Die ,Nutten‘ von Pattaya

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Muss dauernd an Oliver Twist denken bei der Lektüre.

Vielen Dank
 
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von Dr.G.M. Gad Labudda



Ganz neue Wege zum freien Leben


- vier mal sechs Seiten - von Victor Schluff -



- - Ein Farang sucht in Thailand ein neues Leben und erfährt, daß sich auch in Thailand sein Leben nicht ändert, wenn er sich nicht selbst ändert - -



Es gibt Menschen, die völlig unverschuldet ein entsetzliches Leben haben und den Mut finden, mit ganz außergewöhnlichen Maßnahmen die nötigen Änderungen herbeizuführen. Und dann schaffen sie es, mit völlig ungewöhnlichen Entscheidungen ganz woanders immer wieder das gleiche entsetzliche Leben zu finden, was Benni sicher bestätigen kann.

Das Leben war schlimm. Nicht auszuhalten. Dauernd hatte er etwas zu tun, was er gar nicht tun wollte. Das war zuhause früher schon so gewesen. Zwar waren die Eltern kaum einmal zu sehen, aber seine entschieden ältere Schwester war ständig zuhause und führte das Kommando ganz entschieden. Als sie aus der Schule kam, besuchte sie einen Kursus für Näherinnen und dann saß sie zuhause und fertigte Röcke und Kleider in Heimarbeit. Ein Onkel hatte eine kleine Textilfabrik und die Eltern meinten, ein Mädchen braucht keinen Beruf zu erlernen, weil es ohnehin später heiratet, Kinder kriegt und sein Leben in der Küche und beim Klatsch mit Nachbarinnen verbringt. Es reichte also, wenn es bis dahin Geld verdient.

Deshalb war die Schwester immer zuhause und bestimmte, was er zu tun hat und was er zu lassen hat. Selbst als er in die Lehre ging, war sie immer noch wesentlich größer und stärker als er und führte weiterhin die Aufsicht. Seine Lehre absolvierte er in einer Autoreparaturwerkstatt. Nach den ersten Tagen, die der Chef ihn die Werkstatt putzen ließ, erfuhr er mit Entsetzen, daß er mit der Frau des Chefs zu arbeiten hat.

Die hatte in der früheren DDR ihre Lehre und die Meisterprüfung bestanden, sie war fachlich kompetent und zeigte sich als sehr durchsetzungsfähig. Nach der Lehre blieb er noch ein Jahr in dem Betrieb und dann fand er einen ruhigen Job in einer Firma, die Autozubehör und Ersatzteile verkaufte. Er fühlte sich richtig wohl, als der Chef ihm erklärte, was er zu tun hat. Doch schon am nächsten Tag erfuhr er, daß seine Frau ihm sagen würde, wie er die Arbeit zu verrichten hat, weil der Chef fast immer zum Kundendienst und wegen der Einkäufe unterwegs war. Seine Frau kannte allen Zubehör und die Ersatzteile, sie hatte eine Kaufmannslehre hinter sich, kannte sich in Lagerhaltung aus und war eine äußerst gestrenge Betriebsleiterin.

In dieser Zeit fuhr er einmal mit einem Arbeitskollegen nach Thailand in Urlaub. Das war eine sehr schöne Zeit ohne Frauenherrschaft und Benni wünschte sich, hier leben zu können, wo das Klima so warm, die Landschaft so schön, jede Frau so sanft und anschmiegsam und das Leben so billig war. Trotzdem brauchte man viel Geld, um hier leben zu können. Kraftfahrzeugmechaniker verdienten nur wenig und Ausländer erhielten hierfür grundsätzlich keine Arbeitsgenehmigung. Nach der Rückkehr aus dem Urlaubsparadies fiel ihm das Leben in Deutschland noch weitaus schwerer, als zuvor. Die allgegenwärtige Chefin, sein monogames Bett und die Einsamkeit störten ihn nun gar sehr, nachdem er in Thailand ein weitaus schöneres und bequemeres Leben kennengelernt hatte.

Benni mußte abends in die Disco gehen, um sich zu erholen. Dort fand er Rita, die eine zur Erholung passende Oberweite hatte und anregende Miniröcke trug, die ihn an Thailand erinnerten. Sie erholte sich auch in der Disco und dann erholten sie sich öfter gemeinsam und dann heirateten sie. Schon wenige Tage später bemerkte Benni, daß sie eine keifende Stimme hatte, die ihm in der Disco gar nicht so aufgefallen war, und daß sie genauso nörgelte, wie seine Schwester, was sie vor der Heirat nie getan hatte.

Sie lehnte es ab, die Wohnung zu putzen, Essen zu kochen und die Wäsche zu waschen. Sie sagte, daß sie genauso wie früher arbeiten geht und ihr eigenes Geld verdient. Sie hat ihn nicht geheiratet, um Hausfrau oder Hausgehilfin zu werden und das hätte sie ihm auch gesagt. Sie erwarte von ihm ja auch nicht, daß er Essen kocht oder die Wohnung putzt, ist aber bereit, sich von Woche zu Woche mit ihm abzuwechseln und die Wäsche könnte man ja auch in eine Wäscherei geben. Der Vorteil der Ehe bestünde darin, daß man die Abende und die Nächte gemeinsam verbringen und sich die Kosten teilen kann, nicht aber darin, daß er eine preiswerte Haushaltsmaschine hat. Das einzige Positive, was er nach der Hochzeit noch an ihr entdeckte, bestand offensichtlich darin, daß sie, zumindest vorläufig, keine Kinder wollte.

Das Martyrium dauerte drei Jahre. Zwei Jahre hatte es gedauert, bis es wegen seines lockeren Lebensstils, der ihr zu eigenständig und ihr gegenüber zu rücksichtslos war, zu einem gewaltigen Krach kam, der zur Folge hatte, daß das Verhältnis sehr unterkühlt war und seine Frau fortan ganz entgegen ihrer früheren Gewohnheit nur noch mit Unterwäsche und Nachthemd ins Bett ging. Sie erklärte, daß sie nicht geheiratet hat, um jeden Tag alleine zuhause zu sitzen, während er sich gerade auf Frauenjagd befand. Sehr geschickt versuchte er, an der kalten Atmosphäre und an ihrer Ablehnung nächtlicher Aktivitäten etwas zu ändern, indem er sie fragte, ob sie denn nie Kinder haben wollte. Fast entschuldigend hörte sie sich an, als sie süffisant bemerkte, sie könne sich noch nicht an den Gedanken gewöhnen, einen Affen großzuziehen.

Er verstand, daß die Beziehung beendet war und erfuhr bald darauf, daß sie einen heimlichen Geliebten hatte. Das wiederum ging ihm gegen das, was er Ehre nannte. Er lauerte dem Paar mit Erfolg auf, nur um festzustellen, daß er sich geirrt hatte; der Geliebte war gar nicht heimlich, sondern unheimlich, etwa dreißig Zentimeter größer und breiter als er und fragte Benni ungeniert, was er hier zu suchen hat, wenn er mit seiner Frau schläft und ob er vielleicht ein Spanner wäre.

Nun litt Benni tagsüber unter einer weiblichen Kommandozentrale. Hatte er bisher an den Nörgeleien seiner Frau gelitten, wenn er abends nachhause kam, so konnte er nun nicht einmal mehr nachhause gehen. Er ließ sich umgehend scheiden, in gegenseitigem Einverständnis. Vorübergehend mietete er ein möbliertes Zimmer, das ihn aber an den langen Abenden nur selten sah. Das Leben konnte nicht schlimmer sein. Es schien auch nicht möglich, an das erforderliche Geld für ein angenehmes Leben zu kommen, wobei er immer wieder an seine Urlaubszeit in Thailand dachte.

In dieser Gemütsverfassung ging er an einem Wochenende seine Eltern besuchen. Doch die waren nicht da. Seine Schwester war auch nicht da. Er konnte nicht wissen, daß sie gerade die Verlobung der Schwester feierten. Sie hatten zwar versucht, ihn zu benachrichtigen, aber seit er die Wohnung gewechselt hatte, war er noch nicht zuhause gewesen und seiner Frau hatte er seine neue Anschrift nicht gegeben. Aber er sah das Scheckbuch der Schwester auf einer Kommode und er wußte, wieviel Geld auf dem Konto sein mußte. Dieses Wissen entfachte in ihm einen ungewöhnlichen Gedanken, wie er sein miserables Leben mit einem Schlag verändern könnte.

Jahrelang hatte die Schwester ihn geärgert, nun würde sie zu einer wesentlichen Verbesserung seines Lebens beitragen. Er riß das letzte Blatt aus dem Scheckbuch. Die Unterschrift der Schwester hatte er schon früher geübt, als er in der Schule und während der Lehrzeit Entschuldigungen gebraucht hatte. Anschließend zog es ihn zu seiner geschiedenen Frau, in der Hoffnung, daß sie nicht zuhause war. Mühelos fand er das Scheckbuch. Auch hier nahm er das letzte Blatt. Er wußte zwar nicht, wieviel Geld sie gespart haben mochte, war sich aber sicher, daß er zumindest einen Scheck für 5.000 Euro ausstellen konnte, wovon man in Thailand lange leben konnte.

Am Montagmorgen erzählte er auf der Arbeit, daß er einen Autounfall gehabt hat und bat um einen Vorschuß, den er in Form eines Schecks prompt erhielt. Dann entschuldigte er sich und ging ‘zu einer kurzen Besorgung’ mit drei Schecks zur Bank und erhielt anstandslos das Geld, was logisch war, da er es sich ja auch anstandslos verschafft hatte. Er fuhr nachhause, packte einen Koffer und fuhr zu einem Gebrauchtwagenhändler, der ihm seinen Wagen zu einem unverschämt niedrigen Preis abkaufte, aber in bar bezahlte. Eine Stunde später saß er bereits in einem Zug nach Amsterdam, wo er sich ein Flugticket kaufte und in einem Hotel auf den nächsten Tag wartete, an dem er schon frühzeitig zu einem Direktflug nach Thailand eincheckte.

Nach einem ruhigen Flug fuhr er gleich weiter nach Phuket, weil er dort während seines Urlaubs gewesen war und glaubte, sich auszukennen. Er liebte die Natur und wollte einige Zeit der Ruhe in einer schönen Landschaft verbringen, ohne Lärm und ohne Hektik. Doch Phuket hatte sich verändert und zu seinem großen Schrecken erfuhr er schon nach den ersten drei Tagen, daß zwei Deutsche und andere Ausländer festgenommen worden waren, die in ihrer Heimat Straftaten begangen hatten und nach Thailand geflohen waren, um sich zu verstecken. Er glaubte zwar nicht, daß jemand eine Strafanzeige gegen ihn erstattet hatte, außerdem glaubte er auch nicht, daß die Summen hoch genug waren, um ihn in aller Welt zu suchen. Andererseits hatte in der Zeitung gestanden, daß die thailändische Regierung sich bemüht, das Land von kriminellen Ausländern zu säubern und es war denkbar, daß man von Thailand aus mit den Ländern der meisten Urlaubsreisenden Kontakt aufgenommen hatte, um eine Liste der Kriminellen oder der dort Gesuchten zu erhalten und dann konnte man ihm die Aufenthaltsgenehmigung entziehen und nach Deutschland zurückschicken.

Als Benni einen Bericht über Landurlaub im Dorf las, in dem mehrere Adressen von Firmen standen, die solch einen Urlaub auf dem Lande organisierten, fuhr er sofort los, um in einem der Dörfer in Ruhe mit der Natur zu leben. Er ging einige Meter durchs Dorf und durch einige Felder, bevor er sich in seiner Unterkunft einrichten wollte. Doch dort stellte er fest, daß sein Zimmer schon vollständig eingerichtet war. Es fanden sich ein Bett, zwei Stühle, ein Tisch und ein kleiner Schrank. Vergebens schaute er nach, ob man den Fernsehapparat vielleicht irgendwo versteckt eingebaut hatte, aber es gab keinen Fernsehapparat, noch nicht einmal ein Radio. Das Zimmer wurde durch eine lose von der Decke hängenden Glühbirne verziert, die vergebens versuchte, ihre Leuchtkraft von fünfundzwanzig Watt bis auf den Fußboden zu verteilen.

Die Toilette war hinter dem Haus und bestand in einem zementierten Loch, während die mit einer Plastikschüssel gekrönte Regentonne die Dusche repräsentierte. Nachdem Benni auf seinem Zimmer eine gute Stunde himmlischer Ruhe genossen hatte, machte er sich auf, der Dorfkneipe einen Besuch abzustatten, aber hier gab es nicht einmal eine Bar und auch kein Restaurant. Dafür wurde ihm um 18 Uhr von einer sehr stämmigen und resoluten Hausherrin zusammen mit der Hausordnung und diversen gutgemeinten Verhaltensmaßregeln sein Essen serviert, gedämpfter Reis mit Huhn, das er in vollständiger Ruhe genießen konnte. Bier gab es nicht, nur Wasser, aber man könnte auf Wunsch für den nächsten Tag eine Flasche Bier besorgen, teilte man ihm mit. Nachdem er bis 19 Uhr noch die himmlische Ruhe genoß, fiel sie ihm unvermittelt aufs Hirn. Er erinnerte sich an die Annonce, in der ihm versprochen worden war, daß er das Dorfleben kennenlernen konnte, bis er endlich gegen 2 Uhr nachts überzeugt war, genug Dorfleben kennengelernt zu haben und beruhigt einschlafen konnte, was er bereute, als er um 6 Uhr morgens geweckt wurde und sich nur nach und nach erinnern konnte, wo er war und warum er hier war.

Um acht Uhr wurde er vom Dorfpolizisten begrüßt und im Dorf willkommen geheißen. Darauf nahm der Mann seinen Reisepaß zur Überprüfung mit und versicherte, dies sei lediglich eine Formsache, die nur wenige Stunden dauern konnte. Während der nächsten Stunden wanderte Benni durch die Reisfelder und wartete vergebens auf den Bildwechsel. Was er fand, war nur ein Kanal und noch ein Kanal, und kein anderes Programm. Mittags war er zuhause und erhielt sein Essen; gedämpften Reis mit Huhn. Das machte ihm deutlich, daß das Dorfleben wenig Abwechslung kennt und daß er deshalb schon genug Dorfleben kennengelernt hatte, denn von nun an würde es sich nur noch wiederholen. Die Initiatoren des Projektes ‘Urlaub im Dorf’ waren zwar auf den Gedanken gekommen, daß sie mit der Vermietung von Zimmern oder Häusern Touristen und Geld ins Dorf bringen können, sicher waren sie nicht auf den Gedanken gekommen, daß ein alleinreisender Junggeselle aus dem Ausland Urlaub im Dorf machen würde und außer Ruhe sowie Reis mit Huhn vielleicht auch noch andere Erlebnisse oder zumindest etwas Unterhaltung suchen konnte.

Benni meinte, er könnte doch ein klein wenig mehr westliche Atmosphäre gebrauchen, verband diesen Gedanken mit seinem Wunsch nach Ruhe und Verborgenheit sowie schöner Landschaft, fuhr nach Bangkok und ließ sich beraten. Er machte einen guten Eindruck und kam aus dem Ausland, weshalb man ihn als potentiellen ‘Qualitätstouristen’ nach Ko Chang schickte, wo es ein Qualitätsleben geben würde, da man sogar schon daran dachte, für die vielen Besucher der idyllischen Insel ein idyllisches Spielkasino zu bauen. Noch bevor er nach Ko Chang fuhr, ließ er sich bei der Anlegestelle der Fähren zur Insel beraten und fuhr zum Plaloma Strandresort, wo es ihm ausgezeichnet gefiel. Hier fand er exotische Bambushütten, europäisches Essen, abendliche Unterhaltung und Getränke. Aber für Alleinreisende war es doch etwas einsam, weshalb er sich erfolgreich um Begleitung bemühte.

Watha war eine einsame Vergnügungsreisende aus Bangkok, selbstverständlich aus einer angesehenen und wohlhabenden Familie, denn sonst hätte sie sich ja keine Vergnügungsreise erlauben können. Schon bald bot sie ihm seine Vergnügung und beriet ihn über seine nähere Zukunft. Sie war so schön, daß er sicher war, ihr bedenkenlos glauben zu können. Sie verhielt sich so, wie er es von einer Frau erwartete und war ganz anders, als seine ehemalige. Nach wenigen Wochen war er fest überzeugt, daß sie heiraten sollten, weil sie so gut zu ihm paßte und weil sie sonst weglaufen könnte.

Ferner war er überzeugt, daß er in Bangkok eine Bar kaufen sollte, um bequem leben zu können, weil Watha ihm dringend dazu geraten hatte, denn mit einer Bar ließ sich viel Geld verdienen und die Bar würde von alleine laufen, was auch erforderlich war, da er ja dafür keine Arbeitsgenehmigung erhält, in einer Bar aber stets als Gast anwesend und an der Theke sitzen kann. Sie fand nach einer längeren Suche, die viele Kosten verursachte, in einer sehr belebten Gegend mit viel Laufkundschaft die ideale Bar für ihn, die auch überhaupt nicht teuer war. Nach Unterzeichnung der Verträge erfuhr er, daß die Bar ihrem Bruder gehört hatte, der aber noch als Geschäftsführer blieb, um seiner kleinen Schwester bei der Einarbeitung und bei der Leitung zu helfen, da Benni ja nicht arbeiten durfte.

Die Hochzeit wurde in einem Tempel durchgeführt und war sehr feierlich, aber nicht rechtswirksam. Am späten Nachmittag fuhr er regelmäßig zusammen mit seiner Frau zur Bar, die dann geöffnet wurde. Er durfte allerdings nicht hinter die Theke und vor allen Dingen durfte er nichts tun, weil er im Falle irgend einer Bewegung, die nach Arbeit aussah, wie etwa einem durstigen Kontrollbeamten ein Glas Wasser oder seine Visitenkarte zu geben, wegen illegaler Arbeit verhaftet, eingesperrt und ausgewiesen werden könnte. Benni war ein Kulturmensch; er hielt sich an die deutsche Kultur, in der es ja irgendwo auch heißt „An der Quelle saß der Knabe“ und entleerte ab Arbeitsbeginn vor Einbruch der Dämmerung nach und nach einige Bierflaschen, bis er zu stärkeren Getränken überging.

Da ihm langweilig war, liebte er es auch, deutschsprachige Gäste zu einigen Gläsern einzuladen, was dazu führte, daß sich regelmäßig gegen 21 Uhr eine fröhliche Gesellschaft einfand, die sich von Benni freihalten ließ, weil der meinte, daß ihn der Alkohol an seiner Bar ja nichts kostet und bis weit nach Mitternacht mit Freunden feierte, bis er ermüdet seinen Kopf auf die Theke legte, ein Signal, daß er nun nicht mehr ansprechbar war und seine Frau ihn mit freundlicher Unterstützung eines der Mädchen irgendwann nachhause bringen durfte. Seine Frau und ihr Bruder, der Geschäftsführer, versuchten, ihm zu erklären, daß seine Aufgabe zwar darin bestand, Ausländer zum Trinken anzuregen, damit die Bar Umsatz machte und Geld einbrachte, nicht aber darin, diese Getränke auch selbst auszugeben. Sie sagten ihm, daß die Bar solch eine Belastung nicht verträgt, doch Benni meinte, daß das schließlich seine Bar ist und die Getränke deshalb kaum etwas kosteten.

Die Geschwister warteten noch einige Zeit und sprachen noch einmal mit ihm. Sie rechneten ihm vor, daß er am Tag durchschnittlich Getränke für etwa 1.600 Baht Eigenkosten verbraucht, knapp 50.000 Baht im Monat, daß jeden Tag mehr Leute kommen, um von ihm eingeladen zu werden und frei trinken zu können, und daß es auch keinen guten Eindruck macht, wenn jeden Abend schon lange vor Mitternacht ein volltrunkener Farang an der Theke sitzt und unverständliches Zeug vor sich hinlallt. Sie meinten, das würde ihn zur Besinnung bringen, doch Benni gelüstete es gar nicht nach Besinnung.

Er gab zwar zu, daß er täglich mehr trank und täglich eher und stärker betrunken war, versicherte aber, daß er sich dabei täglich besser fühlte. Seine Frau rechnete Benni vor, daß die Bar schon jetzt keinen Gewinn mehr einbrachte, sondern gerade noch das Geld für die laufenden Kosten und seinen Alkohol in die Kasse kam, daß sie praktisch schon gratis arbeiten mußten, weil er 50.000 Baht für seinen Alkohol und Einladungen ausgab. Aber Benni blieb stur. Er sagte, daß das seine Bar ist und daß ihm das Leben so gefällt. Sie müßten sich eben Mühe geben, mehr Geld einzubringen, dann würden sie auch mehr verdienen, er wüßte, daß es Bars gab, die viel mehr Geld einbrachten. Er drohte, den geschäftsführenden Bruder zu entlassen, wenn sie es nicht schaffen, höhere Einnahmen zu bringen. Die Stimmung sank auf einen Gefrierpunkt und seine Frau warnte ihn; er soll sich noch einmal genau überlegen, wem die Bar gehört, aber das war schon später am Abend und er nahm das in seinem fortgeschrittenen Suff nicht mehr auf.

Nur wenige Tage später wachte er im Krankenhaus auf, es hieß, er wäre betrunken vom Hocker gefallen. Er hatte ein stark geschwollenes Auge, schwere Abschürfungen, einen angebrochenen Schädel und eine Gehirnerschütterung. Er blieb nur drei Tage im Krankenhaus, lange genug, um zu erfahren, daß er Alkoholiker war und seine Leberwerte sehr bedenklich waren. So war er froh, als seine Frau ihm die Möglichkeit der Beteiligung an einer Autoreparaturwerkstatt bot, damit er nicht den ganzen Tag an der Bar hängen mußte. Er sah zumindest ein, daß das seiner Gesundheit nicht gut tat und glaubte, daß er sich während einiger Zeit in der Nähe von Autos körperlich erholen und gutes Geld verdienen kann.

Sicher wäre es auch nicht so langweilig, wie an der Bar. Nach Barzahlung und Unterzeichnung der Verträge erklärte seine Frau, daß die Werkstatt ihrem Onkel gehört, der leider im Gefängnis sitzt, weshalb sie von seiner geschäftstüchtigen und durchsetzungsfähigen Frau geführt wird. Die sagte, daß er die europäischen Autos reparieren darf, wie es der Vertrag besagt, den er unterschrieben hat. Und er durfte auch sofort anfangen, damit seine Arbeit sich rentierte.

Es dauerte nicht lange, bis das Verhältnis unhaltbar wurde. Die Frau war wirklich äußerst energisch. Da Benni nur ein Ausländer war, die ja bekanntlich alle dumm sind, fragte sie die Kunden, was die Reparatur kosten oder wie lange sie dauern darf und dann erhielt Benni den Befehl, welche Arbeit er in welcher Zeit fertigzustellen hat. Pleuelstange bei einem Volvo auswechseln, 30 Minuten, Motorwechsel bei einem VW, eine Stunde etc. und nach dieser Maßgabe wurde er auch bezahlt, und zwar unter Zugrundelegung thailändischer Tarife. Sein Einspruch war vergeblich, die Frau sagte, daß sie sich bei einem Thai erkundigt hat und die Thai kennen sich aus, während er nur ein dummer Farang ist, der von Autos keine Ahnung hat, was man ja schon daran sieht, daß er keine Arbeitsgenehmigung bekommt, um Autos zu reparieren und nicht einmal einen thailändischen Führerschein hat. Außerdem hatte sie mit ihrem Mann gesprochen und der hatte gesagt, daß er nicht will, daß ein Ausländer seine Reparaturwerkstätte übernimmt.

Gleichzeitig bestanden aber die Probleme mit seiner Frau weiter, die Beziehung war eisig und man sah sich kaum noch. Wenn er morgens früh aufstand, um arbeiten zu gehen, schlief seine Frau noch, und wenn er auch erst spät abends die Arbeit beendete, hatte es doch keinen Sinn, zu seiner Frau in die Bar zu gehen. Da er aber gar nicht gern alleine zuhause saß, ging er in irgendeine Bar, wo er zwar wesentlich weniger trank, als früher in seiner eigenen Bar, aber doch öfter betrunken nachhause kam und schlafen ging, bevor seine Frau aus der Bar kam. Und wenn er nicht betrunken war, dann war seine Frau müde und ging sofort mit Unterwäsche und Nachthemd ins Bett, drehte sich um und schlief.

Als Benni zum Monatsende seinen Lohn erhielt, der knapp viertausend Baht betrug, wußte er, daß sich diese Lebenssituation nicht mehr halten läßt. Er suchte zuhause nach verstecktem Geld, aber es fanden sich nur rund zweihundertfünfzig Baht Wechselgeld in einer Schale auf einer Kommode. Am nächsten Morgen inspizierte er die Betriebskasse und er schaffte sogar, das Schloß zu öffnen, aber nur um eine Handvoll Münzen zu finden und nicht einen einzigen Schein. Benni ging zu einem Anwalt. Der sah sich seine Papiere an und sagte, der Vertrag mit der Werkstatt sei rechtswidrig und könnte vielleicht sogar als Betrug ausgelegt werden, da man ihm auch Anteile an Grund und Boden abgetreten habe, die aber nicht eingetragen waren und nicht abgetreten und nicht eingetragen werden können, weil Ausländer keinen Grundbesitz haben dürfen.

Ferner sei ihm eine Arbeitsgenehmigung zugesagt worden, um die sich die Firma hätte bemühen müssen, was aber unmöglich ist, weil ein Privatunternehmer keine Arbeits-genehmigung für einen Ausländer beantragen kann und grundsätzlich keine Arbeitsgenehmigungen für Kraftfahrzeugmechaniker erteilt werden. Zudem mußte überprüft werden, ob die Unterschrift echt war. Was allerdings die Bar betraf, sah er keine Möglichkeiten. Der Mietvertrag, die Übernahmebestätigung, die Quittungen und die Lizenz lauteten auf den Namen von Watha. Der Anwalt rief einen ihm bekannten Polizisten an, ging mit Benni und dem Polizisten zur Reparaturwerkstatt, legte die Papiere vor, redete lange und kassierte die komplette Summe, die Benni für die Beteiligung bezahlt hatte. Zuzüglich zwanzigtausend Baht als Entschädigung, aber die gingen an den Anwalt und den Polizisten. Benni war froh, daß er hier wenigstens kein Geld verloren hatte.

Nun galt es, die Probleme mit Watha zu klären. Er ging davon aus, daß sie ihn einfach hinauswerfen würde, weil er keine rechtlichen Grundlagen hatte, irgendetwas gegen sie zu unternehmen. Als er zur Bar ging, sagten die Mädchen, Watha wäre weggegangen und kommt in einer Stunde zurück. Als er wiederkam, sagten sie ihm, Watha würde um 18.30 Uhr auf ihn warten. Als er kam, war sie schon da. Er berichtete von den Vorfällen in der Werkstatt und der Rückzahlung der Beteiligung. Sie meinte, sie hätte ihn nur vermittelt, weil die Leute Geld und einen Fachmann gebraucht hatten und er eine vernünftige Tätigkeit suchte. Wenn sie nicht ehrlich gewesen waren und er sein Geld zurückbekommen hat, dann ist das nur gerecht. Benni war erstaunt. Doch nun mußte er mit ihr sprechen und die Bindung lösen, so gut es ging.

Er warf ihr vor, daß sie ihn nur gesucht hätte, um ihn auszunehmen. Doch sie meinte glatt, das sei nicht wahr. Sie erklärte, daß selbstverständlich alle jungen Frauen, die einen Farang suchen, nicht mit ihm ins Bett gehen, weil er so nett oder so schön ist, sondern ausschließlich deshalb, weil er Geld hat. Auch ältere thailändische Geschäftsleute werden von jungen Frauen nicht gesucht, weil sie so schön oder so nett sind, sondern weil sie Geld haben. Aber sie hätte wirklich versucht, mit ihm zu leben, sie hatte versucht, ihn zu mögen und nett zu ihm zu sein. Natürlich hat sie ihn nicht geliebt, er hat sie ja auch nicht geliebt, sondern nur eine hübsche Frau gesucht. Aber sie hätte alles versucht, mit ihm zu leben und das wäre in Ko Chang und die erste Zeit in Bangkok ja auch ganz gut gegangen. Bis er angefangen hat, zu trinken und sie ihn nur noch betrunken gesehen hat. Betrunkene Leute sagen, was sie wirklich denken. Wenn er betrunken war, hat er sie nur noch beschimpft und beleidigt. Er hat versucht, sie zu schlagen, aber er war schon zu betrunken.

„Du hast gesagt, ich bin eine Hure, geisteskrank, ich hätte nie von den Bäumen klettern dürfen. Du kannst nur meinen Bauch gebrauchen, weil ich blöde bin und kein Hirn habe. Aber Du suchst Dir regelmäßig andere Frauen, mit denen Du viel lieber ins Bett gehst, weil sie jünger und schöner sind und es Dir mit denen viel mehr Spaß macht. Das ist es, was Du wirklich von mir denkst. Und jetzt beklagst Du Dich, daß ich Dich nicht wirklich geliebt habe. Du mußt geisteskrank sein. Es gibt keine Frau, die einen Mann liebt, der monatelang betrunken herumtorkelt, sie unflätig beschimpft und dann auch noch zu schlagen versucht.“

Benni verstand, daß er hier nicht viele Chancen hat, an sein Geld zu kommen und das machte ihn wütend. Doch noch beherrschte er sich, vollzog einen Bogen und sagte: „Ich glaube, es ist besser, wenn wir uns trennen.“ Sie schaute ihn gerade an und sagte: „Wir sind getrennt. Wann ziehst Du aus?“ Jetzt konnte er an sein Geld kommen, glaubte er und sagte: „Ich habe kein Geld.“ Sie lachte: „Willst Du einen Palast mieten, daß das Geld von Deiner Werkstattbeteiligung nicht reicht?“ Sicher, das war sein Fehler gewesen, aber er antwortete: „Ich muß eine neue Existenz aufbauen und dafür reicht es nicht mehr. Ich will das Geld zurück, das ich Dir für die Bar gegeben habe.“ Sie lächelte, jetzt amüsiert und sagte:

„So, willst Du das. Gut. Die Bar hat 800.000 Baht gekostet. Du hast mir 600.000 Baht gegeben, 200.000 hatte ich selbst. Du hast in gut sechs Monaten 300.000 Baht vertrunken und spendiert, Einkaufspreis. Du hast die Bar durch Deine Anwesenheit und Dein Benehmen um über 100.000 Baht geschädigt. Das läßt sich an den Gewinnen nachrechnen, die wir machen, seit Du nicht mehr an der Bar bist. Ich werde Dir 200.000 Baht geben.“ Benni stockte der Atem, sein Kopf lief rot an und er schrie: „Ich will keine zweihunderttausend Baht von Dir, ich will meine sechshunderttausend Baht, Du dreckige Hure!“ Sie sagte: „Gut, wenn Du sie nicht willst, dann eben nicht.“ Dann stand sie auf und ging an ihm vorbei. Benni sprang auf, doch dann blieb er stocksteif stehen. Er hatte die beiden Polizisten nicht gesehen, die hinter ihm gestanden hatten und ihn nun unbeteiligt ansahen. Einer von ihnen wollte seinen Paß sehen. Dann steckte er ihn ein und machte Benni klar, er kann den Paß nach der Überprüfung in einer Woche auf der Polizeistation wieder abholen, aber er darf sich inzwischen nicht mehr an der Bar sehen lassen.

