Deutschland Ein Stückchen Heimat in der Ferne

  • Ersteller
        #41  

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Vielen Dank für den hochinteressanten Bericht lieber KP!
mir war nicht bewusst, dass es auch bei uns (mit Ausnahme der Hare-Krischna-Jünger aus meiner Zeit) noch einen ernsthaften Budhismus gibt.
Dass die Waldviertler allerdings sind was sie sind nämlich "Wald viertler" im Geiste war mir durchaus bekannt :lach: - vor lauter "christlich-hinterwäldlerischem Konservativismus" ist denen erst kürzlich aufgegangen, dass Hexenverbrennungen nicht mehr opportun sind. Obwohl sie natürlich prinzipiell schon dafür sind ....
Liebe Grüße
Gerhard
 
        #42  

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Eine safrangelbe Überraschung in Hamburg

Samstag, der 20. September 2003

Jens war jetzt seit Freitagabend in Hamburg. Gestern waren wir in der Stadt unterwegs, Helgoland war zwar geplant, hatte sich aber nicht mehr gelohnt, da wir viel zu spät aus den Federn gekommen sind. Ich hatte meinen Wagen in Hammerbrook auf dem Gelände meiner Firma abgestellt und wir haben uns ein Gruppenticket gekauft, das wir an diesem Tag auch reichlich nutzen würden. So verbrachten wir den Vormittag damit, uns den Hamburger Hafen anzusehen, die riesigen Containerschiffe an den Terminals zu bewundern und uns ansonsten dem Müßiggang eines herrlichen Tages hinzugeben. Gegen Nachmittag hing uns sprichwörtlich der Magen in den Kniekehlen. So fuhren wir mit der U-Bahn zum Eppendorfer Baum und verwöhnten uns kulinarisch in einem kleinen Restaurant, welches ein preiswertes aber durchaus schmackhaftes Steak offerierte. Gesättigt und gestärkt durch einen köstlichen Kaffee fuhren wir zum Hauptbahnhof. Wir wollten eben nur im Saturn unsere Email checken. Meinem Schatz war dies, erwartungsgemäß, zu öde, denn sie beschloss kurzer Hand, sich von uns zu trennen und durch die Wildnis der umliegenden Boutiquen zu stöbern. So ging ich dann mit Jens ins Saturn, wir checkten unsere Email an den dort aufgestellten Internet Terminals und beschlossen, uns den typischen Interessen technikgeiler Freaks hinzugeben, sahen uns die neusten Plasma- und LCD-TV's an, löcherten genervte Verkäufer mit unseren Fragen und ließen es uns nur gut gehen.

Ich war gerade dabei, mir einen Dia-Scanner anzusehen, als mein Blick plötzlich auf zwei in safrangelbe Gewänder gehüllte Gestalten fiel --- unzweifelhaft und unverkennbar thailändische Mönche. Sofort dachte ich an meinen Schatz, griff zu meinem Fone und bimmelte sie an, um ihr unverzüglich diese Entdeckung zu schildern. Dachte ich, sie würde sofort mit fliegenden Fahnen zu uns stoßen, sah ich mich getäuscht, lapidar antwortete sie, sie wäre zu weit weg. Jens und ich sind dann nach unten zum Haupteingang, wo auch prompt mein Fone klingelte. Wer war dran? Natürlich mein Schatz, sie hatte mich regelrecht ins Boxhorn gejagt und fragte mich, wo ich denn sei, sie wäre schon längst bei den Mönchen. Ich hätte es mir eigentlich denken können, dass mein Schatz als unbedarfte Thai sich in einer Stadt wie Hamburg nicht weit von mir entfernen würde. Jens hat sich vor Lachen geschüttelt, als er es mitbekam. Stante pedes sind wir dann zurück und als uns die Rolltreppe in das 2. OG trug, wuchsen langsam die Gestalten dieser Dreiergruppe, zwei Mönche und mein Schatz, deren Gesicht ein Lachen bis zu beiden Ohren trug, aus dem Boden. Mit einem Wai und einem höflichen "Sawadee Krap" begrüßte ich die Mönche. Schnell entspann sich eine angeregte Unterhaltung mit vielen Fragen, wo ich denn Thai gelernt hätte, wie oft ich schon in Thailand war, halt die ganze Palette Neugier, derer ein wacher Verstand mächtig war. Gut eine halbe Stunde standen wir zusammen und tauschten uns aus. Die beiden Mönche, von denen einer aus Buriram kam, der gleichen Stadt aus der auch meine Freundin stammt, luden uns ein, am Sonntag in den Tempel zu kommen. Abgesehen davon, dass ich es wollte, ließ ein Blick in die Augen meiner Freundin sowieso keine andere Möglichkeit zu, als zuzustimmen. Zum Abschied bekamen wir alle drei von dem Mönch, der sich später als der Abt des Tempels erwies, noch ein Glücksbändchen um das Handgelenk.

