Noch war es etwas zu früh um auf Piste zu gehen. Anton und ich schlugen vor die Zeit im Massagesalon zu verbringen, was aber bei den Mädels auf wenig Begeisterung stieß. Beide wollten sich lieber im Hotel entspannen. Irgendwie schien ihnen ein Massage-Salon in Verbindung mit uns Unbehagen zu bereiten, schienen sie noch nicht restlos überzeugt, dass wir dort wirklich nur die eher harmlose Entspannung suchten. Anton hatte erst vor wenigen Stunden seine Guten-Morgen-Nummer gehabt und ich ja auch, wenn Pim das auch nicht wusste.
So erlebten wir "verkehrte Welt" in der wir tatsächlich darüber diskutierten, ob wir nicht doch lieber zur Massage gehen sollten, während die Mädels alles daran setzten uns ins Bett zu kriegen.
Bevor wir uns aber schlagen ließen, gaben wir schließlich nach und zogen uns zu einem Schäferstündchen auf die Zimmer zurück.
Der erste Weg des Abends führte uns in Joys Bar, wo Anton artig die Barfine entrichtete und wir etwas vorglühen konnten. Pims Ex-Mamasan hatte sich offenbar noch immer nicht beruhigt und ihren Mädels jegliches Gespräch mit uns untersagt. Die war mehr als albern, was uns aber nicht wirklich störte.
In dem Barkomplex war, wie sonst auch, wieder nicht viel los. An Joys Bar hatte sich neben uns ein Paar mittleren Alters mit ihrer Tochter niedergelassen. Während Papa, an seinem Bier nippend, verstohlen dem ein oder anderen Bargirl hinterhersah, blickte Mama etwas verunsichert in die Gegend und versuchte Papa durch Gespräche so gut wie möglich von den Ladies abzulenken. Die Tochter, geschätzte 14 Jahre alt, spielte mit einer Kollegin von Joy 4-Gewinnt. Ihre Sprache konnten wir nicht verstehen, nicht einmal sicher heraushören, woher sie kamen. Aber man konnte ihnen förmlich ansehen, dass sie von ihrem Reisebüro nicht wirklich umfassend informiert wurden. Sie zeigten sich von ihrem Urlaubsort sichtlich überrascht und hatten sich Pattaya und ihre Abendgestaltung dort garantiert ganz anders vorgestellt.
Die Familie wirkte dort mehr als als deplatziert, die ganze Szenerie ziemlich kurios. Vermutlich war es einer ihrer ersten Abende in Pattaya und sie hatten noch keine Alternativen zur Walking Street und den BeerBars gefunden. Anders konnten Anton und ich uns nicht erklären, warum jemand mit seiner 14-jährigen Tochter in einen Beerbar-Komplex geht. Wir konnten schon nicht nachvollziehen, dass jemand freiwillig mit seiner Frau oder Freundin nach Pattaya reist, aber das sah man ja vereinzelt. Aber mit der Tochter? Das fanden wir schon ziemlich abgedreht.
"Das ist bestimmt so'n neues, alternatives Erziehungskonzept nach dem Motto: Sieh' dir das gut an meine Tochter, wenn du in der Schule nicht aufpasst bist, findest du später auch nur so eine Arbeit." witzelte Anton.
Da erfuhren wir auch direkt, woher die Familie kam, denn Mama reagierte in etwas gebrochenem, aber gutem Deutsch. Diesen Akzent hatte ich schon mal gehört, das war etwas Skandinavisches, ich tippte auf Dänisch, da viele Dänen deutsch können. Sie war von ihrem Urlaub wohl ohnehin nicht wirklich begeistert und 'not amused' über Antons Scherz. Sie fauchte irgendwas davon, dass sie nie nach Pattaya gekommen wären, wenn sie gewusst hätten, wie es dort sei und die ganzen Perversen wie wir sie einfach nur anwidern würden.
Anton sah mich mit gespielter Verwirrung an und sagte lächelnd, aber natürlich für Mama gut hörbar, "Geht mit Mann und Tochter in 'nen Puff und ich bin der Perverse, muss ich das jetzt verstehen?"
