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Nun ist es leider soweit: diese Website ist nicht mehr. Das war vorauszusehen.
Ich habe vorsorglich den meiner Meinung nach besten Inhalt abgespeichert (das "Tagebuch") und möchte ihn nun hier verewigen.
Nachdem es sich um eine sehr lange Geschichte handelt, wird dies in mehreren postings geschehen.
Und nicht vergessen: dies ist viele Jahre her...
SOI SANUG
Kapitel 1
"soi heisst Gasse und sanug naeherungsweise Spass in der thailaendischen Variante. Es handelt sich hier um die soi 13, Sukhumvit, in Bangkok, Thailand, und um das Grab meiner spaeten Jugend.
Man kann sich ja selbst eine entsprechende Uebersetzung fuer sanug heraussuchen.
Indem man das »Tagebuch« in diesem Buch liest oder einmal in die anderen Buecher der Reihe »Bangkok fuer Singles« schaut, wird man schon wissen, worum es geht, allgemein gesprochen um Lebensfreude.
Grundsaetzlich ist zu sagen, dass diese Gasse eher kein Platz ist, an dem man Touristen findet. Hier treffen sich meist die Residents, staendig in Thailand lebende Auslaender, und mit ihnen befreundete ThailaenderInnen.
Durch die Sperrstundenverordnung gehen in Bangkok spaetestens nach 02.00 Uhr nachts die Lichter aus.
Meine Lieblingswirtin hat es mit ihrer zierlichen Gestalt immer noch geschafft, die soi sanug fuer die Nachtschwaermer in Betrieb zu halten. Deswegen ist die beste Zeit hierher zu kommen nach Mitternacht, wenn man noch einen guten Platz erwischen will, und auf alle Faelle nach 02.00 Uhr, wenn sich dann jedermann eingefunden hat.
Der Vollstaendigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass vor 22.00 Uhr hier nur Strassenhaendler und Motorrad-Taxen anzutreffen sind.
Eine Anzugsordnung gibt es zwar nicht unbedingt, aber mit Abendkleid und Smoking waere man hier overdressed, denn solange man nicht Stammkunde ist, hockt man auf Plastikschemeln. Wirst du nach einer Weile als guter Gast betrachtet, dann schleppt man dir einen Stuhl mit gepolsterter Sitzflaeche heran.
Man sollte sofort bezahlen, was ich hiermit ausdruecklich empfehle. Mir ist es schon passiert, dass sich Auslaender zu mir gesetzt haben, so taten, als waeren wir alte Freunde und dann einfach ohne zu bezahlen verschwanden, denn ich bin hier einer der wenigen, der erst zum Schluss die Rechnung verlangt. Wuerde ich das nicht machen, es kaeme keine vernuenftige Unterhaltung zustande. So schnell wie die Thailaenderin meiner Wahl nachbestellt …
Es ist ein melting-pot mit einem babylonischen Sprachgewirr, aber keine Sorge, deine Sprache wird schon auch dabei sein, so sie denn gewuenscht wird.
Und es ist eine Informationsboerse, vor allem fuer die Maedels. Wir nennen das »Isaan-Stasi«, da viele der Damen aus dem Isaan, dem Niederbayern Thailands, stammen. Es sind die huebschen, die kaffeebraunen und manchmal die verrueckten.
Triffst du eine ganz Verrueckte, Gold-Behangene, dann gruesse sie von mir, es koennte die Meine sein.
So lies denn auch meine anderen Buecher aufmerksam, denn machst du einen Fehler, dann weiss es innerhalb kuerzester Zeit die ganze Meile, die Meine und ich dann uebrigens auch.
Und meine Lieblingswirtin managt diesen Platz hier, obwohl sie selbst nur Thailaendisch und Chinesisch spricht.
Sie hat meinen vollen Respekt, und wir wollen heiraten.
Aber das ist eine andere Geschichte … Doch nun zu dieser hier:
Zum 16. Geburtstag habe ich meiner Tochter ein »tolles« Geschenk gemacht – meinte ich jedenfalls: shopping in New York City. Dort gab es damals zwei stores, die sich Alice Underground nannten und second-hand- Klamotten so um die 5 US$ herum anboten. Allerdings waren wir aber auf die Ferien in Bayern angewiesen, und offensichtlich hatten andere Vaeter denselben Gedanken gehabt, nur eben frueher als ich. Alle Fluege waren ausgebucht.
Hongkong schlug ich vor, die Nathan Road.
»Papa, Asiaten schlachten Wale«.
