Es war wieder Abend und ich beschloss diesmal bereits um 20:00 Uhr auf Tour zu gehen, im Falle eines Falles, dass da doch noch irgendwo ein hübsches Girl zu haben war. Man muss auf Koh Chang früh raus, sonst hat man noch schlechtere Karten, als ohnehin schon.
Ich klapperte alle Bars doppelt und dreifach ab. Keine Chance, dass ich eine von diesen Scheusslichkeiten auslöse. Eine völlig neue und unliebsame Erfahrung: durch die überschaubare Anzahl Girls, wusste jeder, wen ich am Vorabend gepimpert hatte. Überall wurde mein Name gerufen, auch von den Girls, bei denen ich nie gesessen hatte. Sobald ich mich irgendwo hinsetzte, wurde ich gefragt, wieso ich nicht bei meinem "Girlfriend" sei. Das erinnerte mich an meine früheste Teenagerzeit, als ich im hintersten, pfälzischen Bauernkaff an irgendwelchen Mädels rumschraubte. Dort machte auch alles gleich die Runde. Ich hatte fast schon ein Dejavu.
Ich hab euch ja erzählt, dass ich am Vortag genau zwei gutaussehende Mädels erspäht hatte, die eine aber bereits ausgelöst war. Jedes Mal, wenn ich an dieser Bar vorbeikam, hab ich nach ihr gesehen, in der Hoffnung, dass sie diesen Abend frei war. Alternativ ist mir nichts mehr eingefallen. Nach unzähligen Runden um das Barcenter, war sie plötzlich da, saß alleine rum und winkte mir zu. Ich freute mich wie blöd, denn das hätte die Wende auf Koh Chang sein können. Wenn die was gewesen wäre, ich hätte sie behalten bis zur Abreise. Dafür gab es wirklich nur einen Grund: ich hatte keine andere Wahl!
Sie stellte sich mir als Jen vor. Während wir da an der Bar saßen und uns unterhielten, merkte ich bereits, wo ich bei ihr dran war. Sie hatte eine unglaublich unterkühlte, desinteressierte und gelangweilte Art, aber mir blieb nichts anderes übrig, als sie mir trotzdem warm zu halten. Die Fratzen von den anderen Bars hatte ich immer im Hinterkopf, was meine Ansprüche an Jen gegen Null tendieren lies. Im Prinzip hätte sie nicht viel tun müssen, um mich zufriedenzustellen, doch ich konnte ja nicht ahnen wie sie drauf war. Immer wieder blitzte bei ihr eine unglaublich professionelle, abgeklärte Art durch, die mich stutzen lies. Ich fragte, ob sie mit mir in die Sabay Bar gehen wolle. Die Antwort: "BORING, i don't like!" Auf alle meine Fragen bekam ich immer genau diese Antwort. Die wollte garnichts! Irgendwann habe ich sie ausgelöst. Es war eine reine Verzweiflungstat. Eigentlich bin ich ziemlich anspruchsvoll, aber an diesem Punkt, gab es für mich nur zwei Möglichkeiten: den Abend alleine verbringen und mir einen runterholen, oder dieses abgebrühte Stück mitnehmen.
Jen war ein Paradebeispiel in Sachen "verlogene Bargirls". Alles was aus ihrem Mund kam, war gequirlte Scheisse³. Sowas verlogenes wie die, hab ich auch noch nicht erlebt. Bevor ich euch ihren ganzen Nonsens an den Kopf klatsche, möchte ich euch wissen lassen, was hier wirklich abging. Die Wahrheit ist ganz einfach. Die gute Jen sammelt Shorttimes und zwar massenweise Shorttimes. Von allen Girls, die derzeit auf Koh Chang arbeiten, ist sie mit Abstand das hübscheste und das ist ihr Arbeitskapital. Die fertigt jeden Abend mehrere Customer ab und muss ein regelrechtes Netzwerk von Idioten an der Hand haben, die ihr Geld schicken. Wieso ich das weiß, erfahrt ihr im weiteren Bericht.
Mit gewissen Tricks arbeiten alle Bargirls. Manche tricksen gut, bei anderen ist es offensichtlich. Jen zog das ganze Verarschungsregister, inszenierte das aber so schlecht, dass eigentlich jeder Volldepp durchsteigen müsste. Da sie nirgends mit mir hin wollte, sind wir direkt in's Hotel. Nach der miserablen Nummer, offenbarte sie mir, dass sie leider nicht Longtime bei mir bleiben könne, obwohl sie mir genau das an der Bar zuvor felsenfest versprochen hatte. Mindestens dreimal hatte ich gefragt, ob sie auch bei mir bleibe, weil ich an den Strand mit ihr möchte. Ich wurde stinkig und fühlte mich verhohnepiepelt. Als sie das bemerkte, holte sie ihr imaginäres Märchenbuch heraus und fing an mir ein paar Geschichten zu erzählen.
Sie erzählte mir, dass sie Koh Chang nicht ausstehen könne und ihren Job auch nicht. Jeden Tag, wäre es immer nur das gleiche und sie möchte nicht mehr mit Falangs mitgehen. Sie mache diesen Job nur, weil sie jeden Monat mindestens 20.000 Baht an ihre Familie schicken müsse. Die Mutter und der Wasserbüffel wären krank, der kleine Bruder hätte nichts zu essen usw.
Als ich mir daraufhin die Bemerkung erlaubte, was das damit zu tun habe, dass sie nicht Longtime mit mir zusammenbleiben könne, schaltete sie sofort in einen anderen Modus. Sie hatte mal einen "Boyfriend" aus England, mit dem war sie drei Wochen zusammen. Als er bereits weg war, stellte sie fest, dass sie schwanger war, aber der Typ meldete sich nicht mehr. Das Kind musste abgetrieben werden, auf ihre Kosten. Niemals mehr, wolle sie mit einem Farang Longtime zusammen bleiben. Dann fing sie an mir Honig um's Maul zu schmieren. Ich wäre ja so ein lieber Kerl und wenn ich der Vater ihres Kindes wäre, hätte ich bestimmt für sie gesorgt. Ich hakte nach, wieso sie nicht bei mir bleibe, wenn ich denn so nett bin. Das ginge nicht, sie müsse morgen nach Hause, zu ihrer Familie. Sie wolle hier keinen Tag mehr länger bleiben, müsse die Insel noch heute Nacht verlassen und möchte nie wieder als Bargirl arbeiten. Sie müsse jetzt los, um noch ihren Flieger zu bekommen. Der Flieger hatte aber noch Zeit genug, um mir ihre kompletten Internetdaten zu notieren mit den Worten: "You can chat with me. If you like me, please send me some money for my family". Ich hab ihr die Kohle für ST in die Hand gedrückt und die Tür zugeschlagen.
Wie dreist kann man denn eigentlich sein? Hielt die mich für total dämlich, oder was? Als ich später nochmal eine Runde beim Barcenter drehte, hing sie bereits am nächsten Kunden dran und zog ihre Show ab. Ich war an diesem Tag weder ihr erster, noch ihr letzter Kunde. Leider war das nicht die letzte Begegnung mit Jen in diesem Urlaub. Richtig interessant, wurde es erst am folgenden Tag, aber dazu später. Ich bin danach frustriert zu Bett, in vollem Bewusstsein, wie schön dieser Ausflug nach Koh Chang hätte sein können und wie beschissen er verlief.