Sonntag, der 1. Januar 2017
Sylvester war vorbei und als ich in meinem Bett nach Schlaf suchte, fragte ich mich nicht etwa, was in meinem Leben alles schief gelaufen war, dass ich mit 45 Jahren an diesem Morgen nicht mit einer Frau und meinen Kindern in einem zumindest teilweise von einer Bausparkasse finanzierten Eigenheim am Frühstückstisch saß.
Nein, ich war mit meinen Gedanken im Nyftis und fragte mich, ob ich dass Mädchen mit dem Gen-Defekt barfinen sollte. Nicht weil ich es besteigen wollte - oder könnte, sondern weil sich in einem als Europäer nach ein paar Tagen Aufenthalt in diesem Elend der Drang entwickelt etwas Gutes zu tun. Weil man es könnte. Und vermutlich auch sollte.
Den vielen Bettlern - ob jung oder alt - etwas zu geben, hatte ich Zeit meines Lebens abgelehnt. Vielleicht weil ich selbst als Halbwaise aufwuchs und meine Mutter 2 Jobs machen musste um mich und meine Schwester durchzubringen. Vielleicht weil ich protestantisch erzogen wurde, nach dem Motto: "Gott hilft denen, die sich selbst helfen" - und "Jeder ist seines Glückes Schmid". Sehr früh lernte ich die Lektion, dass das Leben nichts von Fairness versteht und nichts Dich davon abhalten kann, eines Tags ganz unten aufzuwachen. Aber ich lernte auch, dass Du Dich nie von anderen abhängig machen darfst.
So kämpfte ich also mit meinem Mitleid zwischen Ihr wenigstens einen Ladydrink auszugeben, weil vermutlich dass bereits ein Highlight für Sie wäre - über Sie zu barfinen und mit Ihr in die SM Clar in ein nettes Restaurant und ins Kino zu gehen, um Sie wie eine Prinzessin zu behandeln. Wenigstens für einen Abend. Dieses mehr und mehr zunehmende Mitleid kämpfte gegen meine Lebenserfahrung, die mir einreden wollte, dass das Mädchen genau von diesem Mitleid für Sie lebte und vermutlich jeden Tag ein anderer versuchte Sie glücklich zu machen. Dieses Argument war mir dann zwar irgendwann egal, weil ich mir sagte, dass ich auch jedes andere Mädchen hier beglücke, ohne mich darum zu kümmern, wen Sie vor und wen Sie nach mir hat. Kurz bevor ich einschlief hatte mein Mitleid mich soweit, dass ich mir fest vornahm heute in Ihre Bar zu fahren, Sie zu barfinen und wie ein Gentleman auszuführen. Einfach, weil Sie sehr nett zu mir war und mir zeigte, dass Sie sich sehr wohl mit mir fühlte - und mir DAS schon immer genügt hat, ein Mädchen glücklich machen zu wollen.
Als ich dann an diesem ersten Tag im neuen Jahr kurz nach 12 Uhr mittags aufwachte, war dieser Entschluss zusammen mit dem ganzen Mitleid in der Dusche im Gulli verschwunden - den mir wurde wieder bewusst, warum ich hier war: Um mich vom Arbeitsalltag zu entspannen und so viele Mädchen so oft wie möglich zu ficken