Thailand Ein Alien auf den Philippines

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Montag, 12. November 2012

Am nächsten Morgen führt unser erster Weg direkt zum Reisebüro, einem kleinen Ticketschalter am Rande der Robinson Mall. Dort sind alle Airlines im Angebot. Zest Air ist am günstigsten. So wohl vom Zeitpunkt, Abflug ist am nächsten Tag mittags um ein Uhr, als auch vom Preis. Für umgerechnet knapp 80 Euro kaufen wir zwei Tickets nach Tagbilaran, Hauptstadt der Insel Bohol, Julys Heimat.

Warum die Kehrtwende? Habe ich mich einfach nur gedrückt vor der für July enttäuschenden Weichenstellung? Vielleicht. Bin ich mit einer simplen Mitleidsmasche um den Finger gewickelt worden? Vielleicht auch das. Beginnt hier ein Schauspiel, bei dem ich die unbeliebte Rolle des übertölpelten Goldesels übernehme? Ich werde wachsam sein müssen. Droht am Ende sogar akute LKS-Gefahr? Nein, eher nicht. July ist nicht der Typ, in den ich mich verliebe. Aber sie interessiert mich, ich bin neugierig. Wer ist July wirklich? Ist die quirlige Partymaus nur Fassade und verbirgt sich dahinter das enttäuschte, fast verzeifelte Häuflein Elend, wie ich es gestern Nacht erlebt habe? Oder sind Maske und Wahrheit genau anders herum verteilt? Ich lasse mich ein auf das Spiel. Für die nächsten drei Tage, begrenztes Risiko. Am Ende werde ich sie mit ausreichend Kleingeld für die Rückreise nach Manila ausstatten und meinen Trip alleine fortsetzen. Cebu-City soll auch ganz nett sein, vereinsamen werde ich dort sicher nicht.

Frühstück in der Robinson Mall. Für mich Chicken Adobo, July ißt Krebs. Sie wirkt glücklich. Auf dem Weg hierher beschleicht mich eine Vorahnung. Wenig später wird sie wahr. July braucht zum Verreisen einen Koffer. Sind wir nicht gerade an einem Stand in der Mitte der Mall vorbeigelaufen, wo es stapelweise davon in allen Farben, Formen, Größen und Varianten gab? Julys Auswahl überrascht mich keine Sekunde. Ist aber auch ein schickes Exemplar. Paris, London, New York steht darauf in bunten Lettern geschrieben. "Willst du nach New York?", frage ich spaßeshalber ohne nachzudenken. Mit einem tiefen Seufzer und leicht vorwurfsvollem Blick erklärt July mir Unwissendem, dass das wohl für sie immer ein Traum bleiben werde. "Bohol ist für den Anfang auch nicht schlecht", murmele ich und bezahle die aufgerufenen 2000 PHP. Meine spontane Frage ist mir ein bißchen peinlich.

Ausgestattet mit ihrem neuen Köfferchen und dem Baren aus der letzten Nacht besteigt July ein Taxi nach Pasay, wo ihr Bruder mit seiner Frau lebt. Samt Jonas*), Julys jüngstem Sohn. Dessen Vater ist Norweger, frisch nachgewiesen mit 99,99-prozentiger Wahrscheinlichkeit. Eine Kopie des Briefes eines Anwalts an den Erzeuger habe ich mit eigenen Augen gesehen. Ob er Unterhalt für den mittlerweile knapp zwei Jahre alten Nachwuchs zahlen wird, ist bis dato völlig offen. Ich selbst schlendere zurück ins Hotel, will ein wenig Schlaf nachholen. Und durchatmen. Ich bin in einem Film, dessen Drehbuch ich nicht kenne.

Nach ein paar Stunden wecke ich mich am späten Nachmittag mit einer kalten Dusche und frischen Klamotten. Fertig für den vorerst letzten Abend in Manila. Es wird Zeit. Nach zwei Tagen wird der Moloch bedrückend. Ich begebe mich wieder in meine frischgebackene Stammkneipe, dem Epizentrum aller Ereignisse. Es dauert nicht lange und mein Telefon klingelt. July erkundigt sich nach meinem Aufenthaltsort und sitzt eine Viertelstunde später neben mir. Jetzt mit gepacktem Koffer. Sie berichtet ihren Freundinnen nicht ohne Stolz von unserem Vorhaben und erntet neidische Blicke. "You got him!", dieser Spruch von gestern Abend klingt mir noch in den Ohren. War der genauso gemeint?

