Mit dem Eis hatte ich Off offenbar für mich gewonnen. Sie war nun ganz friedlich und zutraulich, zeigte mir ihre paar Spielsachen, die sie nach und nach aus der Tüte fingerte und schien mir jedes Einzelne zu erklären. Einige schienen Namen zu haben, aber letztlich verstand ich natürlich gar nichts. Das hätte ich wohl auch dann nicht, wenn sie nicht Thai gesprochen hätte, aber darauf kam es ja auch nicht an.
Die Zeit verging nun wie im Fluge, so dass ich gar nicht bemerkt hatte, das weitere zwei Stunden vergangen waren. Pong war noch immer nicht aufgetaucht und ich musste einsehen, dass sie das wohl auch nicht tun würde.
Ihr Handy lag noch immer auf dem Tisch. Zwischenzeitig hatte es immer mal wieder gebrummt oder aufgeblinkt, als wollte es zeigen, wie wichtig es für Pong sein musste. Da hatte es sich wohl überschätzt, denn Pong kam nicht, um es zu holen.
Zwischendurch hatte sich die nette Kellnerin immer mal wieder kurz zu uns gesellt, um mit Off ein paar Faxen zu machen. So war es dann auch viel einfacher als befürchtet, ihr zu beichten, dass ich gar kein Geld dabei hatte und erst ins Hotel musste, um meine Karte für den ATM zu holen. Ich bot ihr an Pongs Handy als Pfand dazulassen, was sie aber ablehnte. Mein Wort würde ihr reichen und ich könnte die Rechnung auch später oder am nächsten Tag bezahlen. Die war wirklich nett und so blieb mir eine weitere Peinlichkeit in dem Restaurant erspart.
Mit Off auf dem Arm machte ich mich auf den Weg zum Hotel. Nach hundert Metern war Off bereits eingeschlafen. Obwohl es bei weitem nicht mehr so heiß wie am Mittag war, wurde der Weg mit dem schlafenden Drops auf dem Arm sehr lang. Der Schweiß rann in Strömen und ich durchsuchte bestimmt zehn Mal meine Hosentaschen nach einigen Baht für einen dieser Bahtbusse.
Als ich endlich das Hotel erreicht hatte, war ich patschnaß und bot scheinbar einen ziemlich merkwürdigen Anblick. Das Mädel an der Rezeption sprach mich auch an, aber ich lächelte nur kurz und ignorierte sie ansonsten. Vermutlich wollte sie wissen, ob mit mir alles in Ordnung war, oder war besorgt, dass mein Schweiß den Boden volltropfte, oder sonstwas. Ich war jedenfalls viel zu erschöpft, um mich mit ihr über Belanglosigkeiten zu unterhalten. Außerdem hatte ich die leise Hoffnung, dass Pong vielleicht im Hotel auf mich warten würde. In dem kleinen Eingangsbereich wartete sie aber nicht und, wie ich kurz darauf feststellen musste, auch nicht vor oder gar im Zimmer.
Ich legte Off vorsichtig auf dem Bett ab, damit sie nicht aufwachte und kramte ein paar trockene Kleider aus ihrer Tüte hervor. Ihre Sachen waren ebenfalls fast völlig durchnäßt. Off hatte, wie wohl die meisten Kleinkinder, einen tiefen Schlaf und schlief auch dann noch seelig weiter, als ich ihr vorsichtig die nassen Kleider auszog.
Ich überlegte kurz, ob ich sie gleich wieder anziehen oder lieber warten sollte, bis sie aufwachte, damit sie die trockenen Klamotten nicht im Bett eventuell selbst gleich wieder durchschwitzte. Ich sah kurz zur Klimaanlage. Die lief zwar, aber wirklich kühl war es im Raum nicht. Da sollte es reichen die Kleine gut zuzudecken und eventuell die Klimaanlage etwas runterzudrehen.
Ihre nassen Kleider hing ich draussen zum Trocknen auf, da ich nicht ganz sicher war, ob ich die eventuell noch brauchen würde. Mehr als das eine T-Shirt, die Unterhose und das Paar Shorts, die ich auf dem Nachttisch bereits bereitgelegt hatte, hatte die Tüte nicht hergegeben. Aber das war auch nicht so wichtig. Ich konnte ja immer noch mit ihr ins Einkaufszentrum gehen und Kleidung nachkaufen.
Ich betrachtete Off einen Moment und überlegte, ob sie noch etwas brauchen konnte, oder ich an alles gedacht hatte. Mir fiel nichts ein. Einzig die Balkontür schloss ich noch, damit sie mir da nicht noch hinaustaperte, falls sie aufwachte, während ich in der Dusche war oder kurz mal nicht aufpasste.
Nach einem letzten Rundblick im Raum zur Kontrolle, dass auch alles sicher und in Ordnung war, konnte ich endlich duschen gehen. Das kalte Wasser erfrischte ungemein und ich hätte am liebsten stundenlang geduscht. Aber das ging natürlich nicht. Ich musste ja die Kleine im Auge behalten und so beeilte ich mich.
Ich war gerade fertig und trocknete mich ab, als es an der Tür klopfte. "Gott sei Dank, Pong!" dachte ich erleichtert und rief ihr zu: "Just one minute. Need to dress!"
Gerade aus dem Bad heraus hörte ich, wie die Tür aufgeschlossen wurde. Ich fragte mich noch kurz, wo Pong einen Schlüssel herhatte, dann schwang die Tür auf und ich starrte völlig perplex die beiden Uniformierten und die Frau von der Rezeption an.
Was war denn nun los? Ich war verwirrt und es war mir natürlich auch etwas peinlich, obwohl es dazu ja eigentlich keinen Grund gab. Schließlich war das mein Hotelzimmer. Da durfte man ja wohl nackt aus der Dusche kommen. Denen hätte es peinlich sein müssen dort einfach hereinzuplatzen. Offenbar war es denen aber nicht im Geringsten peinlich, sondern sie traten sogar unaufgefordert ein. "Wait outside please, I want to dress!" bat ich mit Nachdruck, aber niemand hörte darauf.