Benni fühlte sich betrogen. Er hatte das Geld für die Bar bezahlt und dann war es seine Sache, was er mit den Einnahmen machte. Wieso bildete sich Watha ein, daß sie einen Gewinnanteil hatte? Daß er nicht gearbeitet hatte, spielte ja keine Rolle, weil er nicht arbeiten durfte, was sie gewußt hatte, als sie ihm vorschlug, die Bar zu kaufen, und es war sein Geld gewesen, mit dem sie Gewinn gemacht hatte. Überhaupt war sie, nachdem er die Bar gekauft hatte, genau so gewesen, wie die europäischen Frauen. Sie stellte Ansprüche, versuchte ihn zu manipulieren und weigerte sich, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Frauen haben seit eh und je nur fürs Bett getaugt, sie bekamen Unterkunft und Essen und hatten sich um Hausputz, Kinder und Küche zu kümmern, aber das schien ihnen jetzt auch schon in Thailand nicht mehr zu reichen. Sie wollten über den Mann herrschen, die große Chefin spielen und dafür wollten sie auch noch Geld haben.

Doch sein Selbstmitleid als verkannter Mann und Herrscher beschäftigte ihn nicht zu lange, denn er hatte jetzt auch noch andere Probleme, beispielsweise das Problem, zu überleben, was ihm fast ausgeschlossen schien. Er war im feindlichen Ausland alleine, konnte die Landessprache nicht verstehen, hatte keine Frau, die ihm helfen konnte, keine Ahnung, was er tun könnte und höchstwahrscheinlich auch nicht mehr genug Geld, um eine neue Existenz aufzubauen. Aber er war doch klug genug, sich zu überlegen, was er falsch gemacht hatte, um diesen Fehler nicht zu wiederholen. Er hatte Watha zu sich geholt, gleich nachdem er sie getroffen hatte, ohne überprüft zu haben, ob sie ihn wirklich liebt. Dann hatte er ihr geglaubt und Verträge unterschrieben, die er nicht verstanden hatte und die, was die Werkstatt betraf, offensichtlich auch Watha nicht verstanden hatte. Er mußte also mit der Auswahl der Leute, die für ihn arbeiten sollten, vorsichtiger sein. Sie mußten ihn wirklich lieben und vor allen Dingen mußten sie mehr Bildung haben. Außerdem hatte er zuviel Geld ausgegeben und zuviel getrunken. Sonst hatte er eigentlich nichts wirklich falsch gemacht.

Nun mußte er also eine Person suchen, die ihm half, und dann mußte er Geld verdienen. Er hatte gehört, daß das in Pattaya leichter sein soll, weil da nur ahnungslose Touristen herumlaufen, während es in Bangkok zu viele Ausländer gibt, die da schon zu lange leben und sich auskennen. Wenn er Geld machen wollte, dann mußte er Leute suchen, die sich nicht auskannten, denen er mit seiner Thailandkenntnis von knapp sieben Monaten überlegen war, denen er sagen konnte, was ihm paßt, weil sie keine Ahnung haben und ihm alles glauben würden, wie er am Anfang Watha geglaubt hatte. Vielleicht konnte er jemand seine Anteile an der Werkstatt oder die Bar verkaufen, er hatte sehr saubere Kopien davon, die waren so gut wie Originale. Er mußte nur jemand vom günstigen Kauf überzeugen und sagen, daß er wegen ständiger Probleme mit seiner Frau günstig verkaufen wollte. Die Touristen würden einem Landsmann sicher glauben, bei einem Schnäppchen einen hohen Gewinn erwarten und darauf hereinfallen.

Er fuhr nach Pattaya und suchte eine schöne und intelligente Frau, die ihm helfen sollte. Die zehn Euro, die ihn das kostete, waren sicherlich gut investiert. Diese Rechnung hätte Benni sich näher überlegen sollte, denn sie zeigte ihm sehr deutlich die Fehler, die er machte. Wenn er mit zehn Euro oder fünfhundert Baht rechnete, so fehlte dabei die Auslöse von vielleicht zweihundert Baht, es fehlten die Getränke, die er in mehreren Bars konsumieren würde, mindestens dreihundert Baht, die Getränke, die er in der Bar mit ihr trank, mindestens zweihundert Baht, zusammen bereits zwölfhundert Baht, macht im Monat 36.000 Baht oder 720 Euro, nicht mitgerechnet die Hotelkosten und die auf eigenes Verschulden zurückzuführenden Nebenkosten, wie etwa gemeinsames Abendessen oder Frühstück, ein Goldkettchen, ein Armreif etc. pp.

Seine Standardkosten, an die er nicht dachte, würden also im Monat bereits rund eintausend Euro betragen, während er nur an die zehn Euro für die Frau dachte und noch nicht einmal überlegte, daß die Frau mit fünfhundert Baht vielleicht gar nicht einverstanden war und mehr verlangte. Viel schwerwiegender waren allerdings drei andere Fehler: Einmal ist es völlig illusorisch, zu glauben, daß er eine schöne Frau trifft, die ihn noch nie gesehen hat und liebt, weil sie am Tag zehn oder fünfzehn Euro bekommt. Zum Zweiten ist es kaum denkbar, daß er eine Frau findet, die ihm helfen kann. Die Barmädchen haben diese Arbeit angenommen, weil sie nichts anderes tun können. Sie haben zwischen null und sechs Schuljahre absolviert, lesen zumeist noch mit dem Finger unter dem Wort und haben keinerlei Erfahrung von Verträgen, Behördengängen oder Erfordernissen eines Ausländers.

Dazu kommt, daß die meisten Barmädchen überzeugt sind, viel besser und klüger zu sein, als die Ausländer, die ja noch nicht einmal richtig sprechen können, und ihm mit voller Überzeugung sagen, was er zu tun hat. Nicht etwa, weil sie es wissen, sondern weil sie es sich so vorstellen und weil sie ja als Thai viel klüger und größer sind. Man könnte hinzufügen, daß eine hohe Anzahl hilfsbereiter Damen ihrem Farang ihre Unterstützung angedeihen lassen, weil sie dabei auf einen eigenen Gewinn, vielleicht in Form von Kommissionen, hoffen, und daß es auch noch Damen gibt, die ausschließlich ihren Vorteil und ihre Möglichkeit suchen, reich zu werden. Soweit zu dem Gedanken ‘Sie kostet ja nur zehn Euro’.

Es dauerte mehrere Bars, bis Benni seine Hilfe in der von ihm bevorzugten Form fand, die auch etwas Englisch sprach und breit genug lächelte, daß er es als wahrscheinlich ansah, daß sie ihn liebte. Doch als sie nach mehreren Gläsern ins Hotel gingen, brauchte er gar nicht lange, um herauszufinden, daß sie nicht die von ihm gesuchte Hilfe sein konnte. Sie verhielt sich überhaupt nicht so, wie er es von einer Gehilfin erwartete, sie verhielt sich überhaupt nicht, oder genau gesagt, sie verhielt sich, war äußerst verhalten. Er würde morgen eine andere Gehilfin suchen. Dazu zog er wieder durch mehrere Bars, um das zu finden, was er für eine reine Formsache hielt. Doch diese schien Angst vor einer Erkältung zu haben und war noch nicht einmal bereit, sich auszuziehen, woran er ganz klar erkennen konnte, daß sie ihn gar nicht liebte, obwohl sie das auf seine Fragen mehrmals beteuert hatte.

Es dauerte längere Zeit, bis er endlich die Frau gefunden hatte, die die Form und das Verhalten hatte, das er von einer brauchbaren Gehilfin voraussetzte, sie hieß ‘O’ und sogar ihr Englisch war ziemlich gut. Nun kam es darauf an, sie zu seiner Hilfe einzusetzen, damit er Geld machen konnte. Nachdem er ihr erklärt hatte, daß er in Bangkok eine Bar und Anteile an einer Autoreparaturwerkstatt verkaufen wollte, weil er sich von seiner Frau getrennt hatte, weil er jetzt mit ihr lebt, zog er mit ihr als glaubwürdiger Zeugin durch mehrere Bars, um seine Verkaufsabsichten zu verkünden.


Es dauerte lange, bis er Interessenten fand. Ein großer, dicker Ausländer, der seine Haare wie ein Mönch trug, mit einer tonsurförmigen Glatze und einem Kranz halblanger Haare ringsherum, zeigte sich an der Bar interessiert, die Benni für vierhunderttausend Baht angeboten hatte, und wollte die Papiere sehen. Frohlockend holte Benni die Papiere aus der Tasche und der Dicke schaute sie an. Er rief einen Mann und sagte ihm: „Mach’ doch schnell ‘mal ein schönes Foto; wir sind hier dicht vor einem Vertragsabschluß. Er legte einen Arm um den viel kleineren Benni, drückte ihn an sich und hob ihn dabei etwas vom Boden hoch, während er dabei die Vertragspapiere mit der Schriftseite zur Kamera schwenkte.

Nachdem drei Fotos geknipst worden waren, fragte er trocken: „Hast Du auch schon ‘mal ‘was zu verkaufen, was Dir gehört?“ Benni versuchte, sich herauszureden und erklärte, daß O die Papiere beim Einpacken verwechselt hätte und bezeugen kann, daß ihm eine Bar und eine Werkstatt gehören, die er verkauft, weil er sich von seiner Frau getrennt hat. Doch als O das bestätigen sollte, erklärte sie, daß Benni das schon einmal gesagt hat, daß sie ihm aber nicht glaubt, weil ein Ausländer keine Bar und keine Werkstatt besitzen darf. Benni meinte noch, sich herausreden zu können, erklärte, daß die Weiber ja alle doof sind und sagte dem Dicken, daß er keine Ahnung hat, weil er hier nur auf Urlaub ist, während er selbst schon seit sieben Monaten hier ist.

Doch ihm antwortete nur Gelächter und der Dicke meinte grinsend: „Da hast Du Dich ja schon richtig lange gehalten, das müssen wir natürlich auch in die Zeitung bringen, direkt unter Dein Verkaufsangebot. Das ist doch eine schöne Gratiswerbung für Dich.“ Benni war es gar nicht mehr wohl zumute. Nach einigen Fragen meinte er: „Das darfst Du aber nicht abdrucken. Laß’ mich wenigstens vorher die richtigen Papiere holen.“ Der Dicke beruhigte ihn: „Klar. Die Zeitung kommt ja erst in drei Tagen heraus, Du kannst uns also bis morgen Abend noch die auf einen Ausländer ausgestellten Dokumente vorlegen, vor allen Dingen die Lizenz.“ Benni sagte, daß er jetzt sofort die richtigen Papiere holt und ging zum Ausgang. Doch er wurde zurückgerufen: „Du hast Deine Rechnung vergessen.“ Der Hinweis, daß er ja gleich zurückkommt und dann alles zusammen bezahlt, weil er dann ja auch noch einige weitere Gläser trinkt, half ihm nicht und machte ihn auch nicht gerade sympathisch.

Als er sein Portemonnaie zückte, kam jemand auf den Gedanken, O zu fragen, ob er sie schon bezahlt hat. Ihre Auskunft, daß sie für die letzten zwei Tagen kein Geld bekommen hat und daß Benni auch die Auslöse nicht bezahlt hat, weil er mit ihr unterwegs war, hatte zur Folge, daß er ihr nun das Geld für drei Tage geben mußte, und weil sie besonders schön war, mehr als nur fünfhundert Baht pro Tag. Auf seinen erneuten Protest, daß er ja gleich wiederkommt, sagte man ihm nur, daß er sich dann bestimmt freut, wenn er seine Schulden schon bezahlt hat und versprach ihm, daß sie ihm O bis dahin nicht wegnehmen und gut auf sie aufpassen werden. Tatsächlich spendierte jemand ihr ein Getränk und unterhielt sich mit ihr.

Benni war mit den Nerven am Ende. Nicht nur, daß er mit seiner Geldbeschaffung auf dem Bauch gelandet war, er mußte damit rechnen, daß sein Bild mit den falschen Dokumenten und der Betrugsabsicht in einer Zeitung erscheint. Zwar konnte es sein, daß die Leute nur geblufft haben, aber darauf konnte er sich nicht verlassen. Halbherzig zog er noch durch zwei Bars in Pattaya, um seine Fotokopien als originale Besitzdokumente zu verkaufen, aber er fand niemand, der Interesse an diesen Objekten hatte und er wußte selbst, daß ihm auch die Überzeugungskraft fehlte.

Der nächste Morgen sah Benni in einem Taxi nach Bangkok. Nachdem er ein preiswertes Hotel gefunden hatte, begann er, Informationen zu suchen, um Geld zu verdienen. Mit seinen Fotokopien konnte er in Bangkok nichts anfangen, weil eventuelle Interessenten sich die angebotenen Objekte selbstverständlich vor einem Kauf ansehen wollten. So begann er wieder mit der Suche nach einem Mädchen, das ihm beim Geldverdienen helfen sollte. Diesmal dauerte es sechs Tage, bis er eine geeignete Frau gefunden hatte. Sie hieß Lek und er merkte sofort, daß sie ideal geeignet war. Sie gehorchte aufs Wort, tat alles, was er wollte, wie er es wollte und versuchte, ihm seine Wünsche von den Augen abzulesen. Mit ihr würde er leichtes Spiel haben. Als er sie nach Investitionsmöglichkeiten fragte, nannte sie ihm zwei Bars, die zu verkaufen waren, sie schlug ihm vor, Motorräder zu verleihen, aber er wußte nicht wo, bekam sicher keine Genehmigung und glaubte nicht, daß man damit viel Geld verdienen kann.

Als sie sagte, daß ziemlich im Zentrum ein Guesthouse mit acht Zimmern sehr preiswert zu verpachten war, meinte er, das könnte interessant sein. Er meldete sich und hörte mindestens ein Dutzend rein familiärer Gründe, weshalb er dieses gutlaufende Geschäft für nur zwanzigtausend Baht im Monat mieten konnte. Er könnte die vorhandene Lizenz übernehmen und es machte auch nichts, daß er keine Kaution für den Wert der Einrichtung und eventuelle Beschädigungen hinterlegen konnte. Allerdings müßte er dann die Miete für ein Jahr im Voraus zahlen, damit man sicher ist, daß er nicht einfach wegläuft, und er müßte eine Art Hausmutter übernehmen, eine schon etwas ältere Frau, die bereits seit Jahren hier arbeitet, den Betrieb gut kennt und ihm sicher eine große Hilfe sein wird. Der Preis schien Benni so niedrig, daß er das Haus auf zwei Jahre mietete und im Voraus bezahlte, damit er sicher war, daß man ihn nicht hinauswerfen konnte, wenn er das Haus erst einmal richtig in Schwung gebracht hatte und dann hohe Gewinne erzielte.

Benni war begeistert. Neben den acht Gasträumen und einem Gemein-schaftsraum im Parterre befand sich auch noch eine kleine Wohnung im Haus, die er bewohnen konnte. Er zog sofort mit Lek zusammen in die Wohnung und richtete sich häuslich ein. Dann kümmerte er sich um den Betrieb. Das war nicht schwer, weil das Haus seit einiger Zeit geschlossen war. So brauchte er nur Lek loszuschicken, um ein Mädchen zu finden, mit dem sie zusammen die Räume auf Hochglanz bringen und später die Kunden bedienen konnte. Er richtete sich einen gemütlichen Arbeitsplatz am Empfang ein und kaufte in weiser Voraussicht einen großen Kühlschrank, den er mit wenigen Schritten erreichen konnte. Für die Erfrischungen und Getränke der Gäste natürlich.

Die Hausmutter saß ursprünglich an der Empfangstheke, doch er sagte ihr, daß er diese Arbeit selbst übernimmt und daß sie sich einen anderen Platz suchen soll. Dann ließ er Visitenkarten drucken, ging in die Bars der Umgebung, um Bescheid zu sagen, daß das Guesthouse wieder geöffnet war und preiswerte Unterkünfte und besten Service anbot. Das war kein Problem, denn in dieser Gegend gab es nicht viele Bars und er konnte das Haus auch jederzeit verlassen, denn im Empfangsraum saß auch die ältere Dame, die er übernommen hatte und sich als eine sehr kräftig gebaute Frau in den Mittvierzigern herausgestellt hatte, die sehr energisch war und auch eine sehr kräftige Stimme besaß.

So sehr er sich anfangs über die Anwesenheit dieser Frau gefreut hatte, so sehr störte sie ihn schon nach den ersten Wochen. Dauernd beschwerte sie sich über sein Benehmen, sei es Lek oder dem Hausmädchen gegenüber und sie beschwerte sich über die Unordnung, die er um sich herum verbreitete. Als er auf den Gedanken kam, eine Zwischenwand zwischen Gesellschaftsraum und Frühstücksraum herauszureißen und eine Bar einzurichten, verbot sie das kurzerhand. Damit ging sie natürlich zu weit und Benni entließ sie fristlos. Als sie widersprach, hörte er gar nicht mehr hin, weil sie ja schon entlassen war, und ging in seine Wohnung. Dort erschien sie eine halbe Stunde später mit einem Polizisten, der ihm aufgrund einer Vertragskopie freundschaftlich sagte, daß er die Frau nicht entlassen kann, weil sie die Interessen der Besitzer vertritt, von diesen alle Vollmachten hat und daß er ihre Übernahme und ihre Unkündbarkeit unterzeichnet hat. Sie saß also weiter im Empfang, tat nichts, wenn sie sich nicht gerade etwas zu essen machte oder sich über sein Verhalten und seine Unordnung beschwerte oder sich zeitweise in Kritik und Gedanken über sein Wesen ausließ.

Seinen Versuch, mit der Einrichtung einer Bar Gäste anzuziehen, hatte sie verhindert. Sicher, sie brauchte keine Gäste; sie saß unkündbar auf dem Sofa, kritisierte ihn, wo immer sie konnte und er mußte ihr dafür auch noch sechstausend Baht pro Monat zahlen. Aber er hatte keine Einnahmen. Es kamen keine Gäste, in der Woche konnte er vielleicht drei- oder viermal ein Zimmer vermieten, während er mit einem vollen Haus gerechnet hatte. Die Einnahmen reichten nicht einmal für die Kosten, ganz zu schweigen von den Gehältern oder seinen Lebenshaltungskosten, die sich aufgrund der miserablen Geschäftssituation und des großen Kühlschrankes, der so schnell leer wurde, ständig steigerten. Nein, sein Leben war nicht besser geworden.

Nun saß er den ganzen Tag an einem Tisch und wartete auf Wunder, wie Gäste, Vergnügungen oder darauf, daß die ältere Frau einmal den Mund hielte. Oder er wartete darauf, daß Lek ihm das Essen brachte. Die Beziehung zu Lek war in letzter Zeit eisig geworden. Wenn er mit ihr ins Bett ging, drehte sie sich um und sagte, er sei betrunken. Sie beschwerte sich bei ihm immer häufiger, nicht nur über sein Verhalten oder darüber, daß er etwas trank, sondern auch darüber, daß sie den ganzen Tag als Putzhilfe, Köchin und Geliebte unterwegs ist und im Monat gerade noch fünftausend Baht bekommt. Sie war einfach zu dumm, um zu verstehen, daß er ihr kein gutes Geld zahlen konnte, wenn kein gutes Geld hereinkam. Dabei saß sie jetzt immer öfter im Empfangsraum, kümmerte sich aber überhaupt nicht mehr um ihn, sondern unterhielt sich mit der stets nörgelnden Frau, und während sie ihm gegenüber nur ein saures Gesicht zogen, saßen die Frauen zusammen, kicherten und lachten. Er konnte noch nicht einmal sagen, worüber sie sprachen, weil er kaum ein Wort davon verstand.

Als er Lek einmal anbrüllte, weil sie schon zum zweiten Mal sein Pfeffersteak verkehrt gemacht hatte und weil es viel zu hart war, schlug er mit der Faust auf den Tisch und schickte das Essen zurück. Er schimpfte auch noch, als sie mit dem Teller schon längst verschwunden war. Darauf sagte seine Aufpasserin scharf und mißbilligend, er benimmt sich wie ein arrogantes, dummes kleines Kind, das sich darüber aufregt, daß es kein Mann wird. Er sollte sich doch einmal überlegen, daß die Menschen sich ihm gegenüber genau so verhalten, wie er sich ihnen gegenüber verhält. Darauf sagte er, daß er sich vielleicht auch netter verhalten würde, wenn man zu ihm netter ist. Sie nickte und meinte: „Ja, sicher, genau so, wie ein kleines Kind, das hilflos auf dem Hocker sitzt und abwartet, was rundherum geschieht, und nicht wie ein Mann, der einen Überblick hat und der selbst bestimmt, was um ihn herum zu geschehen hat.“

Es waren viele Monate, die so vergangen waren und er hatte größere Sorgen. Sein Geld ging zur Neige und es war nicht abzusehen, daß sich die Herberge mit Gästen füllen und Gewinne einbringen würde. Dann kam ein schwarzer Tag, an dem alles daneben ging. Schon früh morgens mußte er sich ärgern, weil Lek ihm das Frühstück ohne Brotbelag brachte, wo sie doch genau wußte, daß er immer eine Scheibe mit gekochtem Schinken und eine Scheibe mit Käse haben wollte. Sie sagte, er hätte ihr kein Geld zum Einkaufen gegeben. Dann mußte er sich über einen längeren Stromausfall ärgern, worüber sich auch noch der einzige Gast beschwerte, den er hatte. Dann bekam er Streit mit seiner Aufpasserin, weil er seinen Gast nicht höflich behandelt hatte Als er kurz vor Mittag durch die Zimmer ging, um zu kontrollieren, ob sie auch alle sauber waren, fand er das Zimmermädchen beim Putzen eines Zimmers.

Weil er schon lange nicht mehr mit Lek zusammen war, fand er dieses junge Mädchen besonders verführerisch und ging mit ihm ins Bett, wobei es sich zwar sträubte, aber er meinte, doch nicht so ernsthaft, als hätte es das nicht gewollt. Er war ja ein erfahrener Mann und wußte genau, daß jede Frau in Thailand es nur darauf abgesehen hat, mit ihm ins Bett zu gehen und mit einem stattlichen Ausländer Sex zu erleben, ganz gleich, wie jung sie ist. Anschließend wollte sie von ihm Geld haben, aber da wurde er böse und sagte, daß er ihr kein Geld geben kann und sie sollte froh sein, wenn er sie nicht entläßt, wo sie genau weiß, daß die Geschäfte so schlecht gingen und kein Geld hereinkam.

Ausgerechnet in diesem Augenblick klingelte unten wiederholt die Glocke und er mußte zum Empfangsraum gehen. Dort war der einzige Gast, der nur einen Tag dagewesen war. Er wollte ausziehen. Benni schaute auf die Uhr, es war zehn Minuten nach zwölf Uhr mittags. In den Geschäftsbedingungen stand aber, daß die Gäste das Haus bis zwölf Uhr verlassen müssen. Also teilte Benni dem Gast mit, daß er für zwei Tage bezahlen muß, weil er zu spät auszieht. Der Mann erklärte, daß er länger zum Packen brauchte, weil über eine Stunde Stromausfall ihn behindert hatte. Benni meinte, in den Geschäftsbedingungen stand nichts von Stromausfall, dort stand aber, daß Gäste, die nicht um 12 Uhr ausziehen, einen weiteren Tag bezahlen müssen. Die Diskussion erhitzte sich und die Lautstärke steigerte sich, bis der Mann wutschnaubend das Hotel verließ, aber seine Koffer, die vor der Empfangstheke standen, nicht mitnahm. Die Aufpasserin sagte Benni, das war die dümmste Handlung, die ihm in dieser Situation möglich war.

Er erklärte, daß er mit den Unterkünften Geld verdienen muß und geriet nun auch mit ihr in ein Streitgespräch über gutes Benehmen, Kulanz, Bildung und Dummheit, das er nach einiger Zeit abbrach. Er wollte nachsehen, wieviel Geld in der Kasse war, um Lek loszuschicken, Brotaufschnitt zu kaufen, aber er hatte gerade den Schlüssel aus der Tasche geholt und die Kasse noch nicht erreicht, als der Gast mit zwei Polizisten eintrat. Benni erschrak, legte den Kassenschlüssel auf den Tisch und stellte sich hinter die Theke. Er holte die Geschäftsbedingungen hervor und legte sie auf die Theke. Doch die Polizisten hatten ihn noch nicht erreicht, als von der Seite her die Tür aufging, das Putzmädchen schluchzend mit verschmiertem Gesicht langsam in den Raum kam, sich die Hände vors Gesicht hielt, zur Aufpasserin ging, vor ihr auf die Knie sank und sie bat, sie soll ihr helfen, Benni hätte sie gerade vergewaltigt.

Sie hatte die Polizisten gar nicht gesehen, aber die hatten sie gehört und sie hörten nun gut zu, als sie von der Frau aufgefordert wurde, zu erzählen. Schluchzend erzählte sie der Hergang und alle standen um sie herum. Außer Lek, die etwas später hereinkam und nur einen Teil der Anklage hörte, als sie den Kassenschlüssel auf dem Tisch sah. Sie schloß die Kasse auf, in der sich etwa sechzehntausend Baht befanden, die sie schnell einsteckte, bevor sie die Kasse abschloß, den Schlüssel einsteckte und ins Haus ging, um ihre Sachen zu packen. Sie hatte in jeder Beziehung genug, sie hatte genug erlebt und sie hatte genug gehört. Das Leben mit Benni hatte ohnehin keinen Spaß gemacht, er hatte sie nicht als Mensch behandelt und es war nur die sichere Versorgung und die Hoffnung auf eine feste Verbindung gewesen, die sie hier gehalten hatte.

Nun war es nicht nur die schlechte Bezahlung für ein schlechtes Leben mit viel Arbeit und viel Ablehnung, sondern auch das Bewußtsein, daß eine feste Verbindung mit einem Mann, der mit ihr lebt und fremde Frauen vergewaltigt, keinen Sinn hat. Er würde sie nie als Lebensgefährtin betrachten, sondern nur als Nutzobjekt. Als sie mit ihrer Tasche ihr Zimmer verließ, vorsichtig nach unten ging und an der Tür zum Empfangszimmer vorbeischleichen wollte, kam das Hausmädchen. Lek nahm es in den Arm, sprach kurz mit ihm und gab ihm sechstausend Baht. Dann ging sie aus dem Hinterausgang, während das Hausmädchen zu der Aufpasserin zurückging, ihr dreitausend Baht gab und einige Worte zuflüsterte. Die nickte befriedigt und das Hausmädchen ging, um sich umzuziehen. Es sollte mit den Polizisten mitkommen, um eine Anzeige wegen Vergewaltigung zu unterzeichnen.

Benni hatte zugegeben, daß er mit dem Mädchen im Bett war und daß es sich gesträubt hat. Aber er hatte die Stirn, sie der Prostitution zu beschuldigen, weil sie anschließend Geld verlangt hatte. Doch die Polizisten sahen das ganz anders. Wenn sie nicht zuvor in den Beischlaf eingewilligt und nachher Geld verlangt hat, dann ist das als Entschädigung zu verstehen und nicht als Liebeslohn. Dem anderen Polizisten fiel ein, zu fragen, ob er sie denn als Prostituierte beschäftigt hat, doch die Aufpasserin hakte sofort ein und erklärte, daß das Mädchen jung und schüchtern ist, noch nicht einmal einen Freund hat und daß sie nie gesehen hat, daß das Mädchen Besuch hatte oder irgendwann einmal aus dem Haus gegangen wäre. Benni erinnerte sich an die vertikale Gesellschaftsanschauung der Thai und meinte, es hilft, wenn er sagt, das Putzmädchen wäre ja nur eine dumme Bauerntrampel gewesen. Das war ein schlimmer Irrtum, nicht nur, weil Ausländer in dieser Anschauung noch weit unter der Landbevölkerung stehen, sondern auch deshalb, weil beide Polizisten in einem Dorf aufgewachsen waren.

Benni begann erst langsam zu begreifen, daß er einen unerwünschten Wendepunkt seines Lebens erreicht hatte, nachdem die Polizisten ihn nach seiner Arbeitsgenehmigung fragten. Zwar sagte er, daß er sich erkundigt hat, daß Ausländer keine Arbeitsgenehmigung brauchen, um ein Guesthouse zu pachten. Die Polizisten bestätigten das, meinten aber, daß sie eine Arbeitsgenehmigung brauchen, wenn sie als Empfangschef oder als Geschäftsführer arbeiten. Er hatte an Kunden Räume vermietet und ihnen Schlüssel gegeben und er hatte von einem Kunden Geld verlangt, das war Arbeit, und zwar illegale Arbeit gewesen. Nun verlangten sie, Bennis Reisepaß zu sehen und nickten gleichmütig, als er sagte, er hätte nur vergessen, ein neues Visum zu holen, das wäre keine böse Absicht gewesen.


Nun kam das Putzmädchen in den Raum, wodurch die Situation nicht besser wurde. Die Polizisten waren pragmatische Leute. Sie verstanden, daß es dem Mädchen nicht viel nützte, eine Anzeige zu erstatten und fragten, daß es doch nach der Vergewaltigung nach Geld gefragt hatte, weil es eine Entschädigung erwartete und so sah das Mädchen das auch; selbstverständlich wäre es nie gratis mit einem Farang ins Bett gegangen, kein Mädchen würde das machen, und nachdem er es schon zum Sex gezwungen hatte, war ja selbstverständlich, daß sie eine Entschädigung verlangt. Damit war für die Polizisten bewiesen, daß es nicht etwa einen Liebeslohn, sondern eine Entschädigung verlangt hatte. Sie fragten, ob es je zuvor schon einmal sexuellen Verkehr gehabt hat und das Mädchen verneinte. So gut es nun mit den wenigen Brocken Englisch ging, die die Polizisten beherrschten, machten sie Benni klar, er könnte dem Mädchen 10.000 Baht Entschädigung zahlen oder ins Gefängnis gehen.