Nun, damit war unser geplanter Trip nach Helgoland wohl endgültig ad acta zu legen. Ausklingen ließen wir den Tag mit einer kleinen Pause in einem weiteren Straßencafe und einem Bummel über die Reeperbahn.
 
        #43  

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Auch bezüglich Hexenverbrennungen sind wir Schweizer eine Autorität. Schliesslich haben wir das Privileg, dass wir die letzten Hexen (Anna Göldi) verbrannt haben. Das sind noch keine 300 Jahre her.

Anna Göldi (auch Göldin, weibliche Form; * 24. Oktober 1734 in Sennwald, heute im Kanton St. Gallen; † 13. Juni 1782 in Glarus) war eine der letzten Frauen, die in Europa der Hexerei beschuldigt und hingerichtet wurden. Es war die letzte legale Hexenhinrichtung und rief europaweit Empörung hervor.

Wenn ich mich hier so umschaue, alle haben sie nicht erwischt.

TT
 
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        #44  

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Das Nationale Amt für Buddhismus in Thailand hat viele Beschwerden über Mönche erhalten, die in luxuriösen Autos fahren und Markenartikel tragen, auch wenn ihnen ihre Religion ein Leben in Zurückhaltung und Einfachheit vorschreibt.
Nopparat Benjawatananun, Generaldirektor des Nationalen Amtes, erklärte am Sonntag, dass sich viele Menschen über den verschwenderischen Lebensstil von Mönchen beklagt haben und ihre grundlegenden anti-materialistischen Lehren der Religion abgelegt haben.

Tja, solche Geschichten gibt es immer wieder und keine Religion scheint davor gefeit zu sein. Letztens erst nen Bericht gelesen über einen katholischen Bischof, der unbedingt erster Klasse nach Indien fliegen musste, um sich dort um die Armen zu kümmern. Der Flug kostete so etwa das zehnfache von dem, was unbedingt notwendig gewesen wäre...
Ist natürlich nicht ganz das gleiche, wie im Fall von buddhistischen Mönchen, aber na ja...
 
        #45  

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Am nächsten Morgen nahmen wir ein ausgiebiges Frühstück zu uns und machten uns auf den Weg. Jens wollte abends wieder zurück nach Berlin und so fuhren wir diesmal mit zwei Autos. Allerdings parkte ich meinen Wagen wieder in Hammerbrook und wir stiegen in Jens' Renault um. Er hatte ein Satteliten-Navigationssystem, das uns schnell zu zum Tempel lotsen sollte. Knapp 20 Minuten brauchten wir für die Strecke bis nach Alt-Rahlstedt. In einer kleinen Seitenstraße fanden wir dann unser Ziel, ein Einfamilienhaus, das den entsandten Mönchen und den im Einzugsgebiet ansässigen Buddhisten als Tempel dient. Vor der offenen Eingangstür zogen wir gemäß dem Brauchtum unsere Schuhe aus und betraten das Haus. Sofort wurden wir von einer Thai begrüßt, die uns dann ins Innere des Hauses führte.

