Jack schloss die Tür hinter sich und setzte sich wieder vor seinen Laptop, schaltete den Bildschirm wieder frei und sah, dass Michaela sich gerade aus ihrem Stuhl erhob. Was er gerade noch sehen konnte war, dass ihr Kopf wie eine Tomate zu leuchten schien. Sein Auftritt musste sie wohl extrem erzürnt haben. Michaela fluchte laut vor sich hin, so laut, dass Jack sie auch durch zwei Türen vernahm. Er war allerdings erstaunt wie groß ihr Umfang an der Teilmenge eines fäkalen Wortschatzes war. Offenbar machte sie aber keine Anstalten ihr Zimmer zu verlassen. Jack packte sein Laptop ein und verließ das Büro. Zumindest zwei Adressen wollte er noch aufsuchen. Entsprechende E-Mails hatte er neben den SMS-Nachrichten versandt. Zwar hatte Jack keinerlei Befürchtung, dass Michaela ihm folgen würde um ihre soeben erlebte Schmach an ihm wettzumachen, aber trotzdem beeilte er sich, erst einmal aus der näheren Umgebung des Büros zu verschwinden.
An der Tankstelle um die Ecke fuhr Jack kurz auf den Parkstreifen und checkte die eingegangenen Nachrichten. Am vibrieren des seines Telefons hatte er mitbekommen, dass mindestens zwei SMS eingegangen waren. Die erste SMS kam von einem Herrn Abrahams. Jack hatte zuvor recherchiert, aber nichts Besondere gefunden. Das Dossier enthielt lediglich ein paar delikate Aufnahmen, die wohl lediglich nur den einen, familiären Hintergrund hatten, Herrn Abrahams privat unter Druck zu setzen und seiner Frau zu offenbaren, dass er hinter ihrem Rücken ein paar besondere sexuelle Leidenschaften auslebte. Er bestätigte die SMS und nach einer kurzen Abschätzung der Fahrtzeit teilte er Herrn Abrahams den Zeitpunkt seiner Ankunft mit. Die Bestätigung des Termins erfolgte umgehend.
Jack erreichte sein Ziel zur vorgegebenen Zeit. Er parkte sein Auto, bezahlte zähneknirschend das notwendige Parkticket und orientierte sich kurz an den kleinen Firmenschildern im Flur: Steuerberater Abrahams, II. OG. Nur kurz überlegte Jack, suchte nach einer Querverbindung zu Michaela, kam aber zu dem Schluss, dass es nicht ihre Steuerberater sein könnte, denn damit dürfte ihr Druckmittel in Anbetracht sensibler Steuerdaten wirkungslos verpuffen.
Jack war etwas träge, nutzte den Aufzug und ließ sich kurz darauf von der Sekretärin zu Herrn Abrahams führen.
„Herr Abrahams, ich muss Sie unter 4 Augen sprechen!“
Herr Abrahams merkte kurz auf, bat dann aber seine Sekretärin, sie ungestört zu lassen.
„Was, bitteschön, ist ihr Anliegen, mich unter 4 Augen sprechen zu wollen?“
Jack beschloss, die Angelegenheit zügig hinter sich zu bringen.
„Herr Abrahams, der Name Michaela Dreyer ist Ihnen mit Sicherheit geläufig!“
Eine Feststellung, aber seine Gegenüber zeigte keinerlei besondere Reaktion. Jack schloss daraus, dass Michaela noch nicht an ihn herangetreten ist und er selbst überhaupt nicht wusste, dass jemand im Besitz von Informationen in Bezug auf seine speziellen Eskapaden war.
„Vorab möchte ich Sie in Bezug auf das Kommende beruhigen, meine Absichten sind rechtschaffen und Sie haben definitiv nichts zu befürchten.“
Jack beobachtete ihn uns, aber ihm gegenüber saß ein Mann, der derzeit wohl absolut keine Ahnung hatte, wovon Jack sprach. Jack hatte seinen Laptop in Betrieb genommen, den betreffende Ordner geöffnet und präsentierte Herrn Abrahams die darin enthaltenen Fotos. Der erschrak angesichts dieser Präsentation heftigst und Jack befürchtete für einen kurzen Moment, dass er die Kontrolle über sich verlieren würde.
„Herr Abrahams, bleiben Sie bitte ruhig! Ich werde Ihnen helfen, dieses Problem, von dem Sie bis soeben wohl überhaupt nicht einmal wussten, dass es existiert, zu lösen.“
Jacks Worte schienen seinen Verstand allerdings noch nicht erreicht zu haben.
„Diese Miststück von einer Nutte! Ich werde ihr den Saft abdrehen! Die wird mich noch kennenlernen! Und die ist auch noch so dämlich, mich ihre Steuer erledigen zu lassen. Das werde ich ihr heimzahlen!“
Jack verstand im ersten Moment die Zusammenhänge nicht, schloss aus Herrn Abrahams Verhalten aber, dass er der Dame, die er aufsuchte, eine Zusammenarbeit mit Michaela unterstellte. Nun, ausgeschlossen war es nicht, aber Jack hatte keinerlei Verweise darauf gefunden. Allerdings stellte sich die Frage, wie die Aufnahmen entstanden sind und wie Michaela in deren Besitz gekommen ist.
„Herr Abrahams, beruhigen Sie sich. Wenn ich heute ihre Kanzlei verlasse, existiert dieses Problem nicht mehr. Ich arbeite derzeit noch für Frau Dreyer, aber wenn alles so läuft, ist sie spätestens Ende des Monats aus der Stadt verschwunden und wird definitiv kein Problem mehr darstellen. Ich werde ihre Kanzlei übernehmen. Und seien Sie unbesorgt, ich stelle keinerlei Forderungen an Sie. Darauf haben Sie mein Wort.“
Herr Abrahams hatte sich nach Jacks Worten wieder etwas beruhigt. Jack führte das gleiche Prozedere durch wie zuvor bei Herrn Lorenz und kurz darauf waren alle Daten im Falle Abrahams unwiderruflich gelöscht.
„Herr Abrahams, ich habe lediglich eine Bitte und fassen sie es auch als solche auf. Wenn ich das Maklerbüro von Michaela übernehme, benötige ich einen neuen Steuerberater. Ich möchte nämlich keine administrative Verbindung in irgendeinem Bereich, der mit Frau Dreyer zu tun hatte. Ich möchte gerne, dass Sie mich als Klienten nehmen. Wenn Sie mich ablehnen, dann werde ich das akzeptieren, im anderen Fall würde ich mich freuen.“
Herr Abrahams dachte kurz nach.
„Ich bin einverstanden, ich werde Sie als Klienten übernehmen. Ich möchte mich noch einmal für Ihre Aktion bedanken. Ich bin froh, dass es noch rechtschaffene Menschen wie Sie gibt.“
Als Jack wieder in seinem Wagen saß, dachte er noch kurz über seine Aktionen nach. Die zurückliegenden Erfolge und die positiven Reaktionen auf seine Person bekräftigten ihn in seiner Vorgehensweise. Er würde jetzt sukzessive alle anderen Dossiers abarbeiten. Es würde ihn definitiv noch bis in die nächste Woche hinein beschäftigen.