July erklärt mir, warum sie hier bei allen so beliebt ist. "When ever I meet a boy at G-Point", das Wort "Customer" vermeidet sie tunlichst, "I share my blessing with my friends." Besorgt Burger für alle im Jollibees direkt gegenüber, spendiert Getränke. Oder schmeißt Geburtstagsparties, bringt Eis mit, lädt zum Essen ein, leitet Telefonguthaben weiter. Ich beginne zu verstehen.

Julys Koffer sorgt für Aufsehen. Zwei Kellnerinnen treiben Schabernak und verstecken ihn, ohne dass wir etwas bemerken. Auch wenn es nur ein Spaß war, der Schock über den plötzlich verschwundenen Koffer sitzt tief. July will ihn ins Hotelzimmer bringen, außerdem Duschen und sich umziehen. Ich gebe ihr die Zimmerkarte. Für Misstrauen ist es jetzt zu spät.

Den restlichen Abend verbringen wir zu zweit. Keine Freundinnen, keine Geburtstagsgeschenke, kein "share blessing". Nach einer Runde Pool-Billard im G-Point, July beherrscht den Sport perfekt, ich blamiere mich bis auf die Knochen, geht es zum Abendessen in den München Grill-Pub. Schnitzel Wiener Art ist nicht Julys Sache, auch wenn sie es artig lobt. Später entern wir den Cowboy-Grill ein paar Meter die A. Mabini nach Norden, eine rein philippinische Veranstaltung, Touristen oder Expats sind kaum zu sehen. Eine Reihe von Live-Bands spielen nacheinander, nur von kurzen Pausen unterbrochen, tanzbare Rockmusik. Die Qualität der Musiker lässt jeden peinlichen Casting-Show-Gewinner aus deutschen TV-Landschaften alt aussehen. Der Long Island Ice Tea ist nach Intervention richtig kernig, Tequila im Sonderangebot. Wir tanzen uns in den Rausch. July wird mit Blicken bewundert, ich beneidet. Der Film, dessen Drehbuch ich nicht kenne, nimmt eine Wendung, die mir gefällt. Wenn er so weiter geht, war meine Entscheidung von heute Morgen goldrichtig. Wir verlassen gegen ein Uhr den Laden, beide mit frisch erworbenen "Certified Cowboy"-Shirts. Und glücklich, ebenfalls beide.

Auf dem Rückweg spendiere ich July Balut, gekochte Eier mit angebrüteten Küken. Im Hotelzimmer will sie mir diese philippinische Spezialität schmackhaft machen. Ich bin durchaus offen für exotische Kulinarik in fernen Ländern, habe aber Grenzen. Balut liegt jenseits dieser.

Nach der obligatorischen Dusche wird es mal wieder Zeit das Pflaster zu wechseln, hinter dem ich meine nekrotische Wunde auf dem linken Fußrücken, die ich aus Deutschland mitgebracht habe, verberge. Bislang geschah das immer im Verborgenen. Heute sieht July diesen kreisrunden, schwarzen Fleck von ungefähr 15mm Durchmesser. Sie will wissen, woher dieser kommt. Wahrheitsgemäß antworte ich, dass selbst hoch dekorierte, mit allen akademischen Weihen gewaschene Ärzte darüber rätseln. Nicht so July. Nach kurzem Nachdenken weiss sie Bescheid: "I think you're alien."




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July beherrscht die Kugeln perfekt


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Tanzpause im Cowboy-Grill


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Certified


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Balut



*) Name geändert


 
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Hach... ich kann mich nicht satt lesen.

Ich fühle mich auch emotional zu 100% dabei und hoffe, dass Du noch viel zu berichten hast! Alle Daumen hoch :tu:
 
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@nixus: Hab noch viel zu berichten. Bleib dran!

PS.: Mochte sehr deinen Bericht über Schweine und Kamagra, oder so ähnlich. Der war doch von dir, oder? Es gibt Parallelen....
 
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Nach Deinem Kommentar habe ich meinen eigenen Bericht eben selbst nochmal gelesen - hach, war das schön... süßer Schmerz
 
        #36  

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Superschöner Bericht.......erinnert mich auch an meine Anfangszeit, in der ich gerne und ausgiebig hinter einige 'Fassaden/Leben' der ladies schauen wollte.....war immer hochinteressant und lehrreich.....bin sehr gespannt, was noch kommt....:wink0: Hiram
 
        #37  

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Ein Edler Bericht, der sich als klassiker unter den reieberichten einordnen wird.
 
