetzt war ich auch bereit, weitere Dienstleistungen bei ihm zu buchen. Das ging natürlich nur mit einem kleinen Vorschuss und ohne Vertrag per Handschlag.
Als erstes wollten wir den Kilimandscharo “besteigen“, was vorab in einem D-Reisebüro gebucht, für mich damals praktisch unerschwinglich gewesen wäre.
Ich weiß nun nicht, wie das heute abläuft, aber damals brauchte man einen speziellen Berg-Guide nebst 2 Trägern und einen Koch für dieses Vorhaben. Diese mussten von uns, nebst der Bezahlung, auch mit Lebensmittel versorgt werden. Gerade diese waren zu dieser Zeit relativ knapp und nur sehr schwierig zu organisieren. Dank unserem Tour-Guide war es dann jedoch sehr einfach, da er uns zu einem “Indischen Freund“ brachte, der ein “schwarzes Lebensmittel-Depot“ betrieb und uns alles relativ günstig verkaufte.
Die erforderliche Mannschaft, alles seine “Freunde“, wurde ebenfalls von ihm für uns gebucht und der Eintritt in den Kilimandscharo-Nationalpark, der damals in Devisen zu bezahlen war, ging bei seinem “Freund“ an der Kasse mit schwarz eingetauschten Schilling, wie die Landeswährung damals hieß.
Jedenfalls war unser Trip der günstigste, wie wir bei der “Besteigung“ von anderen Touristen erfuhren, denen dafür teils echt das Fell über die Ohren gezogen wurde.
Wir wurden dann noch an einen Haufen mit Klamotten geführt, wo wir uns passend einkleiden konnten. Dicke Jacke, eine Überzieh-Hose, Handschuhe, Pudelmütze und Stiefel. Ob dafür Miete erhoben wurde, weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls war alles so dreckig, versifft und stank, wie wenn es bereits verwesten Leichen ausgezogen worden wäre, dass wir uns ständig davor ekelten. Aber es gab keine andere Wahl.
Der Aufstieg zusammen mit dem Berg-Guide, der immer bei uns war, ging dann zuerst einmal gemütlich zum ersten Übernachtungslager, wo uns der Koch schon mit einem leckeren Dinner empfing. Die Träger, die das Gepäck, die Lebensmittel und das Feuerholz schleppten, waren schon durch den Schnaps beschwingt, der auch vorab von uns zu besorgen war. In einer Hütte verbrachten wir dann die erste Nacht, während unsere Mannschaft zusammen mit anderen Mannschaften abseits fröhlich feierte und wohl im Freien übernachtete. Hier war es ja noch relativ warm.
Wir wurden dann bei Tagesanbruch von unserem Berg-Guide geweckt, der uns zu einem Speiseraum brachte, wo das üppige Frühstück schon für uns bereitstand. Koch und Träger waren bereits aufgebrochen.
Die zweite Etappe erreichten wir dann nachmittags, wo das Essen ebenfalls schon wieder für uns bereitstand. Ich hatte aber gar keinen Appetit. Wir waren nun schon fast auf 4000 m und mir war ständig etwas kötzelig. Auch hatte ich Kopfweh und ein ständiges Hämmern in meinem Schädel. Im Abendessen stocherte ich dann nur noch herum, während es meiner Gretel noch recht gut schmeckte.
Den nächsten Tag blieben wir weiterhin in diesem Lager. Dabei stiegen wir mit unserem Guide auf über 4000 m, machten dort einige Übungen wie Kniebeugen und Liegestützen und stiegen dann wieder ab. Dieser zusätzliche Tag wurde im Reiseführer empfohlen. Tatsächlich ging es mir abends wieder wesentlich besser und ich verbrachte eine relativ erholsame Nacht.
Morgens wurden wir dann wieder bei Tagesanbruch vom Guide geweckt. Nach dem Frühstück ging es dann los. Träger und Koch waren schon wieder gestartet. Ich erinnere mich noch schwach an den “Last Water Point“ der schon auf weit über 4000 m lag. Dort füllten wir unsere Getränkeflaschen noch einmal auf. Da ging es uns beiden noch relativ gut, doch wir wurden immer langsamer.
Am frühen Abend erreichten wir den letzten Abschnitt. Das vorbereitete Dinner, nur eine Suppe, konnten wir beide nicht mehr essen, weil es uns nur noch übel und elend war. Das Zimmer war im Gegensatz zu den vorherigen Hütten total heruntergekommen. Das “Bett“ war rabenschwarz vom Dreck. Da es zudem noch affenkalt war, legten wir uns voll angezogen mit den dreckigen Bergstiefeln hinein. An Schlafen war gar nicht zu denken, da wir entsetzlich froren!
Noch in tiefer Nacht wurden die 5 anderen Gruppen von ihren Guides geweckt. Es klang, wie wenn sie zur Exekution abgeholt würden. Genauso fühlte ich mich auch in diesem Moment. Dann waren auch wir dran. Das Frühstück entfiel, angeblich um den Körper nicht noch zusätzlich mit der Verdauung zu belasten. Ich hätte eh keinen Bissen runtergekriegt.
Hinter ihren 5 Berg-Guides die alle eine trübe Ölfunzel trugen, setzten sich nach und nach alle Gruppen in Bewegung. Jetzt ging es plötzlich meiner Gretel total beschissen.