In einem großen Kaminzimmer, es war wohl ursprünglich das Wohnzimmer, saßen die beiden Mönche und begrüßten uns mit einem herzlichen und offenen Lächeln, Eine Gruppe Thais mit deutschem Anhang hatte sich dort bereits nieder gelassen. Das ganze Ambiente und Flair in diesem Haus, besonders diese spezielle Atmosphäre und Ausstrahlung, die von den beiden Mönchen ausging, brachte mit sich, dass dieses beklemmende Gefühl, das vorherrscht, wenn man sich das erste Mal auf fremden Territorium bewegt, gar nicht erst aufkam. Genau so auch die Art, wie schnell Kontakt zu den anderen Anwesenden zustande kam, alles so zwanglos und frei, wie man es in unserer Gesellschaft kaum mehr vorfindet. Bet und ich haben uns dann kurz in die obere Etage zurückgezogen, die eine Buddha-Statue beherbergte. Wir wollten dort einige Minuten im Andenken an unsere Verstorbenen verweilen. Wir knieten auf dem Teppichboden nieder, die Füße Buddha abgewandt, verneigten wir unser Haupt mit ehrfurchtsvoll zum Wai erhobenen Händen dreimal vor Buddha, dabei die Hände auseinander gleiten lassend berührten wir mit Stirn und Handflächen den Boden um anschließend etwas Zeit in stillem Gedenken zu verweilen. Es ist wohl schwer nachzuempfinden für jemanden, der außen vor steht, welche spürbare Nähe ich dort empfunden habe, eine Nähe zu meiner Mutter, die erst im April des Jahres verstorben ist und die ebenfalls eine Affinität zum Buddhismus hatte. Ich konnte, nein, ich wollte es auch nicht verhindern, dass mir Tränen übers Gesicht liefen.

Zum Abschied wiederholten wir die Zeremonie, welche die gleiche ist, wie bei der Begrüßung, drei Verneigungen vor Buddha. Ergriffen von dieser mir überirdisch erscheinenden Atmosphäre, gingen wir wieder nach unten. Jens war mittlerweile in intensivste Gespräche mit den anwesenden Thais vertieft, Bet und ich setzten uns nach draußen in den kleinen Garten und leisteten ein jungen Thai Gesellschaft, die auf einer Bambusmatte saß und einen kleinen Imbiss zu sich nahm. Es ist üblich unter Thais in einer solchen Gesellschaft, dass man am Imbiss teil hat.

So verging die Zeit sehr schnell in Unterhaltungen, gemeinsamen Essen und Kaffee trinken, wobei mein Schatz sehr glücklich schien, sich mit gleich Gearteten in ihrer Muttersprache zu unterhalten. Andere kamen und stießen zu uns, ausgezeichnet durch ein Gefühl der Nähe, dass man sonst nur hat, wenn man sich schon lange kennt und miteinander vertraut ist. Jens war auch schon lange über die Zeit, gegen 15 Uhr wollte er eigentlich schon los, aber mittlerweile war es schon fast 17 Uhr.

Dann versammelten wir uns noch zu einem abschließenden Gebet, eigentlich schwerlich als solches zu bezeichnen, da es mit dem Gebet, wie es nach christlichem Brauchtum ausgeübt wird, wenig zu tun hat. Wir versammelten uns alle im "Wohnzimmer" und knieten nieder, verneigten wie schon zuvor erwähnt dreimal unser Haupt vor den Mönchen und blieben mit zum Wai erhobenen Händen und gesenktem Haupt andächtig sitzen und folgten den buddhistischen Rezitaten der Mönche. Nachdem sie verstummt waren, erfolgte wieder die abschließenden Würdigung, gleich wie bei der Eröffnung der kurzen Zeremonie.

Der Abschied gestaltete sich sehr herzlich, Jens, Bet und ich haben 100 € für den Tempel gespendet, etwas, was wir aus tiefstem Herzen und gerne getan habe. So verließen wir erfüllt von dieser Atmosphäre, zufrieden und glücklich diese kleine Oase des Friedens.

Ein Wochenende reich an Abwechslung und Ereignissen ging zu Ende. Jens fuhr uns zurück zum Wagen. Wir verabschiedeten uns und kurz darauf trennten sich unsere Wege, Wege, die sich mit Sicherheit spätestens im Dezember wieder in Thailand kreuzen werden.
 
        #46  

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Hallo KingPing,
freue mich immer wenn ich was neues von Dir lese. Deine Berichte oder Geschichten gefallen mir echt gut. Finde gerade diesen Bericht besonders klasse.
Mach bitte weiter so.
Liebe Grüße aus Kerpen
 
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