In dem Thread
Genug für die Rente? hatten wir eine längere Diskussion die etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Jedoch kamen dort einige Fragen auf, auf die ich gern näher eingehen möchte. Wir hatten uns dort geeinigt das in diesem Thread zu tun, um den "Rente" Thread nicht noch weiter auseinanderzuziehen. Sollte es auch hier nicht passen, bitte in ein eigenes Thema verschieben.
@Florice fragte :
Ich hätte Interesse, aber womit anfangen. Da ich kaum Überblick über diverse Finanzprodukte habe ist das schwer zu sagen. Am besten etwas was der Laie sich aneignen kann. Auf steigende/fallende Kurse mit Hebel setzen bei Aktien vielleicht. Das kann ich mir zumindest vorstellen.
darauf antwortete ich recht knapp
naja dafür brauchst ja lediglich ein margin Konto bei IB z.b. und dann gehst Aktien entweder long oder short...... mehr ist es doch nicht!
das war dann wohl nicht so ganz klar....
Dröseln wir das mal auf :
Margin Konto :
Wenn du mit Hebel agierst handelst du mit einer größeren Summe die du eigentlich zur Verfügung hast! D.h. du handelst eigentlich auf Kredit. Ein Hebel ist ne schöne Sache wenn es in die von dir gewünschte Richtung läuft, kann aber auch schnell zu einem Problem werden wenn es gegen dich läuft!! Darüber sollte man sich im klaren sein und ich würde es einem Laien absolut nicht empfehlen!!
Damit so etwas Möglich ist, müssen einige Vorraussetzungen geschaffen sein, immerhin gibt dir der Broker einen Handelskredit. Dafür ist ein besonderer Kontotyp von Nöten : Das Margin Konto!
Es gibt sog. Cash-Konten, das sind die normalen Konten die man bei comdirect etc. bekommt. Du zahlst Geld ein, und die Summe hast du zum Handel zur Verfügung. Hast du 5000 eingezahlt und für 5000 Aktien gekauft ist Feierabend mit neuen Positionen öffnen. Du hast dein Pulver verbraucht.
Ein Margin Konto bietet dir einen permanenten Handelskredit(Margin). Gleiches Bsp. wie oben, 5000 eingezahlt, für 5000 Aktien gekauft. Der Cash Bestand in diesem Konto ist nun ebenfalls 0, logisch. Ich hatte aber ja in dem fall 5000 Sicherheitsleistung hinterlegt. Für die Aktien werden nun ca. 20-25% der Sicherheitsleistung an Margin geblockt. Also irgendwas um 1200. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ich ca 4 mal so viele Aktien kaufen könnte wie ich mir eigentlich Leisten kann. Theoretisch! Dann wäre die Margin zu ca 100% aufgebraucht. Und genau da kommt das Problem. Der Broker sichert mir diesen Kredit ja zu. Was passiert nun also wenn die Margin auf 100% geht? Der Broker wird sagen "Kollege, dein Limit ist erreicht!" Feierabend. Es kommt zum sog. gefürchteten Margin-Call!
Handelt man US Titel und das ganze passiert um 21:30 deutscher Zeit, wird eine Nachricht in deinem Konto aufploppen mit der Bitte das Probelm bitte bis zum Handelsschluss des laufenden Tages zu klären! Je nach Broker bekommt man auch ne email oder SMS. Vor dem Internethandel haben sie dich angerufen, deswegen Call.
Egal wie die Nachricht kommt (was nie passieren sollte) du hast jetzt ein massives Problem. Löst du dieses nicht (in dem Bsp. innerhalb der nächsten 30 Minuten) wird der Broker es tun. Für dich! Ohne Rücksicht auf Verluste. Nicht mit Limit order, sondern Market. Bedeutet "er" schliesst dir Positionen bis die Margin wieder im Bereich unter 100% liegt. Das macht auch kein Mensch, das passiert in Sekunden und wird von einem Algorythmus erledigt. Der ist nicht mitfühlend und nimmt keine Rücksicht ob du gut aus den Positionen kommst.
IB :
Interactive Brokers (IB) bietet sowohl cash als auch Margin Konten an. IB ist der größte Broker der Welt und ebenfalls an der Börse gelistet. US amerikanisches Unternehmen. Man kann dort direkt ein Konto eröffnen, hat dann aber Kontoauszüge geführt in dollar, was die Steuer extrem aufwändig macht, da jede gehandelte Position in Euro umgerechnet werden müsste (zum Zeitpunkt der Transaktion), was so gut wie unmöglich ist. Aus dem Grund gibt es Introducing Broker wie Captrader aus Düsseldorf und Lynx aus Berlin, die die Infrastruktur von IB nutzen im background, aber deutschen Support und in Euro geführte Auszüge bieten.
Long & Short :
Das ist schnell erklärt. Kaufst du Aktien, gehst du long. (Bestand im Depot dann +50 Aktien z.B.) Verkaufst du Aktien (sog. Leerverkauf) gehst du short (Bestand dann -50)
Minus, weil du etwas verkauft hast was du gar nicht Besitzt. Geschlossen wird eine long Position in dem man seinen Bestand verkauft. (Bestand dann 0). Eine short Position wird geschlossen in dem man sich mit den Aktien eindeckt, da man sie ja "leer" verkauft hat. Man muss zum schliessen der Position also die Aktien zurückkaufen, um dann ebenfalls wieder einen Bestand von 0 zu haben.
In beiden Fällen ist man dann "flat". Also keine Position mehr im Markt.
@godman fragte :
ich bin auch nur Hobbybörsianer ( nur Kaufen und Verkaufen von Aktien, Fonds ETFs ), aber immerhin hatte mein Depot
( ca. 20 Titel ) dieses Jahr in der Spitze über 60 % , im Moment bin ich bei 45 % . Welche Strategie gibt es zur Absicherung eines Depots ? mit Stop loss Limit ? Oder mit Hebeln ? Falls du da einen Hinweis oder Link hast ?
dazu sagte ich :
Die Frage ist ob du überhaupt hedgen kannst! Üblicherweise macht man das mit Optionen, oder man geht Futures short. Für beides brauchst du einen broker der dir das bietet und auch ein marginkonto.
Man braucht also ein Margin Konto (siehe oben).
Das reine Hedgen wie gesagt über Optionen (KEINE Optionsscheine!!!), oder über Futures short. (short ist oben ebenfalls beschrieben).
Sowohl Optionen als auch Futures sind Terminkontrakte, d.h. Finanzinstrumente mit einer fest vorgegebenen Laufzeit! Für solche Manöver ist zwingend ein Margin Konto von Nöten.
Ich denke das wars erstmal mit den Fragen und die beiden Kollegen sind "verarztet".
Wenn nicht können wir noch weiter ins Detail gehen.
LG
Edit : Rechtschreibfehler behoben