Thailand Ein Alien auf den Philippines

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        #51  

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Suuuuuuper geschrieben! Weiter so (... und zwar bitte bald ;-) )

Gruß & schöne Faschingstage
Bluescreen
 
        #52  

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@wolfskatze: Die Begegnung mit den Eltern findet ja erst morgen Mittag statt. Bis dahin kann noch viel passieren :mrgreen:

@bluescreen: Ich wollte eigentlich noch heute den nächsten Abschnitt posten. Aber mein Laptop der Marke Uralt hat mir heute Nachmittag den letzten Nerv geraubt. Deshalb gibts die Fortsetzung erst morgen. Mein Arbeitsplatzrechner ist da deutlich besser in Schuss.
 
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        #53  

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Besonders schön, selbst besuchte Orte von Dir beschrieben zu lesen.

:tu:
 
        #54  

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Dienstag, 13. November 2012 - Teil 3

Weil Augenblicke nicht unendlich währen, erinnern wir uns an den Pool, der darauf wartet, von uns entjungfert zu werden. Deshalb traben wir nun zufrieden und gemächlich zurück zu unserer Hütte, begrüßen noch freundlich das unmittelbar neben uns logierende Paar aus Frankreich, dass sich mit zwei kleinen Kindern auf die Reise hierher gewagt hat. Dass July nicht im geringsten die Absicht hat, unserer minderjährigen Nachbarschaft durch gedämpfte Geräuschentwicklung bei weniger jugendfreiem Zeitvertreib Rechnung zu tragen, verdeutlicht sie durch entsprechende Laute, die sie unmittelbar nach dem wir die Tür hinter uns geschlossen haben breit grinsend von sich gibt. Sie fordert mich auf, ihr dazu auch konkreten Anlass zu geben, was ich erneut verweigere, so dass wir nur kurze Zeit später in geänderter Kleiderordnung hinaus treten können, um das zu diesem Zeitpunkt, es ist kurz nach halb fünf Uhr nachmittags, menschenleere Planschbecken zu entern. July bietet mir vorher noch an, ein Bier an der nur wenige Schritte entfernten Hotelbar direkt an der Rezeption zu organisieren, was ich dankend ablehne, hatte ich doch gerade schon zwei. Sie holt trotzdem eins, für sich selber, wie sie meint, was mich ein wenig wundert, trinkt sie sonst doch nie den eigentlich so leckeren Gerstensaft. Wir fühlen uns unbeobachtet, als wir zu zweit das kühle Nass in Wallung bringen. July schwimmt wie ein Fisch, ich als ehemaliger Rettungsschwimmer stehe ihr, auch wenn diese kurze Karriere bereits seit 20 Jahren beendet ist, in nichts nach. Ab und zu nuckeln wir abwechselnd an dem am Beckenrand abgestellten Kaltgetränk und tollen ansonsten herum wie kleine Kinder. Unvermeidlich kommen wir uns dabei näher. Vielleicht hätte ich die gerade auf dem Zimmer angebotenen Aktivitäten nicht verschmähen sollen. So aber bleibt es nicht aus, dass intensiver Körperkontakt oberhalb und unterhalb der Wasseroberfläche mich ernsthaft die Reissfestigkeit philippinischer Badetextilien testen lässt. July merkt das und legt nach. Als ich schließlich das Gefühl habe, jetzt auf allen Vieren jeden noch so trockenen Acker umpflügen zu können, stellt sie mir mit großen, mich eindringlich fixierenden Kulleraugen, um meinen Hals hängend wie ein Kuscheläffchen, eine Frage, die mich trifft, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ob wir nicht ihre Eltern und die zwei Kinder für eine Nacht in das Oasis Resort einladen könnten?

