Emily ließ mich kaum aussprechen.
Sobald sie verstanden hatte, was ich sie gerade fragte, schrie sie vor Freude laut auf und fiel mir um den Hals. Mit so viel Begeisterung hatte ich nicht gerechnet, so dass ich mit ihr rücklings auf dem Bett landete, wo sie mich mit Küssen überdeckte und immer wieder sagte: "yes...of course...I love you darling...yes of course I want...yes...I'm so happy...yes, yes, yes...I'm so happy". Freudentränen liefen ihr übers Gesicht.
Ich hatte ja damit gerechnet, dass sie sich freuen würde, vielleicht sogar sehr freuen würde. Das aber überraschte mich nicht nur, ich war so baff, dass ich erstmal überlegte, was genau ich gesagt hatte, ob sie mich vielleicht missverstanden haben könnte.
Ich hatte ihr doch nicht etwas einen Heiratsantrag gemacht? Nein, sicher nicht. So missverständlich konnte ich mich nicht ausgedrückt haben.
Ich musste schmunzeln, weil mir plötzlich der Gedanke kam, dass es schon ziemlich eingebildet von mir war, anzunehmen, dass sich Emily über einen Heiratsantrag von mir so freuen würde.
Konnte sie verstanden haben, dass ich sie nach Deutschland einlud oder mitnehmen wollte? Auch nicht!
Ich hatte klar und deutlich von dem Rest unserer Ferien, von 2 Wochen Thailand gesprochen. Das konnte sie nicht missverstanden haben.
Mir war natürlich klar, dass sie sowas nicht so oft gefragt wurde, wenn überhaupt, und dass sie selbst sich eine Auslandsreise vermutlich niemals würde leisten können, aber das schien mir doch viel zu viel Begeisterung.
Vielleicht hatte sie da zu viel hinein interpretiert, machte sich Hoffnung auf mehr, evtl. viel mehr?
Auch das war unwahrscheinlich, dafür hatte sie nicht genug Zeit zum Nachdenken gehabt. Das war eine spontane Reaktion.
Um ganz sicher zu gehen, beschloss ich aber trotzdem, sie erstmal wieder etwas runter zu holen und bei der Gelegenheit nochmal deutlich zu sagen, dass es nur um 2 Wochen Thailand ging, keinesfalls mehr.
Ich fragte erstmal ab, ob sie denn überhaupt einen gültigen Pass hätte und sie evtl. ein Visum bräuchte.
Einen Pass hatte sie, da sie vor ein paar Jahren mal in Malaysia als Hausmädchen gearbeitet hatte, Visum wusste sie nicht, griff aber direkt zum Telefon und rief jemanden an, der das wissen müsste.
Sicherheitshalber fragten wir nochmal beim Front-Desk nach, ob die das wüssten. Beide Auskünfte waren eindeutig, es war kein Visum nötig, nur ein Rückflugticket.
Verstanden hatte Emily mich auch richtig. Also alles im grünen Bereich.
Nun war sie auch wieder etwas runter gekommen und fragte was denn mit Mary und Anna sei, ob die auch mitkämen.
Ich schüttelte den Kopf. Sie war zwar überrascht, aber nicht weiter betroffen. Sie waren halt nur Kolleginnen und keine Freundinnen, daher machte Emily sich darüber auch keinen Kopf.
Allerdings bat Emily mich, den Beiden nicht zu erzählen, dass sie mitreisen würde.
Das passte ja mal gut, denn eine Lösung dafür, wie wir den beiden das beibringen sollten, hatten Anton und ich noch nicht. Daher wollte ich eigentlich Emily gerade bitten, vorerst nichts zu sagen.
Emily wollte das nun aber komplett geheim halten.
Mir war nicht klar, wie das gehen sollte. Sie würden uns bei Abreise vermutlich direkt am Wagen verabschieden. Selbst wenn nicht, arbeiteten sie alle im Champagne. Wenn Emily da zwei Wochen nicht auftauchte, mussten Mary und Anna keine Hellseher sein, um zu ahnen wo sie war.
Auch dafür hatte Emily eine Lösung.
Sie meinte, dass es nicht so ungewöhnlich wäre, dass ein Girl sich für einige Tage in der Bar abmeldete um nach Hause zu fahren, um ihre Eltern und/oder Verwandten zu besuchen. Vor allem, wenn sie gerade einen Langzeitkunden gehabt hatte. Das würde man ohne Problem glauben. Zwei Wochen wären zwar sehr lange, aber sie könnte nach ein paar Tagen in der Bar anrufen und mitteilen, dass es zuhause Probleme gäbe und sie später als geplant wieder zurückkommen würde. Das würde zwar etwas Ärger mit der Bar geben, aber das würde sie hinkriegen. Sie wäre nicht die Erste, die ihren Heimaturlaub ausdehnte. Viele Mädchen hatten tatsächlich mal Ärger zuhause oder probierten für ein paar Tage einen anderen Job aus.
