Fantasie Die Läuterung des Jack Trash

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Der ländliche Morgen hatte sich für Jack und Chalitah mittlerweile in einem kleinen Ritual manifestiert. Der verführerische Duft heißen Kaffees lockte Jack aus dem Halbschlaf und wenn er die Augen öffnete erblickte er Chalitahs Lächeln, mit dem sie ihm den Kaffee reichte. Aber der heutige Morgen war etwas anders. War Chalitah während dieses Zeremoniells sonst immer nur leicht bekleidet, erblickte er eine bereits vollständig angekleidete Chalitah. Die nahm den erstaunten Blick wahr.

„Jack, wie fahren gleich los. Also genieße deinen Kaffee und wenn du fertig angezogen bist, brechen wir auf. Ein Frühstück nehmen wir unterwegs zu uns. Mit dem Auto sind wir etwas mehr als eine Stunde unterwegs.“

Jack genoss seinen Kaffee, erledigte seine Morgentoilette, nach der Chalitah ihn bereits erwartete.

„Phanom Rung ist eine Tempelanlage, muss ich da eine besondere Kleidung tragen?“

„Zieh die normale Klamotten an, es ist ja mehr eine historische Anlage und eine touristische Attraktion, also nicht zu vergleichen mit den hiesigen buddhistischen Tempeln. Im Anschluss werden wir noch einen Abstecher nach Phimai machen. Dort gibt es eine weitere gut erhaltene Tempelanlage aus der Zeit, als dieses Gebiet noch unter dem Einfluss der Khmer stand. Wir werden also den ganzen Tag unterwegs sein und heute Abend essen wir dann gemeinsam in Buriram. Also richte dich mental darauf ein!“

Jack hatte sich mittlerweile etwas auf den Rhythmus des Landlebens eingestellt und er hatte auch etwas der Lebensgewohnheiten angenommen, wenngleich ihm selbst das wohl nicht sehr bewusst war. Er freute sich allerdings auf die Abwechslung, die dieser Tag wohl mit sich bringen würde. Mittlerweile war er des Dorflebens überdrüssig und er fieberte mehr und mehr der Stunde entgegen, an dem sie dem Dorf den Rücken kehren würden.

Für Geschichte hatte sich Jack nie sonderlich begeistern können, allerdings hatte er in den letzten Wochen etwas von dem besonderen Flair Thailands aufgenommen und eine scheinbar latent vorhandene Neugier und Offenheit in ihm geweckt. Historische Stätten in Deutschland hatten nie einen besonderen Reiz für ihn dargestellt, aber hier in Thailand schien sich seine Einstellung zu seiner eigenen Verwunderung stark verändert zu haben. Und im Gegensatz zu Deutschland verdrängte er seine Empfindungen nicht, sondern ließ sie zu.

Die Fahrt nach Phanom Rung verlief ruhig. Man hatte ihm bereitwillig einen Platz neben dem Fahrer überlassen Chalitah hatte es sich neben der Frau des Fahrers hinter ihm bequem gemacht, während es sich zwei Kinder und deren Mom auf der Ladefläche des Pick-ups bequem gemacht hatten.

Jack ist es schon öfters aufgefallen, dass dies in Thailand wohl üblich war, eigentlich ganz entgegen seinem Verständnis, was die Verkehrssicherheit anging. In Deutschland hätte ein solches Verhalten unweigerlich ernsthafte Konsequenzen für den Fahrer gehabt, aber in Thailand nahm keiner Notiz davon. Jack hatte in einem Journal gelesen, dass Thailands Straßen zu den gefährlichsten auf der Welt gehörten und 2017 den unrühmlichen 1. Platz belegten. Mit über 23.000 Verkehrstoten pro Jahr verschwindet jährlich quasi eine Kleinstadt von der Bildfläche. Immer wieder wurde ihr Pick-up von Motorrädern überholt, die meisten Fahrer trugen ihren Helm statt auf dem Kopf über dem Handgelenk, wenn überhaupt und häufig saßen mehr als 2 oder 3 Personen auf den Gefährten, Kinder, die es sich ohne Sicherung auf dem Schoß des Fahrers bequem gemacht hatten und sich mit ihren kleinen Händen am Lenkrad abstützten, Mütter als Sozius mit einem Säugling im Arm oder Schulkinder, die ein Bike zu viert benutzten. Jack begriff langsam, dass diese Statistik einen realen, aber traurigen Background hatte. Etwa auf halben Weg passierten sie im Schritttempo eine Unfallstelle. Ein Bus war wohl von der Straße abgekommen, hatte sich überschlagen und war in Brand geraten. Feuerwehr und Polizei hatten den Brand wohl unter Kontrolle bekommen, aber an der Böschung sah Jack eine Reihe abgedeckter Leichen, Verletzte, die betreut wurden und Menschen, die geschockt und weinend am Straßenrand saßen, betreut von Neugierigen, die sich am Unfallort versammelt hatten. Etwas verstört blickte sich Jack zu Chalitah um.

„Jack, das passiert immer wieder. Es ist traurig, aber leider nicht zu ändern. Viele Busunternehmen haben nur begrenzt hoch qualifiziertes Personal, insbesondere bei den privaten Unternehmern. Der normale und planmäßige Busverkehr zwischen den Provinzen ist besser organisiert und sicherer, aber auch bei denen kommt es häufig durch Übermüdung zu Unfällen. Nimm es hin und halte es in Erinnerung.“

Jack spürte, dass es ihn innerlich aufwühlte und er benötigte doch noch einige Zeit, bis er das Gesehene verdrängt hatte. Kurz bevor sie Phanom Rung erreichten, stoppten sie an einer Tankstelle und verlängerten den Aufenthalt um ein ausgiebiges Frühstück zu genießen. Jack hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, dieses Essen zu genießen und es schmeckte ihm.