Benni war zwar wütend, sah aber ein, daß ihm keine andere Wahl blieb und er wollte auf keinen Fall ins Gefängnis gehen. So erklärte er sich zur Zahlung bereit und ging an die Kasse, griff in die Tasche - und fand keinen Kassenschlüssel. Die Polizisten nickten gleichmütig und lockerten die Handschellen vom Gürtel. Benni schwor, das wäre ein Mißverständnis, er hätte wohl den Kassenschlüssel verloren, aber er könnte den Reserveschlüssel aus seiner Wohnung holen. Ein Polizist begleitete ihn. Dann kam er zurück und starrte in eine leere Kasse. Nun kam ihm ein Verdacht. Er hatte zwar vergessen, daß er den Kassenschlüssel auf den Tisch gelegt hatte, aber er meinte nun, es konnte ja nur sein, daß Lek ihm den Schlüssel aus der Tasche gestohlen und die Kasse geleert hatte. Dies erklärte er den Polizisten und rief laut nach Lek. Die Polizisten fragten, wo Lek ist, doch Benni meinte, er weiß nicht, wo sie jetzt ist, sie sei gerade noch hier gewesen. Als sie das Putzmädchen fragten, sagte es, daß es keine Lek kennt und auch die Aufpasserin sagte, sie hätte hier noch nie eine Lek gesehen, hier wäre nie ein anderes Mädchen gewesen.

Wieder griff ein Polizist nach den Handschellen, doch Benni sah immer noch einen Ausweg. Er sagte, daß er in seiner Wohnung noch eine Geldreserve hat, die er holen kann und dort könnte er auch beweisen, daß er mit Lek lebt und daß sie seine Lebensgefährtin ist. Wieder ging ein Polizist mit, während die Aufpasserin sich unten mit dem anderen Polizisten unterhielt und der Gast, der die Polizei geholt hatte, seine Koffer nahm und das Hotel verließ, ohne etwas zu bezahlen, weil Zahlung und Anzeige nun überflüssig geworden waren. Benni holte aus einem Wandsafe seine Geldreserve, sechzigtausend Baht. Aber es war keine Spur von Lek zu sehen, oder davon, daß hier eine Frau leben könnte. Der Polizist meinte, das macht nichts, er soll ihren Familiennamen und ihre Heimatanschrift angeben, wo sie gemeldet ist. Aber er wußte den Namen nicht und erklärte, der wäre so lang. Wieder nickten die Polizisten verständnisvoll und brachten ihn nach unten. Hier bekam das Putzmädchen zehntausend Baht und konnte gehen.

Benni atmete schwer, aber er dachte, nun wären die Probleme gelöst, nachdem auch der Gast, der die ganze Sache ins Rollen gebracht hatte, verschwunden war, nun konnte er auch keine Anzeige mehr erstatten. Doch die Polizisten sagten, sie müssen ihn festnehmen, wegen illegaler Arbeit und illegalem Aufenthalt. Benni griff nach den fünfzigtausend Baht, die er noch hatte. Er hatte oft genug gehört, daß man sich von den Polizisten mit Schmiergeld freikaufen konnte. Er hob die Hand mit den fünfzigtausend Baht und wollte sie fragen, wie hoch eine Spende sein muß, damit sie ihn vergessen, doch dazu kam er nicht. Die Aufpasserin grapschte die Scheine aus seiner Hand, erklärte, daß er sich verpflichtet hat, im Falle unvorhergesehener Vorkommnisse die Weiterführung des Betriebes zu garantieren, was ohne Betriebskapital nicht möglich sei und legte den Mietvertrag vor. Die Polizisten lasen den Mietvertrag, bestätigten die Richtigkeit der Aussage und während Benni sich umdrehen mußte und ein Polizist ihm nun doch die Handschellen anlegte, gab die Aufpasserin seinem Vorgesetzten stillschweigend zehntausend Baht.

Nein, das war kein Schmiergeld, denn sie hatten Benni nach dem Buchstaben des Gesetzes festzunehmen. Die Aufpasserin wollte nur vorbeugen, daß sie nicht darauf drängten, daß sie eine Quittung ausschreiben sollte, worauf zu achten ja nicht die Angelegenheit der Polizisten war, wenn Benni das im Gedränge der Geschehnisse vergaß. Der aber dachte nicht an eine Quittung. Er hatte jetzt größere Probleme. Was sollte er auch mit einer Quittung, wenn er ohnehin kein Geld mehr hatte, ins Gefängnis kam und ausgewiesen wurde. Während er abgeführt wurde, sagte er ihr, daß sie eine dreckige Lügnerin und Betrügerin ist und mit Lek unter einer Decke steckt. Die Aufpasserin sagte, daß sie keine Lek kennt, er offensichtlich viele Probleme mit seinem Kopf und vielen verschrobenen Gedanken und Phantasien hat und erinnerte ihn noch einmal daran, daß sie ihm schon vor langer Zeit gesagt hatte, daß die Menschen ihn genau so behandeln, wie er sie behandelt. Er habe das nur noch nicht begriffen.

Benni wurde wegen illegaler Arbeit und illegalen Aufenthalts ins Polizeigefängnis eingeliefert. Da waren noch fünf weitere Personen in der Zelle, aber es gab keine Sitzgelegenheit, keinen Tisch, kein Bett. Diese Zelle hatte nur einen Fußboden und hinter einem Sperrholzbrett ein Loch im Fußboden, das war die Toilette. Benni mußte auf dem Fußboden schlafen. Am nächsten Tag wurde ihm von einem Polizisten angeboten, daß er sich gegen gute Bezahlung besseres Essen bestellen kann, falls er das Gefängnisessen nicht mögen sollte. Er könnte auch Zigaretten oder Zeitungen bestellen. Aber Benni hatte nicht einen Baht in der Tasche und auf seinem Sparbuch waren gut achthundert Baht, die er dort hatte stehen lassen, um das Konto nicht aufzulösen, als er den letzten größeren Betrag abgehoben hatte. Er wäre froh, wenn er die jetzt hätte, wenigstens für ein Stück Brot, auch wenn es ohne Aufschnitt war, und für Zigaretten. Als er aber einem Polizisten erklärte, daß er zuhause ein Sparbuch hatte, auf dem noch über achthundert Baht waren, lachte der und fragte ihn, was er glaubt, was das Taxi und das Beschaffen einer Vollmacht kostet. Dann drehte er sich um und niemand fragte ihn mehr, ob er etwas besseres zu essen bestellen will.

Nun fragte er nach der Betreuung durch die Deutsche Botschaft, doch man sagte ihm, daß er erst einmal wegen illegaler Arbeit und illegalen Aufenthaltes vor Gericht kommt. Die Deutsche Botschaft würde dann anschließend über das Urteil und seine Inhaftierung informiert. Es waren neun Tage, die er in dem Käfig saß, in dem er sich nicht duschen, nicht rasieren und keine Wäsche wechseln konnte. Er hatte fürchterlichen Hunger, denn nachdem er in seinem Essen Zigarettenkippen und Maden gefunden hatte, war er nicht mehr in der Lage gewesen, etwas zu essen. Nur in den letzten Tagen hatte er es nicht mehr aushalten können und hatte sich etwas von der undefinierbaren Reissuppe sortiert und an den Rand des Tellers geschoben, was er dann mit würgendem Ekel gegessen hatte, um nicht zu verhungern. Er hatte sich über das Essen beschwert, aber darauf hatte noch nicht einmal jemand reagiert.

Er mußte stark abgenommen haben, denn er trug keinen Gürtel und wenn er stand, mußte er sich nun die Hose festhalten, um sie nicht zu verlieren. Wenn er sich bei den Mitgefangenen beklagte und sie bat, sie sollten ihm etwas zu essen und ein Päckchen Zigaretten bestellen, amüsierten die sich nur, und fragten, ob sie nicht auch noch Whisky und eine Frau bestellen sollten. Seine Mitgefangenen waren Thai, Kambodschaner, Burmesen, Pakistani und Bangladeschi, die mit der Situation weit besser klar kamen als er. Ihm klebten die Kleider am Leib. Sie waren dreckig und stanken. Seine Unterhose klebte am Hintern, weil es hier kein Toilettenpapier gab. Er fühlte sich schmutzig, elend, hungrig, schwach und ungerecht behandelt, als nach neun Tagen jemand von der deutschen Botschaft kam und ihm die freudige Botschaft übermittelte, daß es der Botschaft gelungen war, ihn vor einem langwierigen Gerichtsprozeß zu bewahren. Man würde ihn nur ausweisen und ihm für einige Jahre eine Einreise nach Thailand verbieten.

Auf seine Frage nach Zigaretten, menschenwürdigem Essen, Toiletteartikeln und neuer Kleidung teilte man ihm mit, daß man seinen Antrag weiterreichen würde, dessen Bearbeitung allerdings etwas länger dauern könnte. Er sollte sich aber vertrauensvoll an den Gefängnispfarrer wenden, der ihn schon zum Monatsende besuchen würde, wenn er dann noch hinter Gittern säße. Auf der Botschaft sähe man die Möglichkeit, ihm eine Flugreise nach Deutschland zu kreditieren, die er selbstverständlich später zurückzuzahlen hat. Doch das gäbe ihm erst einmal die Möglichkeit, in seine Heimat zurückzukehren, wobei er bemerkte, daß das Wort Heimat für ihn zum ersten Mal eine Bedeutung bekam. Vor seinem inneren Auge erschienen Bars, Restaurants und eine komplett eingerichtete Wohnung, in der er mit einer Traumfrau im Arm vor dem Fernsehgerät saß und in der zweiten Hand eine Bierflasche hielt. Er hatte das Gefühl, das dies nun alles bald wieder zu seinem normalen Alltagsleben gehören sollte.

Allerdings müßte er noch einige Tage auf die Kreditierung und die Buchung eines Flugtickets warten, unterbrach der Botschaftsangestellte seine Phantasien, doch man würde sich Mühe geben, diese Angelegenheit mit der nötigen Eile auf dem Dienstwege zur Erledigung zu bringen. Auf Bennis Frage, ob der Botschaftsangehörige eine Zigarette hat, erläuterte der, wie gesundheitsschädlich das Rauchen ist. Und auf Bennis Hinweis, er sollte ihm doch schnell ‘mal einhundert Euro leihen, er würde sie auch bestimmt später zurückzahlen, meinte der, daß sein Monatsgehalt nicht ausreicht, um jedem Gefangenen einhundert Euro zu schenken. Auch Bennis Beschwerde, daß er ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat, hatte nicht viel Erfolg. Der Mann fragte trocken, ob er das denn nicht vorher gewußt hat und dann erläuterte er, daß es die Pflicht der Bürger sei, darauf zu achten, daß sie nicht gegen Gesetze verstoßen und nicht die Aufgabe der Botschaft, deren Gefängnisaufenthalt komfortabel zu gestalten.

Der Mann kam nach einer Woche wieder. Er war immer noch Nichtraucher, wollte ihm auch jetzt kein Geld geben und erklärte, daß es zur Zeit besonders schwer sei, einen Flug nach Deutschland zu buchen, aber es könnte nur noch wenige Tage dauern. Sechs Tage später war es endlich so weit, daß man ihm mitteilte, er würde am nächsten Tag unter Polizeibegleitung zum Flugplatz gebracht, von wo er nach Deutschland fliegen würde. Er starrte vor Dreck, hatte sich seit drei Wochen weder richtig gewaschen noch rasiert und mußte wie ein Verbrecher aussehen. Er war völlig ausgemergelt, die Kleider schlotterten an seinem Körper und er zitterte wie ein Alkoholiker, aber er war glücklich, nach Deutschland zu kommen. Er stellte sich vor, wie das Leben dort sein würde.

Bis ihm einfiel, daß er kein Geld hatte, das bedeutete, kein Fahrgeld, nichts zu essen und keine Wohnung. Auf der Botschaft hatte man ihm gesagt, daß er sich in Deutschland an seine Familie oder ersatzweise an die entsprechenden Behörden wenden kann, was wohl in diesem Falle die Wohlfahrt bedeutete und nicht gerade an ein ausschweifendes Leben denken ließ. Aber das machte nichts, es gab nichts, was noch schlimmer sein konnte, als die vergangenen drei Wochen hinter thailändischen Gittern. Und er war glücklich, als er im Flugzeug etwas Eßbares zu essen bekam und ein Sitznachbar auf sein Essen verzichtete, worauf Benni meinte, er habe jetzt das erste Mal seit drei Monaten eine normale Mahlzeit gehabt, was er für einen Ausblick auf das Leben hielt, das ihn nun erwartete.

Bei einer kurzen Reflektion seiner Vergangenheit kam er zu dem Schluß, daß er eigentlich ein ganz passabler Mensch war, der nur etwas viel Pech gehabt hat und er beschloß, daß das immer nur an den Frauen gelegen hat. Deshalb nahm er sich vor, nichts mehr mit Frauen zu tun zu haben - außer in einigen Nachtstunden, in denen man die Frauen gebrauchen konnte, da sich bisher noch keine vollwertiger Ersatz finden ließ.

Tief einatmend verließ er das Flugzeug und kam unbeanstandet durch die Sperre. Unsicher ging er dem Ausgang entgegen, da die Wirklichkeit ihn einholte und er nicht wußte, was er nun unternehmen könnte, um leben zu können. Doch dann mußte er bemerken, daß er sich darüber offensichtlich zu viele Sorgen gemacht hatte, denn am Ausgang wurde er bereits in Empfang genommen. Dort standen seine Schwester und seine ehemalige Frau zusammen mit zwei Herren in Schlapphut und Trenchcoat. Die waren wohl froh, daß er wieder in Deutschland war und würden sich bestimmt vorläufig um seine weitere Versorgung kümmern, bis er wieder eine Arbeitsstelle und ein geregeltes Einkommen hatte.

Das war völlig richtig, aber leider nicht so, wie Benni sich das gedacht hatte. Er erfuhr, daß es durchaus keine Sympathie gewesen war, die diese Leute zu seinem Empfang getrieben hatte. Vielmehr wurde ihm mitgeteilt, daß er in seiner Abwesenheit wegen Einbruchs, Urkundenfälschung und Betrug in mehreren Fällen verurteilt worden war, weshalb man sich nun mehrere Jahre um ihn kümmern würde und er sich keine Sorgen um seine Ernährung machen mußte. Seine ehemalige Frau und seine Schwester hatten es sich nicht nehmen lassen, ihm diese Mitteilung selbst zu überbringen. Allerdings beschlich ihn das Gefühl, daß diese Versorgung gar wenig mit seiner Vorstellung mit Frau und Bierflasche vor dem Fernsehapparat zu tun hatte, was die beiden Herren auch sofort bestätigten, als sie Benni verhafteten und in einem schmucken Dienstwagen abtransportierten.

Doch Benni war hart im Nehmen. Zunächst genoß er es, duschen zu können und neu eingekleidet zu werden, auch wenn es nicht gerade die neueste Mode war, die man ihm verpaßte, aber doch eine Bekleidung, die in seiner zukünftigen Umgebung sehr üblich war. Dem Gefängnispersonal wurde er auf Anhieb sympathisch, denn nur selten hatten sie einen Gefangenen erlebt, bei dem so wenige Eintragungen zu machen waren. Sein Besitz beschränkte sich auf Unterhose, Hemd, Hose und Gummilatschen und sonst absolut nichts, was eingetragen oder sichergestellt werden mußte. Kein Geld, kein Feuerzeug, keine Uhr, noch nicht einmal ein Notizzettel.

Am ersten Tag stand er noch im Zentrum der Aufmerksamkeit seiner Zellengenossen, als er von den schönen Frauen Thailands und den vielen Geschäftsmöglichkeiten berichtete und hinzufügte, daß er schon bald wieder dorthin zurückfahren, große Geschäfte machen und ein paradiesisches Leben führen wird. Er erklärte sich sogar bereit, Leute mit einem minimalen Eigenkapital mitzunehmen und ihnen zu zeigen, wie sie in Thailand reich werden und wie im Paradies leben können. Er erzählte immer wieder die phantastische Geschichte, wie er ein heruntergekommenes Hotel übernommen und durch seine Umsicht in einen florierenden Betrieb verwandeln konnte, den er dann mit den Einnahmen gekauft hat. Daß er nichts besaß, erklärte er damit, daß er wegen eines abgelaufenen Visums mitten in der Nacht verhaftet worden war und nicht hatte mitnehmen dürfen. Aber das Hotel würde ihm noch gehören und er könnte sogar Personal brauchen.

Die Begeisterung legte sich zusammen mit der Aufmerksamkeit, als sich das Urteil herumsprach, dessentwegen er in Deutschland verhaftet worden war. Seine ehemalige Frau als auch seine Schwester hatten behauptet, daß er in die Wohnungen eingebrochen war, als er die Schecks gestohlen und gefälscht hatte. Sein ehemaliger Arbeitgeber mit dem Ersatzteillager hatte ihn nicht nur wegen eines betrügerischen Vorschusses angezeigt, sondern auch wegenEinbruchs und Diebstahl einer Vielzahl wertvoller Ersatzteile, die zu gleicher Zeit verschwunden sein sollten. Eine Bank hatte ihn wegen eines nicht zurückgezahlten Kredites angezeigt, der Besitzer seines vollmöblierten Apartments, weil er die Möbel verkauft und das Apartment nicht gekündigt, aber über ein halbes Jahr lang auch keine Miete gezahlt hatte, als er spurlos verschwunden war.

Schließlich hatte ein alter Mann, dem er vor seiner Abfahrt nach einem Barbesuch seine Brieftasche abgenommen hatte, auch noch wegen Raubüberfall und schwerer Körperverletzungt angezeigt. Da die Gerichtsverhandlung in seiner Abwesenheit stattgefunden hatte, war er nicht in der Lage gewesen, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und so hatte man ihn einfach in allen Punkten für schuldig befunden. Die einzelnen Strafen wurden zusammengezählt und ergaben eine Gesamtstrafe von sechs Jahren. Nun konnte er zwar wegen ‘guter Führung’ nach vier Jahren auf Bewährung entlassen werden, aber dann konnte er immer noch nicht nach Thailand fahren, bis die Bewährungszeit abgelaufen war.

Er war sich aber absolut sicher, daß er wieder nach Thailand gehen wollte. Nur diesmal war er klüger und würde es geschickter anstellen. Das Leben an der Bar war ganz nach seinem Geschmack gewesen und er würde wieder eine Bar aufmachen, aber diesmal abgesichert als Eigentümer und mit einer Frau, die nichts besaß und die weder die Dokumente als Eigentümerin noch die Einnahmen haben würde, so daß ihr gar nicht übrig bleiben würde, als ihn zu lieben, wenn sie etwas zu essen haben wollte.

So bereitete Benni sich vier Jahre lang hinter Gittern auf seine Rückkehr nach Thailand und das Leben mit einer Traumfrau vor, bis er eines Tages entlassen wurde. Dann sorgte ein Bewährungshelfer dafür, daß er eine Arbeitsstelle bekam und Benni ging arbeiten. In seiner Freizeit reparierte er Gebrauchtwagen, die er dann als Privatmann wieder verkaufte, er verdiente viel Geld, indem er fachmännisch die Kilometerzahlen von Tachometern für jene Leute herunterdrehte, die ihr Auto verkaufen wollten und führte Reparaturdienste bei einem Gebrauchtwagenhändler durch. Nachdem er drei Jahre sparsam gelebt und viel Geld verdient hatte, war er sicher, daß er nun genug Geld hatte, um endgültig ins Paradies mit dem warmen Klima und den schönen Frauen ziehen konnte. Vorsichtshalber nahm er noch die Einnahmen des Gebrauchtwagenhändlers mit, bei dem er an einem Wochenende Vertretung machte und drei Anzahlungen für einen Gebrauchtwagen, den er privat als Notverkauf angeboten hatte. Dann saß er beruhigt im Flugzeug, das Non Stop nach Thailand flog.

Benni hatte schon ganz genaue Vorstellungen, wie er es diesmal anfangen mußte, eine Bar zu kaufen. Er würde sich umhören, wo ein Farang oder dessen thailändische Freundin eine Bar zum Verkauf anboten und wollte die Frauen von Farang fragen, ob sie ihre Bar nicht gegen Barzahlung verkaufen wollten. Da sie ihnen gehörte, brauchten sie dem Farang ja nichts von dem Verkauf zu sagen und konnten mit dem Geld verschwinden und dann würde er darauf achten, daß er als Eigentümer eingetragen wird.

Allerdings hatte er ein Problem bei der Paßkontrolle. Benni wurde verhaftet. Er hatte in Thailand ein Hotel gepachtet, ohne Lizenz betrieben und keine Steuern bezahlt. Er hatte die Aufrechterhaltung des Betriebes garantiert, aber während der Pachtzeit verlassen. Das Hotel war während der Pachtzeit ausgeräumt und verwüstet worden, so daß es abgerissen werden mußte. Er war in seiner Abwesenheit wegen Steuerhinterziehung als auch zu einem Schadenersatz in Höhe von zwölf Millionen Baht verurteilt worden. Elf Millionen fehlen ihm noch, die muß er in Thailand absitzen.





von Dr.G.M. Gad Labudda
 
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von Dr.G.M. Gad Labudda



Für Noi ist alles reines Schicksal



- Zehn mal fünf Seiten - von ‘Victor Schluff’ - in ‘Sie suchen Sex, Geld oder Leben’ -



- Unterschiedliche Schwestern mit unterschiedlichen Schicksalen in Pattaya -

Man ist zwischen lauter Geistern geboren. Die Geister außerhalb der eigenen vier Wände sind unberechenbar und gefährlich, besonders wenn sie aus dem Ausland kommen. Das Leben selbst aber ist vorbestimmt.

Es war tatsächlich ein reiner Zufall, daß Noi geboren wurde. Sie war das Ergebnis einer Mischung von Langeweile, Neugierde und Hoffnung. Die Mutter war gerade fünfzehn Jahre alt geworden, als Noi auf die Welt kam und der Vater war knapp drei Jahre älter. Sicher war es auch nur ein Zufall, daß die Eltern dann geheiratet hatten. Es gab keine große Feier und die Großeltern waren auch nicht besonders stolz auf die Geburt. Das junge Paar lebte bei den Eltern der Mutter, die zwar auch nur ein kleines Stück Land hatten, das zur Ernährung aller kaum reichte, aber der Großvater väterlicherseits hatte gar nichts und galt als Taugenichts.

Seit seine Frau vor langen Jahren gestorben war, lebte er in einer verfallenen kleinen Hütte am Rande des kleinen Dorfes im Nordosten und man sah ihn nur hin und wieder in Begleitung einer Flasche durchs Dorf ziehen. Der Vater hatte von der Barmherzigkeit der Dorfbewohner und einigen Aushilfstätigkeiten gelebt, sowie von irgendwelchen dunklen Einkünften, die ihn suspekt machten. Keiner wußte, warum er manchmal Geld hatte, für den Großvater Lao Khao, den billigen weißen Reisschnaps in Bierflaschen, kaufte und mit Freunden ausging, obwohl niemand ihn bei einer Arbeit gesehen hatte. Er sagte immer, sein Vater hätte ihm das Geld gegeben. Das war sicher nicht glaubhaft, aber auch nicht zu überprüfen, weil der Großvater kaum jemals ansprechbar war.

Die Großeltern mütterlicherseits waren mit der Arbeit des Vaters auf ihren Feldern nicht sehr zufrieden und sie waren auch nicht damit zufrieden, wie er ihre Tochter behandelte. Aber mit ihr waren sie auch nicht zufrieden. Überhaupt war in der Familie kaum jemals jemand zufrieden gewesen. Noi erinnerte sich, daß es immer viel Streit gab. Da war ihre drei Jahre jüngere Schwester schon geboren. Noi erinnerte sich freilich nur an einige Tage, aber sie erinnerte sich an viel Geschrei, viele Tränen und viel Alkohol. Als Noi fünf Jahre alt war, mußte die Mutter zur Geburt eines Geschwisterchens ins Krankenhaus. Die ersten Kinder hatte sie zuhause bekommen, aber es hieß, es gäbe Komplikationen und so mußte sie ins Krankenhaus. Eines Tages kam der Vater aus dem Krankenhaus mit einem Schwesterchen nachhause. Die Mutter kam nicht mehr. Die Großeltern gaben dem Vater die Schuld und es entstand wieder viel Streit. Man beschimpfte sich gegenseitig, was damit endete, daß der Vater sich bei den Großeltern nicht mehr sehen lassen durfte.

Sie hatten bisher in einer kleinen Hütte ein Stück abseits vom Haus der Großeltern gelebt und sollten jetzt ausziehen und weggehen. Darauf war der Vater viel unterwegs, kam erst nach Mitternacht nachhause und es dauerte nicht lange, bis er überhaupt nicht mehr kam. Schließlich gingen die Großeltern zu seinem Vater, aber der wußte von nichts und gab den Großeltern die Schuld. Aber das änderte nichts daran, daß der Vater weg war, einfach verschwunden. Noi sollte ihn nicht mehr sehen.

Noi wurde daraufhin von ihren Großeltern zu einem ‘großen Mädchen’ erklärt und dazu verpflichtet, auf ihre zwei kleinen Schwestern aufzupassen und sie zu versorgen. Die nötigsten Lebensmittel bekam sie von den Großeltern. Aber sie blieb mit ihren zwei kleinen Schwestern in der Hütte und man kann nicht sagen, daß es eine herzliche Beziehung zu den Großeltern gegeben hätte. Noi mußte mit den Großeltern einigemale mit aufs Feld, um zu arbeiten. Da sie aber noch sehr klein war, die Arbeit nicht kannte und sich dabei auch noch um die zwei Schwestern zu kümmern hatte, brachte ihre Arbeit wohl keine großen Ergebnisse. Es dauerte nicht lange, bis sie nicht mehr mit den Großeltern aufs Feld zu gehen brauchte und sie brauchte auch nicht in die Schule zu gehen. Sie lebte mit ihren Schwestern in der kleinen Hütte und das Leben war sehr eintönig. Es geschah kaum jemals, daß jemand vorbeikam und sie durfte sich von der Hütte nicht entfernen. Nur die Großmutter kam hin und wieder, um alles zu kontrollieren und etwas Reis und vielleicht etwas Gemüse zu bringen, was sie dann für sich und die Schwestern zuzubereiten hatte. Diese Besuche bedeuteten aber keine Freude, denn die Großmutter war sehr mürrisch, schimpfte viel und war nie zufrieden.

Einmal kam ein Mann und fragte, ob sie nicht zur Schule gehen wollte. Das war für Noi interessant, allein schon, weil es Abwechslung in ihr Leben bringen konnte. Aber sie mußte ja auf die kleinen Schwestern aufpassen. Der Mann redete mit den Großeltern, aber sie sah den Mann nie wieder und sie hörte auch nichts mehr von der Schule. Als die Kleinste laufen konnte, wurde das Leben etwas angenehmer. Sie ging dann mit ihren Schwestern schon einmal etwas durchs Dorf und manchmal bekamen sie von neugierigen Dorfbewohnern ein paar Früchte oder irgendwelche Leckereien wie Klebereis oder süßen Reis mit Kokosnußmilch. Die Nachbarn fragten dann immer ganz viel, aber für die Mädchen waren das ganz besonders schöne Momente, weil sie sonst niemand sahen und mit niemand sprechen konnten und so zogen sie zum Ärger der Großmutter immer öfter durchs Dorf. Sie gingen auch trotz der Verbote zu den Dorffesten.

Sicher konnten sie sich dort nichts kaufen, aber das bunte Leben und die Musik, die vielen Leute waren einfach zu verführerisch. Außerdem spielte es keine Rolle, ob die Großmutter schimpfte, denn das tat sie immer und so war es gleichgültig, weswegen sie das nächste Mal wieder schimpfen würde. Nach so einem Fest gab es immer viel mit den Schwestern zu reden und irgendwie schienen die Feste ein Hinweis darauf zu sein, daß es auch noch ein anderes Leben gab, als das unter Kontrolle der Großmutter mit den Schwestern in der kleinen Hütte. Als wieder so ein Fest kam und Verkaufswagen mit Leckereien und vielen bunten Sachen, Theaterspiel und viele fremde Menschen zu sehen waren, gingen die Schwestern los und zogen stundenlang durch das Festgebiet.

Mit offenen Mäulern blieben sie vor dem Verkaufsstand eines Händlers stehen und plötzlich faßte sich Noi ein Herz und fragte den Händler, ob sie nicht für ihn arbeiten kann. Auf einmal schien ihr dieses Leben viel verlockender, ja geradezu eine Erlösung aus dem öden Leben in der Hütte der Großeltern. Außerdem war sie jetzt schon zwölf Jahre alt und die Großeltern hatten ihr ja ständig gesagt, daß sie ein großes Mädchen ist, da konnte sie doch bestimmt auch schon arbeiten. Der Händler starrte sie verblüfft an und wußte nicht, was sie meint. Er wollte wissen, ob sie ihm heute helfen will oder ob sie Arbeit sucht. Als Noi sagte, sie wollte mit ihm mitgehen und für ihn arbeiten, fragte er erst einmal, ob sie mit ihren Eltern gesprochen hat. Als er hörte, daß sie keine Eltern hat, sprach er kurz mit einer kleinen Gruppe von Dorfbewohnern, die ihm Nois Lebenssituation bei den Großeltern schilderten. Dann sagte er Noi, daß er in einer Stadt Freunde hat, die ein Mädchen für den Haushalt suchen und wenn sie diese Arbeit machen will, dann würde er morgen mit den Großeltern sprechen.