        #38  

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Dienstag, 13. November 2012 - Teil 1


Nach meiner Enttarnung als Alien dauert die gestrige Nacht noch ein wenig länger, mit allseits bekanntem und gleichermaßen beliebtem Zeitvertreib. July ist, was das betrifft, eine echte Herausforderung. Ungeachtet dessen wachen wir am Morgen relativ früh auf, die Vorfreude auf Palmen, Strand, Sonne und Meer treibt uns aus den Federn. Und mein Drei-Tage-Bart. Nach meinem ehrlichen Geständnis, dass ich diesen nur trage, weil ich zu faul wäre, mich täglich zu rasieren, hat July noch gestern Nacht beschlossen, diese Aufgabe fortan selbst zu übernehmen. Und so sitze ich nun mit eingeschäumter Visage auf der Bettkante, während meine Reiseleiterin auf meinem Schoß turnend mir mit einer Akribie und Hingabe das Fell von den Backen schabt, dass es mir wohlige Schauer den Rücken rauf und runter jagt. Auf diese Weise frisch aufgehübscht lasse ich mir an der Rezeption noch quittieren, dass Hotelzimmer in halbwegs brauchbarem Zustand hinterlassen zu haben, und schon stehen wir mit unserem Gepäck vor verschlossener Tür. Das Buffet im G-Point wird leider erst um 11 Uhr eröffnet. In der Jollibee-Filiale direkt auf der anderen Straßenseite finden wir eine auch im Wortsinn naheliegende Alternative für ein kurzes Frühstück während der nun zu überbrückenden halben Stunde. Die darauf folgende, vorerst letzte Einkehr in das G-Point dient folglich auch nicht mehr unserer morgendlichen Stärkung, sondern als letzte Gelegenheit zur Verabschiedung auf unbestimmte Zeit. Für July, aber auch für mich, ist mir der Laden doch in den vergangenen Tagen vertraute Umgebung, ja fast schon Heimat geworden. Gerne wieder.

Nach kurzem Aufenthalt, jeweils einem Mangoshake und zahlreiche Umarmungen später, steigen wir in ein Taxi zum Flughafen, Domestic Terminal. Die zunächst verwirrende, im Nachhinein aber nachvollziehbare Route zum Roxas Boulevard, der direkt Richtung Fahrtziel führenden Hauptstraße entlang der Bucht von Manila, beschert mir noch einmal eine geballte Ladung Downtown, noch einmal springen allgegenwärtige Armut und Verfall erbarmungslos ins Auge, brennen Bilder auf die Netzhaut, die haften bleiben. Als wir, bereits in Pasay irgendwo in der Nähe des Airports, in einen Stau geraten, verriegelt July unsere Türen von innen. Sie wird wissen, warum. Das Vertrauen in die um uns herumschwirrenden, um die nackte Existenz kämpfenden Feilbieter diverser Waren und Dienstleistungen scheint begrenzt, die Atmosphäre wirkt gespenstisch. War ich vor wenigen Tagen noch fasziniert von den ersten Eindrücken der philippinischen Millionenmetropole, überwiegt jetzt ein gewisses Gefühl der Erleichterung, diese bizarre Anhäufung hässlich geformten und schlecht oder gar nicht bemalten Betons nun verlassen zu können.