Die Fahrt zur historischen Stätte nahm danach noch ca. 15 Minuten in Anspruch. Jack hatte sich im Vorfeld wenig Gedanken darüber gemacht und insgeheim hatte er mit einer Tempelanlage gerechnet, die den vielen Tempeln Thailands an Ähnlichkeit und Schönheit in nichts nachstand. So war er dann doch überrascht, dass diese alten Gemäuer nichts mit dem gemein hatten, was er bis jetzt gesehen hatte. Die alten und teilweise verfallenen Gemäuer vermittelten ihm ein düsteres Bild. Sie hatten absolut nichts gemein mit den hellen und strahlenden Tempeln in Thailand. Chalitah deutete Jacks Gesichtsausdruck.

„Ich kann auch nicht anders, Jack. Ich empfinde diese Bauwerke auch irgendwie als bedrückend und düster. Sie entstammen einer Epoche, als die Khmer hier noch die Macht hatten. Die Kultur ist angelehnt an den Hinduismus und Buddhismus, eine Symbiose zweier Religionen. Ich bin froh, dass die Thais, als sie das Land hier besiedelten und die Khmer verdrängt hatten, für den Buddhismus entschieden haben. Wenn ich mich recht entsinne, ist Phanom Rung von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt worden.“

Sie verbrachten gut eine Stunde in den Ruinen. Jack nahm die Eindrücke in sich auf, war aber letztendlich doch froh, dass sie diesen historischen Platz verlassen konnten und sich auf den Weg nach Phimai machte. Die Fahrt dorthin nahm dann doch etwas mehr als 2 Stunden in Anspruch. Mit Rückblick auf Phanom Rung erwartete Jack eine ähnliche Anlage in Phimai. In der Tat war die Ähnlichkeit mehr als eindeutig, eine ähnliche Geschichte vor einem ähnlichen Background. Auch hier nahm die Besichtigung etwa eine Stunde in Anspruch, bevor sie sich auf die Rückfahrt nach Buriram machten.

Mit der untergehenden Sonne erreichten sie Buriram nach etwas mehr als 90 Minuten Fahrt. Mittlerweile machte sich Jacks Magen auch wieder bemerkbar. Die kleinen Happen an Snacks während der Fahrt waren für ihn etwas für den hohlen Zahn. Der Fahrer parkte sein Auto schräg gegenüber dem Bahnhof auf der anderen Gleisseite. Dort gab es einige halboffene Restaurants, die spezielle Angebote All you can eat hatten, wie Jack es zur Kenntnis nahm, zu einem erstaunlich günstigen Preis pro Person.

„Jack, diese Restaurants findest du überall in Thailand. Die Thais lieben diese Essen im familiären oder Freundeskreis. Es ist günstig und bedient letztendlich auch die hiesigen Essgewohnheiten, dass nicht jeder ein Menü für sich hat, sondern alle zusammen von allem essen.“

Sie nahmen an einem Tisch Platz und sofort eilte eine Bedienung herbei. Jack verstand nicht, was da auf Thai ausgetauscht wurde, aber wenig später kam ein weiterer Angestellter und versenkte einen Pott mit glühenden Holzkohlen in einer dafür vorgesehenen Öffnung im Tisch. Auf diesen Pott kam eine Schale, die zur Mitte hin nach oben gewölbt und die Wölbung grob durchlöchert war. Der Randbereich wurde aus einer Kanne mit einer trüben Brühe befüllt. Insgesamt gab es zwei dieser Kochstellen an ihrem Tisch. Mit einem leichten Unbehagen spürte Jack die Hitze, die von dieser Anordnung ausging.

„Okay Jack, komme bitte mit, wir werden uns jetzt unser Essen holen. Ich werde dir alles zeigen!“

Jack stand auf und folgte Chalitah. In Aluminiumschüsseln gab es zahlreiche Fleischsorten, verschiedenen Gemüse, Fisch und Gewürze, sowie auch Besteck. Chalitah erklärte Jack, um was es sich im Einzelnen handelte und Jack entschied sich für Schrimps, Leber und Rindfleisch. Chalitah kümmerte sich derweil zusätzlich um Besteck, Gemüse, Nudeln und Gewürztunken.

Zurück am Tisch, die anderen hatten sich bereits ebenfalls mit den gewünschten Köstlichkeiten eingedeckt, legte Chalitah eine dicke Scheibe Fett auf die Wölbung, brach mitgebrachtes Gemüse in handliche Stückchen und legte einige dünn geschnittene Scheibchen Fleisch auf die heiße Schale. Jack hatte aufmerksam zugeschaut und tat es ihr gleich. Unter der Hitze sprudelte die Brühe und heißer Saft vom Fleisch lief ebenfalls herunter. Jack war diese Form eines gemeinsamen Abendessens vollkommen neu und so verfolgte er aufmerksam, wie Chalitah es anging und tat es ihr gleich. Er war überrascht, wie schmackhaft dieses Alles-Durcheinander war, fand aber immer mehr Gefallen daran und er genoss dieses köstliche Mahl, bis er nichts mehr in sich hineinbrachte.


Jack hatte sich im Vorfeld dazu bereiterklärt, die Kosten für das gemeinsame Abendessen zu übernehmen. Über Chalitah hatte er dem Fahrer noch 2.000 Baht zukommen lassen, denn Benzin gab es ja auch nicht umsonst und Jack wollte sich auf diesem Wege auch erkenntlich zeigen, einen kurzweiligen Tag verbringen zu dürfen.
 
