Magen- und Darmspiegelung...ein Bericht

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        #1  

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Moin zusammen!

Montag hatte ich meine erste Magen- und Darmspiegelung und möchte davon berichten. Es gibt zwar schon den einen oder anderen Thread, in dem dieses Thema vorkam, aber ich dachte, vielleicht interessiert es jemanden ohne viel suchen zu müssen…daher ein neuer Thread dazu. Kann aber auch gerne von den Mods irgendwo anders dran gehängt werden, kein Problem.

Eines vorab, es ist alles gut gegangen. Ich möchte hier eher das Prozedere etwas genauer erklären und Euch meine Gedanken dazu darlegen. Vielleicht hilft es dem einen oder anderen, diesen Schritt auch zu machen. Ich habs zum besseren Lesen in drei Abschnitte aufgeteilt.
 
        #2  

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Die Vorgeschichte

Schon seit einigen Jahren, als ich die 50 voll hatte, quäle ich mich mit diesem Thema herum. „Wichtige Vorsorge, zur Sicherheit mal Nachschauen, große Hafenrundfahrt, kostet ja nix“…nahezu jeder im Bekanntenkreis hatte was dazu zu sagen…nur die Wenigsten hatten es aber schon gemacht. Mir ging und geht es bis heute blendend, keine Schmerzen, kein Blut, keinerlei Anzeichen, die man ja tausendfach ergoogeln kann…was soll da schon sein. Ab 50 steigt das Risiko, aber eigentlich ist es mit 55 ja auch noch super klein…na ja, so halb-klein eher. Durchschnittliches Erkrankungsalter irgendwo so um die Ende 60, hat ja noch etwas Zeit…andererseits, wenn einer 80 ist und einer 50, dann ist der Durchschnitt ja auch wieder scheisse…Jahr für Jahr von Zeit zu Zeit ging das so in meinem Kopf hin und her. Immer lag gerade was Wichtiges an, große Projekte im Job, dann ja Urlaub, im Sommer ist es eh zu heiß…irgendwas war immer, warum es jetzt gerade nicht ging.

Letztes Jahr kamen dann Schmerzen im Oberbauch, war letztendlich eine Gastritis und ging nach ein paar Wochen mit Pantoprazol wieder weg und mein Doc meinte: Lass doch mal eine Magenspiegelung machen, dann wissen wir, ob da noch mehr dahinter steckt. WAASSSSS ?? Magenspiegelung ?? Ich glaube, es hackt!! Ist doch alles wieder paletti.

Doch ab diesem Zeitpunkt wurden die Fragen im Kopf immer mehr und die Zeitabstände immer kürzer. Egal, was ich gerade machte, irgendwo war immer das Thema Krebs präsent, als würde es mich verfolgen: Auf jeder beschissenen online news Seite las ich „Felix Burda Stiftung“, „Darmkrebs früh erkennen und heilen“, „Speiseröhrenkrebs, das muss nicht sein“ usw. Bei einem meiner Kunden erkrankte mein Ansprechpartner an Darmkrebs…mit 53…meine Eltern sagten eine Esseneinladung ab, weil sie zur Vorsorge mussten („Junge, das geht leider nicht, weil wir da vorher dann aufs Klo müssen“)…es nahm einfach kein Ende.

Letztlich gab ein Besuch beim Hausarzt wegen einer anderen Sache den Ausschlag, als er mich wieder auf die Vorsorge hinwies: „Du kannst das natürlich lassen, nicht jeder erkrankt daran. Ist nur blöd, wenn doch: OP, Krankenhaus, vielleicht Chemo oder künstlicher Darmausgang…da hätte ich keinen Bock drauf.“ Am selben Tag machte ich mir einen Termin zur Magen- und Darmspiegelung. Zwei Wochen später sollte es losgehen. Ich hatte einfach die Schnauze voll…auch von mir.

Zunächst war ich wie befreit. Endlich bringe ich es hinter mich und dann gleich beides auf einmal, ich war echt ein harter Typ. Einen Tag später ging dann das Zittern los: Die Scheisserei vorher soll die Hölle sein, das Abführmittel schmeckt ätzend und man muss zweimal 4 Liter von der Brühe trinken, die schieben mir ja einen meterlangen und dicken Schlauch in den Hals und in den Arsch, es gibt ja auch Risiken, Darmperforation und so. Ich fühlte mich total beschissen und wollte schon absagen, habs dann aber doch zum Vorgespräch geschafft.
 