Ich bin nur halbwegs froh, mich in diesem Moment nicht selbst beobachtet haben zu müssen. Die Kinnlade fällt herunter wie ein Brett vom schlecht montierten IKEA-Regal, die Gesichtszüge entgleisen wie ein Güterzug bei falsch gestellter Weiche, das eben noch stolze Unterwassertorpedorohr mutiert zur weichgekochten Hörnchennudel, in diesem Garzustand nicht mal mehr als Suppeneinlage brauchbar. Ich ringe nach Luft und finde mit offenem Mund keine angemessene Antwort auf Julys Ansinnen. Sie setzt sofort zum Nachschuss an. Dass ihre Eltern und natürlich auch ihre Kinder noch nie in solch einem Urlauberresort gewesen wären, und wie sehr sie sich doch darüber freuen würden, dieses Paradies hier auch nur einmal selbst erleben zu können. Und wie toll es für sie als Mutter doch wäre, mit ihren Kleinen, die sie schon seit Monaten nicht gesehen hat, gemeinsam hier im Pool zu planschen, so wie wir in diesem Augenblick. Angesichts Julys ungespielter Begeisterung für ihre eigene Idee bringe ich ein konsequentes, knappes und spontanes "No" ganz einfach nicht über die Lippen. Ich taumele wie ein angeschlagener Boxer durch den Ring und versuche Zeit zu gewinnen. Ob denn überhaupt ein Zimmer frei wäre und falls ja, was dieses denn kosten würde, will ich wissen. Selbstverständlich wäre eine Unterkunft für Morgen verfügbar, und zwar zum selben Preis wie die unsrige, darüber habe sie sich gerade eben erst informiert. Wie aus der Pistole geschossen erhalte ich diese Auskunft, und so zerbricht in Windeseile der einzige Strohalm, an den ich mich gerade klammern kann. Wenigstens weiss ich jetzt, warum July vorhin partout ein Bier an der Bar direkt neben der Rezeption ordern wollte.

Natürlich könne ich völlig frei entscheiden, schließlich sei ich der Boss und außerdem sei es ja mein Urlaub. Schon mal gehört den Satz? Jetzt heißt es, kühlen Kopf zu bewahren und abzuwägen. Verweigere ich mich Julys sehnlichst vorgetragenem Wunsch mit dem Hinweis, dass ich zwar sehr flexibel bei meiner Urlaubsgestaltung sei, aber nicht vor habe, eine philippinische Großfamilie in den Schlepptau zu nehmen, wird sie mich ihre Enttäuschung gnadenlos spüren lassen, die Atmosphäre unseres gemeinsamen Aufenthalts am Alona Beach wäre entsprechend getrübt. Und wie würde sie mich morgen beim Lunch ihren Eltern vorstellen, dem ich ja unwiderruflich bereits zugestimmt habe? "Seht her, das ist der Alien, der mich die letzten drei Nächte gebumst hat. 800 Euro hat er investiert, um nach Manila zu fliegen. Am Ende seines Urlaubs wird er wahrscheinlich umgerechnet deutlich mehr als 100.000 PHP auf den Kopf gehauen haben. Nur für die paar tausend Peso, mit denen er euch, die Kinder und mich einen Tag lang glücklich machen könnte, dafür ist er zu geizig. Sorry, nächstes mal werde ich genauer hinschauen, bevor ich irgendeinem bescheuerten Touristen aufs Hotelzimmer folge." Will ich mir diese Blöße wirklich geben? Und überhaupt, fordert July nicht eigentlich nur das ein, was ihr zusteht, wenn auch auf ungewöhnliche Weise? Gewiss, diese verschleierte Form der Entrichtung ihres Hurenlohns verlangt mir deutlich mehr ab, als nur einen gewissen Geldbetrag von meiner Tasche in eine andere zu transferieren. Aber habe ich daran nicht selber Schuld? Oder wollte ich es gar, vielleicht unbewußt, ganz genau so haben? Habe ich mich nicht außerordentlich geschmeichelt gefühlt, als mich July am ersten Abend ins Hotel begleitet hat, ohne dass wir vorher unromantische Verhandlungen über den dafür fälligen Tarif geführt haben? Könnte ich mir nicht klammheimlich einbilden, dass ich die 2000 PHP in Julys neuen Koffer nur deshalb investiert habe, damit wir die Reise nach Bohol überhaupt antreten können, und nicht etwa dafür, dass sie für mich die Beine breit macht? Und das bißchen Cash, das ich für die Versorgung ihres in Manila verbliebenen Sohnes draufgelegt habe? Ist doch nichts weiter als eine gute Tat. Sie kann ja schlecht zu ihrem Jüngsten sagen: "Sorry, die nächsten Tage gibt's nichts zu Fressen, Mutti macht mal Urlaub."