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Episode 7 --- Gen Nordosten
Die Strapazen des Tages hatten Jack gut und tief schlafen lassen. Der Duft eines frisch aufgebrühten Kaffes holte ihn sanft aus seinen Träumen. Er öffnete seine Augen und blickte in Chalitahs lachendes Gesicht.

„Guten Morgen Jack, Zeit aufzustehen. Wir werden zeitig aufbrechen, um mit dem Zug bis nach Ubon zu fahren. Wir werden den Special Express Train nehmen. Der fährt um ca. 20 Minuten vor 12 und wir sind dann in knapp zweieinhalb Stunden in Ubon. Das ist die schnellste Möglichkeit, weil der Zug nicht an jeder Station hält, lediglich in ein paar größeren Städten wie Surin und Si Saket. Von dort fahren wir dann nach Phibun Mangsahan und die letzte Etappe, wenn wir Glück haben, bis nach Kong Chiam.

Jack hörte aufmerksam zu, schlürfte an seinem Kaffee und nickte beiläufig, obwohl ihm die Städtenamen, die Chalitah ihm da um die Ohren schlug, nichts sagten. Er hatte sich oberflächlich mit der Ecke hier vertraut gemacht und von daher war es ihm lediglich klar, dass es weiter Richtung Osten ging, wo Thailand dann irgendwo seine Grenze zu Laos hatte.

Den weiteren Morgen verbrachte Jack wie gewohnt, lediglich die Tatsache, dass er diesen für ihn mittlerweile langweilig gewordenen Ort verlassen konnte und ihm neue Abwechslung bevorstand, versetzte seiner Laune einen gewaltigen, positiven Schub.

Nicht, dass es ihm hier nicht gefallen hätte. Das gewöhnliche Dorfleben hatte ihn doch stark beeindruckt. Er hatte es sehr oft mit dem gewöhnlichen Leben in Deutschland verglichen, das einfache Leben dort, denn es war ihm durchaus bekannt. Im direkten Vergleich war dieses Leben in Deutschland Luxus pur. Allerdings hatten diese Menschen hier diese Vergleichsparameter nicht und die wichtigste Erkenntnis, die Jack hier gewonnen hatte, war, dass es für diese Menschen ein gewohnter Alltag und somit die Selbstverständlichkeit eines solchen Lebens war. So nach und nach sickerte in ihm das Verständnis durch, was Lin und auch Chalitah bewirken wollten.

Gegen 10 Uhr verließen sie das kleine Dorf und Jack wurde in einer Art und Weise verabschiedet, die in einer Herzlichkeit rüber kam, die er so in Deutschland auch noch nicht erlebt hatte. Ein Nachbar führ sie mit seinem Pick-up nach Buriram zum Bahnhof. Chalitah kaufte an dem kleinen Schalter die Tickets. Der Zug, ein kurzes Gespann aus lediglich 3 Wagen, erreichte Buriram pünktlich. Es schien sich um eine ähnliche, fahrende Wellblechkiste zu handeln, die er aus seiner ersten Zugfahrt in Thailand schon kannte und erinnerte sich mit Schaudern daran zurück.

„Chalitah, das ist doch wohl nicht dein Ernst?“

Jack versuchte aufzubegehren, obwohl es dafür wohl definitiv zu spät war.

„Beruhige dich, der Zug sieht zwar dem Bummelzug ähnlich, mit dem wir nach Korat gefahren sind, allerdings wirst du es da wesentlich gemütlicher haben. In diesem Zug haben wir es bequemer, und wir sind auch wesentlich schneller am Ziel, vertraue mir einfach.“

In der Tat sah es innerhalb des Zuges vollkommen anders aus. Ihnen standen doch recht annehmbare Sitze zur Verfügung, das Innere war angenehm temperiert und von der Hitze draußen war wenig zu spüren. Der Zug verließ pünktlich den Bahnhof, lediglich die Dieselmotoren und die Tatsache, dass es in Thailand nicht die große Spurweite gab wie in Europa sorgte für eine ständige, aber doch irgendwie monotone Geräuschkulisse, die Jack nach kurzer Zeit in einen leichten Dämmerschlaf verfallen ließ.

Jack fand wieder zurück, als er Chalitahs Hand auf seinem Arm spürte. Er benötigte ein paar Sekunden, um wieder zu realisieren, wo er sich befand.

„Wo sind wir jetzt?“

„Wir sind gleich im Bahnhof von Ubon. Von dort fahren wir dann zum Busterminal, um bis nach Phibun zu fahren!“

Jack nutzte die paar Minuten bis zur Ankunft im Bahnhof, um Eindrücke zu sammeln. Sie befanden sich allerdings schon innerhalb der Stadtgrenzen und er nahm nur das Einerlei wahr, was er zuvor schon so ähnlich an den Bahnhöfen anderer Städte gesehen hatte. Ubon Rachathani war wohl die östlichste Großstadt Thailand, gleichzeitig auch die Endstation der Northeastern Line der thailändischen Eisenbahn, allerdings nicht mit dem typischen Kopfbahnhof, wie er ihn in Bangkok gesehen hatte.