Der Mann hielt sein Versprechen und erschien am nächsten Tag bei den Großeltern. Schließlich wurde Noi gerufen und hörte, daß sie am nächsten Tag mit dem Mann mitgehen soll, um eine Stelle in einem Haushalt anzutreten. Sie sah, daß der Mann den Großeltern einige Geldscheine gab und diese sagten ihr, sie soll ihre Sachen zusammenpacken, denn am nächsten Morgen sollte es in aller Frühe losgehen. Noi ging zurück in die Hütte und nun bekam sie plötzlich Angst. Sie wußte ja gar nicht, wo sie nun hinkam, kannte die Leute nicht und wußte nicht, was sie dort tun mußte. Und sie mußte sich von ihren Schwestern trennen. Aber sie wußte, daß es nun zu spät war und irgendwo war auch noch ein Schimmer von Hoffnung, daß es ja auch besser werden könnte, auch wenn sie nicht mit dem Mann und seinem bunten Wagen zu den Festen fahren würde, wie sie ursprünglich gehofft hatte. Was immer geschehen sollte, es würde eben ihr vorbestimmtes Schicksal sein, an dem sie ohnehin nicht vorbei konnte.

Am nächsten Morgen verließ Noi nach einigen Worten von den Großeltern und einer tränenreichen Umarmung mit den Schwestern ihr Dorf. Die Fahrt dauerte lange. Es ging nach Khon Kaen, sagte der Mann, aber das war für Noi kein Begriff. Der Mann fragte, was sie bisher alles getan hatte und schien zufrieden. Unterwegs hielten sie einmal an einem Straßenrestaurant und der Mann kaufte etwas zu essen. Schließlich war es schon Mittagszeit und sie hielten vor einer Villa. Noi mußte mitkommen. Sie wurde vorgestellt und mußte der Hausfrau sagen, wo sie herkam und was sie bisher gemacht hatte und sie schienen alle sehr zufrieden. Noi bekam eine Matte zum Schlafen und einen Schlafplatz in einem offenen Unterteil eines Schrankes in der Küche, wo sie die Matte und ihre Habseligkeiten unterbringen konnte. Dann wurde sie der Köchin vorgestellt, die die eigentliche Hausmutter war, eine ältliche, etwas rundliche Frau, die einen freundlichen, warmherzigen Eindruck machte. Dann hörte sie, daß ihre eigentliche Aufgabe darin bestand, sich um zwei kleine Kinder zu kümmern, das Haus sauberzuhalten und in der Küche zu helfen. Außer der Köchin war in dem Haushalt noch ein Chauffeur beschäftigt, der auch den Garten pflegte. Sonst gab es keine weiteren Angestellten.

Sie hatte Glück. Die einmonatige Probezeit ging ohne Probleme zu Ende und die Herrschaften waren mit ihr zufrieden. Das lag hauptsächlich daran, daß sie mit den zwei kleinen Kindern gut zurechtkam und in der Küche auch schon einmal einige Kleinigkeiten selbständig verrichten konnte. Die Kinder mochten sie und auch die Köchin legte für sie ein gutes Wort ein. Die Herrschaften erklärten, daß sie ihren Monatslohn zwar schon für zwei Jahre im voraus an ihre Großeltern bezahlt hätten, wenn sie sich aber Mühe gäbe, dann würden sie ihr dennoch fünfhundert Baht im Monat geben. Außerdem könnte sie eine kleine Kammer im Obergeschoß leerräumen, dann hätte sie auch ein eigenes Zimmer.

Noi war glücklich. Sie hatte zwar viel Arbeit, aber die meisten Arbeiten hatte sie schon vorher getan und die Köchin war zu ihr wie eine Mutter. Sie war zwar streng, aber sie war auch oft herzlich und brachte Noi viele Sachen bei, die man in der Küche beherrschen mußte. Eines Tages kam sie mit einigen alten Büchern von ihren Kindern an, die ihre Schulzeit schon hinter sich hatten und in einem Hotel arbeiteten. Nun mußte Noi jeden Tag eine Stunde schreiben lernen und die Köchin wurde böse, wenn sie sich nicht Mühe gab, sauber und richtig zu schreiben. Sie sagte Noi, daß die beiden kleinen Kinder der Herrschaften bald alt genug sind, um in einen Kindergarten zu gehen, wo sie auch schon die ersten Buchstaben schreiben lernen. Sie hielte aber nicht viel von Kindergärten und fände es besser, wenn Noi sich um die Kinder kümmert. Aber dann müßte sie den Kindern auch das Schreiben beibringen können. Sonst kämen die Kinder in einen Kindergarten und Noi verlöre ihre Stellung. So gab Noi sich besondere Mühe und arbeitete mit Hilfe der Köchin die Schulbücher durch, sie lernte auch am Abend, weil sie dann nur selten einmal etwas zu tun hatte und die Abende sonst langweilig wurden.

Als sie dreizehn Jahre alt wurde, bekam sie von den Herrschaften einen kleinen Tisch und einen Stuhl auf ihr Zimmer und die Köchin schenkte ihr einen Kugelschreiber, einen Schreibblock und zwei Bücher. Noi war noch nie so glücklich gewesen und dachte nicht mehr sehr oft an ihre kleinen Schwestern. Zuhause hatte sie nie ein nettes Wort gehört und nun fühlte sie sich wie in einer Familie. Als sie einmal die Köchin, die sie eigentlich Khun Supha nennen sollte, in Eile wegen eines überkochenden Topfes anrief und schlicht ‘Mama’ nannte, bekam sie einen roten Kopf und hielt sich mit großen Augen die Hand vor den Mund. Aber Khun Supha stellte das Gas ab, lachte, kam zu Noi auf die andere Seite der Küche, drückte sie an sich und sagte, das wäre schon in Ordnung, sie könne sie auch ruhig als ‘Mama’ anreden.

Die Kinder der Herrschaften brauchten nicht in den Kindergarten. Noi kümmerte sich um sie und sie brachte ihnen auch das Schreiben bei, bevor sie in die Schule kamen. Auch als die Schule anfing und die Kinder, die altersmäßig nur ein Jahr auseinander waren, nun den größten Teil des Tages außer Haus in der Schule verbrachten, blieb Noi immer noch im Haus. Sie übernahm nun tagsüber Putzarbeiten und half in der Küche. Am Nachmittag setzte sie sich mit den Kindern zusammen und half ihnen bei den Schularbeiten, bis sie im dritten Schuljahr waren.

Aber dann kam das Jahr 1997 mit der Wirtschaftskrise und die Herrschaften verloren einen großen Teil ihres Besitzes, ihre Arbeit und ihr Einkommen. Das Personal mußte gehen, sie würden diese Arbeit nun selbst erledigen müssen. Es sollte noch eine Karenzzeit geben, in der sie sich eine neue Stelle suchen konnten, aber die Köchin und der Chauffeur verzichteten, weil sie nicht mehr bleiben wollten, wenn sie wüßten, daß sie dann doch bald gehen müssen und bekamen eine kleine Abfindung. Noi konnte sich nicht helfen und hatte überhaupt keine Vorstellung davon, wie sie eine neue Arbeitsstelle finden konnte. Sie blieb noch zwei Monate weiter, bis der Hausherr sagte, er habe für sie eine Stelle in einem kleinen Restaurant gefunden, das jemand eröffnen will, der auch sein Geld und seine Stellung in der Wirtschaftskrise verloren hat. Der finge jetzt mit seinem restlichen Kapital neu an und brauche jemand, der kochen, bedienen und saubermachen kann, weil er auch nicht viel Geld für Personal hat.



Zweiter Teil

Die Trennungen hatten Noi sehr zugesetzt, aber das war eben alles Schicksal. Immerhin war sie froh, etwas Erspartes zu haben und eine Stelle, um überleben zu können, denn jetzt waren viele Leute arbeitslos geworden. Noi hatte drei Tage lang Zeit, etwas über sich und ihr Leben nachzudenken. Das Restaurant, in dem sie arbeiten sollte, gab es noch gar nicht. Der Eigentümer war mit Beginn der Wirtschaftskrise verarmt und arbeitslos geworden. Er raffte nun seinen übriggebliebenen Besitz zusammen, um mit einem kleinen Restaurant eine neue Karriere zu beginnen. Das Lokal war schon gemietet, aber noch nicht eingerichtet. Der neue Chef mußte noch auf Geld warten und hatte Bescheid sagen lassen, daß er erst drei Tage nach Monatsanfang kommen kann und daß man sich dann gemeinsam um die Einrichtung des Lokals kümmern wird. Er hatte ihr ausrichten lassen, daß sie sich keine Sorgen machen soll und daß sie auf jeden Fall ihren vollen Lohn erhalten wird.

Noi war traurig und unsicher. Sie hatte Angst vor der Zukunft. Als Hausmädchen hatte sie nach den letzten Jahren irgendwie zur Familie gehört. Sie würde die beiden Kinder vermissen, um die sie sich gekümmert hatte. Vor allen Dingen aber fehlte ihr ihre ‘Mama’, die dicke Köchin, die ihr mehr Mutter gewesen war, als ihre eigene Mutter es hatte sein können. Sie versuchte, an ihre Mutter zu denken, die sie im Alter von fünf Jahren das letzte Mal gesehen hatte. Aber es waren nur wenige Situationen, die ihr einfielen, und es waren alles Situationen mit Streit oder Elend. Dann fielen ihr die Großeltern ein, aber an die wollte sie nicht denken. Es waren keine schönen Erinnerungen. Sie war noch zweimal dort gewesen und hatte ihre kleinen Schwestern besucht. Die hatten sich sehr gefreut und sie hatten viel geweint. Die Großeltern waren ihr böse, weil sie kein Geld schickte. Aber das hatten ihr ihre Herrschaften strikt verboten. Die Großeltern hatten sich zweimal an ihre Herrschaften gewandt und hatten verlangt, daß das Geld, das Noi dort als Hausmädchen verdient, an die Großeltern ausbezahlt wird.

Die Herrschaften hatten aber geantwortet, daß sie den Lohn für Noi schon für Jahre im Voraus bezahlt haben und daß sie Noi von den fünfhundert Baht, die sie im Monat bekommt, nichts abziehen können, weil sie diese selbst für Kleidung, Hygieneartikel und zur Fortbildung braucht. In Wirklichkeit hatten sie Noi nach den ersten Monaten immer über eintausend Baht im Monat gegeben, aber sie hatten auch immer gesagt, daß das ein Geschenk ist, das die Großeltern nichts angeht. Sie sollte das Geld lieber sparen, und wenn sie es den Großeltern schickt, dann würde sie nichts mehr bekommen. Noi hatte nichts geschickt, sie hatte sich hin und wieder etwas zum Anziehen gekauft und einige wenige Bücher und sie hatte viel gespart. Darauf hatten die Herrschaften sehr geachtet. Sie hatte später einige Sachen für die Schwestern gekauft und sie hatte den Schwestern heimlich auch etwas Geld gegeben. Die Schwestern wollten von den Großeltern weg, aber sie waren jetzt erst vierzehn und dreizehn Jahre alt und es gab weit und breit keine Arbeit, schon gar nicht für kleine Mädchen in diesem Alter.

Noi hatte sich bei ihren Herrschaften und bei ihrer ‘Mama’ zuhause gefühlt und sie hatte nie daran gedacht, daß sich etwas ändern könnte. Nun stand sie vor einem Loch und hatte Angst. Sie hatte den Herrschaften angeboten, ohne Lohn weiterzuarbeiten, nur für das Essen, aber das hatten die abgelehnt. Schließlich fand Noi sich mit der neuen Situation ab und bereitete sich darauf vor. Sie ging durch die Stadt und schaute sich kleine Restaurants an, so im Vorbeigehen. Sie schaute in Geschäfte, um nachzusehen, was Teller, Schalen und Schüsseln kosten und wo man preiswertes Besteck oder Tische und Stühle bekommen konnte, sie verglich Preislisten von Restaurants, Lebensmittelpreise und Gasöfen.

Schließlich kam ihr neuer Chef zu ihren Herrschaften, mit denen er gut befreundet schien und stellte sich als ‘Chalern’ vor. Er meinte, Noi sei etwas jung, aber ihr alter Chef winkte ab und meinte, Noi ist zuverlässig und fleißig, sie kann kochen und bedienen, sie kann lesen und schreiben, hat ein gutes Benehmen und sie kann eigenständig arbeiten. Es sei gar nicht sicher, ob eine ältere Kraft auch so gut arbeiten würde. Dann gingen sie alle zu dem gemieteten Haus. Das Gebäude hatte drei Stockwerke. Das Erdgeschoß war geräumig und hatte auch einen großen Küchenraum. Der Fußboden war gefliest, so daß die Renovierung nicht teuer würde. Im obersten Stock waren drei einzelne Zimmer, von denen Noi sich eins aussuchen konnte.

Dann ging es um die Einrichtung der Küche. Es zeigte sich, daß Chalern auch kochen konnte und sich auch über Kücheneinrichtungen informiert hatte. Die Vorstellungen und Informationen ergänzten sich gut. Dann sagte Chalern Noi, sie sollte aufschreiben, welche Gerichte sie zubereiten kann, zuoberst diejenigen, von denen sie glaubt, daß sie besonders gut sind. Er erklärte, daß er kein Koch sei. Seine Stärke bestünde darin, daß er sehr viele Bekannte hat und gut reden kann. Wenn nicht besondere Wünsche da wären, müßte Noi die Gerichte alleine zubereiten, dann könnte er sich vorwiegend um die Bedienung der Gäste, die Unterhaltung und die Getränke kümmern.

Chalern ging zum Tempel und fragte nach einem glückverheißenden Tag zur Eröffnung. Wie es der Zufall wollte, war der in knapp drei Wochen, so daß man mit der Renovierung und der Einrichtung gerade noch vor der Eröffnungsfeier fertig werden konnte. Dann kamen am Morgen die Mönche, es kamen viele Gäste und es gab sehr viel Arbeit. Chalern war zufrieden. Das kleine Restaurant wurde bald gut besucht, weil Chalern eine gute Idee gehabt hatte. Ab 9 Uhr wurden Reissuppe, Eierspeisen und Kaffee angeboten, ab 12 Uhr gab es ‘Buffet’, genauer gesagt, zwei verschiedene Suppen, gekochten und gebratenen Reis und eine Auswahl verschiedener Beilagen zu niedrigen Standardpreisen. Dadurch ging die Bedienung sehr schnell und es kamen viele Arbeiter und Angestellte, die in der Nähe arbeiteten.

Hier hatten sie ihre Mahlzeiten praktisch fertig, sie konnten sofort mit dem Essen beginnen und anschließend gleich wieder gehen. Ab 19 Uhr wurde eine kleine Speisekarte ausgelegt und die Leute kamen, um sich zu unterhalten. Ab 22 Uhr wurde Nudelsuppe angeboten. Damit nutzte Chalern eine alte Tradition, die darin besteht, daß Freunde, die einen Abend gemeinsam verbringen, diesen damit beenden, daß sie zum Abschluß noch irgendwohin gehen, um Nudeln zu essen, wo sie dann auch noch die letzten Getränke zu sich nehmen, bevor sie nachhause gehen. Die Nudeln hatte Chalern etwas teurer angesetzt, weil er vermeiden wollte, daß sich Leute der untersten Schicht wegen billiger Nudelsuppe einnisten und betrinken. Solche Leute sind nicht unproblematisch.

Diese Einteilung hatte Chalern aus einer Art Katastrophenstimmung heraus vorgenommen. Er glaubte, daß man nun in der Wirtschaftskrise alles versuchen muß, um wenigstens etwas Geld zu verdienen, um zu überleben. Aber es zeigte sich, daß viel mehr Gäste kamen, als er angenommen hatte und sie kamen mit der Arbeit nicht nach. Es gab kaum einen Augenblick, an dem sie sich in Ruhe hinsetzen und essen konnten und Noi war vom Einkauf um 6 Uhr morgens bis nach Mitternacht auf den Beinen. Es mußten weitere Tische und Stühle gekauft werden, die vor das Lokal gestellt wurden und auch bald ihre Benutzer fanden.

Chalern hatte schon nach dem ersten Monat volle Kassen und war äußerst zufrieden. Als Noi ihm sagte, daß sie die Arbeit nicht schafft, hatte er volles Verständnis und war auch sofort einverstanden, als Noi bat, ihre Schwestern als Hilfskräfte zu holen und dazusagte, daß sie auch nur ganz wenig Geld bekommen brauchten. Chalern hatte schon gesehen, daß die Arbeit für Noi mit bis zu 18 Stunden täglich zuviel war und hoffte nun, daß ihre Schwestern genauso fleißig wären. Da sie nicht wegkonnten, schickten sie einen Mann mit einem Auto, der die Schwestern holen sollte. Noi gab für die Schwestern etwas Geld und etwas Wegzehrung mit und sie beschrieb dem Mann genau, wie sie aussehen und wo er sie finden kann.

Zwei Tage später kamen die Schwestern. Als Noi sie fragte, was die Großeltern gesagt haben, antworteten sie einstimmig, daß sie nichts gesagt haben. Als Noi daraufhin fragte, ob sie denn den Großeltern gesagt haben, wo sie hinfahren, schüttelten sie nur mit dem Kopf und Kitti, die Ältere meinte treuherzig, die Großeltern hätten sie nie fahren lassen, ohne vorher Geld zu bekommen, daß sie aber jetzt sicherlich schon wüßten, daß sie weg sind und sich ganz bestimmt keine Sorgen machen.

Das Familientreffen war sehr glücklich, aber die Arbeit wurde nicht weniger. Immerhin arbeiteten sie zusammen, die Arbeit wurde nun etwas gemütlicher und so gingen einige Monate ins Land. Sie bekamen zwar von Chalern am Monatsende einen Bonus für die viele Arbeit, die sie leisteten und sie waren auch zufrieden, aber die Arbeit nahm weiter zu. Schließlich wurde es Chalern selbst zuviel. Dann sagte er, daß am Sonntag am wenigsten Kunden kommen, weil die Arbeiter ausbleiben und die Leute am Abend nicht ausgehen. Damit er und die Mädchen auch einmal zur Ruhe kommen können, bliebe das Lokal am Sonntag ab sofort geschlossen.

Diese Entscheidung war sicherlich gerecht und notwendig, ob sie aber auch gut war, ist zweifelhaft. Denn nun hatten die Mädchen einen ganzen Tag lang nichts zu tun und sie waren in einer Stadt und deshalb sahen sich alle drei Mädchen zusammen die Stadt an. Und da sie nicht gerade häßlich waren, blieb das nicht unbemerkt. Wenn junge Männer kleinen Mädchen sagen, daß sie ganz besonders hübsch sind, und fragen, wo sie denn herkommen, dann hören die kleinen Mädchen das ganz besonders gerne und kichern. Die nähere Bekanntschaft ist dann meist nur noch eine Zeitfrage.

Nun machte aber die Arbeit nicht mehr ganz so viel Freude wie zuvor, weil der Feierabend so weit weg war, an dem sie die Freunde sehen konnten. Dann hatten sie aber auch nicht viel Zeit, denn die Arbeit ging am frühen Morgen wieder los. Es war auch nicht zufriedenstellend, den Freund erst am nächsten Sonntag wiederzusehen. Noi störte das nicht so sehr, weil sie von dem jungen Mann, den sie kennengelernt hatte, nicht sehr begeistert war. Er hatte kein Benehmen und redete meistens dummes Zeug, war ihr Urteil. Pau, die Jüngste, sah die gemeinsamen Treffen als eine lustige Abwechslung. Aber sie meinte, daß der Junge, der sich für sie interessierte, zu albern sei und dauernd an ihren Busen wollte und sie hatte gerade kein großes Interesse an einem Busenfreund. Kitti hingegen war scheinbar in ihren Jungen verliebt. Sie sonderte sich auch bald von ihren Schwestern ab, weil sie mit ihrem Freund alleine sein wollte. Auffällig war, daß sie ihren Schwestern nicht so sehr von Liebe oder den Qualitäten ihres Freundes vorschwärmte, sondern mehr davon, daß man nicht arbeiten brauchte, wenn man nur den richtigen Mann gefunden hat, daß sich dann der Mann liebevoll um die Frau kümmern muß und die braucht weiter nichts mehr zu tun, als sich lieben zu lassen und um die Kinder zu kümmern.

Die Eltern ihres Freundes hatten einen kleinen Laden und ein Haus, in dem noch genug Platz war, hatte Kitti herausgefunden und ihr Freund hatte auch immer genug Geld in der Tasche. Zwar meinte Noi, wenn die Eltern einen Laden haben, könnte es gut sein, daß Kitti dann den ganzen Tag im Laden steht. Die aber meinte, daß das unmöglich sei, wenn sie ein Kind hat. Mit solchen Gesprächen vergingen nur wenige Monate, bis Kitti stolz bekanntgab, daß sie schwanger ist und nun mit ihrem Freund zusammenziehen wird, womit sie ein angenehmes und gesichertes Leben hat.

Das war allerdings nicht ganz so unproblematisch, wie sie sich das vorgestellt hatte. Als der junge Freund seinen Eltern die zukünftige Gemahlin vorstellte, fragten diese erst einmal, wo Kitti herkam und was ihre Eltern machten, denn schließlich sollte bei einer Heirat ja auch ein Zugewinn für das Geschäft herausspringen. Bereits von großer Enttäuschung getroffen, weil hier kein Zugewinn zu erwarten war, testeten sie dann Kittis Eignung als Geschäftsfrau, indem sie sie baten, einige kleine Arbeiten im Laden durchzuführen. Als sich dabei herausstellte, daß Kitti weder lesen noch schreiben konnte, war das Thema Hochzeit beendet. Eine Frau, die keine Eltern hatte, nichts besaß und weder lesen noch schreiben konnte, war im Geschäft nicht zu gebrauchen und so verbaten sie ihrem Sohn den weiteren Umgang mit Kitti.

Der war aber gerade noch verliebt und meinte, daß es ihm schon lange nicht mehr paßt, von früh morgens bis Mitternacht im Laden zu stehen und sich von seinen Eltern gängeln zu lassen. Er fand aufgrund seiner Erfahrungen im Einzelhandel eine Stelle in einem Lebensmittelgroßhandel, wo er ab sofort jeden Monat 4.000 Baht verdiente und mietete ein Ein-Zimmer-Apartment. Dort zog Kitty zwei Wochen später ein und hörte umgehend auf, im Restaurant zu arbeiten. Sie sei nun für alle Zukunft versorgt und hätte ein gesichertes Leben, schwärmte die gerade 16 Jahre alte Kitty wenige Monate vor ihrer Mutterschaft.

Bis zum ersten Familienstreit dauerte es keine zwei Monate, denn das Liebespaar hatte sich das Eheleben doch ganz anders vorgestellt. Sie hatte geglaubt, daß ihr Ehemann sie versorgt, mußte dann aber feststellen, daß der gar nicht da war und erst zwischen acht und neun Uhr abends nachhause kam. Bis dahin war sie nicht versorgt, sondern allein, was sie enorm störte, sowie als auch die Tatsache, daß er ihr kaum genug Geld gab zum Einkaufen. Er fand es zwar schön, daß abends eine Frau im Bett war, meinte aber, daß sie etwas zum Lebensunterhalt beitragen dürfte.

Die Differenzen nahmen im selben Maße zu, wie der Umfang von Kittis Bauch. Der Geliebte fragte sich, wozu er eine Frau hat, wenn er mit ihr nichts anfangen kann und sie absolut nichts tun will. Aus Trotz gegenüber den Eltern blieb er aber dennoch einige Monate bei ihr. Mit der Geburt trat vorübergehend eine kurze Zeit der Ruhe ein, dann meinte sie, das Baby sei nicht der richtige Umgang für sie und sie brauchte mehr Gesellschaft und Unterhaltung. Der Geliebte hingegen meinte äußerst unzufrieden, daß weder Frau noch Arbeit seinen Vorstellungen entsprechen.



Dritter Teil

Noi und Pau erledigten nun die ganze Arbeit im Restaurant alleine, seit Kitti mit ihrem Freund zusammengezogen war und ein Kind bekommen hatte. Für Noi war das Schicksal. Hätte sie mit ihr mehr sprechen sollen, hätte sie sie warnen sollen? Aber wozu, wenn doch sowieso alles vom Schicksal vorherbestimmt ist. Sicher, Kitty schien jetzt gar nicht mehr glücklich, seit das Kind da war, aber das war ja auch vom Schicksal vorherbestimmt. Was sollte man schon machen, wenn ein Kind kommt? Noi und Pau konnten die Arbeit alleine nicht mehr schaffen. Sie sprachen mit Chalern und der sagte zu, daß er eine neue Kraft einstellen wird. Er sagte auch gleich dazu, daß er eine ältere, erfahrene Kraft sucht, weil man sich auf jüngere Leute nicht verlassen kann. Die finden einen Freund und sind weg, wie sie es ja mit Kitty erlebt haben. Er brauchte aber erfahrene Kräfte, die länger bleiben und auf die er sich verlassen kann.

Die ältere, erfahrene Kraft hieß Suri und war knapp fünfzig Jahre alt. Sie übernahm sofort das Kommando und wollte mit ‘Khun Suri’ angesprochen werden. Ab sofort mußte alles anders gemacht werden. Noi und Pau hatten ab sofort nicht mehr die Küche zu verlassen. Khun Suri kaufte morgens alleine ein und Noi merkte, daß da etwas nicht stimmte. Noi und Pau waren nun hauptsächlich mit Saubermachen beschäftigt, während Khun Suri Noi sagte, was und wie sie zu kochen hat. Sie bediente die Gäste alleine, nur die Rechnungen mußte Noi schreiben, weil Khun Suri nicht schreiben konnte. Früher hatte sich Noi das Trinkgeld, das sie von den Gästen bekam, mit ihren Schwestern geteilt, aber jetzt gab es kein Trinkgeld mehr, das behielt Khun Suri für sich.

Es kamen jetzt auch öfter Beschwerden über das Essen, nachdem Noi es so machte, wie Khun Suri das angeordnet hatte. Suri kaufte zwar etwas teurer ein, brachte aber viel schlechtere Qualitäten und verlangte auch, weniger Fleisch zu verwenden und wenig von den teuren Sachen. Sie verstand sich auf billiges Kochen. Wenn aber Beschwerden kamen, sagte sie einfach, Noi hätte das falsch gemacht. Noi versuchte, mit Chalern zu sprechen, aber der meinte, daß Suri eine erfahrene Kraft wäre, der er voll vertrauen kann und daß sie, Noi, in letzter Zeit wohl so viele Fehler macht, weil sie einen Freund hat und deshalb nicht an ihre Arbeit denkt.

Pau war sehr unglücklich und sie hatte darüber mit jenem Jungen gesprochen, der dauernd an ihren Busen wollte. Der hatte mit seinem Onkel gesprochen, der in einem anderen Stadtteil auch ein kleines Restaurant hatte und er hatte Pau gesagt, daß sie dort arbeiten kann. Pau war davon wenig begeistert, weil sie befürchtete, dann von dem Jungen noch mehr verfolgt zu werden. Sie sagte ihm, sie müsse erst mit ihrer großen Schwester darüber sprechen. Aber das erübrigte sich, als wenige Tage später Suri aufgeregt mit Chalern in die Küche kam. Sie behauptete, sie hätte Pau gesehen, wie sie Geld aus der Kasse genommen hat. Es gab viel Ärger, viele Tränen und viel Geschrei. Noi schwor, Pau hätte die Küche nicht einen Moment verlassen, aber man sagte ihr, sie wolle nur ihre Schwester decken. Die Polizei wurde geholt und sagte, Pau soll die achttausend Baht zurückgeben. Pau schwor, sie hat kein Geld genommen, Noi schwor, Pau hat die Küche nicht verlassen. Pau wurde durchsucht, die Küche wurde durchsucht, aber das Geld wurde nicht gefunden. Pau sollte am nächsten Morgen das Haus verlassen. Nun war sie froh, eine andere Stelle zu haben.

Am nächsten Morgen kam Suri mit zwei Frauen um die dreißig Jahre. Es waren zwei ihrer Töchter. Suri sagte, sie kann nur mit Menschen arbeiten, auf die sie sich verlassen kann. Pau und auch Noi wurden entlassen. Als Noi Chalern nach ihrem Gehalt fragte, regte Suri sich auf und behauptete, daß sie ihr das schon früh am Morgen gegeben hätte. Noi und Pau packten ihre Sachen und gingen. Noi brachte Pau in die Nähe ihrer neuen Arbeitsstelle. Der Abschied war herzlich und tränenreich.

Dann ging Noi zu ihrer Schwester Kitti, die mit ihrem inzwischen drei Monate alten Baby allein war. Sie erzählte, daß die Beziehung zu ihrem Freund immer schlechter geworden wäre, daß er sich viel über sie beklagt hat, weil sie noch nicht arbeiten geht und Geld verdient und über seine Arbeit hat er sich beklagt, weil er nicht genug verdient und wie ein Laufbursche behandelt würde. Eines Tages sei dann seine Mutter gekommen und habe ihn zu einem Gespräch abgeholt. Als zurückkam, hat er gesagt, daß sein Vater schwer krank geworden ist und die Mutter den elterlichen Laden nun nicht alleine führen kann und daß er nachhause muß, um der Mutter zu helfen. Kitti ahnte, daß die Sache nicht stimmte, aber von seinen Eltern gut eingefädelt war, um ihm einen Vorwand zu geben, wieder nachhause zu kommen.

Sie boten Kitti von sich aus eine gute Abfindung an und sagten, daß ihr Sohn sich das ja alles noch überlegen kann. Die Abfindung war gut genug, daß sie mit ihrem Baby ein Jahr lang leben konnte, wenn sie sparsam war, aber sie wußte auch nicht, was sie jetzt mit einem Kind machen konnte. Noi blieb einen Monat bei ihr. Sie überlegten zusammen, aber sie fanden keinen richtigen Ausweg. Weder für Noi noch für Kitti. Schließlich sagte Noi, daß ihr nichts anderes übrig bleibt, als nach Bangkok zu gehen und Arbeit zu suchen. Vielleicht könnte sie dort auch Arbeit für Kitti finden, die dann mit ihrem Kind nachkommen kann. Aber sie waren sich klar darüber, daß die Chancen, Arbeit für eine Frau mit einem Kleinkind zu finden, äußerst gering waren. Sie hofften auf einen glücklichen Zufall.

Bangkok war viel schlimmer, als Noi es sich vorgestellt hatte. Hektischer Verkehr, drückende Hitze, stinkende Abgase und hastende Menschen, wohin man blickte. Noi hatte Glück, daß sie eine billige Unterkunft fand. Als sie in einem kleinen Restaurant nach Arbeit fragte, sagte ihr ein Mädchen, daß sie gerade zwei Neue eingestellt hätten, eins mehr, als gebraucht wurde und sie glaubt nicht, daß sie hier Arbeit findet. Als Noi erzählte, daß sie gerade aus Khon Kaen kommt und ob das Mädchen ihr nicht einen Tip geben könnte, wo sie nach Arbeit fragen kann, konnte sie auch keinen Rat geben, aber sie sagte Noi, daß sie einige Tage bei ihr bleiben kann, bis sie eine Arbeitsstelle hat und sich eine eigene Unterkunft suchen kann. Darüber war Noi schon einmal froh. Aber die Arbeitssuche wurde schwer und zeigte keine Aussicht auf Erfolg.