Was für ein Kontrast dazu würde das auf den Werbebildchen paradiesisch anmutende Oasis Resort bieten, mit direktem Zugang zum Alona Beach auf der kleinen, vorgelagerten Insel Panglao, über zwei Brücken mit der Hauptinsel Bohol verbunden. Alona Beach, touristischer Hotspot in den Central Visayas. Nicht ganz so populär wie Boracay, aber für einen Erstbesucher des philippinischen Archipels sicherlich ein lohnendes Ziel. Oasis Resort, kein ganz billiges Vergnügen. Für drei Nächte hat July schon gestern Abend telefonisch ein Zimmer für uns reserviert, mit 3900 PHP schlägt jede davon zu Buche. Sie war dort wohl schon einmal mit einem meiner Vorgänger, dem will ich dann natürlich in nichts nachstehen. A propos Vorgänger: July redet sehr offen über ihre früheren Bekanntschaften. Im Laufe der Zeit hat sich ein gewisser Typus heraus kristallisiert, mit dem sie mehr oder weniger lange Tisch und Bettchen teilt. Groß, schlank und kahler Schädel, ich passe genau ins Raster. Zu einigen ihrer früheren "Boys from the G-Point", sie vermeidet nach wie vor das Wort "Customer", pflegt sie zumindest freundschaftlichen Kontakt, meistens über Facebook. Zu dem Zweck unterhält sie dort und auf anderen Portalen nicht jeweils ein, sondern gleich mehrere Profile und ist dementsprechend häufig mit dem Lesen und Verfassen neuer Botschaften beschäftigt. Wer in diesen "Social Media"-Netzwerken nicht vertreten ist, wird über den gewöhnlichen Kurznachrichtendienst bei Laune gehalten. Oder eben telefonisch, jedenfalls solange noch Guthaben da ist. Letzteres gilt vor allem für den intensiv gepflegten Kontakt mit ihrer Familie, wobei diese Gespräche in einer für Asien ungewohnten Lautstärke geführt werden. Ich vermute den Jahrhunderte währenden spanischen Einfluss hinter dieser Eigenart. Mich stört Julys geschwätziges Hobby nicht, ich bin selbst niemand, der pausenlos ungeteilte Aufmerksamkeit braucht, um permanent Smalltalk zu betreiben. Vielmehr beobachte ich fasziniert und ein wenig auch amüsiert, wie gewand meine mittlerweile ständige Begleitung die brandaktuellen elektronischen Kommunikationsmittel für ihr irgendwo zwischen privat und beruflich einzuordnendes "Networking" einsetzt.

Das Domestic Terminal, mit Ausnahme der Philippine Airlines für die Inlandsflüge aller übrigen Luftfahrtgesellschafft genutzt, ist die älteste und kleinste Abfertigungshalle des Flughafens. Die Einrichtung ist spartanisch und rein zweckorientiert, man kann die Blicke schweifen lassen, so viel man will, nirgends ist auch nur ein gestalterisches Element zu entdecken, das vielleicht geeignet sein könnte, den Passagieren einen Aufenthalt in behaglicher Atmosphäre zu bescheren. Dass Julys optische Reize in solch einem Umfeld für mein Seelenheil eine um so größere Wirkung entfalten, versteht sich von selbst, was mich wiederum dazu verleitet, ihren Anblick möglichst häufig fotografisch festzuhalten, am liebsten, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. Unwissentlich abgelichtet zu werden mag sie gar nicht, sie ist da eitel und erbittet sich die Gelegenheit, sich ansprechend in Szene setzen zu können. Wenn sie mich deshalb rechtzeitig bemerkt, torpediert sie mein hinterlistiges Vorhaben mit ruckartigen Bewegungen mindestens eines Körperteils just in dem Moment, in dem ich den Auslöser betätige, womit sie den Autofokus meines Smartphones verwirrt. Neckische Spielchen eines Pärchens auf Urlaubsreise.

Wir checken problemlos ein, passieren diese und jene Kontrolle anstandslos, Terminal-Fee muss keine bezahlt werden. Nicht etwa, weil sie aufgrund der mangelnden Aufenthaltsqualität im Domestic Terminal entfallen würde, sondern weil sie bei Inlandsflügen ab Manila bereits im Ticketpreis enthalten ist. Die nun üppig verbleibende Wartezeit vertreiben wir uns mit Coffee-to-go, Kleinigkeiten zum Essen, sowie Gedankenspielen über die Gestaltung der nächsten Tage auf Bohol und Panglao. Morgen sind wir zum Lunch bei Julys Eltern in Ubay, ganz im Osten Bohols, eingeladen. Die Eltern leben dort zusammen mit Julys ältestem Sohn, 6 Jahre alt, und ihrer Tochter, 4 Jahre. Desweiteren mit Julys 16-jähriger Cousine, die als Waisenkind von der Familie aufgenommen wurde und von July als eine Art kleine Schwester betrachtet wird. Fehlt in der Aufzählung nur noch Julys jüngerer Bruder, dann ist die Sippe komplett, mal abgesehen vom älteren Bruder, der ja mit seiner Frau in Manila lebt.