Jack hatte in Thailand eine Wandlung in anderer Beziehung durchgemacht. Er begann sich, für die Hintergründe der Locations zu interessieren, die er bereits gesehen und besucht hatte, aber für die Orte, die sie zu besuchen gedachten. Ubon Rachathani war die größte Stadt im Nordosten Thailands. Ihr stetiges Wachstum hatte sie eigentlich eher unrühmlichen Ereignissen der Weltgeschichte zu verdanken. Im zweiten Weltkrieg hatte die Japaner Thailand besetzt und vor allem Kriegsgefangene eingesetzt, um die Bahnstrecke von Bangkok nach Ubon zu bauen. In den Wirren des Vietnamkrieges haben die Amerikaner einen Luftwaffenstützpunkt in Ubon gebaut, der mittlerweile zivil genutzt wird.

Sie verließen den Bahnhof und wie bei anderen Bahnhöfen fiel Jack auch hier auf, wie liebevoll die Umgebung des Bahnhofs in einem typischen Ambiente ausgemusterter Loks, gepflegter Beete und vor allem sauber gestaltet wurde. Chalitah hatte sich um eine Mitfahrgelegenheit gekümmert, ein Pick-up, leicht umgebaut, und die, wie ihm Chalitah erklärt hatte, häufig für wenige Baht für den innerstädtischen Nahverkehr genutzt wurden.

Sie erreichten den Busterminal nach kurzer Fahrt. Haltestellen, so wie Jack es aus Deutschland kannte, gab es nicht. Auf der mit Sitzen ausgestatteten Ladefläche gab es am Aufbau Klingelknöpfe und wenn jemand aussteigen wollte, drückte er den Knopf, der Wagen hielt und er Obolus wurde dem Fahrer durch das Fenster gereicht. Wollte jemand mitgenommen werden, winkte derjenige dem Fahrer zu und der Wagen hielt an, bis der neue Fahrgast zugestiegen war. Insgeheim bewunderte Jack die Effektivität und Effizienz eines derart aufgebauten öffentlichen Nahverkehrs. Es gab kein Gemecker über Busse, die nicht gemäß dem Fahrplan an der Haltestelle ankamen und man konnte punktgenau dort aussteigen, wo man aussteigen wollte. Aber gut, ein solches Verkehrskonzept wäre wohl in Deutschland nicht umzusetzen sein.

Chalitah hatte sich mittlerweile um die Weiterfahrt bemüht. Es war ein kleiner LKW, ähnlich aufgebaut wie der Pick-up mit dem sie zum Markt gekommen waren, nur etwas größer. Wie zuvor im innerstädtischen Bereich, stoppte ihr Pick-up auch noch häufig im innerstädtischen Bereich und sammelte Fahrgäste ein. Erst nach dem Passieren der Außenbezirke von Ubon ging es zügig voran. Jack wunderte sich etwas über die extrem breit ausgebaute Hauptstraße.

„Weißt du, weshalb die Straßen hier so breit sind?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber wir sind hier sehr nah an der Grenze zu Kambodscha und Laos und ich denke mal, dass diese Breite einer gewissen militärischen Nutzung geschuldet ist. Bis Ende der 90ger hab es noch etliche Konflikte vor dem Hintergrund der Schreckensherrschaft der Rothen Khmer und es gab immer wieder mal Scharmützel in den Grenzgebieten.“

Jack gab sich mit der Erklärung zufrieden, nahm hintergründig zur Kenntnis, dass auch Chalitah gewisse Lücken hatte, was er aber als durchaus normal empfand.

Infolge der vielen Zwischenstopps um Fahrgäste aus-beziehungsweise zusteigen zu lassen, dauerte die Fahrt dich deutlich länger als 90 Minuten. Aber Jack hatte sich mittlerweile doch etwas an den völlig anderen Lebensrhythmus der Menschen in Thailand gewöhnt. Sie erreichten Phibun Mangsahan dennoch zeitig genug, um Chalitahs Vorhaben, mit einem der letzten Busse nach Kong Chiam fahren zu können, umzusetzen. Die Bushaltestelle lag direkt an einer Brücke über einen Fluss, der Bus wartete bereits und war eigentlich abfahrbereit. Jack wollte sofort einsteigen, aber Chalitah hielt seinen Arm fest.

„Immer mit der Ruhe, Jack, wir haben Zeit. Der Busfahrer wartet auf die Schulkinder, die zurück in ihre Dörfer wollen und wird nicht eher losfahren, bis die da sind, und das dauert noch etwas. Komm mit!“

Jack folgte Chalitah, die ihn zur Brücke über den Fluss führte.

„Dieser Fluss ist der Maenam Mun. Etwas weiter östlich von hier hat der Fluss wegen einiger Untiefen und Felsbrocken im Flusslauf eine Anhäufung von Stromschnellen, hier genannt Kaeng Sapue. So wird man es eigentlich auch in Reiseführern finden, wobei es mir persönlich unverständlich ist, warum das als touristische Attraktion gewertet wird. Aber das ist nun mal typisch für Thailand.“

Jack musste Chalitah Recht geben, eigentlich müßig, darüber nachzudenken und mittlerweile nahm er es einfach hin. Immerhin bot dieser Fluss in Bezug auf die bisherige Monotonie der Landschaft eine willkommene, optische Ablenkung.

Sie schlenderten gemütlich zurück zur Haltestelle und Chalitah kaufte bei eine fliegenden Händler ein Paar Fleischspieße und Jack wurde sich erst jetzt bewusst, dass er den ganzen Tag noch nicht viel gegessen hatte und er einen heftigen Hunger hatte. Chalitah schien an seinem Gesicht abzulesen, was ihm gerade durch den Kopf ging.