Noi war nun schon drei Wochen in Bangkok und den ganzen Tag unterwegs. Sie fragte inzwischen schon in jedem Restaurant nach, egal, wie es aussah, sie fragte auch in Wäschereien und überall, wo Personal gesucht wurde, aber es gab keine freien Stellen für Leute, die keinen Beruf hatten. In einem Restaurant zeigte der Chef Interesse, als sie gesagt hatte, daß sie aus Khon Kaen kommt und lachte, als sie den Namen des Restaurants nannte. Er sagte, er kenne den Mann, der habe früher in der Nähe eine große Firma gehabt. Er ließ sich ganz genau erzählen, wie der Laden in Khon Kaen lief und wie es zu ihrer Entlassung gekommen war. Dann rief er in Khon Kaen an und erklärte: „Hier hat sich gerade ein Mädchen namens Pau beworben, das sagt, es hat früher bei Ihnen gearbeitet. Können sie mir über das Mädchen irgendwelche Auskünfte geben?“ Darauf hielt er längere Zeit den Hörer ans Ohr, ohne etwas zu sagen, bis er fragte: „Und wie ist es bei ihr mit der Ehrlichkeit und mit Männern?“ Dann bedankte er sich, hing ein und lachte. „Er weiß das nicht“, sagte er dann und erklärte: „Die Köchin hat gesagt, daß Pau etwas gestohlen hat. Er hat das nicht gesehen. Er glaubt das auch nicht mehr, weil er die Köchin und ihre Töchter entlassen hat, weil sie gestohlen und betrogen haben. Jetzt hat er kein Personal mehr. Willst Du wieder hingehen?“ fragte er dann.

Noi war einen Augenblick verdutzt, schüttelte aber bald langsam den Kopf. Dann sagte er, daß der Mann die große Schwester von Pau sehr gelobt habe und daß es ihm leid tut, daß sie gegangen ist. Seitdem sie weg war, haben sich die Leute über das Essen beschwert. Aber Noi verzog keine Miene. Darauf erklärte er: „Das mit dem Buffet finde ich eine gute Sache. Willst Du so etwas hier machen? Ein thailändisches Buffet mit fertigem Essen, von Mittags bis gegen 20 Uhr.“

Noi hatte ihre Arbeitsstelle, konnte auch schon am nächsten Tag anfangen. Die nächsten Tage war sie nun damit beschäftigt, alles für das Buffet vorzubereiten, sich eine Unterkunft zu suchen und etwas einzurichten. Das Buffet kam gut an, denn auch dieses Restaurant war in einer Geschäftsgegend, in der viele Leute arbeiteten und kurze Pausen hatten, in denen sie nicht lange auf Essen warten konnten. Aber abends war die Gegend leer. Es bürgerte sich bald ein, daß das Buffet um 20 Uhr abgeräumt wurde und Noi eine Stunde später mit der Arbeit fertig war. Die ersten Abende verbrachte sie zuhause alleine, aber das machte nicht viel Spaß. Sie versuchte zwar einige Zeitschriften oder Bücher zu lesen, aber das war für sie doch noch ziemlich mühsam, obwohl sie ja schreiben gelernt hatte, aber ihr fehlte die Übung und ihr fehlten auch viele Worte, wenn die Artikel schwierig wurden.

Nun gab es in der Gegend aber einige junge Männer, die schon Interesse an Noi gezeigt und sie eingeladen hatten und Noi dachte sich schließlich, daß es immer noch besser sei, von irgendjemand eingeladen zu sein, als zuhause alleine herumzusitzen und gegen die leere Wand zu starren. Eigentlich tat es ihr leid, daß sie bei ihrer Freundin ausgezogen war, die ihr zunächst angeboten hatte, einige Zeit bei ihr zu bleiben. Sie verstand nun, daß sie es hauptsächlich getan hatte, um Gesellschaft zu haben. Aber dieses Mädchen wohnte zu weit weg. Sie hätte in Bangkok sicherlich für jeden Weg zur oder von der Arbeit zwei bis drei Stunden gebraucht. Und außer diesem Mädchen kannte sie niemand in Bangkok.

Im Laufe der Zeit kam es dazu, daß sie sich mit einem der Männer, die sie einlud, immer öfter traf. Er war ein angenehmer Gesellschafter, dem es auch nicht so sehr aufs Geld ankam. Er mochte gut doppelt so alt sein, wie Noi, aber das schien ihr nicht wichtig. Es waren angenehme Abende und sie war nicht allein, sie brauchte auch nicht stundenlang mit jemand spazierenzugehen, weil er nicht genug Geld hatte, sie einzuladen. Außerdem hatte der Mann Lebenserfahrung und war nie langweilig. Es stellte sich heraus, daß er alleine lebte, er sagte, er sei Junggeselle, was Noi ihm glaubte. Nach einem halben Jahr lebte er nicht mehr alleine; Noi zog zu ihm. Aber ihre Arbeitsstelle wollte sie nicht aufgeben. Sie hatte genug von ihrer Schwester Kitti gehört und konnte sich deshalb gut vorstellen, daß sie auch nicht glücklich wäre, den ganzen Tag über allein zuhause zu sitzen.

So hatte Noi wieder einmal ein glückliches Familienleben und sie freute sich, daß sie versorgt war und dies nun ihr Schicksal zu sein schien. Nach einigen Monaten heirateten sie, denn es stellte sich ein Kind ein. Mit Sorgen dachte Noi daran, daß sie dann aufhören mußte, zu arbeiten. Und sie würde nach der Geburt auch nicht so schnell wieder zur Arbeit gehen können, denn sie mußte den Säugling versorgen. Sie würde schon selbst mit ihm zuhause bleiben müssen und voraussichtzlich alleine sein.

Es dauerte nicht mehr lange bis zur Geburt des Kindes, sie war schon ziemlich rundlich geworden und würde bald die Arbeit niederlegen, als jemand im Restaurant zum Essen kam und dabei erwähnte, er müßte noch in dieser Nacht nach Khon Kaen fahren. Noi war begeistert und fragte ihn, ob er etwas für ihre Schwester Kitti mitnehmen kann. Dann kaufte sie schnell einige Kleinigkeiten, steckte etwas Geld in ein Kuvert und zeichnete dem Mann auf, wie er ihre Schwester finden kann. Sie lebte an einer Hauptstraße und war also leicht zu finden. Der Mann versprach’s und ging. Zwei Tage später ging Noi schon nicht mehr zur Arbeit. Ihr war in den vergangenen Tagen gar nicht aufgefallen, daß ihr Mann abends immer später nachhause kam. Aber als er etwas von Geschäften sagte, war sie’s zufrieden, denn er mußte ja für das Einkommen sorgen und sie war ja im Moment auch genug mit sich und ihrem dicken Bauch beschäftigt.

Dann kam die Geburt und sie war mit dem Säugling allein zuhause. Sie hatte nur wenige Bekannte, die sie besuchen kamen. Ihre Freundin, die ihr das Zimmer angeboten hatte, die Frau des Hauseigentümers, der Inhaber des Restaurants und zwei Kolleginnen kamen sie besuchen. Als der Inhaber sagte, ihr Mann wäre jetzt häufig mit ihrer Nichte im Restaurant, stutzte sie zum ersten Mal. Dann fragte sie später die zwei Kolleginnen, erzählte die Geschichte und sagte, daß sie das nicht versteht, weil sie gar keine Nichte hat.

Die Kolleginnen drucksten etwas herum, was Noi noch mißtrauischer machte. Schließlich gaben die Kolleginnen zu, daß man sich gegenüber einer Nichte mitnichten so verhält, wie ihr Mann. Nun war Noi’s Mißtrauen geweckt und sie begann, darauf zu achten, wann ihr Mann nachhause kam. Sie begann an seiner Jacke zu schnüffeln und sie schnüffelte nicht nur an seiner Jacke und seinen Hemden, sondern auch in seinen Papieren. Dabei stellte sie fest, daß ihr Junggeselle schon zweimal verheiratet gewesen war und sehr viele Frauen kennen mußte. Nun nahm sie Kontakt zu dem Wachmann auf, der in dem Gebäude tätig war, in dem ihr Mann sein Büro hatte. Und der Wachmann war sehr bedürftig und deshalb immer sehr mitteilsam, wenn er wieder eine lukrative Nachricht loswerden konnte.

So lernte Noi, daß ihr Junggeselle nicht nur zweimal verheiratet war, sondern ‘aus geschäftlichen Gründen’ derzeit abends nicht nachhause kam, weil er diese Abende mit drei verschiedenen Frauen im Geschäft verbrachte, während sie ahnungslos zuhause saß und sich mit dem kommenden Baby beschäftigte. Noi hatte nun einen dicken Bauch und einen Mann, der gleichzeitig noch drei weitere Frauen hatte. Eigentlich hatte sie ihn geheiratet, weil er nett war und als älterer Geschäftsmann auch genug Sicherheit für ein Familienleben bot. Daß ihr Mann aber kaum noch nachhause kam und sich gleich mit drei verschiedenen Frauen vergnügte, während sie kurz vor der Geburt ihres Kindes allein zuhause bleiben mußte, störte sie doch sehr. Sie stellte sich vor, wie ihr Leben nun weitergehen sollte und fand, daß dieser Ausblick gar nicht schön war.




Vierter Teil

Sicher, ihr Mann konnte ihr genug Geld geben, daß sie etwas zu essen hat. Oder würde er eines Tages mit einer seiner anderen Frauen zusammenleben? Immerhin mußte sie sich um das Baby kümmern und die anderen Frauen standen ihrem Mann zum Ausgang und für Vergnügungen bereit. Noi konnte keine rechte Lösung finden, nahm sich aber vor, sich wenigstens nichts anmerken zu lassen, bis das Kind zur Welt gekommen war. Falls es bei einem Gespräch über seine Frauen zum Streit kommen sollte, konnte sie in ihrem Zustand nicht gut die Wohnung verlassen und auf der Straße liegen. Ihre nächste Aufgabe bestand also darin, ihrem Mann die liebende, aber erschöpft leidende Ehefrau vorzuspielen und ihm möglichst viel Geld abzunehmen.

Das war gar nicht so sehr schwer, denn ihr Mann kam von seinen angeblichen Geschäftsbesprechungen nicht nur ziemlich spät, sondern auch ziemlich betrunken nachhause. Dann konnte sie nachts aus seinen Taschen jeweils einige Geldscheine entnehmen und sich eine kleine Kollektion zulegen. Sie wußte, daß ihr Mann viel Geld ausgab, wenn er ausging, und er würde nur ungefähr überschlagen, wieviel er ausgegeben haben könnte. Einige Hunderter würden ihm dabei wohl nicht auffallen. Sie empfand das auch nicht als Stehlen, sondern eher als einen gerechten Lastenausgleich und ohnehin war ja alles vom Schicksal vorherbestimmt, auch das überflüssige Geld.

So erschien es ihr auch, als unerwartet ihre Schwester Kitty aus Khon Kaen zu Besuch kam. Sie hatte ihr Kind, das jetzt schon anderthalb Jahre alt war, bei einer Freundin gelassen. Die Familie ihres Mannes, der sie verlassen hatte, um den elterlichen Laden weiterzuführen, hatte ihr noch einmal Geld gegeben. Als Abfindung dafür, daß er nicht mehr zurückkam. Er hatte eingesehen, daß er mit einer Frau, die nicht lesen und nicht schreiben konnte, keinen Laden führen und nicht leben kann. Das Geld würde noch einmal für ein Jahr reichen. Aber Kitty hielt es nicht mehr aus. Sie war jetzt seit über einem Jahr mit ihrem Kind alleine gewesen. Sie hatte es zwar hin und wieder für zwei oder drei Stunden zu ihrer Freundin bringen können, aber das reichte nicht. Sie war noch keine zwanzig Jahre alt. Sie wollte leben und nicht nur alleine zuhause sitzen. Außerdem bekam sie Angst vor der Zukunft.

Die Familie ihres Mannes würde ihr sicher nicht noch einmal Geld geben. Sie mußte auf jeden Fall etwas unternehmen. Um aus dem Zimmer herauszukommen, um irgendeine Arbeitsstelole zu finden und Geld zu verdienen und um zu leben. Anschließend hörte sie die Geschichte von Noi und ihrem Mann. Sie waren beide ratlos. Vorsichtig begann Kitty davon zu sprechen, daß sie da etwas von Pattaya gehört hätte, daß es dort immer Arbeit gibt. Auf Nois verwunderten und unwilligen Augenaufschlag hin erklärte sie Noi, daß sie ja wohl auch irgendetwas tun muß, denn ihr Eheleben ginge ja wohl auch nicht viel weiter. Dann lenkte sie vom Thema ab und erwähnte, daß ihre Freundin nur eine kleine Putzstelle hat und sonst zuhause Röcke näht. Wenn sie zwei Kinder nebenher zu versorgen hätte und dafür etwas Geld bekommt, würde sie wegen des Nebenverdienstes sicherlich dazu bereit sein und dann könnten sie unbehindert durch ihre Kinder eine Arbeitsstelle suchen.

Das Gespräch wurde durch die Ankunft von Nois Mann unterbrochen. Der freute sich, Nois Schwester kennenzulernen und war hell begeistert. Er bat sie, doch wenigstens einen Monat bei Noi zu bleiben, während sie das Kind bekommt, damit ihr jemand helfen kann und sie nicht so alleine ist, während er in der nächsten Zeit viele geschäftliche Besprechungen hat und kaum nachhause kommen kann. Er gab den beiden Frauen ausreichend Geld für diesen Monat und ging kurz darauf wieder weg.

Die Geburt von Nois Kind verlief problemlos. Es war ein Mädchen, was ihren Mann sehr enttäuschte. Er lieferte ein paar Geschenke ab und mußte wegen dringender Geschäfte gleich wieder weg. Bald erklärte er, daß er zehn Tage in den Süden muß und in dieser Zeit nicht kommen kann. Er ließ noch einmal Geld da und zog gleich wieder los. Noi mußte sich eingestehen, daß er wahrscheinlich zehn Tage mit einer seiner Frauen verbringen wird und die Wahrscheinlichkeit wuchs, daß er irgendwann einmal wegen seiner Geschäfte wegging und nicht zurückkam.

Als er wiederkam, sprach er davon, daß er große Aufträge im Süden hat und in der nächsten Zeit wahrscheinlich selten zuhause ist, weil er oft in den Süden muß. Noi war darauf vorbereitet und meinte, daß es dann vielleicht besser ist, wenn sie mit ihrer Schwester einen oder zwei Monate nach Khon Kaen fährt, weil ihre Schwester ihr da die ersten Wochen nach der Schwangerschaft helfen kann und sie nicht mit dem Säugling hilflos alleine ist. Ihr Mann war hoch erfreut und gab den Schwestern auch prompt ausreichend Geld für den Lebensunterhalt und für alle Notfälle.

Noi sah ein, daß sie von ihrem Mann nicht mehr viel zu erwarten hatte. Die Schwestern blieben knapp zwei Monate in Khon Kaen und hatten viel Zeit, sich zu unterhalten. Noi überlegte sich, daß sie auch noch jung sei und sie hatte nicht vor, von nun an ihr Leben lang zuhause zu sitzen, während ihr Mann mit seinen drei Frauen unterwegs war. Die Schwestern ließen die Kinder in Khon Kaen bei einer Freundin, fuhren nach Bangkok und warteten auf Nois Mann. Dem erzählten sie eine schreckliche Geschichte von einer Krankheit des Kindes, das im Krankenhaus sein muß und daß sie unbedingt bei dem Kind in Khon Kaen sein müßten. Der Mann sah das auch mühelos ein. Er gab Noi 30.000 Baht für das Krankenhaus und ihre Unterhaltskosten und sagte ihr, sie solle in der Firma Bescheid sagen, wenn es dem Kind wieder besser geht und sie solle auch unbedingt anrufen, bevor sie mit ihm zurückkommt.

Nun gingen alle auf Geschäftsreisen. Der Mann zu seinen Frauen und die Schwestern nach Pattaya. Die Gefühle auf dem Weg nach Pattaya waren recht gemischt. Kitty fühlte sich als Opfer. Schließlich hatte sie schon einen wohlhabenden Mann gehabt. Aber der war ihr dann von seiner Familie wieder entrissen worden. Dabei hätte der doch so schön für sie sorgen können. Kitty kam nicht auf den Gedanken, daß sie auch etwas an sich hätte tun können und für das Zusammenleben mit ihrem Mann nichts getan hat. Wozu hätte sie dies auch tun sollen, wo er ihr doch gesagt hat, daß er sie liebt. Dafür hätte er doch auch etwas tun und sich um sie kümmern müssen. Was bedeutete es schon, daß sie nicht lesen und schreiben konnte. Der Mann hätte sich doch wohl Dienstpersonal einstellen können. Schuld hatten also hauptsächlich dessen Eltern und außerdem er selbst, weil er sich offensichtlich doch nicht richtig geliebt hat..

Noi dagegen gestand sich ein, daß sie ihren Mann nicht gerade aus Liebe geheiratet hatte, aber doch immerhin, weil er nett war. Sie wäre ja auch lieber zur Arbeit gegangen, als nachher zuhause geblieben. Aber sie machte sich dann weiter keine Gedanken darüber, denn das war ohnehin alles unabänderlich vorbestimmt. Jetzt grübelte sie allerdings, was sonst noch alles in ihrem Leben vorbestimmt sein konnte. Schlimmstenfalls konnte sie ja in den nächsten zwei Monaten immer noch ihr Kind holen, das sie bei Kittys Freundin gelassen hatte, und nach Bangkok zurückfahren, als ob nichts gewesen wäre. Aber sie glaubte, daß die endgültige Trennung von ihrem Mann wohl schon vorbestimmt war.

Nach der Ankunft in Pattaya hörten die Mädchen sich erst einmal zwei Tage lang um und fanden eine preiswerte Unterkunft. Noi fand bald eine Stelle in einem kleinen Restaurant, wo sie die Thai-Küche versorgen sollte. Sie fand es gut, daß sie dabei auch Gelegenheit bekam, etwas über die europäische Küche zu lernen, wobei sie sich eingestand, daß ihr das Zubereiten der Soßen doch einige Schwierigkeiten bereitete.

Kitty dagegen suchte von vornherein eine Stelle in einer Bar. Sie fand auch sofort die Bewunderung und etwas Neid von den Kolleginnen, als sie schon am ersten Tag von einem relativ jungen und stattlich aussehenden Ausländer ausgelöst wurde. Sie mußte auf ihren Freier noch drei Stunden warten, während der eine Flasche Bier nach der anderen hinunterschluckte. Dann endlich nahm er sie mit ins Hotel. Die neuen Kolleginnen wunderten sich aber nicht schlecht, als Kitty schon nach einer halben Stunde wieder zurückkam und das Gesicht verzog. Der Mann hatte von ihr oralen Sex verlangt und von so etwas hatte sie noch nicht einmal etwas gehört. Also wurde Kitty erst einmal gründlich über ihren neuen Beruf und die verschiedensten Wünsche ihrer Kunden aufgeklärt. Begeistert war sie nicht gerade, aber wenn das normal war und sie dafür gutes Geld bekam, dann müßte sie sich das beim nächsten Kunden wohl doch überlegen.

Ihr nächster Kunde kam drei Tage später, er war schon über sechzig Jahre alt und Kitty fragte sich, was der nun wohl will. Aber der wollte gar nichts. Er wollte nur ein hübsches Mädchen sehen und schlief dann bald ein, nachdem er auch schon einige schärfere Getränke konsumiert hatte. Er nannte sie dauernd einen Dummkopf und irgendwann verstand Kitty, daß sie wohl dauernd etwas falsch machte, obwohl sie sich doch alle Mühe gab, für ihr Geld auch eine entsprechende Leistung zu bringen. Wieder sprach sie mit ihren Kolleginnen und wieder erhielt sie Aufklärungsunterricht. Nicht nur über das Verhalten im Bett, sondern auch über das allgemeine Verhalten. Sie erfuhr, daß man den Farang eine neue Flasche Bier aus dem Kühlschrank holt, wenn die alte leer wird, daß man ihnen fortwährend den Schweiß von der Stirn wischt, der dort herausperlt, weil sie so viel Bier trinken, daß man ihnen niemals Löffel und Gabel zum Essen gibt, sondern immer Messer und Gabel, wenn sie gerade keine Suppe essen, daß man sich am besten auf sie setzt, weil sie das mögen, um dann an den Brüsten zu spielen, und viele weitere Alltagsweisheiten mehr.

Doch Kitty lernte schon wenige Tage später, daß die Farang auch nicht alle gleich sind, als sie von einem ausgelöst wurde, der mit ihr nur ins Bett und ansonsten in Ruhe gelassen werden wollte. Währenddessen redete er aber ununterbrochen und war zufrieden, wenn Kitty ihn dabei ansah und manchmal mit dem Kopf nickte und hin und wieder ergeben „Yes“ sagte. Wieder bekam sie Unterricht. Als sie meinte, sie wollte eigentlich nicht mit einem Farang für eine oder zwei Nächte weg, sondern lieber einen jüngeren, der viel Geld hat und sie gleich mitnimmt, lachten alle. Ihr wurde mitgeteilt, daß das die meisten Mädchen wollen, aber dafür müßte sie erst noch lernen, sich etwas auf die Farang einzustellen und vor allen Dingen müßte sie wenigstens etwas Englisch lernen, denn kein Farang würde mit ihr leben wollen, wenn er sich mit ihr überhaupt nicht verständigen kann.

Kittys Einwand, daß die Farang dann doch Thai lernen sollten, wurde auch mit einem herzhaften Lachen quittiert. Danach sagte man ihr, daß sie kaum jemals einen Farang treffen wird, der Thai spricht, weil die Farang dazu alle zu dumm sind. Und wenn ein Farang sie einmal nach der Bedeutung eines Wortes fragt, oder wie man das richtig ausspricht, dann soll sie ihm das auf keinen Fall sagen, weil es sonst sein könnte, daß er Thai lernt. Dann könnte er verstehen, was die Thai sagen und es würde sehr schwer, in seiner Gegenwart Abmachungen mit Thailändern zu treffen, aus ihm Geld für Dienstleistungen, überteuerte Einkäufe oder Kommissionen herauszuholen. Überhaupt könnte man dann in ihrer Gegenwart kaum noch frei sprechen, weil man nie weiß, was er versteht.

Es blieb ihr nichts anderes übrig, als Englisch zu lernen. So fragte sie nun ihre Kolleginnen und alle Farang nach englischen Wörtern und merkte bald, daß das Lernen länger dauern würde, weil sie alle Worte immer wieder vergaß. Aber es hatte ja keinen Sinn, ein Buch zu kaufen, wenn sie noch nicht einmal Thai lesen konnte. Und sie gab auch zu, daß ihr das zu schwer wäre und sie nicht interessierte. Einige Worte Englisch, um mit den Farang zu sprechen, würden ihr reichen, meinte sie, denn die Farang kämen ja auch nicht, um mit ihr zu sprechen. Vorläufig hatte Kitty nur hin und wieder einen Kunden für eine Nacht, aber dabei gewöhnte sie sich an ihren neuen Beruf. Sie fand es doch weit angenehmer, mit den anderen Mädchen gemeinsam den Abend zu verbringen, als Tag für Tag nur mit einem Kleinkind in einem Zimmer zu sitzen. Hier konnte man sich wenigstens unterhalten und es gab auch genug zu lachen. Aus dieser Sicht gefiel ihr das Leben hier schon viel besser. Sie kam sogar des öfteren früher zur Bar, weil dann noch nicht so viel Betrieb war und sie entweder ihre Kolleginnen oder einige Farang nach englischen Wörtern fragen konnte. Das war nicht etwa reine Wißbegierde, sondern viel unterhaltsamer, als zuhause zu sitzen, während ihre Schwester Noi im Restaurant arbeitete.

Als sie wieder einmal zu früh kam, lernte sie den Klaus kennen, der zwar nicht sehr vermögend, aber noch ziemlich jung war, weshalb er sich auch prompt in Kitty verliebte. Er blieb fünf Stunden in der Bar und nahm Kitty schließlich mit ins Hotel. Dort konnte er zwar nicht mehr viel mit dem Mädchen anfangen, denn sein Alkoholspiegel hatte etwas dagegen. Aber am nächsten Morgen war er durchaus zufrieden, als er Kitty neben sich im Bett liegen sah. Er empfand es als eine angenehme Tatsache, daß er keinen dicken, brummenden Kopf hatte und so gingen sie denn erst gegen elf Uhr zum Frühstück.

Kitty konnte zwar nicht verstehen, warum Klaus zur Mittagszeit nichts Besseres zu tun wußte, als mit ihr Händchen haltend durch die pralle Sonne zum Strand zu gehen, denn es ist in Thailand weder üblich, in der Öffentlichkeit Händchen zu halten noch durch die pralle Sonne zu gehen, wenn man es irgendwie vermeiden kann. Aber Klaus schien es Spaß zu machen und schließlich mußte sie für ihr Geld ja auch etwas tun. Klaus war sehr lebhaft und hatte viele Fragen. Die Verständigung haperte sehr, doch Klaus begann, die ersten Zukunftspläne zu schmieden.



Fünfter Teil

Kitty hatte Schwierigkeiten, Klaus zu verstehen. Das lag aber nicht nur an der Sprache. Zwar war Kitty sich nicht sicher, ob sie das, was Klaus alles sagte, richtig verstanden hatte. Aber es hörte sich so an, als wenn Klaus versuchte, ihr klarzumachen, daß sie in Deutschland viel mehr Geld verdienen könnte. Er wollte sie nach Deutschland mitnehmen, dort könnte sie viel Geld verdienen und dann könnten sie glücklich zusammen leben. Kitty war klug genug, still zuzuhören und nicht viel zu antworten. Sie wollte sich am Abend in der Bar bei ihren Freundinnen Rat holen. Sie gingen spät zum Mittagessen in ein deutsches Restaurant, wo sie etwas Deutsches essen mußte, damit sie einmal erfährt, was gut schmeckt.

Klaus sagte ihr, das thailändische Essen sei nicht gut und sie sollte ein Kotelett essen, was sie überhaupt nicht mochte. Klaus trank einige Flaschen Bier dazu und redete viel, wovon Kitty aber nicht viel verstand. Sie war froh, als Klaus dann einen Tischnachbarn als Gesprächspartner fand und sich lange mit ihm unterhielt. Sie wechselte einige Worte mit dessen Frau. Die sagte, das Leben mit ihrem Mann sei sehr eintönig. Sie könnten nur wenig miteinander sprechen und sie wäre hauptsächlich zum Saubermachen, fürs Bett und als Begleiterin da, aber er würde sie gut bezahlen. Das Gespräch ebbte bald ab und Kitty versuchte, etwas vom Gespräch der Männer zu verstehen. Sie verstand kaum die einzelnen Worte, hatte aber den Eindruck, daß sie viel über Thailand und Thailänder sprachen und daß dies in einer ziemlich abfälligen Form geschah, was Kitty sehr störte.

Als der Tischnachbar mit seiner Frau ging, bezahlte Klaus, nahm Kitty wieder bei der Hand und zog sie aus dem Lokal in eine nahegelegene Bar. Hier kannte sie niemand und so saß sie drei Stunden in einer Ecke, bis Klaus sie wieder an der Hand in ein Lokal zog, wo sie zu Abend aßen. Sie mußte wieder etwas Deutsches essen, wobei Klaus viel sprach. Kitty hatte den Eindruck, daß Klaus viel von Deutschland sprach und ihr erzählen wollte, wie gut es da ist. Anschließend gingen sie wieder in ihre Bar, wo Klaus sich an den Tresen setzte und Bier trank, während Kitty wieder in einer Ecke saß. Aber hier konnte sie mit einer älteren Kollegin sprechen, die viel Erfahrung hatte. Die Kollegin erklärte ihr, daß die Farang wie die Geister außerhalb des Hauses sind. Man weiß nie, wie sie sind und was sie wirklich wollen. Man muß versuchen, sich mit ihnen zu arrangieren. Wenn man so tut, als wenn man sie achtet und ihnen gehorcht, kann man sie oft günstig stimmen und aus ihnen viel Geld herausholen, man muß es nur etwas geschickt anfangen.

Sie machte Kitty klar, daß Klaus entweder einer Schnapsidee nachläuft oder mit Kitty etwas vorhat. Das Verliebtsein sei jedenfalls nicht echt, auch wenn er Küßchen gibt und Händchen hält, denn das sieht ihr zu gewollt, zu professionell und vollkommen gefühllos aus, so, als wenn er das täte, weil er glaubt, sie mag das und würde dann glauben, daß er sie liebt. Aber er zieht Kitty dabei hinter sich her und läßt sie stundenlang sitzen und warten, wenn er sein Bier hat. Er will gar nicht wissen, was Kitty mag, kümmert sich auch nicht um sie, sondern bestimmt einfach, was sie zu tun hat. Zum Abschluß gab sie Kitty den guten Rat, auf jeden Fall so zu tun, als würde sie mitfahren. Dann kann sie das Geld für die Eltern, den Reisepaß, das Flugticket, Kleidung, Reisevorbereitungen und Anderes einstecken und dann kann sie immer noch weitersehen.

Klaus hatte zwei Wochen Zeit, die er in Restaurants, am Strand und in Bars verbrachte, aber immer in Kittys Begleitung. Als Kitty ihm nach sieben Tagen sagte, sie braucht Geld für ihre Miete, gab er ihr anstandslos das Geld für die zwei Wochen. Einige Tage später holte er ein anderes Mädchen der Bar, das übersetzen sollte. Er ließ Kitty übersetzen, daß er sie nach Deutschland mitnimmt und daß sie dort viel Geld verdient. Als Kitty fragte, wieviel Geld sie denn in Deutschland bekommen wird, ließ er antworten, daß er für sie eine sehr gute Arbeitsstelle hat, bei der sie im Monat bequem über 200.000 Baht verdienen kann. Auf Kittys Bemerkung, daß sie jetzt aber Geld für ihre Eltern, für die Reise und für Kleidung braucht, erklärte Klaus, daß sie das alles später bezahlen kann, weil sie in Deutschland ja sehr viel Geld verdient und das Geld, das sie jetzt braucht, könnte sie sich ja sicherlich von guten Freunden leihen. Kitty erklärte, daß sie niemand kennt, der so viel Geld hat und es ihr leihen würde, worauf Klaus schließlich versprach, daß er ihr das Geld für einen Reisepaß und das Flugticket geben wird. Am nächsten Tag ging er mit Kitty in eines der Büros, das Visaangelegenheiten erledigt und am darauffolgenden Morgen fuhr Kitty los, um sich einen Reisepaß ausstellen zu lassen.