Das war dann doch etwas zu viel für Mama, die vielleicht eher erwartet oder zumindest gehofft hatte, dass Anton sich beschämt zurückziehen würde. Sie drehte nun richtig am Rad, nahm aber komischerweise ihren Gatten ins Visier. Vermutlich hatte er die Spitzenidee gehabt mit Familie nach Pattaya zu reisen oder die Beerbars aufzusuchen. Obwohl Papa um Unauffälligkeit bemüht war, war es Mama natürlich nicht entgangen, wie er die Bargirls begutachtet hatte. Auch das 4-Gewinnt-Spiel seiner Tochter mit Joys Kollegin hatte er sicherlich nicht nur wegen des atemberaubenden Spielgeschehens genaustens beobachtet.
Nun ging Mama mit ihm nochmals jede vermeintliche oder tatsächliche Verfehlung des Tages durch.
"Wenn man so ein Elend sieht, weiß man doch gleich wieder, warum man nach Thailand geflogen ist" kommentierte Anton das Geschehen noch lächelnd als wir aufbrachen. Mama war da gerade bei Papas Verfehlungen am frühen Nachmittag angekommen. Der hatte also noch eine lange Nacht vor sich. Das arme Schwein.
Wir waren für später noch mit Pims Ladyboy-Freunden in deren Bar verabredet, hatten aber noch einige Stunden Zeit und Anton und ich waren dann doch nicht so begierig darauf, den Abend in einer Ladyboy-Bar zu verbringen. Also gingen wir noch einige Partien Billard spielen.
Am Nebentisch spielten zwei Engländer mit ihren Ladies und taten so, als hätten sie das Spiel erfunden. Beide versuchten wohl die Mädels zu beeindrucken und machten so übertrieben die Welle, dass es schon beim Zusehen peinlich war. Showstöße mit dem Queue hinter dem Rücken, extreme Pingeligkeit, wenn die Mädels mal eine der Spielregeln missachteten, großmütige Belehrungen, wie die Mädels ihr Spiel verbessern konnten, und, und und. Die Mädels hatten sichtlich Mühe zu verbergen wie sehr die sie nervten und die Beiden selbst rafften das einfach nicht.
Anfangs war es noch lustig, hatte was von Slapstick, dann ging es mehr in Richtung Fremdschämen. Wir vier amüsierten uns zunächst einfach nur über die zweibeinigen Peinlichkeiten. Später wurde es jedoch für alle Umstehenden nervig, da sie anfingen die Stöße der Spieler an den umstehenden Tischen zu kommentieren und diesen ebenfalls ihre tollen Ratschläge aufdrängten. Genervt waren wohl alle, aber die wenigsten hatten ihnen wie wir gleich beim ersten Mal zu verstehen gegeben, dass ihre Einmischung nicht erwünscht war. Daran hatten sie sich dann auch gehalten. Sie waren nicht etwa auf Ärger aus, sondern wollten einfach nur den Max machen und merkten dabei nicht, dass die Anderen sie nicht für begnadete Billard-Meister, sondern einfach nur für peinliche, großmäulige Vollidioten hielten.
Wenig später konzentrierte sich ihr Gehabe dann auf die Bedienung, die damit vollgequatscht wurde, dass die Tische nicht eben, die Queues nicht gerade und die Kugeln nicht regelkonform seien. Schließlich wollten sie noch jeden frei gewordenen Tisch ausprobieren und begutachten. Auch die Bedienung war mehr als genervt, lächelte aber immer freundlich, was bei den Beiden schon eine Leistung war. Als sie endlich nach der Rechnung verlangten, mussten sie sich natürlich nochmals eingehend über die mangelhafte Qualität des Spielgerätes auslassen. Topspieler wie sie könnten das natürlich noch kompensieren, aber man sah ja an den anderen Tischen, dass sich die Anfänger, also unter Anderen auch wir, damit sehr schwer täten.
Was für Großkotze. Das fand wohl auch die sonst immer freundlich lächelnde Bedienung, die für einen Moment ihr Lächeln vergaß und einen eher abfälligen Blick an den Tag legte.
Ich vermutete, dass damit gemeint war, dass die beiden Vollidioten waren und sie nicht böse wäre, wenn sie endlich gingen. Die Beiden hatten das aber wohl als Herausforderung und Zweifel an ihren spielerischen Qualitäten gedeutet. Jedenfalls kippte das Gespräch etwas und sie lachten laut darüber, dass die Kleine wohl dachte, sie könne besser als sie spielen.
Ich verstand nicht, was die Bedienung antwortete, vermutete aber, dass sie den Vorschlag machte um den Tip zu spielen. Die Idee kam mir bekannt vor. Nicht dumm die Kleine, die machte garantiert keinen schlechten Schnitt mit den Trinkgeldern.