        #3  

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Vorgespräch und Vorbereitung

Eine helle und freundliche Praxis, keiner glotzte mich blöd an, alles war irgendwie normal. Die anderen Patienten waren überwiegend in meinem Alter, die Schwestern am Empfang nahmen mir gleich die Angst und baten mich durch zum Arzt, den man sich für mich ausgeguckt hatte. Ein Typ Mitte 40, sehr sachlich, kein Geschwafel…genau mein Ding. Ein paar Zettel zur Aufnahme ausgefüllt und dann erklärte er mir den Ablauf: Er würde mich schlafen schicken mit Propofol, ich würde rein gar nichts mitbekommen und mich auch an nichts erinnern. Zuerst käme die Magenspiegelung, die würde 10min dauern und dann gleich die Darmspiegelung hinterher, würde so 20min dauern.

Dann gab er mir das Abführmittel. Ich staunte nicht schlecht: Zwei kleine Flaschen wie Hustensaft, ein Tütchen mit Pulver und vier Kautabletten waren in der kleinen Tasche, das wäre alles. Jeweils mit Wasser verdünnen und dann die insgesamt 0,5 Liter jeweils abends und morgens innerhalb einer Stunde mit einem Strohhalm trinken. Danach noch 2 Liter stilles Wasser in Ruhe hinterher, fertig. Die Tabletten zerkauen, damit es im Darm nicht so schäumt. Stünde aber auch alles detailliert auf dem Zettel in der Tasche. Ich solle ein Badetuch zum Zudecken mitbringen („nicht, dass Sie einen kalten Hintern bekommen“) und etwas zu essen und zu trinken für danach. Na, das schien doch machbar.

Zum Ende erklärte er mir die Risiken: Eine Perforation wäre bei so jungen Patienten (meint der mich?) praktisch unmöglich, es könnte etwas nachbluten, wenn es zum Abtragen von größeren Polypen käme und mir könnte nach dem Aufwachen etwas schwindelig sein, vergehe aber nach kurzer Zeit. Furzen könnte auch sein, da mir etwas Gas in den Darm gepumpt würde, damit er mehr Platz hat. Er hätte schon einige tausend Spiegelungen gemacht, das würde schon alles glatt gehen.

Ich hatte mir das so gelegt, dass am Montagvormittag um 11:30 die Spiegelungen waren und ich so am Sonntagnachmittag mit der ersten Darmspülung beginnen konnte. Montagmorgen dann die zweite Spülung vor der Untersuchung. Dies hatte den Vorteil, dass ich Montag nicht mitten in der Nacht aufstehen musste, denn die zweite Spülung muss 4-5 Stunden vor der Untersuchung begonnen werden. Ich durfte Sonntag noch leicht Frühstücken, mittags ein paar Nudel essen und heiße Klare Brühe trinken, wann immer ich wollte. Essentechnisch wars das dann bis zum Ende der ganzen Untersuchung. Trinken darf man bis zwei Stunden vor der Untersuchung alles, solange es ein klares Getränk wäre.

Zugegeben, die Woche lief dann wie in Zeitlupe und ich fühlte mich ausgelaugt und schlapp, eine Angstreaktion des Körpers erfuhr ich dann im Nachgespräch. Da wäre ich wohl anfälliger als andere. Nun ja, kann es nicht ändern. Die unterschwellige Angst war jedenfalls völlig unnötig, dazu später.

Sonntagnachmittag rührte ich mir das Zeug dann an, was sehr einfach war. Rein in einen Bierhumpen, Wasser drauf, fertig. Schmeckte nach Limetten und irgendeinem chemischen Zeug. Das war sicher nicht lecker, aber es ging problemlos rein, nach jedem Schluck kurz in eine Limette gebissen, das war ein guter Tipp vom Doc. Eine Stunde langsam ausgesüffelt und es passierte…NIX. Dann reichlich Wasser hinterher gekippt, wieder NIX. Erstmal in den Garten eine Rauchen. Als ich die Kippe gerade an hatte ging es los, wie aus dem Nichts. Im Sprint aufs Klo und wie aus dem Hochdruckreiniger schoss die Suppe in die Schüssel, mein lieber Herr Gesangsverein. Es war aber nicht besonders unangenehm, nicht so wie bei einem Infekt oder nach schlechtem Essen, wo man sich ja auch krank dabei fühlt.