Zwei Tage später fuhren sie zur deutschen Botschaft, um für Kitty ein Visum zu beantragen, wobei Klaus auch eine Bürgschaft für Kitty abgab. Ein offenes Flugticket hatte er zusammen mit Kitty bei einem Reisebüro geholt, weil er vermeiden wollte, daß das Geld vielleicht auf dem Weg ins Reisebüro verlorengeht. Die Urlaubszeit war für Klaus aber nun beendet und Kitty sollte erst nach seiner Abfahrt über ihr Visum Bescheid bekommen. Klaus erklärte Kitty noch einmal eindringlich, daß sie in Deutschland reich werden kann und schrieb ihr genau auf, was sie tun muß und welchen Zug sie nehmen soll, um zu ihm zu kommen, wenn sie erst einmal auf dem Flugplatz in Frankfurt angekommen ist. Kitty nickte lebhaft und schaute interessiert auf diese seltsamen Zeichen, die sie ja nicht lesen konnte. Aber das sagte sie Klaus nicht, sie nickte nur und lächelte.

Nachdem Klaus abgefahren war, sprach sie mit ihrer Schwester Noi über die Angelegenheit und erklärte, wie hilflos sie ist, daß sie überhaupt keine Ahnung hat, wie sie nach Frankfurt kommen soll und sie hätte Angst, dann ohne Geld alleine in einem fremden Land zu sein, Angst davor, von irgendwo mit einem Zug fahren zu müssen, wo sie noch nicht einmal lesen kann, wo der Zug abfährt und wo er hinfährt. Noi riet ihr dringend ab, zu Klaus ins Ausland zu fahren, wenn er ihr noch nicht einmal etwas Taschengeld für die Reise gegeben hatte und sie auch nicht vom Flugplatz abholen wollte. Überhaupt hatte sie ein ungutes Gefühl bei der Sache, sagte sie, und fragte, ob sie denn sicher wäre, daß er sie liebt. Kitty war sich dieser Liebe ganz sicher, weil er doch gesagt hat, daß sie sehr viel Geld verdienen kann. Noi ging nicht näher darauf ein, sagte aber, es sei besser, wenn Kitty nicht nach Deutschland fliegt.

Das Problem war schon einige Tage später erledigt, als Kitty zur Bot-schaft fuhr, um ihren Paß abzuholen. Dabei stellte sich heraus, daß Klaus schon vor einem Jahr für eine Thailänderin gebürgt hatte, die aber Deutschland noch nicht verlassen hat, sondern illegal dort geblieben ist. Kitty war erschrocken und erklärte treuherzig, daß sie das nicht gewußt hat, weil sie Klaus erst seit zwei Wochen kennt. Als die Konsulatsangestellte erstaunt in den Papieren blätterte und sagte, sie hätte doch geschrieben, daß sie Klaus schon seit drei Jahren kennt, meinte Kitty, das kann gar nicht sein, weil sie ja gar nicht schreiben kann. Die Konsulatsangestellte machte sich eine Notiz und Kitty bekam ihren Paß zurück, natürlich ohne Visa.

Die Kolleginnen in der Bar gaben ihr den guten Rat, sofort mit dem Flugticket zum Reisebüro zu gehen und sich das Geld zurückgeben zu lassen, was sie auch abzüglich der Buchungsgebühr erhielt. Kitty war die nächsten Tage sehr traurig, weil sie doch so gerne reich geworden wäre. Aber dann entschied sie, daß sie sich lieber einen Farang sucht, der sie gut versorgt, anstatt einen zu haben, der sich nicht um sie kümmert, sondern arbeiten schickt. Solch ein Farang ließ sich aber nicht sehen, dafür kamen einige, die sich eine Nacht vergnügen wollten, doch so hatte sie wenigsten ihr Einkommen und war während der Tageszeit frei.

Noi hatte sich inzwischen in dem kleinen Restaurant eingearbeitet. Hier kamen vorwiegend thailändische Gäste, aber hin und wieder kamen auch einige Farang, die Seefrüchte essen wollten. Es weiß zwar keiner warum, aber es hat sich bei Ausländern so eingebürgert, daß sie Seefrüchte in thailändischen Lokalen essen, weshalb nur wenige ausländische Lokale Seefrüchte anbieten. Es war nicht verwunderlich, daß auch Gäste, die in das Restaurant kamen, an Noi Interesse hatten, denn sie sah ausgesprochen hübsch aus. Sie war auch schon drei- oder viermal mit einem Farang mitgegangen. Die Arbeit im Restaurant brachte hier gewisse Vorteile, denn es war wirklich ihre Privatangelegenheit, wenn sie mit jemand mitging.

Wenn es sich um jemand handelte, der ihr nicht sympathisch war, so brauchte sie nicht mitgehen. Anfangs hatte sie dann gesagt, daß sie hier im Restaurant arbeitet und nicht in einer Bar und daß sie nicht mit Männern weggeht. Aber das schien den Eifer der Männer nur zu beflügeln, die ihre Angebote dann prompt in Zahlen ausdrückten und steigerten. Jetzt sagte sie denen, die sie gar nicht mochte, daß sie verheiratet sei und ihr Mann zuhause wartet. Den sympathischeren sagte sie, daß sie nicht mit fremden Männern geht. Die machten dann sofort lukrative Angebote.

Gleichzeitig war das auch eine Vorsichtshaltung, seit sie einmal nach Arbeitsschluß mit einem Farang mitgegangen war, der tatsächlich meinte, sie täte das aus lauter Liebe. Er gab ihr deshalb kein Geld und sagte, daß sie sich doch sicher freuen würde, mit ihm zusammen sein zu dürfen und daß es für sie doch ein großer Vorteil ist, mit ihm in so einem schönen Hotel schlafen zu dürfen und nicht mit so einem häßlichen Thai in einer schäbigen Hütte. Sie hatte sich einfach umgedreht und den Mann stehen lassen. Sie konnte nichts unternehmen und wunderte sich nur, daß es Männer gab, die nach Pattaya kamen und ernsthaft glaubten, daß die nächste Frau, die sie ansprechen, mit ihnen sofort aus lauter Liebe ins Bett geht. Seit sie sagte, daß sie nicht mit Männern mitgeht, hatten sich die Angebote gesteigert und es war von vornherein klar, daß es ihr nicht darum ging, mit einem schönen Mann in ein schönes Bett zu dürfen. Vielen Ausländern ist bekannt, daß man auch die Bedienungen von Restaurants mitnehmen kann, wenn man einmal von den sehr vornehmen Etablissements absieht.

Seit einigen Tagen hatte Noi einen älteren Gast, der regelmäßig kam und eine Zeitung mitbrachte, sich aber offensichtlich mit Noi unterhalten wollte. Er wurde aber nicht lästig, sondern richtete irgendeine Frage an Noi, wenn er sah, daß sie Zeit hat. Er wurde auch nicht anzüglich, sondern schien sich offensichtlich mehr für Thailand als für sie zu interessieren. Zumindest ließ sich das aus seinen Fragen erkennen. Er hieß Helmut und war schon drei Monate hier. Ursprünglich hatte er nur vier Wochen hier verbringen wollen, aber es hatte ihm in Pattaya gefallen und so war er zwei Monate länger geblieben. Für Noi war die Unterhaltung ganz angenehm, denn es war eine Abwechslung, sie bekam dabei Gelegenheit, etwas Englisch zu lernen und auch etwas über das Leben im Ausland zu hören. Nachdem er eine gute Woche lang gekommen war, lud er Noi an ihrem nächsten freien Tag zum Essen ein und Noi sagte zu. Er wählte ein gutes Restaurant aus und fragte, ob sie damit einverstanden wäre. Noi bestellte sich nur ein billiges Gericht der Thailändischen Küche und lehnte es ab, Alkohol zu trinken, worauf er lachte.

Es stellte sich heraus, daß er wegen irgendeiner Knochenangelegenheit früh pensioniert worden war. Er sagte, einer der Gründe, warum es ihm in Pattaya gefällt, besteht darin, daß er hier wegen des warmen Wetters und des Seeklimas keine Schmerzen hat. Ein anderer Grund bestand darin, daß Pattaya eine sehr lebendige und offene Stadt ist, in der man jederzeit auf die Straße gehen oder irgendetwas unternehmen kann. Helmut erzählte, er überlegt sich, ob er nicht für längere Zeit nach Thailand kommen soll, weil er sich hier wohlfühlt und weil Pattaya auch nicht zu teuer ist, so daß seine Finanzen ausreichen, sich hier für längere Zeit niederzulassen. Dann nannte er auch noch den dritten Grund, warum es ihn nach Pattaya zog. Der bestand darin, daß er hier nicht allzuschwer jemand finden kann, der ihn versorgt, für ihn kocht, die Wäsche wäscht und etwas saubermacht.

Dabei sah er Noi an, als ob das eine Frage wäre. Sie ging aber nicht näher darauf ein, sondern sagte nur, daß es in Pattaya nicht schwierig wäre, solch eine Person zu finden, es käme natürlich darauf an, was er bezahlen will. Vorsichtshalber fügte sie hinzu, daß es Ausländer gibt, die mit einer Frau zusammenziehen wollen und meinen, es würde ja reichen, wenn die Frau ein Dach überm Kopf und etwas zu essen hat. Aber das gäbe es nur ganz selten, weil die meisten Frauen nach Pattaya kommen, um hier Geld für ihre Eltern zu verdienen, oder um ihre Kinder zu versorgen. Helmut verstand und meinte, außer Essen und Unterkunft könnte er schon noch etwa 6.000 Baht im Monat bezahlen und Noi meinte, das würde reichen, um jemand zu finden. Eine Woche später lud er Noi noch einmal zum Essen ein. Dabei sagte er ihr, daß er jetzt für einige Wochen nach Deutschland fahren muß. Dann fragte er sie, ob sie ihm helfen würde, ein Haus zu suchen und einzurichten, wenn er zurückkommt.

Als Noi Kitty erzählen wollte, daß Helmut nach Deutschland gefahren ist und später wiederkommen will, um hier zu leben, mußte sie damit etwas warten, denn auch Kitty hatte eine Neuigkeit zu berichten. Sie war ganz außer sich und ließ Noi vorläufig gar nicht zu Wort kommen. Kitty hatte in der Lotterie gewonnen und sehr viel darüber zu berichten. Sie hatte nämlich die Zahlen aus einem Traum genommen, die Zahlen der Telefonnummer von Klaus und ihrem Geburtstag, die Nummer aus ihrem Personalausweis und die Nummer vom Motorrad ihres Chefs, dann hatte sie die Nummer eines Autos, das nur knapp und mit viel Glück einem Unfall entkommen war, hinzugefügt und da war nur eine Nummer falsch gewesen, sonst hätte sie noch viel mehr gewonnen, und mit einer Nummer, von der eine Kollegin geträumt hatte, hat sie über viertausend Baht gewonnen.




von Dr.G.M. Gad Labudda
 
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von Dr.G.M. Gad Labudda


Sechster Teil

Sie konnte sich gar nicht beruhigen. Daran änderte sich auch nichts, als Noi meinte, sie hätte so viele Nummern genommen, wieviel Geld sie denn für die Lotterie bezahlt hat. Sie erzählte voller Freude, daß sie etwas über achttausend Baht bezahlt hat, von dem Geld, daß sie für das Flugticket von Klaus zurückbekommen hatte, aber sie hüpfte vor Freude, weil sie viertausend Baht gewonnen hat. Sie sagte Noi, daß sie eine Pizza bestellen will, weil sie doch gewonnen hat. Noi meinte, Kitty könnte die Pizza bestellen, aber Noi wollte sie selbst bezahlen, weil Kitty gerade viertausend Baht in der Lotterie verloren hat. Es wurde aber sehr schwer, Kitty das verständlich zu machen, wo sie doch gerade gewonnen hatte. Noi meinte, sie brauche ihr Geld nicht der Lotterie zu geben, denn ob sie einmal reich würde, wäre vom Schicksal vorbestimmt, daran könnte sie nichts machen. Sie könnte aber statt dessen selbst aufpassen, daß sie das Geld, das sie hat, nicht wegwirft, denn sie muß immr damit rechnen, daß irgendwann einmal Notzeiten eintreten können.

Nachdem Kitty einige Zeit nur Kunden für eine Nacht gehabt hatte, kam endlich einer, der etwas länger bleiben wollte und sie nach drei Tagen nach Chieng Mai mitnahm. Er hieß Ted und war etwas über vierzig Jahre alt. Er sagte, er sei nicht verheiratet, hatte aber in seiner Brieftasche das Bild einer Frau mit zwei Kindern. Kitty glaubte ihm nicht, als er sagte, das sei seine Schwester, denn die Frau sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Als Kitty ihn später fragte, was er zuhause arbeite, sagte er, er mache ‘business’, sprach aber bald von seinem Chef. Dann erklärte er, er mache business in einer großen Firma. Nach drei Tagen, die sie in Chieng Mai verbrachten, kamen sie wieder zurück. Ted war etwas enttäuscht, weil er geglaubt hatte, daß Kitty ihm in Chieng Mai alles zeigen und erklären konnte. Aber Kitty hatte überhaupt keine Ahnung und ließ sich von Ted führen. So verzichtete er auf weitere Reisen und verbrachte seine Urlaubstage mit Kitty am Strand von Jomthien, am Swimmingpool des Hotels, in Restaurants und in Bars. Nur drei oder vier Male lieh er sich ein Motorrad und fuhr mit Kitty in die nähere Umgebung, nach Bang Saen und nach Chachoengsao.

Kitty war hingegen von der Reise hell begeistert. Sie hatte nun endlich auch einmal etwas von Thailand gesehen und dabei noch gutes Geld verdient. Ted war ansonsten mit Kitty zufrieden und blieb noch einige Tage, bis er nach England zurückfuhr. Er gab ihr die Anschrift von seiner Firma und sagte, sie sollten in Kontakt bleiben. Er wollte ihr schreiben und sie auf jeden Fall wiedersehen, wenn er in einem halben Jahr wiederkommt. Er sagte Kitty zwar, daß sie besser ihren Beruf aufgibt und eine andere Arbeitsstelle sucht. Als Kitty erklärte, daß sie dann nicht genug verdient und er ihr eine Beihilfe zahlen müßte, lehnte Ted aber ab. Höflichkeitshalber fügte er hinzu, Kitty könne ihm ja schreiben, wenn sie eine andere Arbeitsstelle hat, dann könnte man weitersehen, aber er könnte nicht ihr Leben finanzieren, nur weil er sie in einem halben Jahr wiedersehen will.

Kitty erklärte zwar noch, daß sie jeden Monat Geld für ihre Mutter schicken muß und deshalb keine andere Arbeitsstelle annehmen kann, wenn sie dort weniger verdient. Sie hielt das für eine Notlüge. Ihre Mutter lebte zwar nicht mehr, aber für ihr Kind mußte sie ja wirklich Geld schicken und sie wollte Ted nicht sagen, daß sie ein Kind hat, denn beim Kennenlernen an der Bar hatte sie ihm gesagt, daß sie kein Kind hat, weil er sie sonst vielleicht nicht mitgenommen hätte. Ted berührte das wenig. Er sagte ihr, daß sie bei ihm genug verdient hat, um in Ruhe nach einer anderen Arbeitsstelle zu suchen. Als Kitty meinte, sie kann bestimmt keine Arbeit finden, weil sie nicht lesen und schreiben kann, war Ted verblüfft und fragte, warum sie es denn nicht lernt.

Auf Kittys Antwort, daß sie nicht genug Geld für einen Privatlehrer hat, schüttelte Ted mit dem Kopf und er versuchte, ihr zu erklären, wie wichtig es sei, lesen und schreiben zu können und daß es doch Möglichkeiten geben muß, das zu schaffen, aber schließlich fiel ihm auch kein Weg ein, wie Kitty ohne einen Lehrer das thailändische ABC lernen konnte. Als Ted weg war, versuchte Kitty tatsächlich, Schreiben zu lernen, aber nach dem zwölften Buchstaben gab sie auf. Seither schaut sie bei vorbeifahrenden Autos immer auf das Nummernschild, um nachzusehen, ob da einer der Buchstaben bei ist, die sie schon kennt und sie hofft, daß sie dabei Fortschritte macht.

Die nächste Zeit verging ohne bedeutsame Geschehnisse bis Songgrahn. Das ist das thailändische Neujahrsfest, das gleichzeitig den Beginn der Regenzeit bedeutet und in Thailand einen Tag lang mit viel Wasser gefeiert wird. Während man am frühen Morgen Eltern, Großeltern und besonders gewürdigten Personen etwas geweihtes Wasser auf Kopf und Hände träufelt und anschließend im Tempel geweihtes Wasser auf die Buddhastatuen gießt, beginnen schon am späten Vormittag wahre Wasserschlachten, an denen hauptsächlich junge Leute und Kinder ihren Spaß haben. Es bleibt kein Mensch trocken, der sich auf die Straße begibt und der Spuk hört dann normalerweise mit Einbruch der Dunkelheit auf. Nur Pattaya macht hier eine Ausnahme. Hier dauern die Wasserschlachten acht oder neun Tage und werden Tag und Nacht durchgehend gefeiert. Die vielen Barmädchen und viele sehr jung gebliebene Ausländer bis zu achtzig Jahren haben hier ihre kindliche Freude und beherrschen die Stadt.

Die Bars haben zwar geöffnet, weil man die meisten Bars gar nicht schließen kann; sie sind so gebaut, daß sie immer offen sind. Aber zu Songgrahn haben sie kaum Einnahmen. Viele Geschäfte schließen, denn beim Schütten und Spritzen von Wasser wird keine Rücksicht auf Verluste oder Beschädigungen genommen, außerdem aber gibt es sowieso keine Kunden, denn es ist nicht möglich, trocken durch Pattaya zu kommen. Kitty war glücklich. Sie konnte sich einmal richtig austoben. Sie hoffte zwar, daß sie dabei den einen oder anderen Farang für sich interessieren könnte, aber die gingen nach stundenlangen Wasserschlachten müde nachhause. So hatte Kitty zwar viel Spaß, aber eine Woche lang keinen Pfennig verdient.

Noi hatte eine Woche frei, denn das kleine Restaurant schloß zu Songgrahn, da es den Gästen keinen Spaß machte, ihre Speisen mit Wasser zu genießen, das gespritzt und aus Schüsseln und Eimern geschüttet wird. Sie hatte sich schon Gedanken gemacht, was sie in dieser Woche tun könnte, doch zwei Tage vor Beginn der berüchtigten Feierlichkeiten fragte ein Mann sie, ob das Restaurant offen bleibe. Als sie ihm antwortete, daß dies zu Songgrahn nicht möglich ist, fragte er, was sie denn machen wollte und schlug vor, mit ihm für diese Woche nach Ko Samet zu fahren, einer nahegelegenen Insel. Er hatte Songgrahn schon einmal erlebt und wollte seine Ruhe haben und für diese Zeit aus Pattaya flüchten.

Noi fuhr also mit Jürgen nach Ko Samet. Er wollte ihr sogar einen Bikini oder einen Badeanzug kaufen, als er bemerkte, daß sie so etwas nicht besaß, aber das war völlig unmöglich. Schließlich war Noi eine anständige Frau, die nie mit Männern ging, nur eben ausnahmsweise mit Jürgen. Und als anständige Frau geht sie so ins Wasser, wie alle anständigen Frauen in Thailand, mit voller Kleidung, in Rock und Bluse. Das Wasser war ja nicht weiter schlimm, denn es war nicht kalt und die Kleidung wird am Strand in der Sonne auch bald wieder trocknen.

Nun gibt es zwar auf Ko Samet viel Wasser und viel Essen, aber wenig zu tun und so vertrieben sie sich ihre Zeit mit einigen Spaziergängen, vielen Brettspielen und viel Unterhaltung. Jürgen hatte ein sonniges Gemüt, was vielleicht dadurch kam, daß die Sonne es leicht hatte, an sein Gemüt zu kommen, denn er hatte keine Haare. Er war noch keine vierzig Jahre alt und lebte bei seinen Eltern, die einen Laden mit Haushaltwaren gehabt hatten, der aber wegen der vielen Konkurrenz durch Kaufhäuser und Einkaufsketten geschlossen werden mußte und inzwischen verkauft worden war. Jürgen erklärte, er habe zuhause viel Arbeit und wenig Zeit, denn er arbeitet als Technischer Zeichner und Designer. Noi glaubte wegen der Verständigungsschwierigkeiten, er sei Maler. Das wunderte sie sehr, denn in Thailand haben Maler viel Zeit, aber kein Geld. Jürgen aber hatte Geld und deshalb störte es sie nicht, daß er nur Maler war.

Daß er bei seinen Eltern lebte, lag nur daran, daß seine Mutter immer eifersüchtig war, wenn er mit einer Frau nachhause kam, meinte er. In Wirklichkeit war er nur verwöhnt und hatte keine Frau gefunden, die ihn weiter verwöhnen wollte. Erbost erzählte er, daß in Europa die Frauen verwöhnt werden wollten und schon bei der ersten Bekanntschaft fragen, ob der Mann es nicht für richtig hält, wenn auch Männer das Haus putzen und Essen kochen. Er sagte aber nicht, daß diese Frauen berufstätig waren und bleiben wollten und von ihm auch nicht ernährt werden wollten. Noi verstand das Problem auf ihre Art. Sie sagte Jürgen, er wolle nur, daß die Frauen ganz für ihn dazusein haben, daß er sich dann aber nicht um die Frauen kümmert, was Jürgen zu energischem Widerspruch brachte.

In Wirklichkeit aber bestimmte er fortlaufend, was sie jetzt für ihn zu tun hat, ohne sich im Geringsten um Noi zu kümmern. Gegen Ende der Woche auf Ko Samet fragte er Noi, was sie im Restaurant verdient. Als sie sagte, sie bekommt im Monat fünftausend Baht, überlegte er eine Weile und schlug dann vor, er würde ihr jeden Monat viertausend Baht schicken, dann brauchte sie nicht mehr arbeiten zu gehen und könnte ganz für ihn da sein, wenn er wiederkommt. Wenn sie nicht arbeiten gehen muß, könnte sie sicherlich mit weniger Geld auskommen.

Einen Augenblick lang überlegte Noi, ob sie auf das Angebot eingehen sollte. Sie dachte dabei daran, daß sie dann vielleicht in der Provinz mit ihrem Kind zusammen leben könnte. Viertausend Baht sind dort viel Geld und es würde zum Leben reichen. Aber dann dachte sie an die Zeit, die sie mit einem Mann gelebt hatte, der nie zuhause war, an die Zeit, die sie alleine mit ihrem Kind gelebt hatte, nur um zu warten, ob es dem Mann neben dem Spaß mit anderen Frauen vielleicht einmal einfiel, nachhause zu kommen. Dazu kam, daß ihr Jürgen auch nicht gerade besonders sympathisch war. Er sah nur sich und mußte wie ein kleines Kind immer alles sofort haben. Sie wußte deshalb, daß sie sich nicht auf ihn verlassen kann. Sie wäre aber in großen Schwierigkeiten, wenn sie auf seinen Vorschlag eingeht und er eines Tages eine andere Frau findet.

Noi schüttelte den Kopf und erklärte, viertausend Baht sind in Thailand viel Geld, aber er gibt an jedem Tag über dreitausend Baht aus und wenn man das Flugticket für vierzehn Tage mitrechnet, sind es über viertausend. Er würde ihr also soviel Geld geben, wie er an einem Tag ausgibt, damit sie monatelang zuhause sitzt und darauf wartet, daß er vielleicht einmal kommt, wenn er ein paar Tage mit ihr ins Bett will. Aber Jürgen verstand gar nicht, worum es geht. Für ihn war es logisch, daß er lieber zuhause sitzen würde, wenn er nicht arbeiten müßte. Warum sie dann nicht einfach zuhause saß und sich freute, daß sie soviel Geld bekam, wobei sie nichts zu tun brauchte, verstand er nicht. Er glaubte, es ginge Noi nur darum, daß sie mehr Geld haben wollte und nannte sie nun eine Hure.

Er hatte problemlos akzeptiert, daß sie von ihm Geld haben wollte, als sie nach Ko Samet mitfuhr, weil sie ja in der Zeit nicht arbeiten konnte. Daß sie aber mit viertausend Baht im Monat nicht auf ihn warten wollte, wo er doch nur zwei- oder dreimal im Jahr kam, ging ihm nicht ein. Also konnte es ihr nur ums Geld gehen, deshalb war sie für ihn nun eine Hure. Die Rückfahrt nach Pattaya fand sofort am nächsten Morgen statt, einen Tag früher, als es ursprünglich geplant war. Jürgen gab Noi noch das vereinbarte Geld, ansonsten war er beleidigt und verbittert und sprach kein Wort. Der Minibus brachte ihn zum Hotel, wo er wortlos ausstieg. Er kam auch später nicht mehr in das Restaurant, in dem Noi arbeitete. Noi war das recht, so gab es auch keine weiteren Probleme.

Die Zeit nach Songgrahn war ruhig. Da über Songgrahn eine Mitarbeiterin des Restaurants verlorengegangen war, wurde ihr die Arbeit allerdings oft etwas viel. Sie fing um neun Uhr morgens an und kam manchmal erst nach Mitternacht nachhause, so daß sie ihre Schwester Kitty kaum noch zu Gesicht bekam. Der Chef meinte, daß es jetzt nach dem Fest doch ohnehin ruhiger würde und daß es bald nicht mehr so viel Arbeit gab, aber letztlich versprach er, eine neue Mitarbeiterin zu suchen.

Acht Tage später bekam Noi einen Brief von Helmut. Er schrieb, er hätte seine Sachen in Deutschland erledigt. Er würde nun bald nach Thailand kommen und freut sich darauf, Noi wiederzusehen. Einfach im Brief zwischen einem Stück schwarzen Papiers waren eintausend Baht beigefügt. Noi freute sich über den Brief und das Geld, sah seiner Rückkehr aber mit recht gemischten Gefühlen entgegen. Er war zwar immer nett gewesen, aber er hatte sie gebeten, ihm zu helfen, ein Haus zu suchen und es einzurichten und er hatte ihr gesagt, daß er jemand sucht, der ihn versorgt.

Nun wußte Noi nicht recht, wie Helmut sich das vorstellte, sie hatte auch gar nicht daran gedacht, daß er wieder nach Thailand kommt und sich bei ihr melden könnte. Sie kannte ihn nur wenig. Sie hatte aber eine gute Arbeitsstelle, die ihr Spaß machte und bei der sie gut verdiente. Die wollte sie auf keinen Fall verlieren, denn was sollte sie machen, wenn Helmut sie nicht mehr wollte oder eine andere Frau suchte? Sie konnte sich mit ihm auch nur wenig unterhalten, sicher nicht den ganzen Tag lang und er war viel älter als sie, also kein besonders gut geeigneter Partner.

Inzwischen meldete sich Kitty. Sie hatte einen lustigen Typen kennengelernt, der noch jung war, aber ganz bestimmt viel Geld hatte. Er war meistens betrunken, spendierte viele Barrunden und warf das Geld mit vollen Händen hinaus. Er hatte sich ein großes Motorrad geliehen, fuhr aber nur sehr wenig, weil er meist betrunken war. Aber dabei war er immer lustig und spendabel und lachte sehr viel. Er war gerade erst gekommen, aber er hatte gesagt, er war früher schon einige Male in Thailand gewesen. Diesmal wollte er länger bleiben, er müßte nur ein paarmal wegen Geschäften verreisen. Er hatte Kitty einfach so mitgenommen, ohne irgend etwas zu fragen. Dann hatte er bis nach vier Uhr morgens an der Bar gesessen und anschließend Schwierigkeiten gehabt, die Hoteltür aufzubekommen.



Siebenter Teil

Nach der Mittagszeit war er aufgewacht und hatte angefangen, zu lachen. Das Mittagessen mit einigen Flaschen Bier hatte dann sehr lange gedauert. Darauf hatte er nur einmal kurz telefoniert und war wieder schlafen gegangen. Zwei Stunden später war er in die Bar gekommen und hatte ihr gesagt, sie braucht nicht in die Bar zu gehen, sie sollte bei ihm bleiben, er würde die Auslöse schon bezahlen, wenn er später in die Bar geht. Kitty war froh, weil er viel lachte, viel trank, viel schlief und viel Geld hatte. Da hätte sie wenig Arbeit und er könnte sie gut versorgen. Doch Noi meinte, es wäre nicht gut, wenn Männer nur trinken und schlafen, das wäre nicht gut, auch wenn sie viel Geld haben, da wären die Probleme schon vom Schicksal vorbestimmt. Kitty sollte besser zusehen, daß sie dabei ihr Geld verdient, aber sich keine große Hoffnung auf eine reiche Zukunft machen.

Doch Kitty war Feuer und Flamme. Er hatte gesagt, er würde sie auf eine Reise nach Japan mitnehmen, wofür er ihr viel Geld geben wollte. Es wäre nur für zwei Tage und sie brauchte nur leichtes Gepäck mitzunehmen. Aber das ging nicht, meinte sie traurig, weil er schon in drei Tagen fliegen mußte und Kitty konnten ihren Reisepaß nicht finden. Er hatte erst noch gefragt, ob sie denn eine andere Frau kennt, die einen Reisepaß hat und mit der Reise Geld verdienen will. Doch dann hatte er gesagt, das macht nichts, dann sollte sie im Hotel auf ihn warten.