Die Verschleierung der Wahrheit, vor mir und vor anderen, sie zieht sich wie ein roter Faden durch meinen Urlaub. Von Anfang an. Warum habe ich mich für die Philippinen entschieden? Wäre ich nach Pattaya gereist, gäbe es kein Versteckspiel mehr. Dorthin geht niemand wegen Landschaft, Kultur oder Strand, zumindest kein alleinreisender Mann. Aber auf die Philippinen! Ein paar Fotos von tropischen Trauminseln auf dem Smartphone herumgereicht, schnell noch Boracay erwähnt, davon hat jeder schon mal gehört, schließlich ist der White Beach weltberühmt, und schon war ich aus dem Schneider. Nach Südostasien hauptsächlich deshalb, weil dort sexuelle Dienstleistungen erstaunlich preisgünstig angeboten werden? Ich doch nicht. Klar, sollte sich irgendeine Gelegenheit aufdrängen, sowie damals in Shanghai oder in Bangkok oder in Saigon, ich würde vermutlich nicht nein sagen, bin ja kein Kostverächter. Und auch nicht schwul oder impotent. Aber irgendwie, allen Hardcorestreifen im Kopfkino zum Trotz, will ich mich ja schon, in einer eigenartigen Mischung aus Feigheit, Hochmut und Eitelkeit, vom schnöden, abgestumpften, klischeebehafteten Sextouristen abgrenzen. Freud hätte seine helle Freude an mir. Der kleine Mephisto in meiner Hose empfiehlt mir Sonne, Suff und Weiber, zügellose Schweinereien, Paarung ohne Unterlaß. Doch kaum geht es an die Realisierung feuchter Tagträumereien, übernimmt die moralische Instanz das Kommando. Kein Wunder, dass July leichtes Spiel hatte, mich davon zu überzeugen, gemeinsam ihre Heimatinsel zu besuchen, anstatt sie vor die Tür zu setzen, alleine durch die Gogobars von Angeles City zu streunen und dabei täglich mehrfach wechselnd neue Feuchtgebiete zu ergründen. Zugegeben, das Tier in mir ist bei ihr in besten Händen, dementsprechend geschwächt beim Kampf um meine Gunst. Vor allem aber hat July mich durchschaut. Sie scheint genau zu wissen, dass ich den daheim Gebliebenen nur sehr ungern über Ladydrinks, Barfines und Longtimegebühren berichten würde, sondern dann doch lieber von meiner großherzigen Art, eine verarmte, philippinische Familie einen Tag und eine Nacht lang an meinem Luxus teilgehabt haben zu lassen. Auf die Verpackung kommt es an. Ich schaue July tief und fest in die Augen, setze ein gönnerhaftes Lächeln auf und sage zu ihr: "Ok Baby, but just for one night." Soviel Einschränkung muss sein.

July strahlt bis über beide Ohren, drückt mir einen dicken Schmatzer auf die Lippen, greift sich die mittlerweile geleerte SML-Flasche, um sie an der Bar wieder abzugeben, und lässt sich von mir noch einmal ausdrücklich bestätigen, dass sie bei dieser Gelegenheit das Zimmer für ihre Eltern samt den Zustellbetten für die Kinder verbindlich reservieren darf. Ich trotte derweil die wenigen Meter zurück in unser Domizil und fühle mich dabei ein kleines bißchen wie ein begossener Pudel.