Ja dann. Wie waere es mit Bangkok, Thailand. In der Sukhumvit kann man vortrefflich shopping gehen, wenn der Papa mit seiner Kreditkarte dabei ist. Und ausserdem: In den thailaendischen Gewaessern gibt es keine Wale, argumentierte ich mal drauf los. Stimmt doch, oder?
Mit Hilfe eines Reisebueros buchten wir Flug und Hotel.
Bereits am ersten Abend bekam ich eine Vorahnung, was es heisst, der Entertainer einer 16-jaehrige Goere zu sein, wenn die Mutter nicht dabei ist, an die man elterliche Aufgaben sinnvoll delegieren kann.
Mutter wollte eben nicht mitkommen, weil sie vorurteilsfrei festgestellt hatte: »Thailaender popeln«. Und was ist mit den Autofahrern an der Ampel bei uns?
Merke: Komm weiblichen Wesen nicht mit Fakten.
In Bangkok also schlug ich am ersten Abend meiner sichtlich gelangweilten Tochter vor, ins »Country Road II«, soi 19, Sukhumvit, zu gehen, das ich kannte, weil ich mit meiner Frau anlaesslich eines Urlaubs schon einmal da gewesen bin.
Da es keine Alternative gab, gingen wir dorthin. Toechterchen fand die country music dort aetzend, den black soda aber geil. die Band
Nach den ersten zwei Drinks erhob sie sich ermutigt, stakste mit dem kuerzesten Minirock und den laengsten Stiefeln Muenchens, und jetzt Thailands, zum Gitarristen der Band herueber, palaverte mit ihm und stakste zurueck. Vater wurde nervoes und dachte nur: »Hoffentlich schaut keiner hin«.
Die Band wechselte ihren Stil, und aus Jonny Cash wurde Jimmy Hendrix. »All Along the Watch Tower« erklang, und nicht nur Vater, der selber eine Band hat, war fassungslos. Was da abging war mega-geil. Vater war hingerissen von der performance und das Toechterchen vom Gitarristen.
Um 02.00 Uhr wurde das Lokal geschlossen.
Vater wie Tochter hatten so einige black-labels. Vater wollte ins Hotel, Tochter etwas anderes, denn ploetzlich war sie auf dem Rueckweg verschwunden: 16-jaehrig, in Bangkok, Thailand, um halb drei Uhr morgens!
Was tun? Panik? Erst einmal ein Bier trinken und nachdenken?
Inzwischen befand ich mich auf Hoehe der Ecke soi 13, Sukhumvit, wo man ein paar Tische aufgestellt hatte, an denen man die Sperrstunde Sperrstunde sein lassen konnte. Das schien mir als location strategisch guenstig zu sein, denn hier um die Ecke lag das Hotel, und Toechterchen, so ich sie denn je wiedersehen wuerde, musste hier vorbei. Ich bestellte mir das Bier.
Gerade als ich anfing, mal in Panik zu machen, was ich eigentlich nicht konnte, da ich es nie gelernt hatte, kam ein Taxi an. Der Taxifahrer mit einem riesigen goldenen Buddha um den Hals, ein schmaechtiger Thailaender, es war der Gitarrist der Band, mit arsch-langen, roetlich gefaerbten Haaren und ein verlegen laechelndes Toechterchen stiegen aus.
Wenn Vater etwas in seinem kurzen Leben gelernt hatte, dann war es, dass man Ruhe bewahren soll, vor allem in diesem Fall mal als Alleinerziehender.
Also, ich, Joe Cool hanging around street-corners, lud die Gesellschaft zu einem Bier ein. Die Buben wollten nicht, der eine musste fahren, der andere machte auf Antialkoholiker, nachts in Thailand, und Toechterchen wollte eine Standpauke vermeiden und ins Bett.
Also bedankte ich mich bei den einen und die andere begleitete ich ins Hotel aufs Hotelzimmer. Um sicher zu sein, wo sie sich aufhaelt, um den Zimmerschluessel zu behalten und um den Schreckensstress abzubauen ging ich zurueck zur Ecke soi 13, Sukhumvit. An »meinem« Tisch sassen bereits andere Leute, zu denen ich mich setzte. Auslaender und Inlaenderinnen hatten nichts dagegen. Man unterhielt sich und fand sich sympathisch.
Ueber die Jahre habe ich hier viel erlebt, vor allem was in den Bereich Lebensfreude gehoert, die die ThailaenderInnen »sanug« nennen.
Irgendwann, nach dem aufgelaufen 100. bia Singh, Singha Bier, wahrscheinlich, begann ich von der soi sanug zu sprechen.
Und da sitze ich heute noch.