Dass sich Julys Eltern mit dem An- und Verkauf von Fischen über Wasser zu halten versuchen, durch eine Reihe unschöner Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit aber in Schwierigkeiten geraten sind, sodass sich die Tochter verpflichtet fühlt, durch regelmäßige Zuwendungen für familiäre Unterstützung zu sorgen, weiss ich bereits. Die im Laufe der letzten Tage an den Mann gebrachten, tragischen Anekdoten, auf die ich wahlweise aus Gründen der Diskretion, nicht überprüfbarem Wahrheitsgehalt oder mangelhaftem Erinnerungsvermögen nicht näher eingehen will, ergänzt July nun noch an der ein oder anderen Stelle. Alle diese Geschichten zusammen auf die Goldwaage gelegt sind nach meinem Eindruck nicht nur geeignet, den elterlichen Gewerbebetrieb in die Krise zu stürzen, sondern den gesamten Fischhandel in Südostasien zum Erliegen zu bringen. Dass unter diesen Umständen eine Einladung zum Mittagessen, Krebse und andere Seeungeheuer soll es geben, eine gehörige Anstrengung bedeutet, zumal zu Ehren des besonderen Gastes nicht Leitungswasser, sondern Limonade als Getränk dazu gereicht werden soll, leuchtet mir sofort an. Der ergänzende Hinweis, dass nun noch ausgerechnet gestern die aktuelle Stromrechnung ins Haus geflattert sei, genügt, um mich restlos davon zu überzeugen, dass es sinnvoll sei, morgen 2000 PHP der Familienkasse zu spendieren, gewissermaßen als pragmatisches und hilfreiches Gastgeschenk, das ganz erheblich zum Gelingen unserer Zusammenkunft beitragen würde. Warum auch nicht? "Share my blessing" kann ich auch.

Mit knapp halbstündiger Verspätung, Zest Air hat da in dieser Beziehung offenkundig einen gewissen Ruf, können wir in den tadellos in Schuß wirkenden Airbus A320, der uns in knapp einer Stunde Flugzeit nach Tagbilaran bringen soll, einsteigen. Das Flugzeug ist nur mäßig ausgelastet, July sitzt am Fenster, ich platziere mich mittig, der Gangplatz bleibt frei. Wer nach dem Start zurückblickt auf die scheinbar unendlich ausgedehnte, überwiegend flache Bebauung von Metro Manila, die sonst in asiatischen Großstädten wie Pilze aus dem Boden schießenden Wolkenkratzer sieht man hier selten bis gar nicht, der ahnt, welche städtebauliche Katastrophe samt exorbitanter Wohnungsnot er hier hinter sich läßt. Wer drei Tage vor Ort verbracht und die auf schmutziger Wellpappe übernachtenden Familien gesehen hat, der ahnt es nicht, der weiss es.

Die Zeit vergeht wie im Flug, sagt man, wenn die Zeiger der Uhr auf einmal vermeintlich schneller voranschreiten. Dieses gefügelte Wort muss auf dem Luftweg von Manila nach Bohol erfunden worden sein. Kaum haben wir unsere Reiseflughöhe erreicht, beginnt auch schon der Landeanflug. Dicht geht es an der Westküste vorbei, dann zieht die Maschine einen großen Kreis um Panglao, leider erst nach der über die Lautsprecher kundgegebenen Bitte "please switch off all your electronic devices", um dann die einsame Landebahn des niedlich kleinen Flughafens von Tagbilaran, den man mit seiner sehr überschaubaren Infrastruktur wahrscheinlich sogar in Berlin mit nur dreijähriger Verspätung fertig stellen könnte, aus südlicher Richtung ins Visier zu nehmen. Touch down. Bohol, wir kommen.






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Autofokus verwirrt




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Ein Flugzeug




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Anflug auf Bohol




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Kleiner Flughafen





PS.: Weil July angekündigt hat, die hier von mir gezeigten Bilder auch auf Facebook & Co. zu posten, bin ich so frei und verzichte ab sofort auf das Gesichterverpixeln.
 
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Wundervoller Schreibstil... :tu:

Schade, dass Du nur so "Häppchenweise" schreibst - so sehne ich mich immer danach auf der Startseite zu lesen, dass es weitergeht. Um mich dann wie ein kleines Kind zu freuen...

Und kurz darauf traurig zu sein, auch diesen Bissen wieder gierig verschlungen zu haben.
 
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