Glauben würde man das, da sah sie kein Problem.
Und dann wäre es auch logisch, dass sie mit uns nach Manila fahren würde, denn dort wohnten ihre Verwandten und mit uns zu fahren wäre natürlich bequemer und billiger als der Bus.
Das könnte klappen. Und wenn es später doch herauskommen sollte, blieb uns wenigstens das unangenehme Gespräch mit Mary und Anna erspart.
Irgendwie war mir aber nicht wohl bei dem Gedanken Mary anzulügen. Anna war nicht meine Baustelle, aber was Mary von mir dachte, auch nachdem ich abgereist war, war mir irgendwie wichtig.
Warum eigentlich? Hatte ich mich bereits verknallt? Nein, so weit war es ganz sicher nicht, aber ich mochte sie schon sehr. Ob sie mich ihrerseits nun auch mochte, oder das nur gespielt war, war dabei nicht wichtig.
Es fühlte sich einfach falsch an sie anzulügen.
Andererseits war ich auch zu feige für die Alternative, zumal ich auch keine Idee hatte, wie ich erklären und begründen sollte, warum ich Emily und nicht sie mitnahm.
Ich konnte mir ja nicht mal selbst erklären, warum ich es überhaupt für nötig hielt, Mary gegenüber Rechenschaft abzulegen.
Fakt war, dass ich mich damit nicht wohl fühlen würde sie anzulügen, oder, noch schlimmer, dass es herauskäme und sie mich für einen Lügner hielt. Fakt war aber auch, dass ich keine andere, geschweige denn bessere Idee hatte und ich mich bei dem Gespräch und auch später sicher nicht besser fühlen würde.
Ich beschloss, mir seelische Unterstützung bei Anton zu holen.
Damit war es eigentlich beschlossene Sache, denn ich wusste, wie er reagieren würde.
Er würde hundertprozentig auch Probleme mit dem Gespräch mit Anna haben. Sowas war auch nicht sein Ding, wenn sie ihm direkt ins Gesicht sah.
Was später wäre, würde ihn nicht so sehr tangieren. Es wäre ihm nicht ganz egal, aber es würde ihm auch keine schlaflosen Nächte bereiten.
Anton würde Emily's Idee garantiert begrüßen und ich hätte ich es wenigstens nicht allein entschieden.
Mir war zwar bewusst, dass das feige war, aber es beruhigte mein schlechtes Gewissen ein wenig.
Außerdem spielte Mary mir ja auch die ganze Zeit etwas vor. Das war zwar ihr Job und ich war mir auch nicht ganz sicher, wie viel gespielt war und ob da nicht evtl. doch was bei ihr sein konnte, aber der Gedanke beruhigte mein Gewissen zusätzlich.
Ich sprach also mit Emily ab, das ich das kurz mit Anton besprechen wollte. Damit die anderen Beiden erstmal nichts mitkriegten, sollte sie sich ganz normal und unauffällig verhalten. Ich würde das mit Anton auf deutsch besprechen. Das würden Mary und Anna nicht verstehen oder deuten können.
Wenn ich mir ein Bier aus dem Kühlschrank holen würde, wäre das ihr Zeichen um mit ihrer Story loslegen zu können. Wenn nicht, sollte sie erstmal den Mund halten.
"Du hast echt zu viele Spionagefilme gesehen" schoss es mir durch den Kopf. Klar war das albern, aber auf die Schnelle fiel mir auch nichts Besseres ein. Wir mussten schließlich nun auch bald mal zurück ins Wohnzimmer, sonst würden sich die anderen wundern, was wir so lange machten.
Sex hätte man uns nicht abgenommen, danach war die Stimmung nach Mitteilung unserer Reisepläne nicht.
Als wäre nichts gewesen, gingen wir wieder ins Wohnzimmer.
Emily hatte wieder eine ausdruckslose Trauermine aufgesetzt und sagte kaum ein Wort, während ich Anton teilnahmslos, als würden wir übers Wetter reden, informierte.
Ich hatte extra meinen Reisepass mitgebracht, damit es so aussah, als ob ich deswegen ins Schlafzimmer gegangen war. Aber was sollte ich damit nun Sinnvolles machen? Den Laptop hatte ich bereits ausgeschaltet.
Ich beschloss, die Passnummer auf einem Zettel zu notieren, den ich mir dann ganz wichtig in die Hosentasche steckte. Damit hatte ich wenigstens irgendwas mit dem Pass getan und war heilfroh, dass niemand weiter nachfragte wozu das gut sein sollte.
Ich kam mir bei der Ausführung des Ganzen nun noch deutlich alberner vor, als zuvor bei der Planung. Aber Anna und Mary schienen nichts zu bemerken.
Schließlich stand ich auf und holte mir ein Bier.