Schau halt auch mal vorbei!"
Ich habe vorsorglich den meiner Meinung nach besten Inhalt abgespeichert (das "Tagebuch") und möchte ihn nun hier verewigen.
Nachdem es sich um eine sehr lange Geschichte handelt, wird dies in mehreren postings geschehen.
Und nicht vergessen: dies ist viele Jahre her...
SOI SANUG
Kapitel 1
"soi heisst Gasse und sanug naeherungsweise Spass in der thailaendischen Variante. Es handelt sich hier um die soi 13, Sukhumvit, in Bangkok, Thailand, und um das Grab meiner spaeten Jugend.
Man kann sich ja selbst eine entsprechende Uebersetzung fuer sanug heraussuchen.
Indem man das »Tagebuch« in diesem Buch liest oder einmal in die anderen Buecher der Reihe »Bangkok fuer Singles« schaut, wird man schon wissen, worum es geht, allgemein gesprochen um Lebensfreude.
Grundsaetzlich ist zu sagen, dass diese Gasse eher kein Platz ist, an dem man Touristen findet. Hier treffen sich meist die Residents, staendig in Thailand lebende Auslaender, und mit ihnen befreundete ThailaenderInnen.
Durch die Sperrstundenverordnung gehen in Bangkok spaetestens nach 02.00 Uhr nachts die Lichter aus.
Meine Lieblingswirtin hat es mit ihrer zierlichen Gestalt immer noch geschafft, die soi sanug fuer die Nachtschwaermer in Betrieb zu halten. Deswegen ist die beste Zeit hierher zu kommen nach Mitternacht, wenn man noch einen guten Platz erwischen will, und auf alle Faelle nach 02.00 Uhr, wenn sich dann jedermann eingefunden hat.
Der Vollstaendigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass vor 22.00 Uhr hier nur Strassenhaendler und Motorrad-Taxen anzutreffen sind.
Eine Anzugsordnung gibt es zwar nicht unbedingt, aber mit Abendkleid und Smoking waere man hier overdressed, denn solange man nicht Stammkunde ist, hockt man auf Plastikschemeln. Wirst du nach einer Weile als guter Gast betrachtet, dann schleppt man dir einen Stuhl mit gepolsterter Sitzflaeche heran.
Man sollte sofort bezahlen, was ich hiermit ausdruecklich empfehle. Mir ist es schon passiert, dass sich Auslaender zu mir gesetzt haben, so taten, als waeren wir alte Freunde und dann einfach ohne zu bezahlen verschwanden, denn ich bin hier einer der wenigen, der erst zum Schluss die Rechnung verlangt. Wuerde ich das nicht machen, es kaeme keine vernuenftige Unterhaltung zustande. So schnell wie die Thailaenderin meiner Wahl nachbestellt …
Es ist ein melting-pot mit einem babylonischen Sprachgewirr, aber keine Sorge, deine Sprache wird schon auch dabei sein, so sie denn gewuenscht wird.
Und es ist eine Informationsboerse, vor allem fuer die Maedels. Wir nennen das »Isaan-Stasi«, da viele der Damen aus dem Isaan, dem Niederbayern Thailands, stammen. Es sind die huebschen, die kaffeebraunen und manchmal die verrueckten.
Triffst du eine ganz Verrueckte, Gold-Behangene, dann gruesse sie von mir, es koennte die Meine sein.
So lies denn auch meine anderen Buecher aufmerksam, denn machst du einen Fehler, dann weiss es innerhalb kuerzester Zeit die ganze Meile, die Meine und ich dann uebrigens auch.
Und meine Lieblingswirtin managt diesen Platz hier, obwohl sie selbst nur Thailaendisch und Chinesisch spricht.
Sie hat meinen vollen Respekt, und wir wollen heiraten.
Aber das ist eine andere Geschichte … Doch nun zu dieser hier:
Zum 16. Geburtstag habe ich meiner Tochter ein »tolles« Geschenk gemacht – meinte ich jedenfalls: shopping in New York City. Dort gab es damals zwei stores, die sich Alice Underground nannten und second-hand- Klamotten so um die 5 US$ herum anboten. Allerdings waren wir aber auf die Ferien in Bayern angewiesen, und offensichtlich hatten andere Vaeter denselben Gedanken gehabt, nur eben frueher als ich. Alle Fluege waren ausgebucht.
Hongkong schlug ich vor, die Nathan Road.
»Papa, Asiaten schlachten Wale«.