Abends um halb acht sind wir mit einer Freundin Julys aus gemeinsamen Zeiten als Bargirl in Puerto Galera verabredet. Mein Einverständnis dazu hat sie sich schon heute Mittag auf dem Flug hierher eingeholt. Treffpunkt sollte das One4daRoad sein, wie mir July nun mitteilt. Wir wissen ja bereits, wo das liegt und vor allem, dass wir in wenigen Minuten zu Fuß dort sein würden. Es bleibt deshalb reichlich Zeit, um vorher an unserer Strandbar noch einen Aperitif zu uns zu nehmen. Gerade als wir uns es auf dem selben Sofa wie am Nachmittag gemütlich gemacht haben, setzt July an, mir erneut eine offenkundig wichtige und drängende Frage zu stellen. Sie druckst noch ein wenig herum, bevor sie den Mut fasst, ihr Anliegen kund zu tun, offenkundig fürchtet sie eine wenig erbauliche Reaktion meinerseits. Und sie sollte Recht behalten. Ihre Cousine würde morgen gerne auch mitkommen, was sehr praktisch sei, weil sie dann, was ihre Aufgabe zu Hause ebenfalls ist, auf die beiden Kinder aufpassen könne. Ich frage mich insgeheim, ob nicht Großeltern und Mutter genügen, um die zwei Bälger auf unserem Ausflug in Zaum zu halten. Mehrkosten würden mir keine entstehen, versucht July mir Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Cousine würde ebenfalls aufpreisfrei im Zimmer der Eltern schlafen können, habe sie bereits mit der Hotelchefin ausgehandelt. Lediglich ein eventuelles Frühstück sei extra zu zahlen, in diesem Fall würde sie, July, aber auf ihres verzichten. Werde jetzt nicht albern, meine Liebe, es geht nicht um die paar Euro, denke ich mir meinen Teil. Auch sei in Dundons Wagen genügend Platz für sechs Erwachsene und zwei kleine Kinder. Meine Güte, zur Not schnallen wir die Cousine halt auf das Dach, durchzuckt mich ein zynischer Gedanke. Ich schweige lange, bevor ich mit ernster Miene einen Monolog starte, in dem ich July klar machen will, warum ich in diesem Moment ein klein wenig über sie verärgert bin. Diese hinter meinem Rücken getroffenen Vereinbarungen mit dem Hotel. Dieses scheibchenweise Herausrücken ihrer Wünsche. Diese subtile Form von Erpressung, wenn sie mir zwar großzügig zugesteht, die Einladung an ihre Cousine ablehnen zu können, "you are the boss', mich aber gleichzeitig wissen läßt, meine Entscheidung direkt weiterleiten zu werden. Ganz einfach diese gewisse Dreistigkeit, mit der July ihre ja eigentlich nicht ganz unberechtigten Forderungen durchzusetzen versucht, verbunden mit dem unschönen Gefühl, dass gerne die Hand genommen wird, sobald ich den kleinen Finger reiche. Ich fürchte, July hat meine Einlassungen bestenfalls in Ansätzen verstanden. Jedenfalls schaut sie mich mit großen, leuchtenden Augen und einem leicht verlegenen, irgendwie aber auch schelmischen Grinsen an und meint: "Ok, no more surprises. I promise." Und schon ist die Cousine mit an Bord.