„Jack, sobald wir im Guest House in Kong Chiam sind, werden wir uns ein anständiges Abendessen gönnen, versprochen! Wir werden für diese Strecke etwa die gleiche Zeit benötigen wie von Ubon hierhin. Also etwas musst du deinen Magen noch vertrösten.“

Zwar hatte der kleine Appetithappen seinen Hunger erst angeregt, aber nach ein paar Minuten hatte sich das Gefühl etwas gelegt. Glücklicherweise habe sie in dem Bus noch zwei Sitzplätze ergattern können, was aber daran lag, dass ihnen die Kinder höflich einen Platz anboten. Jack wunderte sich etwas, dass er immer wieder neugierig gemustert wurde.

„Mach dir nichts draus, zwar hat der Tourismus hier auch zugenommen, aber Phibun ist lediglich eine recht uninteressante Zwischenstation für Touristen auf dem Weg nach Khong Chiam. Und dass Farang im Bus mitfahren, ist dann doch schon eine Ausnahme.“

Der Bus hatte mittlerweile Phibun verlassen, stoppte immer wieder an kleinen Dörfern, wo Schulkinder ausstiegen und den letzten Part ihres Heimwegs antraten. Was ihm allerdings besonders auffiel war, dass sich die Landschaft mehr und mehr veränderte und wesentlich abwechslungsreicher wurde, zum einen mehr Vegetation und zum anderen felsiger und hügeliger und je weiter sie gen Osten führen, desto fruchtbarer schien auch der Boden zu werden.

„Jack, wir werden gleich am Ziel sein.“

Chalitah zeigte nach vorne und Jack sah, dass in wenigen hundert Metern die Straße eine scharfe Linkskurve nahm. Kaum hatte ihr Bus die Kurve genommen, offenbarte sich Jack ein atemberaubender Blick. Ihr Bus hatte wohl über die Entfernung einige Höhenmeter bewältigt und Jack sah in einen tiefen Einschnitt in die Landschaft, durch den sich träge die braun sedimentierten Wasser eines Flusses zogen.

„Das, mein lieber Jack, ist der Mekong, oder wie wir ihn manchmal bezeichnen, Maenam Khong. Er zählt, soweit ich weiß, zu den 3 längsten Flüssen Südost-Asiens und ist Grenzfluss zwischen Thailand und Laos bis in den Norden zum Dreiländereck zwischen Thailand, Burma und Laos. Die kleine Stadt unter uns heißt Khong Chiam. Wir werden einige Tage hier verweilen und ich werde die etwas von Thailands Schönheit zeigen.“

Der Bus nahm eine abzweigende Straße und es ging hinunter in die kleine Stadt. Die letzten Fahrgäste verließen zusammen mit ihnen den Bus. Die kurze Strecke bis zu ihrer Unterkunft legten sie zu Fuß zurück und nachdem sie sich erfrischt hatten, aßen sie in einem kleinen Restaurant in der Nähe des Guest Houses ein üppiges Mahl zu sich.

„Morgen werde ich die den kleinen Ort zeigen, vor allem aber das Besondere, was Khong Chiam ausmacht.“

„Ich kann es mir vorstellen, ich habe von diesem ‚Fluss der zwei Farben‘ gelesen.“

„Das ist das, was man in den meisten Reiseführern liest, aber hier gibt es noch etwas anderes, was nicht so häufig publiziert wird. Was es ist, werde ich dir morgen erklären.“

Jack gab sich damit zufrieden und hakte auch nicht nach. Langsam machte sich der lange Tag bemerkbar und er war rechtschaffen müde.


 
        #353  

Member

Deine Geschichte ist genau so gut, wie ein richtig gutes Buch.
Man kann einfach nicht aufhören zu lesen, egal wie spät es ist!
 
        #354  

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Member hat gesagt:
Deine Geschichte ist genau so gut, wie ein richtig gutes Buch.
Man kann einfach nicht aufhören zu lesen, egal wie spät es ist!

Einen lieben Dank für das Kompliment. Dir einen schönen Sonntag.
 
        #355  

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Jack öffnete die Augen, als er hörte, wie eine Tür ins Schloss fiel. Er blickte in Chalitahs lächelndes Gesicht.

„Guten Morgen Jack, ich hoffe, du hast gut geschlafen?“

Frage oder Feststellung, Jack war sich dessen nicht ganz sicher. Aber im der Tat fühlte er sich wunderbar ausgeschlafen. Gegenüber der allmorgendlichen Geräuschkulisse hektischen Treibens und Geschäftigkeit auf dem Dorf, war es hier von einer geradezu himmlischen Ruhe, zumindest hatte es für ihn diesen Anschein, denn er konnte sich nicht daran erinnern, in den letzten Tagen so dermaßen tief und fest geschlafen zu haben. Chalitah hatte die Vorhänge noch nicht zurückgezogen und das Zimmer lag in einem gedämpften Licht.

„Ja, ausgezeichnet. Wie spät haben wir?“

„Es ist kurz nach Zehn. Geh duschen und im Anschluss gehen wir frühstücken und danach werde ich dich etwas herumführen und ein paar Dinge zeigen und erklären!“

Jack hüpfte aus dem Bett, duschte sich schnell ab und freute sich auf ein anständiges Frühstück. Das nahmen sie in demselben kleinen Restaurant zu sich, das sie auch gestern schon aufgesucht hatten. Sie ließen sich Zeit und Jack verschlang regelrecht sein American Breakfast. Den Kaffee schlürfte er etwas missmutig. Mit dem aufgebrühten Instant Coffees konnte er sich nicht so recht anfreunden und er vermisste den heiß aufgebrühten Kaffee mit dem Aroma gerade gemahlener Bohnen.