Alle 5min tat der Kärcher dann seinen Dienst und nach exakt einer Stunde hörte es abrupt auf, wie abgeschnitten. Es war auch kein Stuhlgang mehr, sondern nur noch eine leicht gelbliche klare Flüssigkeit. Fortan pisste ich nur noch das ganze Wasser raus. Das wars und der Sonntagabend verlief ohne weiteren Stuhlgang ganz normal. Ich machte noch etwas Sport und pennte früh ein.

Am Montagmorgen dann um 7:00 das Ganze wiederholt und es verlief genauso wie am Tag davor. Meine Angst, dass ich mit Flitzekacke zur Untersuchung musste war unbegründet, nur die dauernde Pisserei war etwas nervig. Der Doc meinte später, ich hätte wohl zu viel getrunken. Na ja, ich wollte halt auf Nummer sicher gehen.

Um 11:00 holte mich mein Vater ab und fuhr mich in die Praxis.
 
        #4  

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Die Untersuchung

15min vor Untersuchungsbeginn war ich am Empfang, kurze Anmeldung und dann ein Stockwerk tiefer zu den Untersuchungsräumen. Da im Wartebereich dudelte so eine Sphärenmusik zur Beruhigung. Hörte sich an wie die Emirates-Musik vor Start und nach der Landung. Mit mir saßen da noch vier Leute und ich dachte schon, dass das ja erstmal Warten bedeuten würde. War aber nicht so: Ein massives Mannsweib rief mich mit einer säuselnden Stimme auf…bitte folgen sie mir. Alles klar, wenn die mich vorbereitet, dann gnade mir Gott, dachte ich. Die macht dich fertig.

Im Untersuchungszimmer erwartete mich dann aber eine süße Blondine in dunkelroter Schwesterntracht. Alles klar, läuft, dachte ich. Sie zeigte mir einen Umkleidebereich, der mit einem Vorhang abgetrennt war und bat mich meine Schuhe, Jeans und Shorts auszuziehen, den Rest würde ich anbehalten. Helfen müsste sie ja nicht, weil ich ja noch so jung wäre (schon wieder?)…schade. Ich sollte mein Badetuch mitnehmen, mich seitlich auf die Untersuchungsliege legen und mich mit dem Badetuch bedecken. Läuft…mache ich doch gerne Süße. Na ja, sein wir mal ehrlich: Das war übertrieben, nach Flirten war mir gar nicht zumute.

Sie legte mir dann einen Zugang für das Propofol, eine Blutdruckmanschette um und ein Oximeter auf den Zeigefinger für die Überwachung der Sauerstoffsättigung, denn Propofol schalte nicht die eigenständige Atmung aus wie eine richtige Vollnarkose und so wird die Atemfunktion überwacht. Wieder was gelernt. Dann brachte sie mich in eine Art stabile Seitenlage und ich bekam noch ein Mundstück umgeschnallt, durch das dann der Schlauch für die Magenspiegelung geschoben werden sollte. „So, gleich geht es los, bis später“, sagte sie noch, dimmte das Licht runter und ich war alleine. Ich konnte die ganzen Apparaturen und Monitore bewundern und nach ein, zwei Minuten kam der Doc rein und fragte, ob alles klar sei. „Legen Sie los“, sagte ich tapfer und er setzte eine kleine Spritze mit dem Propofol auf den Zugang und drückte ab. Sekunden später war ich weg.

Dann sah ich einen Vorhang, schneeweiß direkt vor meinen Augen. Es dauerte einige Sekunden bis ich realisierte, dass dies nicht das Himmelstor war, sondern der Sichtschutz vom Aufwachraum, in den ich geschoben worden bin. Ich fühlte mich super klar, wie nach einem 10-stündigen tiefen Schlaf und es ging mir bestens. Ich horchte in mich hinein: Keine Schmerzen, gut. Dann ein Griff nach hinten: Alles da wo es hin gehört, keine Schmerzen am Auspuff, nur ein paar Tropfen Flüssigkeit. „Die sind beim Rausziehen mitgekommen“, sagte mir der Doc später. Konnte ich mit Kleenex abwischen und habe dann später zuhause geduscht.