Meine Laune ist nicht die Allerbeste, als wir uns um halb Acht auf den Weg zum One4daRoad machen, um dort Julys Freundin zu treffen. Ein bißchen schwingt dabei das Gefühl mit, als nützlicher Idiot vornehmlich dafür zuständig zu sein, July ein umfassendes Meet and Greet mit ihren Freunden, Bekannten und Verwandten zu ermöglichen. Ihre Freundin hat seit geraumer Zeit ihre Karriere als Bargirl in Puerto Galera aufgegeben oder zumindest unterbrochen und lebt nun hier auf Panglao Island mit ihrem Boyfriend, einem Deutschen, zusammen. Eigentlich betreiben die beiden hier gemeinsam ein Restaurant, das allerdings derzeit wegen Renovierungsarbeiten und Problemen mit den örtlichen Behörden geschlossen ist. Das One4daRoad bietet sowohl philippinische als auch deutsche Küche, kein Wunder, wird es doch ebenfalls von einem Deutschen betrieben. July bestellt irgendetwas mit Pilzen, nach Krebsen ihre zweite Leibspeise, mich übermannt der Heißhunger auf Fleischkäse. Um uns herum versammeln sich zahlreiche Expats, Engländer, Australier, aber eben auch einige Deutsche. Das One4daRoad scheint ein beliebter Treffpunkt der hier gestrandeten Ausländer zu sein. Mir behagt die Gesellschaft, in die wir hier geraten sind, nicht richtig. Ich weiss in dem Moment nur noch nicht, was mich an diesen Leuten stört. Vielleicht ist es die Widersprüchlichkeit ihres Lebens in einem scheinbaren Paradies auf der einen Seite, und der unübersehbaren Neigung, die Langeweile durch intensiven Alkoholkonsum zu vertreiben, auf der anderen Seite? Ein etwas vorlauter Wortführer dieser hier nun versammelten Clique läutet die allabendliche Runde Killerpool ein. Jeder Teilnehmer hat drei Leben, der Reihe nach wird die Kugel gespielt, wer nicht versenkt, verliert eines davon. Wer kein Leben mehr sein eigen nennt, der scheidet aus. Der letzte Überlebende streicht die jeweils 20 PHP ein, die jeder der bereits verendeten Mitspieler anfangs als Spieleinsatz zu entrichten hatte. July schmückt als einzige weibliche Teilnehmerin die Schar derer, die von nun an um den Jackpot kämpfen. Sie schlägt sich wacker, auch wenn es ihr am Ende in keiner der gespielten Runden gelingt, als Sieger den Tisch zu verlassen. Artig trabt sie bei mir an, um sich vor jedem neuen Wettkampf den fälligen Einsatz abzuholen. Den gebe ich ihr natürlich gerne, es geht ja nur um eine Kleinigkeit. Aber genau das ist es, was mich ein wenig stutzig macht. Selbst für Kleinstbeträge ist July sich nicht zu schade, bei mir die Hand aufzuhalten. Es ist ja nicht so, dass sie völlig blank unterwegs ist. Das Wechselgeld, das übrig geblieben ist, als sie heute Mittag am Flughafen von Manila Snacks und Getränke für uns besorgt hat, durfte sie natürlich behalten. Von dem Betrag hätte sie vermutlich eine ganze Nacht Killerpool finanzieren können, daran kann es also nicht liegen.Als erniedrigend scheint sie die wiederkehrende Bettelei, anders kann man es kaum nennen, nicht zu empfinden. Im Gegenteil, man könnte fast annehmen, dass es sie mit einem gewissen Stolz erfüllt, allen Anwesenden zu verdeutlichen, mit mir eine materielle Komplettversorgung an ihrer Seite zu haben.

