Ich war etwas nervös, weil ich keine Ahnung hatte was nun geschehen würde. Natürlich hatte ich gewusst, dass es früher oder später zu einer Aussprache und der Konfrontation mit Noi kommen würde und hatte alle erdenklichen Möglichkeiten wie diese ablaufen könnten x-mal durchgespielt. Aber jetzt, wo es soweit war, fühlte ich mich völlig unvorbereitet und bangte wie Noi reagieren würde.
Als Pong die Tür öffnete, betrat Noi den Raum zunächst mit der unverbindlichen Erklärung, mir einen Krankenbesuch abstatten zu wollen. Ihr Blick wanderte dabei unauffällig zum Balkon und dem Fenster zum Badezimmer. Offenbar wollte sie sich versichern, dass Nele-Imke nicht anwesend war, bevor sie sich mit einem "Hello Darling, how are you? I missed you so much.“ zu mir aufs Bett setzte und sich mir zu einem Kuss entgegen beugte.
Als ich mich abwandte, um mich dem Kuss zu entziehen, stutzte sie, sah mich fragend an und ergänzte mit ein wenig Besorgnis in der Stimme: "You missed me too?“
Noi war ganz offensichtlich überrascht, konnte meine Zurückhaltung aber nicht deuten und warf Pong einen kurzen, fragenden Blick zu. Bevor Pong reagieren konnte, klärte ich sie auf: "Not at all and I want you to go now. And don‘t come back, please.“
Noi war entsetzt und ihre Blicke wanderten irritiert zwischen Pong und mir hin und her. Pong war unschwer anzusehen, dass sie mindestens ebenso überrascht war wie Noi und so wandte Noi sich wieder mir zu: "Why? What happened honey?“
Ich teilte ihr in ruhigem aber bestimmten Tonfall mit, dass ich wusste, dass sie eine Prostituierte war, ich aber kein Sextourist sei, der für Sex zahlen und somit auch nicht ihr Kunde sein wollte.
Noi war sichtlich geschockt. Damit hatte sie nicht gerechnet, hatte auch keine Idee, wie ich darauf gekommen war und brauchte daher einen Moment, bis sie sowas wie eine Antwort herausbrachte. Sie stammelte irgendwas Wirres, dass das nicht stimme, sie keine Prostitutierte wäre, mich doch lieben würde, und so weiter. Offenbar vermutete sie, dass ich meine Informationen von Pong hatte und schloss mit: “What she tell you, honey? Don‘t believe her. She‘s lying. She is bargirl, not me. Bargirls sell pussy. Bargirls never tell truth … please don‘t listen to her, honey … believe me, I love you so much … please … it is not true, honey … please.“ Dabei warf sie Pong zunächst einen tödlichen Blick zu, der sich zu einem verwirrten und fragenden Blick wandelte, als sie anhand von Pongs Gesichtsausdruck realisierte, dass Pong wohl nicht meine Informationsquelle gewesen war. Nun sprach sie Pong auf Thai an. Aus Pongs Reaktion konnte ich schließen, dass sie ihr antwortete selbst ratlos zu sein und nicht zu wissen, woher ich über Noi bescheid wusste.
Offenbar glaubte Noi ihr nicht und begann Pong zu beschimpfen. Ich verstand zwar kein Wort, aber der Tonfall der beiden war sehr eindeutig. Noi machte Pong offenbar Vorwürfe und Pong verteidigte sich mindestens ebenso vehement und laut. Binnen weniger Momente war die Situation eskaliert und ich befürchtete, dass Noi handgreiflich Pong gegenüber werden würde. Als ich eingreifen und Noi beschwichtigen wollte, richtete sich ihr Zorn auf mich: "I understand … very clear … you fuck that bitch.“ Noi deutete auf Pong, fuhr fort und fing an zu weinen: “See how you are? … You are sextourist, you are fucking falang … so unfair … I am good girl, I love you so much and you go fuck bargirl bitch and throw me away ...“ Ihr weinen mündete nun in ein verzweifeltes Schluchzen. Sie warf sich theatralisch neben mir aufs Bett und vergrub ihr Gesicht in einem Kissen. Ich war beeindruckt. Das war so gut gespielt, dass ich fast drauf reingefallen wäre. Ich zweifelte sogar tatsächlich für einen Moment.
Dann sagte ich betont ruhig: “No, I don‘t fuck Pong. Pong has nothing to do with it. Pong don‘t even know it.“ Nach einer kurzen Pause setzte ich fort: "I saw you fuck customer at massage.“
Das Schluchzen aus dem Kissen erstarb wie auf Kommando und Noi bilckte mit den künstlichen Tränen in den Augen zu mir auf. Offenbar unschlüssig, was sie darauf antworten sollte, starrte sie mich nur schweigend an.