„So, mein Lieber, ich werde dir jetzt etwas über diesen kleinen Ort erzählen. Seine Bekanntheit und Beliebtheit hat er lokal einigen wenigen Attraktionen zu verdanken, die bis vor wenigen Jahren lediglich einheimische Touristen angelockt haben. Kong Chiam hat auch den Beinamen Maenam Song Si, Fluss der zwei Farben. Hier in diesem Ortmündet der Mun River, Maenam Mun, in den Mekong. Der Mekong ist stark sedimentiert, was zu seiner braunen Farbe führt. Der Maenam Mun hingegen hatte eine leichte Färbung, die wohl am ehesten einem grünlichen Farbton zuzuordnen wäre. Im Mündungsbereich mischen sich die zwei Farben und wegen der vielen unterschiedlichen Strömungen sieht es oftmals so aus, als wären die Farben voneinander abgegrenzt. Klar, weiter flussabwärts würdest du davon nichts mehr bemerken.“

Jack unterbrach Chalitah.

„Du sagtest ‚hatte eine grünliche Färbung‘!“

Jack war die sprachliche Zeitzumessung aufgefallen.

„Ja, das stimmt. Die Ursache liegt im Pak Mun Staudamm, der gegen den doch für Thailand erheblichen Widerstand gebaut wurde. Das Projekt wurde von der Electricity Generating Authority Thailand, kurz EGAT, unter finanzieller Mitwirkung der Weltbank umgesetzt. Leidtragende waren die Anwohner, die so gut wie keine Chance hatten, sich gegen eine Zwangsumsiedlung zu wehren. Fast 1000 Familien haben ihr Heim verloren und Entschädigungszahlungen sind nur unzureichend geflossen. Betroffen war eine Fläche von über 100 km². Das war aber noch nicht alles. Besonders heftig hat es die Fischerei getroffen. Zahlreiche Fischarten haben den Mun als Rückzugsgebiet zum Laichen genutzt, was durch den Damm nicht mehr möglich war. Zwar hat man nach heftigen Protesten eine Fischtreppe nachgerüstet, aber der Erfolg war mehr als bescheiden. Man hat festgestellt, dass von den weit über 250 Fischarten über 50 Fischarten verschwunden waren und die Erträge aus der Fischerei um bis zu 80% eingebrochen sind. Du kannst die vorstellen, dass dieses Projekt für die Anwohner, die vom Fischfang lebten, eine absolute, existenzielle Katastrophe darstellte. Betroffen davon waren etwa 25.000 Haushalte, und das ist nur die eine Seite der Medaille. Die EGAT musst bis Anfang 2.000 schon fast 1 Milliarde Baht, heute etwa 30 Millionen Euro an Entschädigungen und Hilfen zahlen. Nach fortwährenden Protesten seitens der Anwohner und Umweltschützer, sah sich die Regierung gezwungen, die Schleusentore des Damms zu öffnen und aktuell sieht es so aus, dass die Tore für 8 Monate im Jahr geöffnet sind und während dieser Zeit der Damm nicht zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Mittlerweile hat eine Studie auch ergeben, dass hier ohne Rücksicht auf Verluste ein sinnloses Projekt umgesetzt wurde, das in keinster Weise einer Kosten/Nutzen-Kalkulation gerecht geworden wäre. Aktuell gibt es wieder Staudammprojekte der laotischen Regierung. Das wird verheerende Folgen für den Fischbestand des Mekong haben. Die Wege zu ihren Laichgebieten werden durch die Dämme versperrt. Der Mekong ist Heimat für einen Riesenwels, wir Thais nennen ihn Pla Bueg, ein Süßwassermonster, das bis zu 3 Metern lang werden kann und der um die 300 kg auf die Waage bringt. Seine bevorzugten Laichgebiete liegen flussaufwärts und wenn die nicht mehr passierbar sind, bedeutet es, dass diese Art verschwinden wird. Solche Projekte an Flüssen, die durch mehrere Länder führen, sind immer umstritten, weil sie zwangsläufig starken Einfluss auf das Leben derer haben, die von diesen Flüssen abhängig sind, egal, ob es sich um Fischfang handelt, oder um notwendige Bewässerung angrenzender Agrarflächen. Das kann häufig zu multinationalen Konflikten zwischen Laos und den betroffenen Ländern Thailand, Kambodscha und Vietnam führen, wobei aber wohl Vietnam nicht so arg darunter zu leiden hätte.“

Jack hatte aufmerksam zugehört und er bekam erstmals einen Eindruck davon, wie ein Staat, der sich das Wort Demokratie auf die Fahne geschrieben hatte, seinen Willen gegen alle Vernunft umsetzt. Gur, er wusste dank seiner Recherchen, dass Thailand politisch labil war, Umstürze, Putsche durch Militärs und Absetzung von Regierungen fanden in Thailand wohl mit beständiger Regelmäßigkeit statt. Aber dieses Beispiel machte ihm deutlich, dass auch eine demokratisch gewählte Regierung ihre Vorhaben gegen den Willen einer betroffenen Bevölkerung durchsetzt und Studien schönt, um dies zu untermauern. Gut, in Deutschland gab es so etwas auch und er hielt es auch ebenso oft für dämlich, aber im Großen und Ganzen lief es doch in einem Rahmen ab, der rechtlich abgesichert war. Querulanten und Sozialschmarotzer, wie er diese radikal-alternative Szene insgeheim bezeichnete, sorgten mit Beständigkeit für mächtig Wirbel, aber man konnte es wohl kaum mit Thailand vergleichen.