Ja dann. Wie waere es mit Bangkok, Thailand. In der Sukhumvit kann man vortrefflich shopping gehen, wenn der Papa mit seiner Kreditkarte dabei ist. Und ausserdem: In den thailaendischen Gewaessern gibt es keine Wale, argumentierte ich mal drauf los. Stimmt doch, oder?
Mit Hilfe eines Reisebueros buchten wir Flug und Hotel.
Bereits am ersten Abend bekam ich eine Vorahnung, was es heisst, der Entertainer einer 16-jaehrige Goere zu sein, wenn die Mutter nicht dabei ist, an die man elterliche Aufgaben sinnvoll delegieren kann.
Mutter wollte eben nicht mitkommen, weil sie vorurteilsfrei festgestellt hatte: »Thailaender popeln«. Und was ist mit den Autofahrern an der Ampel bei uns?
Merke: Komm weiblichen Wesen nicht mit Fakten.
In Bangkok also schlug ich am ersten Abend meiner sichtlich gelangweilten Tochter vor, ins »Country Road II«, soi 19, Sukhumvit, zu gehen, das ich kannte, weil ich mit meiner Frau anlaesslich eines Urlaubs schon einmal da gewesen bin.
Da es keine Alternative gab, gingen wir dorthin. Toechterchen fand die country music dort aetzend, den black soda aber geil. die Band
Nach den ersten zwei Drinks erhob sie sich ermutigt, stakste mit dem kuerzesten Minirock und den laengsten Stiefeln Muenchens, und jetzt Thailands, zum Gitarristen der Band herueber, palaverte mit ihm und stakste zurueck. Vater wurde nervoes und dachte nur: »Hoffentlich schaut keiner hin«.
Die Band wechselte ihren Stil, und aus Jonny Cash wurde Jimmy Hendrix. »All Along the Watch Tower« erklang, und nicht nur Vater, der selber eine Band hat, war fassungslos. Was da abging war mega-geil. Vater war hingerissen von der performance und das Toechterchen vom Gitarristen.
Um 02.00 Uhr wurde das Lokal geschlossen.
Vater wie Tochter hatten so einige black-labels. Vater wollte ins Hotel, Tochter etwas anderes, denn ploetzlich war sie auf dem Rueckweg verschwunden: 16-jaehrig, in Bangkok, Thailand, um halb drei Uhr morgens!
Was tun? Panik? Erst einmal ein Bier trinken und nachdenken?
Inzwischen befand ich mich auf Hoehe der Ecke soi 13, Sukhumvit, wo man ein paar Tische aufgestellt hatte, an denen man die Sperrstunde Sperrstunde sein lassen konnte. Das schien mir als location strategisch guenstig zu sein, denn hier um die Ecke lag das Hotel, und Toechterchen, so ich sie denn je wiedersehen wuerde, musste hier vorbei. Ich bestellte mir das Bier.
Gerade als ich anfing, mal in Panik zu machen, was ich eigentlich nicht konnte, da ich es nie gelernt hatte, kam ein Taxi an. Der Taxifahrer mit einem riesigen goldenen Buddha um den Hals, ein schmaechtiger Thailaender, es war der Gitarrist der Band, mit arsch-langen, roetlich gefaerbten Haaren und ein verlegen laechelndes Toechterchen stiegen aus.
Wenn Vater etwas in seinem kurzen Leben gelernt hatte, dann war es, dass man Ruhe bewahren soll, vor allem in diesem Fall mal als Alleinerziehender.
Also, ich, Joe Cool hanging around street-corners, lud die Gesellschaft zu einem Bier ein. Die Buben wollten nicht, der eine musste fahren, der andere machte auf Antialkoholiker, nachts in Thailand, und Toechterchen wollte eine Standpauke vermeiden und ins Bett.
Also bedankte ich mich bei den einen und die andere begleitete ich ins Hotel aufs Hotelzimmer. Um sicher zu sein, wo sie sich aufhaelt, um den Zimmerschluessel zu behalten und um den Schreckensstress abzubauen ging ich zurueck zur Ecke soi 13, Sukhumvit. An »meinem« Tisch sassen bereits andere Leute, zu denen ich mich setzte. Auslaender und Inlaenderinnen hatten nichts dagegen. Man unterhielt sich und fand sich sympathisch.
Ueber die Jahre habe ich hier viel erlebt, vor allem was in den Bereich Lebensfreude gehoert, die die ThailaenderInnen »sanug« nennen.
Irgendwann, nach dem aufgelaufen 100. bia Singh, Singha Bier, wahrscheinlich, begann ich von der soi sanug zu sprechen.
Und da sitze ich heute noch.
Schau halt auch mal vorbei!"