Dann kam auch schon der blonde Engel ins Zimmer und bat mich, mich anzuziehen und in den Überwachungsbereich zu wechseln, dort könne ich essen und trinken. Hab dann was getrunken und ein paar Kekse gefuttert und schon ging es zur Nachbesprechung mit dem Doc:

„Die Magenspiegelung ergab keinen Befund, alles ist kerngesund. Rachen, Speiseröhre, Magen und die sichtbaren Teile des Zwölffingerdarms sind einwandfrei. Ich habe eine Gewebeprobe genommen, um noch auf versteckte Magenkeime testen zu lassen. Im Dickdarm waren drei kleine Polypen, die habe ich gleich mit rausgenommen. Ansonsten alles gut. Die Polypen werden noch untersucht, danach kann ich Ihnen eine Empfehlung aussprechen, wann sie das nächste Mal kommen sollten, wahrscheinlich in 5 Jahren.“

Um 11:15 betrat ich die Praxis, um 11:45 begann die Untersuchung, um 12:39 bin ich wach geworden und um 13:15 stand ich wieder auf der Straße.

Das wars.

Wenn keine Polypen gefunden werden, wird eine nächste Untersuchung nach 10 Jahren empfohlen, sonst nach 5 oder 3 Jahren, je nachdem, wie die Beschaffenheit der Polypen war. In allen Fällen ist die Entwicklung eines Tumors bis dahin gebannt.

Vaddi hat mich dann abgeholt (wegen Propofol ist selbst Fahren am gleichen Tag verboten) und das Leben läuft seitdem weiter wie immer, nur ohne Angst.


Mein Fazit:

Hätte ich das bloß schon früher gemacht. Jede kleine Erkältung ist dagegen schlimmer. Ich hätte mir die ganzen Jahre das Zögern und Zweifeln ersparen können. Trotzdem halte ich mich nicht für einen Schisser, denn sicher bin ich nicht der einzige auf der Welt, der davor (unberechtigt) Angst hatte. Ehrlich gesagt, bin ich jetzt sogar etwas stolz auf mich, auch wenn ich das meinem Umfeld nicht so zeige.

Vielen Dank fürs Zuhören, macht was draus…oder eben auch nicht, denn entscheiden muss das jeder für sich!


HV
 
        #5  

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Danke, genau das steht mir dieses Jahr auch noch bevor, wenn ich mit den Blutverdünnern fertig bin.
Habe da immer etwas Bammel davor gehabt, gerade wegen der Darm Spülung so viel trinken… mach ich normalerweise nicht….. schmeckt das Zeug einigermaßen….. kriegt man das runter…..
Die Untersuchung selber machte mir da eher keine Angst. Man ist ja weg getreten.

Aber das hilft mir das ganze Positiver zu sehen. Danke nochmal.
 
        #6  

Member

Danke für den Bericht @huntsville1, ich kann gut die Überwindung nachvollziehen die man braucht. Super das Du darüber geschrieben hast

Gruss

Yam

P.S. Propofol Betäubungen sind echt entspannt und angenehm ... kein "Kater" und sofort wieder fit
 
        #7  

Member

Member hat gesagt:
P.S. Propofol Betäubungen sind echt entspannt und angenehm ... kein "Kater" und sofort wieder fit
Das dachte Michael Jackson auch immer....;-)
 
        #8  

Member

Auch von mir ein großes Dankeschön! Ich glaube, dein kleiner Bericht wird vielen doch das mulmige Gefühl nehmen.

Auch gefällt mir dein Schreibstil, den ich mir auch bei einem Reisebericht sehr gut vorstellen könnte.
 
        #9  

Member

@huntsville1 macht die große Hafenrundfahrt und berichtet davon? War sowieso gespannt, was die tiefen des (Darm-)Universums zu bieten haben.

Danke für die vielen Infos.
 
        #10  

Member

Tolle Sache @huntsville1 und vielen Dank fürs Teilen.
auch ich habe bereits 2 Darmspiegelungen hinter mir.
Die waren ohne Betäubung und nur die ersten 2 Minuten hat es etwas gezwickt, bis der Schlauch den ersten Bogen im Darm passiert hatte. Ich wollte auf die Betäubung verzichten, da ich das ganze Procedere live am Bildschirm miterleben wollte.
Spannende Sache und überhaupt nicht schlimm. Ob mit oder ohne Betäubung.
Tut etwas für Eure Gesundheit, denn Ihr wollt auch morgen noch ohne künstlichen Ausgang ins gelobte Land reisen...
Gruß U62
 
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