„Woher hast du eigentlich dieses umfangreiche Wissen über die Vorgänge hier?“

„Oh, familiäre Bande. Von daher haben wir, besser meine Eltern es hautnah mitbekommen. Das ging damals nicht alles spurlos an mir vorbei und ich habe mich dann später damit auseinandergesetzt. Ich habe allerdings auch ein generelles Interesse an dem alltäglichen Leben, was sich in Politik und Wirtschaft tut.“

„Dann sind die Auswirkungen des Damms hier wohl nur sekundäre Probleme!“

„Ja, damit liegst du richtig. Man kann diese zwei Farben immer noch wahrnehmen, mit etwas Good Will. Für einige Besitzer von Longtailbooten ist es immer noch ein kleines Geschäft, allerdings in einem etwas erweiterten Rahmen. Sie bieten Fahrten in den Mündungsbereich an, damit man die zwei Farben auch mal aus nächster Nähe bestaunen kann, und glaub mir, man sieht es tatsächlich.“

Jack musste unvermittelt lachen. Ihm kam es schon etwas absurd vor, mit einem Boot in den Mündungsbereich zweier Flüsse zu fahren, nur um dort zu bestaunen, wie sich in einem kleinen Strudel die Wasser der Mekong mit denen des Mun vermischten. Aber gut, wenn es Touristen gab, die das sehen wollten, warum also nicht und die Fahrt in einem solchen Longtailboot hatte mit Sicherheit auch ihren Reiz.

„Wie du sicherlich weißt, verläuft die Landesgrenze zu Laos in etwa mittig des Flusses. Im Prinzip verlässt man so Thailand, wenn man über die Flussmitte fährt. Diese kleinen Fahrten mit den Longtailbooten beinhalten eine kleine Besonderheit. Sie fahren bis ans andere Flussufer auf der laotischen Seite. Dort liegt ein kleines Dorf namens Ban Mai Singsamphan, und die Menschen dort leben auch von diesem Tourismus. Es gibt dort einen Markt, auf dem für Laos typische Waren angeboten werden, allerdings auch Sachen, die in Thailand illegal sind, beispielsweise Gras und Zigaretten in Stangen, nachgemachtes Zeug verpackt als Markenzigaretten Marlboro oder so, also Sachen, deren Einfuhr nach Thailand man tunlichst vermeiden sollte, auch wenn die Gefahr hier erwischt zu werden, gering ist. Hinzu kommt, dass niemand genau weiß, was da alles drin ist.“

„Das heißt, wenn wir so eine Tour machen, werden wir dort an der Immigration kontrolliert, ich reise aus und wieder nach Thailand ein. Da bekomme ich Probleme mit meinem Visum, weil das ja durch die Ausreise faktisch ungültig wird.“

„Nein, mach dir da keine Gedanken drüber. Man zahlt lediglich ein paar Baht ‚Eintritt‘ und damit hat sich die Sache. Frag mich nicht, wie das geregelt worden ist, ich kann es dir nicht sagen. Aber Probleme wird es mit Sicherheit nicht geben.“

„Dann vermute ich einmal, dass du mir das heute alles zeigen willst. Ich freue mich jedenfalls auf die Abwechslung.“

„Ja, genau das habe ich für heute geplant. Wir werden damit den Tag verbringen und es für heute dann damit genug sein lassen.“


Nach dem kräftigen Frühstück fühlte Jack sich wohl gesättigt. Er übernahm die Rechnung und sie verließen das kleine Restaurant und machten sich zu Fuß auf den Weg hinunter zum Fluss.
 
        #356  

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Chalitah und Jack spazierten entlang der Flusspromenade und Jack wurde sich erstmals der Mächtigkeit dieses Gewässers bewusst, dass sich träge gen Süden wälzte. Sie erreichten die Anleger mit den Longtailbooten und nach kurzer Verhandlung hatte Chalitah wohl einen akzeptablen Preis ausgehandelt und sie bestiegen das Boot. So ganz wohl fühlte sich Jack dabei nicht. Wegen der Länge des Bootes kam es ihm recht schmal vor und durch den achtern liegenden, schweren Motor, lag es hinten tiefer im Wasser und der Bug neigte sich etwas gen Himmel. Die gesamte Konstruktion mutete Jack etwas seltsam an, denn der Motor war lediglich über ein zweiachsiges, drehbares Gelenk mit dem Boot verbunden, die Antriebswelle ragte lang über das Heck hinaus und die Schiffsschraube wurde einfach ins Wasser getaucht und die Drehung um die vertikale Achse ermöglichte so die Steuerung des Bootes.

Das Treiben auf dem Fluss war ebenfalls geschäftig und Jack wunderte sich, mit welch hohem Tempo diese Boote das Wasser durchpflügten. Jack hatte mit Chalitah weiter vorne im Boot Platz genommen. Zu Jacks Erleichterung begnügte sich ihr Bootsführer damit, gemütlich durch die trüb-braunen Fluten zu fahren. In einem gemäßigten Tempo erreichten sie die Flussmitte in Höhe des Mündungszulaufs des Mun. Chalitah deutete auf ein paar Strudel und mit etwas Goodwill konnte Jack in der Tat die beiden unterschiedlichen Färbungen erkennen.

Chalitah gab dem Bootsführer ein Zeichen und der änderte den Kurs in Richtung des kleinen Anlegers auf der laotischen Seite. Jack war Chalitah behilflich beim Aussteigen aus dem leicht schwankenden Boot. Sie erreichten den etwas höher gelegenen Kontrollpunkt, entrichteten ihren kleinen Obolus und Jack nahm dann mit leichtem Erstaunen das doch geschäftige Treiben auf dem Markt wahr.