Während July beim Killerpool ihren Mann steht, komme ich ins Gespräch mit einem der nicht daran teilnehmenden Expats, nicht ohne Zufall ebenfalls ein Deutscher. Nach ein paar Tagen ausschließlicher Konversation in Englisch ist es ganz erfrischend, mal wieder ein paar Worte in der Muttersprache zu wechseln. Dass ich eine hübsche Freundin habe, macht er mir, aber natürlich vor allem July ein Kompliment. Ich pflichte ihm in seinem Urteil bei, allerdings nicht ohne die Einordnung als Freundin stirnrunzelnd zumindest ein wenig in Zweifel zu ziehen. Als langjährig Ortsansässiger durchschaut mein Gesprächspartner natürlich sofort die Situation und lässt mich großzügig an seinem geballten Expertenwissen und reichem Erfahrungsschatz teilhaben. Und so bringt er in knappen Worten die für mich bahnbrechende Erkenntnis auf den Punkt, dass man die Mädels zwar aus der Bar kriegen würde, nicht aber die Bar aus den Mädels. Ich wollte fast noch ergänzen, dass das, was am Anfang nichts kostet, am Ende meistens richtig teuer wird, ziehe es dann aber vor, mich dem Austausch von Plattitüden zu verweigern. Der ausgewanderte Phrasendrescher erzählt mir noch von seiner Motorbanca, mit der er Touristen zu ihren Tauchrevieren bringt oder die gängige Tour zum Dolphin Watching mit anschließendem Inselhopping anbietet. Er überläßt mir seine Visitenkarte und empfiehlt seine Dienste, die er mir, July und ihrer Familie gerne zu besonders günstigen Preisen zur Verfügung zu stellen würde. Annehmen werde ich sein Angebot ganz sicher nicht. Als Ausländer in einem vergleichsweise armen Land in ein Restaurant, eine Bar oder ähnlichem Geld zu investieren und damit nicht zuletzt einer Reihe von Mitarbeitern ihren Lebensunterhalt zu ermöglichen, das ist eine Sache. Eine gesicherte Existenz in Deutschland aufzugeben, um dann hier im vermeintlichen Paradies den Einheimischen ihren Broterwerb streitig zu machen, eine andere. Ich habe den Eindruck, dass zumindest ein Teil der hier lebenden Expats eine in meinen Augen reichlich fragwürdige Rolle spielen. Vielleicht ist es das, was mir die Gesellschaft hier im One4daRoad ein wenig unbehaglich erscheinen läßt.

Nach knapp zwei Stunden verlassen wir das One4daRoad, schließlich wollen wir nicht umsonst ans Meer gereist sein, und begeben uns an den Strand, der allabendlich in ein großes, hell erleuchtetes Open-Air-Restaurant verwandelt wird. Wir schlendern ein wenig am seichten Pazifikwasser entlang, machen in naher Nachbarschaft eine Cocktail-Pause, begeben uns aber auch schon bald wieder zurück zur heimischen Strandbar unseres Resorts. Der Tagesrhythmus am Alona Beach wird sehr stark durch die zahlreichen Taucher, die hier ihren Urlaub verbringen, geprägt. Weil die Freunde der Unterwasserwelt häufig früh morgens ihren ersten Tauchgang starten, ist das Nachtleben am Alona Beach eher von ruhiger Natur. Aber ein bis zwei Long Island Ice Tea sind für uns noch drin. Diesmal lassen wir uns nicht auf das Sofa fallen, sondern steuern die zwei verbliebenen freien Plätze an der Theke an. Rechts von mir lassen vier deutlich angetrunkene Holländer, ein paar Runden Jacky-Cola werden sie schon verputzt haben, lautstark den Tag ausklingen. Links von mir hat sich July sehr rasch mit den drei Engländerinnen ihres Alters angefreundet, die es nun ganz furchtbar toll und romantisch finden, dass wir morgen Julys Familie hier zu Besuch haben werden. Dass wir uns erst drei Tage kennen, ahnen sie natürlich nicht. Die Holländer zu meiner Rechten unterschiedlichsten Alters von Mitte zwanzig bis Ende vierzig sind des Tauchsports wegen hier. Um für den nächsten Tag gut gerüstet zu sein, verabschieden sie sich in der Reihe absteigenden Alters nach und nach, bis der Jüngste von ihnen, mittlerweile schwer angeschlagen, alleine übrig bleibt. Er gesellt sich zu uns und findet erkennbar Gefallen an den ebenfalls tauchenden Kolleginnen aus Großbritannien. So ist ein Gesprächsthema schnell gefunden und er startet seine Eroberungsversuche. Nicht zuletzt aufgrund seines Zustandes ist nur unschwer zu erraten, dass diese von Erfolglosigkeit auf ganzer Linie gekrönt sein würden. Aber ich amüsiere mich königlich über dieses Schauspiel, wird mir doch mit einem Schlag wieder klar, in welch komfortabler Lage ich mich befinde. Die Gruppe löst sich langsam auf, und alle begeben sich in die Richtung ihrer Schlafgemächer. Allerdings nur July und ich um das zu tun, wofür eine noch junge, warme tropische Nacht geradezu geschaffen ist.




