Teil 13. Aranaa im Land der Farang(2)
Aranaa ist am Land und in der Natur aufgewachsen, Tiere und Pflanzen sind ihr vertraut. So ist es nur logisch, dass die erste Fahrt in die Berge für sie zu einer Offenbarung wurde.
Ich fuhr mit ihr in das Seengebiet des Salzkammergut sowie in die entzückende Stadt Hallstatt. Besonders begeistert war sie von der klaren Wasserqualität des Traunsee (man kann bis auf dem Grund sehen!!!) und seiner Zuflüsse aus den Bergen. Dies erinnerte sie an ihrer Jugendzeit in Thailand, wo das Wasser noch so sauber war dass man direkt daraus trinken konnte. Betrübt fügte sie mit einem traurigen Gesichtsausdruck dazu "today Water black. no drink“.
Ich verstand und organisierte ein Wochenende nach Tirol auf eine 2000 m hoch gelegene Berghütte, wo ich einen Freund besuchte. Volltreffer. Begeisterung pur. Es war Mitte September, das Wetter war wechselhaft und so kam es, dass Aranaa in der Früh zum ersten Mal in ihrem Leben einen Nebel sah. Wir wanderten am Nachmittag auf dem Berg herum, sahen Kuh- und Schafherden (die nächsten Begeisterungsausbrüche) und kletterten auf durchaus steilen Hängen herum.
Die Nacht verbrachten wir in der Hütte und am nächsten Tag war ich in Anbetracht der vielen Bewegung am Vortag ziemlich müde. Aranaa war jedoch voll Tatendrang und machte sich alleine auf den Weg in die Bergwelt, während ich in der Hütte blieb. Wie es jedoch in den Bergen leicht passieren kann, verzog sich das Wetter innerhalb weniger Minuten, es begann zu regnen und Nebel und Kälte kam auf.
Mich beschlich ein ziemlich ungutes Gefühl. Sie war ganz alleine unterwegs, völlig bergunerfahren, hatte eine unzulängliche Ausrüstung ohne Regenjacke, konnte sich kaum verständigen und der Empfang des Handys pendelte zwischen ganz schlecht und gar nicht. Als ich sie anrief läutete es zwar, aber sie hob nicht ab. Aranaa wäre nicht die erste Person, die in so einer Umgebung in eine Bergnot gerät. Ich packte also eine zusätzliche Regenjacke und ein warme Sachen ein und machte mich trotz Regen und Müdigkeit auf den Weg um sie zu suchen.
Mir kamen auf dem Weg einige durchnässte Wanderer entgegen, die sichtlich froh waren bald in der Hütte zu sein. Von Aranaa weit und breit nichts zu sehen. Da begann ich mir ernsthaft Sorgen zu machen. Ich ging weiter und weiter und da… hinter einem größeren Felsen sah ich oberhalb eine vertraute Gestalt, die mehr rutschend als gehend herunterkam.
Plumps. Nein, das war nicht nur ein Stein, der mir von Herzen fiel… das war ein ganzer Felssturz.
Aranaa war durchnässt, sie frierte, ihr war kalt und war sie dennoch in allerbester Stimmung. Für sie war das ein richtiges Abenteuer so ganz nach ihrem Geschmack und konnte gar nicht verstehen, warum ich mir Sorgen gemacht hatte. Später in der Hütte versuchte ich es ihr zu erklären… aber sie konnte es immer noch nicht nachvollziehen. Sie ist doch nicht in Gefahr gewesen! Mann, wie soll man bloß einer Thai die Tiroler Berge erklären?
Aranaa wollte - so wie alle Thais - einmal in ihrem Leben Schnee sehen. Das spielte sich jahreszeitbedingt nicht, aber es gab eine Alternative. Das Wochenende darauf zog es uns zum Großglockner und dem darunter liegenden Pasterze-Gletscher, auf dem wir herumspazierten. Das hier im Freien das Eis so einfach herumliegt, war für sie naturgemäß eine Sensation… die nächste Fotosession für die Familie war angesagt.
Dann besuchten wir noch ein Konzert von George Michael und anschließend war sie einem besonderen Familienereignis zugegen, ich wurde zum ersten Male Großvater.
Aber, so schön das alles auch war… der Abschied nahte.
Teil 14 folgt.