Kitty kam jetzt öfter, wenn ihr Freund seinen Rausch ausschlief und war ganz begeistert. Darüber daß er ihr soviel Geld in die Hand drückte und darüber, daß er dauernd trank und schlief. Als er abgefahren war, kam sie schon am frühen Morgen und wollte mit Noi beraten, was sie sich alles von dem Geld kaufen sollte, was sie erwartete, wenn er wiederkam. Doch am zweiten Tag kamen einige Leute, zeigten ihr ein Bild und fragten, ob sie diesen Mann kennt, während eine Gruppe von Polizisten bereits mit einer Hausdurchsuchung begann. Kitty fragte, ob ihm etwas passiert war und mußte darauf erzählen, wo sie den Mann kennengelernt hatte, wie lange sie ihn kannte und was sie über ihn wußte. Da der Raum der beiden Schwestern ziemlich leer war, dauerte die Hausdurchsuchung nicht lange. Bevor Kitty zur Vernehmung zur Polizeistation mitgenommen wurde, hörte sie, daß man ihren Freund auf dem Flughafen bei der Routinekontrolle mit zweieinhalb Kilo Heroin festgenommen hatte.
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Noi machte sich Sorgen, als sie danach zur Arbeit ging, doch Kitty kam schon nach vier Stunden wieder. Sie hatte nur ihre Aussage machen müssen und die Polizisten glaubten ihr, daß sie nichts gewußt hat. Noi war wenig erschüttert und meinte, das sei alles vom Schicksal vorherbestimmt. Auch bei Männern, die viel Geld ausgeben, viel trinken und schlafen, ohne arbeiten zu gehen, sei das Schicksal vorbestimmt. Sie sagte Kitty, sie sollte besser etwas schlafen, bevor sie wieder arbeiten geht, doch Kitty meinte, sie sei so enttäuscht, daß sie jetzt sicher nicht schlafen kann. Kitty ging in die Bar, wo sie viel zu erzählen hatte, denn die Polizei war schon da gewesen und hatte nach ihr und nach ihrer Anschrift gefragt.

Sie hatten bei der Vernehmung von Kitty’s Freund gehört, daß er ein Mädchen aus dieser Bar gekannt hatte. Kitty haderte mit der ganzen Welt. Wo der Mann doch so viel spendiert hat und wo sie sicher noch viel Geld von ihm bekommen hätte, da durfte man ihn doch nicht einfach festnehmen. Als die Mädchen fragten, was sie jetzt machen würde, meinte sie allerdings, daß sie gar nichts machen kann, denn sie weiß noch nicht einmal, wo er ist, sie kann nicht einmal schreiben und außerdem hatte sie ihn ja erst drei Tage gekannt. Als ein Mädchen meinte, sie könnte ihn aber doch wenigstens einmal mit ein paar Schachteln Zigaretten und etwas Essen besuchen, meinte sie treuherzig, daß er das jetzt gar nicht bezahlen kann, wenn er hinter Gittern sitzt.

Noi dachte während der nächsten Tage noch öfter an Kitty und ihren Freund und daran, wie das Leben vorbestimmt ist, doch ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als auf einmal Helmut ins Restaurant kam. Jetzt hätte sie nur zu gerne gewußt, wie ihr Leben vorbestimmt ist, damit sie sich danach richten konnte. Helmut hatte einige Geschenke mitgebracht, darunter auch eine Flasche Whisky für den Inhaber, den er bei guter Laune halten wollte. Das Lokal war zwar leer, Werner erzählte aber nur etwas von Deutschland und fragte später, ob er sie zum Abend zum Essen einladen kann. Noi brauchte jetzt Zeit und verschob das Treffen auf den nächsten Tag, weil ihre kleine Schwester Probleme habe. In Wirklichkeit wollte sie beim Inhaber, der bei dem Gespräch dabei saß, nicht den Eindruck erwecken, daß sie mit Helmut ins Hotel gehen würde und dann brauchte sie auch Zeit zum Überlegen. Helmut war einverstanden und meinte, das wäre sogar noch besser, weil er gerade erst angekommen und ziemlich müde ist. So konnte er sich vor dem Treffen noch ausschlafen und akklimatisieren.

Das Treffen wurde schwierig, weil Helmut nicht richtig sagen konnte, was er wollte. Aber schließlich faßte er sich ein Herz und erklärte, daß er nicht eine Frau fürs Bett sucht, sondern eine Frau, die ihn versorgt und den Haushalt macht und er hätte doch schon mit ihr gesprochen… Noi druckste etwas herum, erklärte dann aber doch, daß sie sich bestimmt nicht wohl fühlen, wenn sie den ganzen Tag lang zusammen sind, denn sie könnten nur wenig miteinander sprechen und das würde bestimmt bald sehr langweilig. Außerdem wollte sie ihre Arbeit nicht verlieren, weil sie ihr Spaß macht und etwas Sicherheit gibt, während sie Helmut doch kaum kennt. Helmut lachte und meinte, daß sie ja nicht den ganzen Tag neben ihm stehen soll, sie sollte nur den Haushalt etwas versorgen und das könnte sie doch bestimmt neben ihrer Arbeit. Noi sagte daraufhin, wie lange sie arbeitet, fügte aber hinzu, der Chef habe ihr schon versprochen, daß er eine Hilfe sucht und ihre Arbeitszeit kürzer wird. So einigten sich die Beiden bald darauf, sich mit ihrem Chef zusammenzusetzen und die Angelegenheit einschließlich ihrer Arbeitszeit mit ihm gemeinsam zu besprechen.

Das Gespräch erfolgte drei Tage später. Der Chef war erst etwas verwirrt und glaubte, Noi wollte heiraten. Aber Noi erklärte, daß sie nur im Haus von Werner leben und den Haushalt führen will, weil Werner alleine ist. Nun verstand der Chef sofort, denn es ist in Thailand selbstverständlich, daß eine Frau im Haus sein muß, um zu putzen, zu kochen und die Wäsche zu waschen. Und er verstand auch sofort, daß Noi umsonst wohnen konnte und zusätzlich noch Geld verdient. Was sie sonst noch machte, wußte er zwar nicht, meinte aber, das ginge ihn schließlich nichts an.

Als Noi vorschlug, sie könnte ja noch etwas warten, bis er eine neue Kraft gefunden hat und dann von morgens um neun bis fünf Uhr nachmittags arbeiten, während die neue Kraft dann mit der Arbeit beginnt, war der Chef entsetzt. Am Tage war es meist ruhig und die wichtigste Zeit für das Restaurant beginnt am Abend, sagte er und es läßt sich nicht so schnell eine Köchin finden, die sich mit der Thailändischen und der Europäischen Küche auskennt. Außerdem sei sie auch schon vei vielen Kunden bekannt, die mit ihr sehr zufrieden seien. Er fragte, ob sie denn nicht von fünf Uhr nachmittags bis Mitternacht kommen könnte.

Helmut meinte sofort, ihm wäre das viel lieber. Dann hätte er Frühstück und Mittagessen und am Abend könnte er ohnehin ausgehen. Der Tag sei zum Waschen und Saubermachen auch viel besser und die langweiligste Zeit am Tage. Abends könnte er fernsehen, spazierengehen, Essen gehen oder sich die Zeit in einer Bar vertreiben. So war man sich einig und der Chef suchte eine weitere Kraft für den Tagesbetrieb, die Noi erst noch anlernen mußte. Das alles dauerte noch über zwei Monate, aber Helmut war es egal, denn er hatte Zeit und er hatte sich auch darauf eingestellt. Er hatte sich in ein möbliertes Apartment eingemietet, wo man auch die Zimmerreinigung und die Wäsche übernahm und suchte inzwischen ein passendes Haus.

Helmut merkte bald, daß es genug Häuser gab. Nicht nur, weil man zu viele gebaut hatte, sondern auch deshalb, weil viele Ausländer Thailand verlassen wollten, die irgendwann einmal enthusiastisch verliebt gewesen waren oder im Glauben, hier schnell reich zu werden, eines gekauft hatten, das sie nun wieder los werden wollten. So wartete Helmut auf eine günstige Gelegenheit, die er nach einigen Wochen fand. Er übernahm ein Haus mit Möbeln und zahlte in bar. Er ließ das Haus bei einem Anwalt auf den Namen von Noi schreiben, ließ sie aber einen Kreditvertrag im Werte des Hauses unterschreiben, mit dem er ein volles Wohnrecht hatte, solange der Kredit nicht zurückbezahlt ist. So konnte sie ihn im Falle eines Streites nicht vor die Tür setzen. Er ließ den Kredit allerdings nicht als Hypothek ins Grundbuch eintragen, was auch möglich gewesen wäre, sondern verwahrte den Kreditvertrag selbst, was ihm sicher genug schien.

Das Haus war in gutem Zustand und es war zum Einzug nicht viel Arbeit zu verrichten. Einige Räume wurden neu angestrichen und einige zusätzliche Möbel wurden gekauft. Es war fast alles vorhanden, was der vorige Besitzer nicht ins Ausland nach Übersee mitnehmen wollte. Das Haus war geräumig und Noi hatte einen eigenen, großen Schlafraum. Sofort erklärte sie Helmut, daß sie immer mit ihrer Schwester zusammengelebt hat und ob es ihm etwas ausmacht, wenn ihre Schwester bei ihr schläft. Helmut war zwar zuerst nicht begeistert, aber dann fiel ihm ein, daß er vielleicht etwas vergessen hatte und sagte, daß er damit einverstanden ist, daß er aber nicht möchte, daß irgendwelche Männer ins Haus kommen. Noi redete lange mit Kitty, machte ihr klar, daß Helmut nicht der Farang sei, der gekommen ist, um sie zu versorgen und ließ sie bei sich einziehen.

Kitty störte nicht weiter. Sie kam nachts aus der Bar und liebte es, lange zu schlafen. So stand sie meist gegen Mittag auf, aß gemütlich und machte sich dann sogar noch etwas nützlich, indem sie Wäsche wusch oder etwas putzte. Sie ging dann nach den ersten Tagen sehr früh in die Bar, weil es ihr zu langweilig war. Ihre Unterhaltung mit Helmut fand bei diesem nur wenig Resonanz und endete bald in einem längeren Schweigen. Dazu trug auch Nois Hinweis bei, daß Kitty Helmut keine Fragen stellen sollte. Es wäre nicht Kitty’s Angelegenheit, ihn zu fragen, mit wem er ins Bett geht, wieviele Frauen er gehabt hat, wieviel Geld er besitzt und warum er nicht zu ihr an die Bar kommt, ihr einen Ladydrink spendiert und sie auslöst. So führte Kitty ein weitgehend separates Leben und es herrschte Ruhe.

Nach einem Monat schickte Helmut Noi in eine Englisch-Schule, die er bezahlte. Er sagte, wenn Noi Englisch lernt, könnten sie sich besser unterhalten und es wäre für Noi wichtig, Englisch sprechen zu können. Er würde den Kursus aber nur solange bezahlen, wie er sieht, daß sie jeden Tag wenigstens eine Stunde an ihren Büchern sitzt und lernt. Helmut stand gegen neun Uhr auf, kurz nachdem Noi aufgestanden war und das Frühstück bereitet hatte, das sie nach seiner Aufforderung zusammen aßen. Noi saß dabei nach thailändischer Sitte im Schlafrock und verzog sich nach dem Frühstück, um zu putzen oder Wäsche zu waschen, während Helmut eine Zeitung oder ein Buch las. Nach dem Mittagessen legte er sich eine Stunde aufs Ohr, während Noi sich an ihre Englischbücher setzte und dann zu ihrem Kurs fuhr, von dem aus sie direkt zu ihrer Arbeit im Restaurant ging.

Das Leben verlief ruhig und problemlos, wenn auch nicht zu Kitty’s Begeisterung, der Noi verboten hatte, nach dem Mittagessen die Seifenopern im Fernsehen in voller Stärke zu genießen, weil Helmut schlafen wollte. Der konnte doch schlafen, wenn sie weg war, meinte Kitty, aber Noi wollte darüber nicht diskutieren und sie war die ältere Schwester, hatte also das Sagen. Noi hatte keine Probleme mit Langeweile, dafür sorgten die erforderliche Versorgung von Helmut, die Arbeit im Restaurant und der Englischkurs. Kitty sorgte vermittels ihrer Bekanntschaften selbst dafür, daß ihr nicht langweilig wurde. Es dauerte nicht lange, bis sie mit der Nachricht kam, sie hätte einen aufregenden Fang gemacht.

Helmut wollte für vier Tage nach Chieng Mai. Er wollte zwar Noi, die ihn bisher zu seiner vollsten Zufriedenheit versorgt hatte, am liebsten mitnehmen, doch das ging nicht, weil Noi ihre Arbeit im Restaurant nicht im Stich lassen konnte. So bat er Noi nur, auf das Haus aufzupassen und fügte hinzu, daß er nicht möchte, daß ihre Schwester Kitty, die sonst immer im Zimmer von Noi war, sich während dieser Zeit in seinem Zimmer zu schaffen macht. Kitty sah eine Gelegenheit, Geld zu verdienen und bot Helmut sofort an, mit ihm nach Chieng Mai zu fahren, doch der lehnte lachend ab und sagte, daß Kitty doch von ihrem Freund erzählt hat und er wolle nicht, daß der eifersüchtig wird und sie ihn vielleicht verliert.

Kitty aber hatte ihre verflossenen Bekanntschaften schon längst wieder vergessen. Sie hatte eine neue Bekanntschaft gemacht und war sich ganz sicher, daß das der Farang war, den sie suchte. Chris hieß er, war Amerikaner, um die 50 Jahre alt, hatte viel Geld und war geschieden. Er war vor dreißig Jahren schon einmal in Thailand gewesen und war jetzt gekommen, weil er die Frauen liebte und eine nach Amerika mitnehmen wollte. Das war genau das, was sie suchte, sagte sich Kitty. Schließlich war sie eine Frau und so war sie sicher, daß er nur ihretwegen gekommen war. Er hatte ihr gleich einige Ladydrinks angeboten und nicht um ihren Preis gefeilscht. Er zeigte sich ja auch allgemein recht spendabel, was deutlich darauf hinwies, daß er reich war. Nun mußte sie nur noch beweisen, daß sie eine geeignete und gleichwertige Partnerin war. Deshalb verhielt sie sich so, wie sie gehört hatte, daß es bei reichen Leuten allgemein üblich sei, die wegen ihres Kapitals als vornehm und nachahmenswert bezeichnet werden.



Achter Teil

Sicher würden sie später Dienstmädchen haben, deswegen wäre es unklug, jetzt die Arbeiten eines Dienstmädchens zu übernehmen. So rief sie unten in der Rezeption des Hotels an und ließ die Wäsche zum Waschen abholen, wobei sie natürlich gleich ihre eigenen Stücke dazulegte und sie rief auch an, wenn sie es für nötig hielt, daß einmal jemand aufräumte. Beim Essen bestellte sie mehrere Gänge für sich, um an jedem Teller nur einmal etwas zu nippen, denn sie hatte gehört, daß reiche Leute nie einen Teller leer essen, sondern nur von jeder Speise einmal kosten.

Wenn sie abends in der Bar waren, bestellte sie sich nur Chivas oder Cocktails und niemals etwas Billiges, damit er wußte, daß sie eine echte Dame war und nicht irgend ein billiges Mädchen. Wenn sie von ihm Geld für die Toilette verlangte, dann nahm sie auch nicht drei Baht, sondern verlangte zwanzig Baht, weil sie ja als vornehme Dame auch einen vernünftigen Tip geben mußte (den sie dann selbstverständlich in die eigene Tasche steckte). Sie kaufte sogar ein kurzes, durchsichtiges, weißes Kleid mit einem ganz tiefen Ausschnitt, wie sie es in den ausländischen Filmen bei abendlichen Empfängen gesehen hatte, damit Chris wußte, daß sie Kultur hat.

Zwei Tage später sprach sie mit Noi über ihren neuen Fang und fragte sie über Amerika. Chris hatte gesagt, er wollte eine Frau nach Amerika mitnehmen und für Kitty war ganz klar, daß es sich dabei nur um sie handeln konnte und begann schon, sich darauf vorzubereiten, mit Chris nach Amerika zu gehen. Sie wollte von Noi wissen, was Chris ihr zum Anziehen kaufen sollte und was sie sonst noch alles mitnehmen müßte. Noi schüttelte den Kopf. Ihr kam es seltsam vor, daß Chris Kitty nach einigen Tagen gleich nach Amerika mitnehmen wollte, doch Kitty ließ sich nicht von dem Gedanken abbringen. Sie erzählte, daß Chris ausdrücklich gesagt hat, er wollte sich eine Frau mitnehmen und schließlich hatte er an der Bar Kitty ausgesucht, also wollte er sie mitnehmen.

Dann erzählte sie, wie geschickt sie sich verhält, damit Chris sicher ist, eine große Dame gefunden zu haben, die er auch als Partnerin akzeptieren kann. Noi lachte und sagte, es wäre besser, wenn Kitty sich dieses Theater erspart. Sie meinte: „Wenn jemand Dich nicht so mag, wie Du bist, dann hat es gar keinen Sinn, wenn Du Dich verstellst. Du selbst wirst immer daran denken, daß er Dich so, wie Du bist, gar nicht mag, und er wird irgendwann darauf kommen, daß Du Dich nur verstellst und dann ist alles vorbei. Sei einfach so, wie Du bist, dann wird sich alles von selbst ergeben. Es ist alles vom Schicksal vorherbestimmt.“ Doch Kitty schüttelte nur ihren Kopf.

Noi hatte gut reden. Sie sollte so sein, wie sie ist; Kitty hätte nur allzugerne gewußt, wie sie denn eigentlich ist. Warum sollte sie nicht eine große Dame sein, wo ihr das doch wirklich großen Spaß machte. Sie hatte sich diese Zeit mit Chris sehr wohl gefühlt und er hatte sie doch auch gut bezahlt. Doch schon drei Tage später besuchte sie Noi wieder. Wutschnaubend und mit Tränen in den Augen. Chris hatte ihr gesagt, sie soll ihre Sachen nehmen und gehen. Und als sie das nicht wollte und mit ihm zu streiten begann, hat er sie einfach aus der Tür geschoben. Als sie dann voller Wut gegen die Tür hämmerte und mit den Füßen dagegen trat, kamen zwei Männer vom Hotel und haben sie auf die Straße gesetzt. Sie, die große Dame Kitty. Noi hörte sich den Wutausbruch ziemlich gleichmütig an. Sie machte Kitty einen Tee und erklärte, daß das nicht schlimm sei, weil alles vom Schicksal vorherbestimmt ist und daß es so vielleicht besser ist.

Kitty war da ganz anderer Meinung. Sie fühlte sich von Chris hintergangen. Schließlich hatte sie sich alle Mühe gegeben, eine große Dame zu sein, da konnte der Farang sie doch nicht einfach hinauswerfen und über-haupt, wie kam ein Farang dazu, sie in ihrem eigenen Land aus seinem Zimmer hinauszuwerfen. Kitty konnte sich kaum beruhigen. Sie kam auch nicht auf den Gedanken, daß Chris nie erwartet hatte, daß sie eine große Dame sein sollte. Er war hier früher einmal mit der amerikanischen Armee auf Urlaub gewesen und wollte sich nach seiner Scheidung eine Frau mitnehmen, die hübsch, praktisch und brauchbar war, aber doch keine überkandidelte große Dame.

Kitty hingegen gefiel sich in dieser Rolle sehr gut und beschloß, nun weiterhin eine große Dame zu bleiben. Sie würde sich doch nicht einfach von einem dahergelaufenen Farang ihren Lebensweg zerstören lassen. Sie verhielt sich in den nächsten Wochen noch größer und noch dämlicher als zuvor, was zur Folge hatte, daß niemand sie mehr mitnahm und daß sie auch Ärger mit ihren Kolleginnen bekam, die gar nicht akzeptieren wollten, daß Kitty eine große Dame geworden sei und nun den anderen Befehle erteilte, als wären sie ihre Hausmädchen. Nachdem sie mit den Gästen und den Kolleginnen Krach hatte, bekam sie auch noch Krach mit der Kassiererin, was zur Folge hatte, daß die Eigentümerin der Bar sie zur Rede stellte, woraufhin sie auch mit ihr in einen Streit geriet und nach einem kurzen Wortwechsel entlassen wurde.

Wieder einmal beklagte sich über ihr Schicksal. Sie sei schließlich besser, als die Anderen, sie hätte ja auch mehr Kunden gehabt und da hätte niemand ein Recht, sie hinauszuwerfen, denn schließlich sei sie ja ein Mensch, der sich richtig zu benehmen weiß, also ein wertvoller Mensch, den man nicht einfach hinauswerfen kann. Doch sie fand vor Noi keine Gnade. Die meinte trocken, wenn sie für den Betrieb wertvoll gewesen wäre, dann hätte man sie auch nicht hinausgeworfen. Kitty meinte dagegen, man würde sie nicht richtig verstehen und das könne nur daran liegen, daß sie eben eine große Dame ist und die Anderen gar nicht wüßten, was das ist. Noi schaute sie groß an und gab ihr daraufhin den Rat, eine eigene Bar aufzumachen. Kitti ging begeistert auf den Vorschlag ein und fragte Noi, ob sie ihr das Geld leiht. Doch Noi schüttelte mit dem Kopf und erklärte: „Wenn du keine Arbeit hast und du hast kein Geld, dann bist du auch keine große Dame, sondern ein armes Mädchen, das sich besser schnell eine Arbeitsstelle sucht.“ Noi gab ihr den Rat, am besten gleich loszuziehen und eine Bar zu suchen, in der sie arbeiten kann, aber Kitti meinte, sie würde sich heute erst einmal richtig ausschlafen und sie hätte da schon eine bessere Idee, wie sie an das Geld für eine Bar kommt.

Als Noi ihre Bücher nahm, um zu ihrem Englischkurs zu gehen, nach dem sie gleich weiter zu ihrer Arbeit im Restaurant gehen wollte, wartete Kitti noch etwas, stand auf, duschte sich, machte sich verführerisch schön und wandte sich an Helmut. Denn dem gehörte das Haus und er hatte auch Geld. Er sollte ihr das Geld leihen, um eine eigene Bar aufzumachen. Kitty knöpfte sich in einer letzten Entscheidung schnell noch einen weiteren Blusenknopf auf und setzte sich dekorativ vor Helmut, um ihn zu fragen, wie es ihm geht. Doch der reagierte verhalten, schaute hin und wieder auf, las dann aber weiter in seiner Zeitung. Kitty fand keinen rechten Anfang und platzte schließlich mit der Nachricht heraus: „Helmut, ich mache bald eine eigene Bar auf.“ Der nickte nur und meinte, daß das sicher schön für sie sei. Als Kitty meinte, daß sie aber kein Geld hat, blickte er auf und meinte, daß es dann aber sehr schwierig sei, eine Bar aufzumachen. Nun endlich fand Kitty den richtigen Faden. Sie gab ihm Recht und fragte, ob er ihr nicht etwas Geld leiht, weil er doch genug hat, was er gar nicht braucht, dann wäre es für sie viel einfacher, eine Bar aufzumachen.

Aber Helmut reagierte ganz anders, als sie es erwartet hatte, er fragte nicht, wieviel Geld sie braucht, sondern wollte wissen, wieviel sie schon hat. Verblüfft und betreten meinte Kitty, daß sie gar kein Geld hat und daß sie ihn ja deswegen fragt. Helmut legte die Zeitung beiseite und meinte: „Einem Menschen, der arbeiten geht und kein Geld hat, kann man kein Geld leihen, denn er kann damit nicht umgehen. Er gibt das Geld aus, das er hat, ohne es zu sparen oder damit zu arbeiten. Er wird geliehenes Geld verbrauchen, weil er seinen Wert gar nicht kennt. Er wird es nie zurückzahlen können.“ Es half kein Bitten und Betteln. Helmut sagte, er gibt kein Geld und dann griff er wieder zur Zeitung und las. Kitty stand auf und ging beleidigt ohne ein Wort.

Weder ihre Schwester Noi noch Helmut gaben ihr Geld. Und als sie Noi fragte, ob sie nicht mit ihr im Restaurant arbeiten kann, lehnte die ab. Sie erklärte, im Moment gäbe es wenig zu tun und der Inhaber wollte jetzt sicher niemand einstellen. Kitty müßte also in einer anderen Bar als ‘die Neue’ anfangen. Das bedeutete, sie müßte abräumen, Geschirr spülen, Abfalleimer wegtragen. Das wollte sie aber auf keinen Fall, wo sie doch jetzt eine große Dame war. Sie mußte sich da etwas ganz Anderes einfallen lassen, wobei sie richtiges Geld verdienen und gleichzeitig eine große Dame bleiben konnte. Schon am nächsten Tag ging Kitty durch Pattaya und hörte sich um. Sie wollte wissen, wo es eine nicht allzukleine Bar günstig zu kaufen gab.

Das ist auf der Höhe der Nebensaison nicht schwer, denn vielen Barinhabern geht dann das Geld aus und sie müssen möglichst schnell verkaufen. Manchmal handelt es sich auch um Bars, deren eigentliche Eigentümer Ausländer sind, die mit ihrem Partner Streit haben oder aus anderen Gründen Thailand schnell verlassen wollen. Kitty fand drei verschiedene Objekte, von denen ihr eines besonders gut geeignet schien. Es machte einen sehr guten Eindruck, nur die Lage war nicht so günstig. Kitty sprach mit den Inhabern der Bars und sagte, daß sie einen Farang an der Hand hat, der die Bar eventuell kaufen will. Sie fragte nach dem Preis und sie fragte, wie hoch denn ihre Kommission sei, wenn sie den Verkauf vermittelt. Sie war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Dann setzte sich Kitty an verschiedene Bars, bestellte einen Orangensaft und wartete auf Ausländer. Denen erzählte sie ihr großes Unglück: Sie hätte mit einem Partner eine Bar aufmachen wollen, nun habe sie aber gerade die Nachricht bekommen, der sei mit einem Motorrad tödlich verunglückt. Jetzt muß sie dringend einen neuen Partner suchen, weil sie alleine nicht genug Geld hat. Das Objekt wäre aber ein Notverkauf und sie würde nie wieder so günstig eine Bar bekommen.

Beim dritten Anlauf am vierten Tag klappte es. Sie fand einen Ausländer namens Jeff, der in Thailand etwas überflüssiges Geld anlegen wollte, was er in England nicht konnte. Sein Anteil sollte nur 300.000 Baht betragen. Man besprach, wie man die Bar einrichten und wie man zusammenarbeiten könnte und um Jeff zu zeigen, daß sie etwas von Partnerschaft verstand, ging sie auch mit ihm ins Hotel mit, um schon einmal die Zusammenarbeit zu beginnen. Sie verlangte auch kein Geld und zeigte sich ansonsten als große Dame. Man ging zusammen zu der Bar. Die Eigentümerin freute sich und grüßte besonders nett, da sie Kitty mit dem versprochenen Kunden sah und bestätigte, daß sie wegen persönlicher Probleme mit ihrem Mann und auch wegen ihrer Kinder die Bar dringend verkaufen wollte.

Jeff war einverstanden. Er meinte zwar, es seien sehr wenige Kunden da gewesen, aber die Bar sah gut aus. Kitty meinte, in der Hochsaison sei die Bar voll. Jeff bestand nun darauf, daß sie einen Vertrag bei einem Rechtsanwalt ausfertigen lassen und vergaß, daß er den Vertrag ja gar nicht lesen kann. Kitty sagte dem Rechtsanwalt, was er schreiben sollte und übersetzte Jeff den Vertrag, so gut sie es wollte. Jeff zahlte 200.000 Baht in bar, erhielt eine Quittung und versprach, die restlichen 100.000 Baht in fünf oder sechs Tagen aus England zu schicken, sobald er eben angekommen war. Die Überweisung würde dann vielleicht noch einmal drei oder vier Tage dauern, bis das Geld auf der Bank in Pattaya war

Nun mußte Kitty Zeit gewinnen. Sie ging mit der Eigentümerin der Bar zum Anwalt und machte einen Vertrag. Sie zahlte die 200.000 Baht von Jeff, sagte, der Rest des Kaufpreises käme in zwei Wochen, weil es erst aus dem Ausland geschickt wird, was die Verkäuferin akzeptierte. Sie akzeptierte auch, daß die Bar auf den Namen von Kitty geschrieben wurde, weil Kitty ihr das Geld gab und Ausländer ohnehin keine Lizenz bekommen. Kitty hatte nun einen Teilhaber für ihre Bar gefunden, der schon 200.000 Baht gezahlt hatte und die restlichen 100.000 Baht kamen tatsächlich eine Woche später an. Sie hatte mit ihrem Teilhaber Jeff noch die restlichen zwei Tage seines Urlaubs zusammen verbracht, da er aber Teilhaber war, wagte sie nicht, ihm dafür Geld abzunehmen.

Nun hatte sie einen Teilhaber, aber keine Bar und kein Geld. Sie mußte nun noch einen weiteren Teilhaber suchen. So ging sie wieder als Gast in mehrere Bars und erzählte die Geschichte vom spottbilligen Notverkauf einer Bar und von dem tödlichen Motorradunfall ihres Partners. Und wieder fand sie einen Farang, einen Dänen namens Nils, der sich später einmal in Pattaya niederlassen wollte und meinte, es wäre doch günstig, wenn er dann schon einmal eine Bar in Pattaya hat. Da es schon nach Mitternacht war und Nils schon ein Mädchen ausgelöst hatte, verabredete man sich für den nächsten Abend, um die zu verkaufende Bar zu sehen. Kitty sagte dem Mädchen, es solle dafür sorgen, daß Nils wirklich zur Bar kommt, sie würde ihr das gut bezahlen, sobald sie mit ihm an de Bar war.

Kitty hatte gelernt. Sie sprach mit einem Farang, den sie kannte und von dem sie wußte, daß er nie Geld hatte. Er saß an einer Bar vor einer leeren Bierflasche. Sie spendierte eine neue und erzählte ihm etwas von Nils, der eine Party haben wollte und auch bezahlte, aber er wollte nicht so in Erscheinung treten. Deshalb bekäme er jetzt 1.000 Baht und er müßte nur zu der Party gehen und sagen, daß er Geburtstag hat und daß das seine Party ist. Er könnte dort frei trinken, es gäbe freies Buffet und es wäre auch schon alles bezahlt. Gleich anschließend fuhr sie noch zu ‘ihrer’ Bar und sprach mit der Eigentümerin. Sie sagte ihr, das restliche Geld würde wie versprochen in einer Woche kommen. Aber am nächsten Tag würde ein Freund von Jeff kommen, der wollte sich dabei auch die Bar ansehen. Und ein anderer Farang wollte Geburtstag feiern.