Das Größere der beiden Großmäuler reagierte jedenfalls übertrieben abfällig und erklärte, dass es unter seiner Würde sei um Kleingeld zu spielen. Sie sollte wiederkommen, wenn sie in seiner Liga spielte und mindestens 10.000 Baht einsetzen würde. Der Angeber hatte wohl eine recht gute Selbsteinschätzung, denn Beide waren nicht halb so gut wie sie taten und schienen das trotz ihres Getues auch zu wissen. Natürlich spielten sie um Längen besser als Anton und ich, aber das war auch kein Kunststück, da wir einfach nur beschissen spielten.
Es war offensichtlich, dass sie nur deshalb einen so hohen Wetteinsatz aufriefen, weil sie wussten, dass die Kleine niemals so viel Geld hatte, bzw. setzen konnte. "sorry, cannot ... to much" antwortete die Bedienung auch erwartungsgemäß.
Ich registrierte, wie Anton mich schelmisch anlächelte und wusste sofort was er vorhatte. "up to you" beantwortete ich seine unausgesprochene Frage, woraufhin er auch gleich erklärte, den Wetteinsatz für die Bedienung zu übernehmen. Er hatte noch etwas über 7000 THB in der Tasche, ich legte den Rest dazu und erhöhte mit meiner restlichen Barschaft auf 13000 THB. Pim und Joy fanden die Idee Klasse und steuerten ebenfalls 1500 dazu, weitere 2000 kamen von der Bedienung selbst.
Alles grinste die Beiden an. Aus der Nummer würden sie nur noch unter dem schallenden Gelächter aller Umstehenden, inklusive ihrer Ladies, rauskommen, wenn sie die 16500 THB-Wette ablehnten.
Keine Ahnung, ob sie wussten wie gut die Bedienung spielte. Ich war mir jedoch sehr sicher, dass die Beiden gegen sie keine Chance hatten. Wenn sie es wussten, musste man ihnen aber zu Gute halten, dass sie wenigstens etwas Schneid hatten, denn sie nahmen die Wette tatsächlich an. Vermutlich war es ihnen aber auch nur zu peinlich und sie rechneten sich wohl doch einige Chancen aus.
Etwas peinlich wurde es dann doch noch, da sie zusammen nur 7000 THB dabei hatten. Erst von 10000THB-Wetten rumtönen und dann kein Geld in der Tasche haben. Also ging der Eine zum ATM, während der Andere, vermeintlich bessere Spieler, die Partie gegen die Bedienung eröffnete.
Als wir gegen sie gespielt hatten, war das ein eher kurzweiliges Spiel. Anton hatte eröffnet, dann war die Bedienung an der Reihe, anschließend ich, dann wieder die Bedienung und dann war das Spiel zu Ende, ohne dass Anton und ich auch nur eine Kugel versenken konnten.
Dieses Spiel dauerte länger. Der Angeber war schon zum dritten Mal an der Reihe und hatte immerhin vier Kugeln versenkt, als die Bedienung grinsend die Acht einlochte. Sein Freund war noch nicht wieder vom ATM zurück und so musste er zu allem Übel auch noch unter den grinsenden Zuschauern auf diesen warten. Ich vermutete, dass er davon zuhause nichts erzählen würde.
Sein Freund verstand erst gar nicht, dass bereits alles gelaufen war. Das realisierte er wohl erst, als die Bedienung ihn freundlich lächelnd um die gerade frisch gezogene Barschaft bat, welche er ihr mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck wortlos aushändigte. Ein köstlicher Anblick.
Die Bedienung war der Ansicht, dass der Gewinn, abgesehen von ihren 2000THB, uns zustand und wollte ihn uns tatsächlich übergeben, dabei hatte sie doch gespielt und gewonnen. Wir sagten ihr daher, dass wir nur unseren Einsatz zurückhaben wollten und sie den Mädels den Gewinnanteil auszahlen sollte. Wenn dann unser Tisch und die Getränke für den Abend aufs Haus gingen, wäre das OK. Das sah die Bedienung offensichtlich ebenfalls als gute Idee an, gab jedem von uns strahlend ein Küsschen und erklärte, dass wir jederzeit wiederkommen und gratis Billard spielen könnten. Na, das war doch mal was. Viel Spaß gehabt und das auch noch gratis.
Die beiden Billard-Meister verliessen unterdessen unter höhnischem Beifall der Zuschauer den Laden.