 
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        #55  

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Member hat gesagt:
@wolfskatze: Die Begegnung mit den Eltern findet ja erst morgen Mittag statt. Bis dahin kann noch viel passieren :mrgreen:

@bluescreen: Ich wollte eigentlich noch heute den nächsten Abschnitt posten. Aber mein Laptop der Marke Uralt hat mir heute Nachmittag den letzten Nerv geraubt. Deshalb gibts die Fortsetzung erst morgen. Mein Arbeitsplatzrechner ist da deutlich besser in Schuss.

Hey... so einen alten Laptop könnte ich auch noch beisteuern... :wink0:

Habe bei Deinem letzten Beitrag so das Gefühl, es tut sich gerade was mental. Eine richtige Wendung hin, dass Du über die Zustände dort kritisch reflektierst und zu hinterfragen beginnst - nach der ersten "Glückseligkeit".
Gefällt mir richtig gut - unterhaltsam und informativ.
Gerne weiter so!

Gruß,
Bluescreen
 
        #56  

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Hallo flux,
suuuuppperrr Bericht, mit einer sehr fesselnden schreibweise:bravo:. Da bekommt man lust in den Flieger zu steigen und versuchen selber Abenteuer zu erleben. Mach weiter so und vielen Dank für deine Mühe:super:

Gruß
baziee
 
        #57  

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Wunderbar, es geht weiter!!:wink0:

Da haben wir uns dort um nur wenige Tage verpasst.

Wenn Du im "One4daRoad" eingecheckt hättest, dann wäre Dir der "Familienbesuch" wohl erspart geblieben.:ironie: (Vielleicht ist das wohl ein Grund, weshalb ich bescheidene Zimmer bevorzuge.)

Member hat gesagt:


Vielleicht ist es die Widersprüchlichkeit ihres Lebens in einem scheinbaren Paradies auf der einen Seite, und der unübersehbaren Neigung, die Langeweile durch intensiven Alkoholkonsum zu vertreiben, auf der anderen Seite?

Endstation (Sehn-)Sucht!! So kam es mir nicht nur dort so vor. Ein jeder Mensch nimmt seinen persönlichen "Rucksack" überall mit.

Ich lese weiterhin begeistert mit und bin gespannt auf den Fortgang Deines Berichtes.:yes:
 
        #58  

Member

@bluescreen: Du hast Recht. Glückseligkeit, Reflektion, Spass, Hinterfragen... die zwei Wochen auf den Phils hatten so viele Facetten... aber ich will nichts vorweg nehmen. Bleib einfach dran!

@baziee: Ich schreibe meinen Bericht im Auftrag des philippinischen Terrorismusministeriums. Scherz beiseite: Wenn du mit dem Gedanken spielst, einfach mal so auf die Phils zu fliegen, dann tu es. Egal was passiert, es lohnt sich in jedem Fall.

@sky: Nein, ein anderes Hotel hätte nicht geholfen. Ich sitze in einer Falle, die ich mir selbst gestellt habe. Aber ist das schlimm? Warts ab und bleib dabei!
 
        #59  

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@post 54: Großes Kino......wunderbarer Bericht auf hohem Niveau:yes:......da haben sich zwei getroffen.....schön wiedergegeben, wie hoch der Stellenwert der family dort ist und wie geschickt und feinfühlig July ihren Flux im emotionalen Griff hat und wahrscheinlich kann man ihr deshalb noch nicht mal böse sein......:mrgreen:
Da ich die Mädels auf den Phills ja auch schon kennenlernen durfte, kann ich das gut verstehen....werde für mich jetzt die Regel daraus ableiten, dass, wenn ich mal eine auf eine Insel mitnehme, es garantiert nicht die Heimatinsel ist....:mrgreen:
Bin gespannt, was noch kommt......Beste Grüße. Hiram
 
        #60  

Member

@flux

du hast ja richtige schriftstellerische Qualitäten :yes:

Super geschrieben und mit ein paar schönen Bildern untermalt. Ich freue mich schon, wenns wieder weitergeht
 
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