Jack hatte es sich alles etwas anders vorgestellt, aber auf den ersten Blick schien sich diese Location nicht von den Märkten zu unterscheiden, die er bereits gesehen hatte. Wie in Thailand wurde er auch hier neugierig betrachtet. Eifrige Marktfrauen riefen ihm zu ‚Beer Lao! Beer Lao!‘, scheinbar in dem Glauben, dass man so Ausländer noch am ehesten animieren könnte, um etwas zu kaufen. Jack bestaunte Flaschen mit offensichtlich in Alkohol eingelegten Reptilien.

„Wozu machen die das. Das sieht ja aus wie in einer Sammlung in einem medizinischen Institut mit in Formaldehyd eingelegten Körperteilen.“

„Hier ist der Glaube an heilende Kräfte noch tief verwurzelt und man glaubt, dass von diesen eingelegten Tieren eine heilende Wirkung auf den Konsumenten übergeht, vielfach auch in dem Glauben, dass es die Potenz steigern würde, was natürlich dann hauptsächlich auf männliche Kunden abzielt. Von Kauf und Genuss rate ich allerdings ab!“

Jack nickte zustimmend. Ihm wäre beim Anblick dieser seltsamen Getränke eh nie der Gedanke gekommen, auch nur daran zu riechen. Es hatte ihn schon lange zuvor gestört, dass es gerade in China wohl Brauch war, an allen möglichen Blödsinn zu glauben, dass Tigerhoden wundersame Wirkung erzielten, oder gar zerriebene Stoßzähne von Nashörnern gar wundersame Heilung brachte. Dieses abergläubische Verhalten hat ein Milliardengeschäft im Hintergrund und dank skrupelloser Geschäftsleute hat es einen verheerenden Einfluss auf so manche Tierpopulation.

Neben dem üblichen auf solchen Märkten angebotenen Tinnef, wurde Jack immer wieder zum Kauf von Zigaretten und auch Gras animiert. Aber da Jack Nichtraucher war, hatte er keine Probleme damit, freundlich aber bestimmt abzulehnen.

Sie hatten die Peripherie des Marktes erreich und Jack blickte auf ein Schule, wo gerade Pause war und die Kinder auf dem Schulhof tollten, ein Bild, das sich wohl überall auf der Welt glich. Was ihm halt auffiel, war ein Schild, wohl mit laotischer Schrift, die ihn entfernt an die thailändischen Schriftzeichen erinnerte, die aber mit Französisch unterlegt waren. Jack vermochte es nicht zu übersetzen. Die französische Sprache hat ihm nie gelegen, ganz im Gegensatz zum Englisch. Er rekapitulierte sein Schulwissen.

Die Franzosen hatten Ende des 19. Jahrhunderts unter Beschlag genommen und als Protektorat Laos in französisch-Indochina übernommen. Der französische Einfluss bestand bis 1946 und darüber hinaus, bevor Laos 1954 komplett unabhängig wurde. Der Unterschied zu Thailand war, dass Thailand, obwohl umgeben von Staaten, die alle unter kolonialem Protektorat standen, eigentlich nie einer Kolonialmacht untergeordnet war und sich dank geschickter Politik und Diplomatie seine Unabhängigkeit bewahrt hatte.

Sie hatten mittlerweile gut 3 Stunden auf der laotischen Seite verbracht. Zwar hatte Chalitah Jack angeboten, hier eine Kleinigkeit zu essen, aber Jack hatte Zweifel und wohl auch die Befürchtung, hier etwas zu essen, was ihm nicht bekommen würde. Die in die Flaschen eingelegten Reptilien gingen ihm nicht aus dem Kopf.

„Chalitah, ich denke, ich habe hier genug gesehen. Zudem habe ich einen mordsmäßigen Hunger. Lass uns bitte zurückfahren!“


Chalitah lächelte nur und sie begaben sich zurück zum Anleger, wo ihr Bootsführer geduldig auf sie wartete. Die Rückfahrt ging zügiger vonstatten und nach wenigen Minuten Überfahrt befanden sie sich wieder auf thailändischem Boden.
 
        #357  

Member

cool
danke
hoffe es geht jetzt weiter
kann es nicht abwarten
 
        #358  

Member

Vielen Dank für die letzten, weiteren Teile nach dem langen Spannungsbogen. Schön, dass Du die technischen Probleme zu Hause scheinbar in den Griff bekommen hast 🙏.

Ich denke, wir haben noch viel Interessantes über die Erlebnisse von Jack zu erwarten, bevor sich irgendwann der Kreis schließt und der Grund für Jack's "Lehrgang" wieder dazu kommen könnte...
 
        #359  

Member

Ja, ich hatte halt viel zu tun und einfach nicht den Kopf fürs Schreiben frei. Den ganzen Stress habe ich mir in 3 Tagen in einer anderen erotischen Kurzgeschichte Devote Obsession (knappe 35 Seiten) vom Leib geschrieben, wobei der Auslöser die Schwester meiner Ex war, die mich dazu inspiriert hat. Die Geschichte werde ich demnächst hier veröffentlichen. ;-)
 
        #360  

Member

Member hat gesagt:
Ja, ich hatte halt viel zu tun und einfach nicht den Kopf fürs Schreiben frei. Den ganzen Stress habe ich mir in 3 Tagen in einer anderen erotischen Kurzgeschichte Devote Obsession (knappe 35 Seiten) vom Leib geschrieben, wobei der Auslöser die Schwester meiner Ex war, die mich dazu inspiriert hat. Die Geschichte werde ich demnächst hier veröffentlichen. ;-)
Ich persönlich warte gespannt darauf 🙂🙃🙂
 
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