In der Hans Meyer Höhle, benannt nach dem Erstbesteiger, gab es eine etwas längere Rast. Meine Gretel schien im Sterben zu liegen. Unser Berg-Guide riet ihr, zusammen mit ihm wieder abzusteigen. Er bat einen anderen Guide, so dass ich mich seiner Gruppe hätte anschließen können. Ich lehnte ab, da ich befürchtete, auch zu versagen und damit die ganze Gruppe von 5 jungen Leuten zum Umkehren zu zwingen. Ohne Guide darf sich hier keiner bewegen, auch nicht abwärts. Wie sich nachher herausstellte hat es gerade diese Gruppe nicht geschafft und somit hätte auch ich mit denen vorzeitig umkehren müssen.
Meiner Gretel ging es plötzlich wieder besser, nachdem sie sich mehrmals erbrochen hatte. So schleppten wir uns weiter. Langsam ging es nun mir immer schlechter. Ich gab das aber nicht zu, sonst hätte uns unser Berg-Guide zum Abstieg gezwungen.
Eigentlich wollten wir zum Sonnenaufgang den Gilmoinst Point auf dem Kraterrand erreichen. Wenn der Kraterrand erreicht ist, wird ein Vulkan als bestiegen gewertet. An die noch etwas höhere Uhuru Spitze war nicht einmal mehr zu denken.
Gut eine Stunde nach dem Sonnenaufgang erreichten wir diesen Gilmoinst Point. Unser Berg-Guide gratulierte uns, riet dann aber zum sofortigen Abstieg. Ich blickte noch kurz in den Krater, der eine bizarre Eislandschaft birgt. Im Gipfelbuch verzerrte sich mein Name zu unleserlichen Hieroglyphen. Meine Pudelmütze hing schief und verdeckte ein Auge. Ich war nicht mehr in der Lage, den Arm zu heben und sie richtig aufzusetzen. Dabei sah ich Sterne und Blitze, die durch mein Gesichtsfeld schossen. Scheinbar lallte ich nur noch Unverständliches. Vermutlich wäre ich nach kurzer Zeit auch gestorben, wie schon so viele vor mir!
Dann begann der Abstieg. Oft konnte ich in der Hocke zig Meter rutschend auf dem nun aufgetauten Lava-Geröll hinter mich bringen. Mit jedem Meter ging es mir wieder besser. An den Hütten unserer letzten Übernachtung warteten die Träger und der Koch auf uns. Für die Träger war hier planmäßig Schluss. Der Koch servierte uns noch ein Frühstück. Hat dann auch noch das Dinner in der nächsten Hütte vorgekocht. Alle gratulierten uns und erwarteten ihren Tip. Ich gab jedem, was uns unser Tour-Guide vorgeschlagen hatte. Es war nicht wenig, aber ich war gerade so euphorisch, dass ich es gerne gab.
Dann ging es mit unserem Berg-Guide weiter zum zweiten Übernachtungslager unseres Aufstiegs. Hier wurde auch beim Abstieg noch einmal übernachtet. Das Dinner stand, wie schon erwähnt, auch bereit. Von den 5 Gruppen, die in der letzten Nacht, wie wir, zum Gipfel wollten, mussten 2 Gruppen vorzeitig abbrechen. Alle waren total enttäuscht. Viel Geld bezahlt ohne Erfolgserlebnis.
An der, in allen möglichen Sprachen total vollgekritzelten Holzwand schrieb ich nun: “Zwar semmor faschd vorreckt, doch nuffkomma semmor!“
Seit langer Zeit wurde auch mal wieder gefickt!
Am nächsten Tag ging es, nach einem Frühstück von je 2 kalten harten Eiern, flott bergab. Der erste Übernachtungspunkt beim Aufstieg wurde dabei auch wieder ausgelassen. Am frühen Abend erreichten wir die Rezeption vom Nationalpark. Hier gab es dann eine alberne Urkunde und im Besucher-Buch konnten wir uns als erfolgreiche Besteiger eintragen. Dabei war ja der komplette Trip mehr oder weniger eine Bergwanderung.
Unser Berg-Guide verabschiedete sich, nachdem er einen fürstlichen Tip erwartet und auch erhalten hatte.
Dann kam auch schon unser Tour-Guide und brachte uns zum YMCA.
Schon am nächsten Tag sollte es bei Sonnenaufgang auf Safari gehen.
Bei späteren Reisen war ich noch öfters über längere Zeit problemlos auf über 4000 m und habe auch noch mehrmals die 5000 m geknackt. Tibet mit Lhasa auf fast 4000 m, von wo es verschiedene Ausflüge auf über 5000 m mit dem Bus gab. Ein Pass zwischen Tibet und Nepal, wo auf über 5000 m sogar übernachtet wurde. Der Aldo von Bolivien mit dem Titicacasee. Der Chakaltaya in Bolivien mit 5395 m konnte bis auf über 5100 m mit dem Auto erreicht werden und nur die letzten Meter mussten zu Fuß bewältigt werden. Ein Pass in Peru zu der Colca Schlucht, wo auf der Passhöhe meine neue Backenzahn-Krone zu bröseln begann und die weiße Verblendung vollkommen vom Goldkern abfiel. Doch nirgendwo habe ich aber noch einmal so gelitten, wie am Kilimandscharo.
Fortsetzung folgt