So jetzt mal genug von mir für heute. Habe jedoch noch einen Artikel auf deutsch gefunden. Der erscheint morgen in der Taz. ISt ein Itnerview mit dem von mir erwähnten Journalisten.
Pravit Rojanaphruk begleitet als Journalist die Proteste in Thailand. Er erklärt, warum sie trotz der Festnahme von Führungspersonen nicht nachlassen.
taz.de
taz: Pravit Rojanaphruk, worin unterscheidet sich die heutige Protestbewegung von früheren?
Pravit Rojanaphruk: Die Demonstrierenden heute sind eine neue Generation, die andere Vorstellungen von Thailands Zukunft hat als die Älteren, zu denen ich gehöre. Jetzt sind politische Treffen ab fünf Personen verboten, sogar Selfies von den Demos ins Netz zu stellen ist strafbar. Die Jungen zeigen, dass sie so nicht leben wollen. Sie wollen unbedingt mitbestimmen. Für sie muss es möglich sei, den König zu kritisieren. Sie denken eher an eine Monarchie wie in Japan oder Großbritannien, wo sich Kaiser und Königin strikt der Verfassung unterwerfen und aus der Politik raushalten müssen. Es ist für sie inakzeptabel, dass Thailands König Militärputsche absegnet. Sie wundern sich, warum der König als reichster Monarch der Welt von den Steuern in Thailand bezahlt wird, obwohl er meist in Bayern lebt.
Die Regierung hat alle Führer der Protestbewegung verhaftet, aber die Proteste gehen weiter. Wie ist das möglich?
Die jetzige Protestbewegung war nie hierarchisch. Die Unzufriedenheit über die Monarchie brodelt seit einem Jahrzehnt und hängt nicht von Führungspersonen ab. Letztere sind meist nur zufällig in diese Rolle geraten. In dem Moment, wo sie das Tabu gebrochen und öffentlich die Monarchie kritisiert haben, wurden sie zu Führern. Die jetzige zweite Reihe entscheidet momentan nur darüber, wo man sich zum nächsten Protest trifft. Bisher ist die Protestbewegung ohne Führung und hat sich am Beispiel Hongkongs orientiert nach dem Motto „seid wie Wasser“.
Die Regierung verkündet scharfe Repression, setzt diese dann aber nicht strikt durch.
Die Regierung ist in der Tat in einem Dilemma. Als sie am Freitagabend hart gegen friedliche Demonstrierende durchgreifen wollte, ging das nach hinten los und hat ihr viel Kritik aus dem In- und Ausland gebracht und die Proteste nur weiter angeheizt. Am schlimmsten war ein aus Südkorea stammender Wasserwerfer, der auch Chemikalien und Tränengas versprüht sowie Farbe, um die Demonstrierenden für eine Festnahme zu markieren. Mir geht es seit dessen Einsatz erst seit heute wieder normal.
Sie waren dabei, als der Konvoi der Königin am vergangenen Dienstag erstmals in Thailands Geschichte mit friedlichen Demonstrierenden konfrontiert war. War das gar eine Falle der Polizei, um unter einem Vorwand gegen den Protest vorzugehen?
Zwei Festgenommenen droht jetzt lebenslängliche Haft. Es ist nicht ganz klar, einer soll schon auf Kaution freigelassen worden sein, aber insgesamt sieht es nach einer aufgeblähten Geschichte aus. Wir wussten nicht, dass ein royaler Konvoi vorbeifahren würde. Normalerweise sperrt die Polizei vorher die Strecke ab. Das geschah jetzt nicht und alle waren überrascht.
Thailands König wurde im Deutschen Bundestag dafür kritisiert, dass er von Deutschland aus in Thailand Politik macht. Wie kam das in Thailand an?
Die thailändischen Medien sind weitgehend zensiert, auch das Webportal, für das ich arbeite. Es wurde dort meines Wissens nach nicht berichtet. Die Menschen wissen dank sozialer Medien trotzdem darüber Bescheid. Das ist die neue öffentliche Sphäre.
Welche Szenarien sehen Sie für die Zukunft?
Erstens ein Selbstputsch: Prayuth erklärt das Kriegsrecht, löst das Parlament auf und setzt eine neue, auf den ersten Blick neutralere Kommission zur Aufarbeitung einer neuen Verfassung ein. Damit würde er für etwa zwei Jahre Zeit gewinnen. Das zweite Szenario wäre, dass die Proteste der Studierenden einfach nachlassen, weil sie zunehmend erschöpft sind. Das dritte Szenario wäre der Putsch einer anderen Fraktion des Militärs, also etwa von Ultraroyalisten, die dem König näherstehen als Prayuth. Das vierte Szenario wäre ein Sieg der Studierenden und ein Kompromiss über die Reform der Monarchie. So etwas hatten wir in Thailand noch nicht. Und das fünfte Szenario wäre ein Abgleiten des Landes in eine Art Bürgerkrieg. Momentan erleben wir den Beginn des ersten Szenarios, aber es ist unklar, ob Prayuth damit durchkommt. Ich selbst bereite mich darauf vor, bald verhaftet zu werden. Bitte helft mir, wenn ich im Gefängnis sitze.