"Just go now, please.“ ergänzte ich in ruhigem Ton und konnte in Nois Gesicht ablesen, wie ihr klar wurde, dass es vorbei und sie durchschaut war.
Wortlos stand sie auf, trocknete sich Augen und Wangen und ging zur Tür. Dann, schon in der offenen Tür stehend, hielt sie inne und wandte sich mir zu: "OK, I go now. You give me my money?“
Ich sah sie verdutzt an. "You say I am bitch. Bitch sell pussy and you fuck me, so pay for pussy.“ erklärte Noi giftig.
Das war so absurd, dass ich spontan lachen musste, doch Noi meinte das natürlich ernst. "10K is price for my pussy - OK for you?“ fuhr Noi unbeeindruckt von meinem Lachen fort. "Not a single Baht“ antwortete ich, aber Noi schien nichts anderes erwartet zu haben und setzte nun einen verschlagen Blick auf. "Maybe I better ask Nele-Imke if it is to much for my pussy.“ Ich hörte auf zu lachen und erhob mich. Noi grinste breit und selbstsicher, als ich mit regungsloser Mine die paar Meter zu ihr ging. Vermutlich dachte sie ich würde mich geschlagen und ihr das Geld geben. Ihre Selbstsicherheit wich allerdings als sie realisierte, dass dem nicht so war und als ich ihr näher kam, wich sie instinktiv einige Schritte zurück und blieb erst stehen, als sie bemerkte, dass sie den Türrahmen bereits durchschritten hatte.
"Yes, maybe that is the best.“ antwortete ich tonlos, während ich die Tür schloss. Ich konnte noch kurz Nois grenzenlose Überraschung sehen, bevor die Tür ins Schloss fiel.
Noi brauchte einige Sekunden, um sich wieder zu fangen, aber noch während ich mich versicherte, dass die Tür auch wirklich fest verschlossen und von außen nicht zu öffnen war, begann sie gegen die Tür zu schlagen und zu rufen, dass sie so lange warten würde, bis Nele-Imke auftauchte, damit sie dieser alles erzählen konnte.
Ich dachte bei mir, dass das sicher ein langer Tag für Noi werden würde und musste innerlich schmunzeln. Ich hatte mich bereits auf dem Weg zurück ins Bett wieder etwas entspannt von dem Tumult und der ganzen Aufregung, obwohl Noi vor der Tür noch immer keine Ruhe gab.
Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis Noi aufgegeben hatte und gegangen war. Pong hatte währenddessen praktisch nichts gesagt und mich nur verwundert angeschaut. Sie schien sich schuldig, oder wenigstens mitschuldig zu fühlen.
"Me was thinking you know massage lady is same same bargirl.“ sagte sie schließlich leise und entschuldigend. "No, I didn‘t.“ antwortete ich und ergänzte etwas trauriger als mir lieb war: "I thought she loved me.“
Pong hatte den Blick bis dahin gesenkt gehalten. Nun sah sie mich an und erklärte etwas unsicher: “Maybe she really love you … you know, it is work, but sometimes … if customer is nice and has good heart … sometimes lady work bar or massage do have feeling … big feeling, big love … can have … really.“ Ich überlegte einen Moment. Konnte das wahr sein? War es möglich, dass Noi zwar eine Nutte war, sich aber trotzdem in mich verliebt hatte? Der Gedanke war verführerisch. Zu verführerisch und zu gut um wahr zu sein, wurde mir klar. Sie hatte mich von Anfang an belogen und eingewickelt, um mich auszunehmen. Daran gab es nichts zu rütteln und das hatte mit Liebe ganz sicher nichts zu tun.
Nach einer Weile entgegnete ich: “No, that was business. If I pay, I am customer. If she takes money, she is prostitute. That is business, not love.“
Pong nickte nur, sagte aber nichts mehr dazu. Kurz darauf verabschiedete sie sich, da sie müde war und noch ihre Sachen für den Umzug am nächsten Tag packen musste.
Ich lag noch lange wach und sinnierte über Noi, wie es hätte werden können und wie es geworden war und geendet hatte. Zwar war mir etwas wehmütig dabei, aber zu meinem eigenen Erstaunen blieben meine Gedanken nicht bei Noi hängen, sondern wanderten recht zügig zu Pong. Noch erstaunlicher fand ich dabei, dass sich diese Gedanken nicht um die Vorfreude drehten mit ihr zu schlafen, sondern eher Gedanken des Bedauerns darüber waren, dass mehr mit Pong nicht möglich war. Pong war eigentlich unglaublich. Schön, lieb, einfach wunderbar. Selbst über ihre Vergangenheit als Hure könnte ich sicherlich hinwegsehen.
Schade, dass sie auch eine Lügnerin war. Wirklich jammerschade.