Sie gab 5.000 Baht für eine Party mit Buffet und fuhr nachhause. Nils kam tatsächlich am nächsten Tag, was wohl hauptsächlich auf die Aktivität seiner Freundin zurückzuführen war, der Kitty Geld versprochen hatte. Auch der Farang, der seinen ‘Geburtstag’ feierte, erschien und die Bar war mit Luftballons geschmückt. In Pattaya kommen viele Gäste zu einer Bar, die mit Luftballons geschmückt ist, weil es dort meistens etwas umsonst gibt. Manche fahren sogar nachmittags durch die Straßen, um Bars mit Ballons auszukundschaften, die sogenannten ‘Ballonfahrer’. So war die Bar um neun Uhr abends tatsächlich voll. Kitty ging zu dem ‘Geburtstagskind’, nahm seinen Becher mit den Rechnungen, stellte ihn hinter die Theke und bedeutete der Eigentümerin, daß sie die Rechnungen bezahlen wird. Dann bestellte sie eine Lokalrunde und steckte die Rechnung in ihren Becher.



Neuter Teil

Die Kundschaft war begeistert und da auch Nils sich nicht lumpen ließ und bald auch eine und noch eine Lokalrunde bestellte, blieben die Gäste noch lange Zeit auf ihren Sitzen, in der Hoffnung auf weitere Lokalrunden. Gegen Mitternacht war Nils überzeugt, daß er als Teilhaber dieser Bar ein gutes Schnäppchen machte. Er hatte mit der Eigentümerin gesprochen, die den Verkauf bestätigte und ihm die gleiche Geschichte erzählte, wie zuvor Jeff, da sie Nils für seinen Freund hielt. Nils meinte zwar, daß er noch nicht wisse, wie die Bar läuft, wenn keine Party stattfindet, aber er war bereit, einzusteigen. Man verabredete sich für den nächsten Tag beim Rechtsanwalt und machte wieder einen Vertrag. Nils Freundin kam auch mit und erhielt von Kitty für ihre treuen Dienste eintausend Baht und die Zusicherung, eine gute Stelle zu bekommen. Damit war sichergestellt, daß sie bei dem Vertrag nicht im Wege war.

Kitty hatte mehr Glück, als sie erwartet hatte. Nils unterzeichnete den Vertrag, den er nicht lesen konnte und zahlte 350.000 Baht in bar für seinen Anteil an der Bar. Anschließend ging man zusammen essen, was Nils als neuer Teilhaber bezahlte. Dann traf Kitty sich mit der Eigentümerin des Lokals und ging mit ihr zum Anwalt, wo sie die Restsumme bezahlte und die Papiere ausgehändigt bekam.

Die Eigentümerin war zufrieden. Sie hatte schon seit einem halben Jahr versucht, die Bar zu verkaufen und nicht mehr damit gerechnet, ihren Verkaufspreis von 400.000 Baht auf einmal und in bar zu erhalten. Damit war sie zufrieden, obwohl Kitty ihren Preis noch heruntergehandelt hatte. Da sie an der Bar nichts verdiente, war sie auch einverstanden, daß Kitty die Bar sofort übernahm, statt in sechs Wochen, wie ursprünglich vereinbar war. Nun hatte Kitty ihre eigene Bar und sie hatte 350.000 Baht verdient, abzüglich der Kosten, die sie gehabt hatte. Allerdings hatte sie zwei Teilhaber, von denen jeder 50 Prozent Anteile besaß. Sie mußte ihren Teilhabern jetzt also klare Abrechnungen vorlegen.

Deshalb kaufte sie eine Stereoanlage und einen Fernseher mit einem Bildschirm von 24 Zoll und einem Videogerät. Sie hatte lange suchen müssen, bis sie diese Geräte gebraucht zu einem günstigen Preis bekam. Aber es war nicht schwer, Rechnungen mit einem Neupreis zu besorgen. Die Getränke hatte sie zwar übernommen, aber das stand ja nicht im Vertrag und so besorgte sie sich auch verschiedene Rechnungen für die Getränke. Damit hatte sie zwar wieder etwas Geld verdient, denn ihre zwei Teilhaber würden je 50 Prozent der Kosten übernehmen müssen, aber sie hatte immer noch keine Anteile an ihrer Bar.

Nun gab es nur eine Lösung, sie mußte einen Teilhaber suchen. Das ging an ihrer Bar nicht sehr gut, weil dort nicht so viele Gäste kamen. Also ging sie wieder an andere Bars und suchte einen Teilhaber. Diesmal erzählte sie, daß sie die Bar mit einem Farang zusammen gehabt habe, aber der sei immer betrunken gewesen und mit anderen Frauen gegangen und schließlich habe es Streit gegeben und er sei mit seinem Anteil wieder ins Ausland gegangen. Aber er habe viele Schulden hinterlassen, die sie jetzt bezahlen muß, deshalb habe sie große Sorgen und suche dringend einen neuen Teilhaber für ihre Bar. Es dauerte etwas, bis sie Ehrhardt fand, einen Geschäftsmann in den vierziger Jahren.

Er war gerade frisch angekommen und war schon einmal in Thailand gewesen. Er spielte mit dem Gedanken, öfter zu kommen und hatte auch schon überlegt, ob er hier nicht etwas von seinem Schwarzgeld anlegen soll, weil er auch daran dachte, vielleicht später einmal nach Thailand überzusiedeln. Auf jeden Fall verstand er, daß Kitty von ihrem bösen Farang allein gelassen worden war und bei ihm dringend Trost suchte, weshalb sie nach einem Besuch in ihrer Bar, wo sie ja nach dem Rechten sehen mußte, zusammen in sein Hotel gingen, wo sie unter anderem auch über die Partnerschaft sprachen.

Kitty war sehr umsichtig geworden. Sie hatte verstanden, daß nicht allzuviele Farang in der Umgebung waren, daß aber aus einigen Hotels hin und wieder schon einmal einige in ihre Bar kamen. Sie unterhielt sich mit ihnen, hatte einige neue Mädchen geholt und gab den Farang, die in der Nähe lebten, 50 Prozent auf ihre Rechnung und außerdem auch schon einmal ein Glas auf Kosten des Hauses. Dazu hatte sie Videokassetten mit Zeichentrickfilmen, mit Charly Chaplin und Ähnliches bekommen, die man auch laufen lassen konnte, wenn Musik lief. So verdiente sie zwar im Moment nicht viel, aber sie hatte viele Gäste.

Ehrhardt war Geschäftsmann, aber er sah nicht, was Kitty verdiente, er sah nur, daß Gäste da waren und daß die Preise gut waren. Er konnte ja nicht ahnen, daß viele von ihnen nur die Hälfte zu bezahlen brauchten. Ehrhardt war ein sehr vorsichtiger Mensch, was sicher daher rührte, daß er schon einmal geschieden war. Er wollte die Papiere sehen, nach denen die Bar tatsächlich Kitty allein gehörte und er wollte auf jeden Fall einen Vertrag, den er auch lesen kann, also zumindest auf Englisch. Kitty fand es sehr klug, daß er so vorsichtig war und sie war ja so glücklich, daß er ihr helfen wollte und sie zeigte ihm dieses Glück auch an jedem Abend und in jeder Nacht aufs Neue; sie ließ ihn nicht nur gratis trinken.

Ehrhardt unterzeichnete die Verträge in Thai und in Englisch und wußte nicht, daß in diesem Falle die Verträge in Thai gültig sind, aber er war immerhin mit einem ordnungsgemäßen Vertrag zu 50 Prozent Teilhaber an Kitty’s Bar. Er wußte auch nicht, daß der Vertrag damit rechtswidrig war, weil ein Ausländer keine fünfzig Prozent an einem Betrieb und sicher nicht an einer Bar haben kann. Aber er war froh und zahlte 450.000 Baht per Scheck. Außerdem versprach er Kitty, daß er allein ihretwegen seinen Urlaub noch um zwei Wochen verlängern würde. Es war alles sehr nervenaufreibend. Es hatte auch öfter Schwierigkeiten gegeben mit jenen Farang, die sie zur Bar gebracht hatte, die aber nur gelacht hatten und den Preis für überhöht hielten. Aber Kitty sah das mehr als Zufall oder Geschäftstaktik an, denn die anderen Farang hatten den Preis ja bezahlt.

Inzwischen gab es neue Probleme. Jeff hatte sich gemeldet. Er hatte zwar noch seinen Anteil für Fernsehen, Video, Stereo und Getränke bezahlt, aber auf die nächste Aufforderung, seinen Anteil zu zahlen, weil die Bar Verluste machte, reagierte er sauer, weil er mit Gewinnen rechnete und nicht damit, nun laufend für die Bar zu bezahlen. Für Kitty war das nicht weiter problematisch, denn Jeff hatte ihr gesagt, daß er erst im nächsten Jahr wieder kommen kann. So schrieb sie ihm, daß die Bar im Moment keinen Gewinn erzielt, weil unvorhergesehene Straßenbauarbeiten durchgeführt werden und kein Mensch zur Bar kommen kann. Sie wüßte nicht, wie lange diese Arbeiten noch dauern und glaube nicht, daß in Kürze Gewinne zu erzielen sind. Sie hätte auch persönlich sehr hohe Ausgaben gehabt und glaubte, daß sie die Bar aufgeben muß, um weitere Verluste zu vermeiden.

Sie schlug vor, die Bar an einen Interessenten zu verkaufen, der sie nach Beendigung der Straßenbauarbeiten neu eröffnen wollte. So könnte sie für Jeff 220.000 Baht beim Anwalt hinterlegen oder auf ein Bankkonto überweisen, bevor sie noch weitere Verluste hätten. Wenn Jeff kein Geld schickt, könnte sie die Bar auch nicht mehr lange betreiben, wie er ja aus der Abrechnung sehen kann und dann müßte sie die Bar ohnehin schließen und sie würden alles verlieren. Nur eine Woche später meldete sich Jeff, der nach längerer Überlegung froh war, überhaupt noch etwas herauszubekommen. Er hatte knapp 140.000 Baht verloren, aber immerhin noch 220.000 Baht gerettet und war damit einverstanden. Der Anwalt sollte das Geld auf ein Fremdkonto überweisen, oder er würde das Geld im nächsten Jahr vom Anwalt abholen, falls Kitty umzieht.

Eigentlich hatte sie gar nicht gelogen, sagte sich Kitty, denn die Bar brachte ja wirklich kaum Gewinn, zumindest dann nicht, wenn sie sich ein gutes Gehalt dafür erteilte, daß sie die Bar leitete, während die Teilhaber nichts dazutaten, sondern im Ausland waren. Es ist nun einmal so, daß die wenigsten Bars in Pattaya wirklich gute Verdienste bringen, es sei denn, man verkauft sie. Dies brachte Kitty auf ganz neue Gedanken. Die konnte sie vorläufig aber noch nicht durchführen, denn nach wenigen Wochen kam Jens, den es verwunderte, daß die Bar keinen Gewinn brachte. Jens kam ohne Ankündigung, aber es war gut, daß Jens mit einem Mietwagen kam und durch die Bauarbeiten nahe der Hauptstraße tatsächlich nicht mit dem Auto durchkam.

Er konnte ja nicht wissen, daß die Touristen hier sowieso nur zu Fuß kamen und völlig unbehindert waren. Aber er sah, daß wirklich kein Betrieb in der Bar war. Er schob das dann auch darauf, daß die Bauarbeiten die Zufahrt behindern und daß die Bar für Fußgänger zu abgelegen war. Nach einer Woche Leere und ohne einen Fortschritt der Bauarbeiten, war er auf eindringliches Klagen seitens Kitty’s einverstanden, daß die Bar verkauft wird, damit sie nicht noch mehr Verluste erleiden und fuhr ohne Einnahmen, aber auch ohne Mißtrauen wieder ab.

Nun brauchte Kitty nur noch einen Käufer für die Bar. Das dauerte zwar etwas, aber mit Annäherung der Saison stiegen die Chancen. Nach langen Mühen fand Kitty wieder einen ernsthaften Interessenten. Es war gut, daß der Mann zumindest ebenso an Kitty interessiert war, wie an einer Bar. Er wollte sich in Thailand niederlassen und mußte eigentlich kein Geld verdienen, sagte er, aber um etwas zu tun zu haben, etwas Gesellschaft und die nötige Unterhaltung zu haben, beim Trinken nicht so viel auszugeben, sondern noch etwas zu verdienen, wäre eine Bar gerade das Richtige für ihn, zumal er schon seit fast dreißig Jahren in Bars ständig verkehrt und sich dort folglich bestens auskennt.

Als Kitty ihm den Vertrag zeigte, den sie mit Ehrhardt gemacht hatte und daß dieser 450.000 Baht bezahlt hatte, als sie ihm sagte, daß ihre Mutter gestorben sei und sie deshalb dringend nachhause müßte, um sich um die Familie zu kümmern und nur deshalb so billig verkauft, ihm auch die Dokumente zeigte, nach denen ihr die Bar alleine gehörte und versprach, daß sie Ehrhardt selbstverständlich das geliehene Geld für den Anteil von 50 Prozent zurückzahlen wird, war der Käufer einverstanden. Er bekam die ganze Bar zu einem Spottpreis von 700.000 Baht, die einen Monat später eintrafen. Der Vertrag wurde vor dem Anwalt in Englisch abgeschlossen. Zum Ersten des folgenden Monats übernahm er die Bar, war zwar etwas verblüfft, als er sah, daß Fernsehen, Video, Stereo, Geschirr und Getränke ausgeräumt waren, mußte aber bei Betrachtung des Vertrages zugeben, daß es sich nur um die ‘feste Einrichtung’ handelte und gab sich zufrieden. Kitty konnte diese Sachen nicht da lassen, denn nun konnte sie sich eine günstige Bar in einer guten Laufgegend suchen und dafür brauchte sie dringend eine gute Einrichtung und Getränke.

Noi war wegen der stürmischen Entwicklung des Geschäftslebens ihrer Schwester Kitty sehr beunruhigt. Sie wunderte sich, wie es Kitty so schnell gelungen war, mehrere Partner für eine Bar zu finden, die ihr gar nicht gehörte. Sie verstand zwar, daß Kitty den alten Teilhabern ihr Geld, abzüglich der Verluste, die die Bar machte, zurückzahlte, fühlte sich dabei aber äußerst unwohl, denn es war auf keinen Fall eine ehrliche Angelegenheit, auch wenn die Opfer juristisch kaum etwas gegen Kitty unternehmen konnten. Nachdem Kitty nun diese Bar verkauft hatte und eine neue suchte, mit der sie richtiges Geld verdienen wollte, drängte Noi darauf, daß Kitty den letzten Teilhaber, den Ehrhardt, schnell auszahlte. Sie meinte, daß sie die Bar ja gar nicht ohne Ehrhardts Einwilligung verkaufen durfte, daß sie ihm jetzt also wenigstens sein Geld zurückzahlen muß, wenn sie nicht in ernsthafte Probleme geraten will. Außerdem müßte sie sich in Acht nehmen, denn es wäre bekanntlich alles vom Schicksal vorbestimmt und schlechte Taten würden vom Schicksal irgendwann einmal gerächt.

Kitty lachte, erklärte sich aber einverstanden und schrieb einen Brief an Ehrhardt, den sie übersetzen ließ. Aufgrund der Warnung von Noi und weil Ehrhardt eigentlich immer nett zu ihr gewesen war, zog sie ihm nur zehn Prozent seiner Zahlung wegen der Verluste der Bar ab und ließ einen Verrechnungsscheck auf seinen Namen ausstellen, den sie ihm zuschickte. Da Kitty ihre Bar verkauft und damit auch keine Wohnung mehr hatte, mußte sie wohl oder übel auf Nois Wünsche etwas Rücksicht nehmen, denn nun mußte sie wieder bei Noi einziehen, die im Haus von Helmut, den sie als Haushälterin versorgte, immer noch ihr eigenes Zimmer hatte.

Kitty wollte sich nun bald auf die Suche nach einer geeigneten Bar in guter Lauflage machen. Sie hatte auch schon mit den Mädchen in ihrer alten Bar gesprochen, die ihr zugesichert hatten, dann zu ihr zu kommen, wenn sie die neue Bar eröffnet. Kitty wollte wieder eine Bar suchen, wo sie zumindest dichtbei auch ein Zimmer für sich hatte, damit sie von ihrer älteren Schwester Noi unabhängig ist.

Noi wurde sehr verschlossen und zurückhaltend, nachdem die Polizei eines Tages mit einer blonden, knapp fünfzig Jahre alten und sehr kräftig gebauten Frau ankam. Die behauptete, daß ihr Mann namens Burghardt kurz vor ihrer Scheidung von ihm bei Kitty noch eine Bar und ein Apartment gekauft hatte. Doch Kitty sagte, sie habe nie ein Apartment besessen und konnte also auch keines verkaufen. Außerdem konnte sie nachweisen, daß sie die Bar an einen ganz anderen Mann namens Ehrhardt verkauft hatte, der auch einen ganz anderen Nachnamen hatte.

Die Frau schwor zwar, das wäre die Bar von Kitty gewesen, bei deren Nachfolger sie auch die Anschrift von Kitty bekommen hatte. Da aber die Verträge auf einen anderen Namen ausgestellt waren und die Frau auch keine Verträge vorlegen konnte, war die Angelegenheit für die Polizei und für Kitty erledigt. Nur Noi machte sich Gedanken und meinte, das wäre ein warnender Fingerzeig des Schicksals, den man nicht übersehen darf.



Zehnter Teil und Schluß

Noi war ohnehin in diesen Tagen etwas bedrückt, denn in dem kleinen Restaurant gab es Probleme. Der Inhaber hatte große Verluste und Noi hatte Grund zur Annahme, daß der Eigentümer viel Geld verspielt hatte. Das wäre eigentlich nicht ihre Sache und hätte sie auch weniger interessiert, wenn die Situation nicht so eskaliert wäre. Der Eigentümer hatte nicht mehr genug Geld, um Waren einzukaufen und natürlich auch kein Geld für ihren Lohn, den sie nun schon seit zwei Monaten nicht mehr bekommen hatte. Das Schlimmste war aber, daß die Gäste wegblieben, weil der größte Teil der auf der Speisekarte stehenden Speisen nicht mehr bereitet werden konnte. Sie waren vielleicht einmal mit einem anderen Speisevorschlag einverstanden, aber nach dem zweiten Mal blieben sie weg, spätestens dann, wenn sie auch die gewünschten Beilagen nicht erhalten konnten. Das erzählte sie auch Helmut, als er sie einmal fragte, warum sie in der letzten Zeit so niedergeschlagen war.

Es dauerte nicht lange, bis der Eigentümer des Restaurants sie damit überraschte, daß er ihr den rückständigen Lohn auszahlte. Dann erklärte er, die Finanzen seien wieder geregelt und er wollte jetzt das Restaurant renovieren, weshalb Noi eine Woche Urlaub hat. Anschließend ginge es dann wieder weiter, wie vorher. Noi war froh und erzählte Helmut strahlend, daß alles geregelt ist und daß sie eine Woche Urlaub hat. Helmut fand das sehr gut und fragte gleich, ob sie dann vielleicht bereit wäre, mit ihm fünf oder sechs Tage Thailand zu bereisen.

Er wollte schon seit langer Zeit einmal in den Norden des Landes fahren, er hatte nur keine Lust gehabt, alleine zu fahren. Noi war einverstanden, denn sie hatte bisher mit Helmut nie Probleme gehabt und er hatte sich immer sehr anständig und großzügig verhalten. Noi übernahm die Aufgabe, die Reise zu planen und vorzubereiten. Sie informierte sich, sprach mit Helmut, legte ihm die geplante Route vor und buchte nach seinen Änderungswünschen die Fahrkarten und die Hotels. Es waren nicht viele Änderungen, die Helmut vorschlug. Er wollte nur zusätzlich auch nach Mae Hong Son und etwas bessere Hotels als jene, die Noi vorgeschlagen hatte. Nur einen Tag später fuhren sie los und ließen Kitty für diese Zeit alleine im Haus.

Kitty war es deshalb zuhause langweilig und sie suchte nun eine Bar in guter Lauflage zu einem guten Preis. Als Noi und Helmut zurückkamen, erzählte sie, daß sie am Vortag einen dummen Farang aus Australien getroffen hatte, der eine gute Bar spottbillig abgeben will, eine gute Bar für nur 400.000 Baht Übernahme, komplett mit aller Einrichtung und ohne Schlüsselgeld und weitere Kosten. Noi hielt das Angebot für unrealistisch, aber Kitty erklärte, daß der Farang Thailand dringend verlassen muß. Auf Nois Frage erklärte sie, daß sie auch die Eigentumsurkunde gesehen hatte. Zwar konnte sie nicht lesen, aber sie hatte seinen Namen und die Verkaufssumme gesehen und auf dem Papier war ein echter Anwaltsstempel. Kitty war nicht mehr zu halten. Nachdem sie sich noch einmal den Betrieb der Bar angesehen hatte, ging sie drei Tage später mit dem Verkäufer zu einem Anwalt, zahlte dreihunderttausend Baht Anzahlung, Rest zahlbar in zwei Monaten und bekam eine Quittung, einen Kaufvertrag und den Vertrag, den der Farang ihr zuvor gezeigt hatte. Er meinte, er brauche ihn nicht mehr, weil er nicht mehr nach Thailand kommen wird.

Noi war inzwischen sehr zufrieden mit ihrem Leben. Einmal weil sie sich während der Reise mit Helmut bestens verstanden hatte, was auf die ständige Nähe, die vielen gemeinsamen Erlebnisse, aber nicht zuletzt auch auf ihre Fortschritte in ihrem Englischkurs zurückzuführen war. Auch die Arbeit machte ihr mehr Spaß, weil neben den zwei ineinander übergehenden Gasträumen auch die Küche renoviert worden war. Es gab eine neue Speisekarte und der Eigentümer hatte für das Restaurant auch neue Reklame gemacht, so daß jetzt auch wieder mehr Kunden kamen.

Es vergingen einige Monate, in denen Noi und Kitty mit ihrer Arbeit voll ausgelastet waren. Kitty lebte zwar weiterhin bei Noi, weil die von ihr gekaufte Bar offen war und keine weiteren Räume hatte. Aber Kitty war wenig zuhause, weil die Bar wirklich viel Arbeit machte und sie nach früheren Erfahrungen ihren Mitarbeiterinnen nicht viel Vertrauen schenkte. Sie ‘vergaß’ auch, dem australischen Farang das restliche Geld zu schicken. Sie meinte, der solle sich erst einmal bei ihr melden, dann könnte sie das Geld immer noch schicken, denn sie hätte ja alle Papiere und so könnte ihr inzwischen nichts passieren. Wenn der Farang sich nicht meldete, brauchte sie das Geld vielleicht nicht zu schicken. Es könnte ja sein, daß der Australier das Eintreiben für unmöglich hält.

Nun wäre eigentlich alles gut gewesen, wenn da nicht eines Tages an Kittys Bar eine Frau aus Khon Khaen aufgetaucht wäre, die behauptete, daß die Bar ihr gehört. Ihr australischer Freund hätte die Bar nie besessen und nicht verkaufen können, weil sie ihm nicht gehörte. Sie hätte sich mit ihrem australischen Freund zerstritten und deshalb sei sie wieder nach Khon Khaen gegangen. Sie sei gekommen, um mit ihrem ehemaligen Freund zu sprechen, weil sie Geld braucht. Wenn er nun aber nicht mehr da ist, dann wollte sie die Bar wieder übernehmen und alleine zu betreiben. Sie deutete aber an, daß sie auch bereit wäre, die Bar an Kitty zu verkaufen.

Kitty war völlig durcheinander und sagte, sie habe die Bar aber rechtmäßig bezahlt und nannte den Anwalt als Zeugen. Ohne große Streitereien vereinbarten die beiden Frauen, sich am nächsten Tag bei Kittys Anwalt zu treffen, um die Sache zu klären. Man traf sich am nächsten Tag, wozu die Frau auch ihren Anwalt mitbrachte. Es stellte sich heraus, daß der Farang Kitty einen Vertrag gegeben hatte, in dem bestätigt wird, daß er seiner Freundin 400.000 Baht geliehen hat, um eine Bar zu kaufen. Aber die Papiere der Bar lauteten nicht auf ihn und er durfte die Bar nicht verkaufen.

Nach langen Verhandlungen wurde akzeptiert, daß Kitty dem Farang die Schuldsumme bezahlt hat, aber nicht rechtmäßige Eigentümerin der Bar ist, deren Preis auch nirgends genannt wurde. Ferner einigte man sich darauf, daß die übernommene Schuldsumme von 400.000 Baht anerkannt wird, wenn Kitty die Bar kauft und der Frau die Schuldanerkennung aushändigt oder vernichtet. Der Preis der Bar sollte aber nun 800.000 Baht betragen, so daß Kitty ‘nur’ noch 400.000 Baht zu bezahlen hätte. Auf Kittys entgeisterte Bemerkung, daß die Bar aber höchstens 600.000 Baht Wert ist, meinte die Frau lächelnd, Kitty brauche sie ja nicht zu kaufen. Sie könne ja den Australier anzeigen, der sie rechtswidrig verkauft hat. Der müßte ihr dann das Geld zurückgeben.

Wie Kitty es auch drehte, sie mußte 400.000 Baht zahlen. Man fertigte den Kaufvertrag, zu dem sie 250.000 Baht auf den Tisch legen mußte. Die restlichen 150.000 Baht sollte sie innerhalb eines Jahres zahlen. Kitty war wütend und niedergeschlagen zugleich. Der Australier hatte sie betrogen. Er hatte von ihr das Geld genommen, das er für seine Freundin bezahlt hatte. So war viel von dem Geld verloren, was sie im letzten Jahr verdient hatte. Noi meinte gleichmütig, Kitty dürfe sich darüber nicht wundern, das sei nämlich alles vom Schicksal vorherbestimmt.

Verwundert und nicht ganz ohne Hoffnung war Kitty, als sie Wochen später den Scheck zurückbekam, den sie Ehrhardt geschickt hatte. Der Empfänger sei nicht bekannt, hieß es. Nun konnte Kitty erst einmal mit dem Geld arbeiten, dachte sie. Doch sie bekam keine Ruhe. Wenige Wochen später kam schon wieder die dicke Blonde mit der Polizei. Diesmal hatte sie eine Kopie des Partnerschaftsvertrages, den Kitty mit Ehrhardt abgeschlossen hatte und sie hatte eine Art Ausweisformular, in dem Ehrhardts Foto klebte. Sie sagte, das sei ihr Mann und sie wolle das Geld abholen. Die Polizei schaute sich andauernd den Ausweis des Ehrhardt an und empfahl Kitty schließlich, sie soll doch mit der Frau zu ihrem Anwalt gehen und fügte hinzu, daß man bei der Polizei solch einen Ausweis noch nie gesehen hat, und daß die Frau auch kein Papier vorweisen kann, daß sie mit diesem Ehrhardt verheiratet ist.

Der Anwalt freute sich über die rege Besuchstätigkeit von Kitty und versprach, sein Bestes zu tun. Er erklärte Kitty und der großen Blonden, daß es unumgänglich sei, mit diesem Ehrhardt direkt Kontakt aufzunehmen. Dazu wandte er sich an die deutsche Botschaft, die schon nach vier Tagen antwortete. Die deutsche Botschaft teilte mit, daß der per Kopie vorgelegte Ausweis kein in Deutschland gebräuchliches Dokument sei, keine amtlichen Stempel oder Embleme enthalte, sondern offensichtlich ein rein privates Papier darstellt. Im übrigen gäbe es in Deutschland keine Person des Namens ‘Ehrhardt Scheidungsschreck’. Damit war die Sache für den Anwalt erledigt. Er erklärte Kitty und der Blonden, daß sie zur endgültigen Klärung der Angelegenheit unbedingt mit dem Herrn Ehrhardt Scheidungsschreck gemeinsam zum Anwalt kommen müßten.

Nachdem der Partnerschaftsvertrag vorliegt, müßten jetzt nur noch der Reisepaß dieses Herrn, die Heiratsurkunde der großen Blonden und ein beglaubigt übersetzter Gerichtsbeschluß zur Aushändigung des Geldes und eine Einverständniserklärung des Herrn Ehrhardt Scheidungsschreck vorgelegt werden. Von Kitty unterschriebene Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Besitzer dieses Papiers seien zwar rechtsgültig, müßten dann aber vorgelegt werden. Die große Blonde bezahlte die nicht gerade kleinlich berechneten Anwaltskosten, wenn auch ohne große Begeisterung. Ein Polizist erzählte Kitty, es handele sich um eine gute Frau, die der Polizei für ihre Hilfe auch etwas gespendet hätte, worauf Kitty auch eine gute Frau sein wollte und auch etwas spendete, womit alle Beteiligten zufrieden aus der Angelegenheit hervorgingen. Außer der großen Blonden und ihrem Herrn Ehrhardt Scheidungsschreck. Noi sagte, das macht nichts, das wäre vom Schicksal vorbestimmt.

Einige Tage später war der Eigentümer von Nois Restaurant etwas betrunken, und so erzählte er unter dem Siegel der Verschwiegenheit, woher das Geld stammte, das er kürzlich erhielt. Als er damals fast pleite war, sei Helmut gekommen und hatte mit ihm gesprochen. Dann hatte er fünfzig Prozent Anteile des Restaurants gekauft und auf Noi’s Namen eintragen lassen. Das dürfe er ihr aber nicht sagen. Er hatte erklärt, daß Noi diesen Arbeitsplatz nicht verlieren wollte. Außerdem wäre er ja schon alt und er wollte auf jeden Fall, daß Noi eine Existenz habe, wenn es ihn eines Tages nicht mehr gäbe. Noi sagte daraufhin gar nichts, aber sie nahm sich vor, Helmut so lange er hier lebte, so gut wie möglich zu versorgen, gleichgültig, wie lange das auch sein sollte. Helmut merkte zwar, daß Noi sich außerordentliche Mühe gab, sich um ihn zu kümmern, daß sie ihn auch mit kleinen Leckereien und allen Bequemlichkeiten verpflegte, aber er sah das als eine Folge der gemeinsamen Reise nach Chieng Mai, bei der sie sich viel näher gekommen waren.

Und Kitty? Kitty sucht gerade einen Partner für ihre Bar, es können auch mehrere Partner sein, oder auch Käufer oder Investoren. Hätten Sie nicht Interesse, hier mühelos etwas überflüssiges Geld loszuwerden?




von Dr.G.M. Gad Labudda
 
        #127  

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Die richtige Antwort, es ist ganz sicher eine überspitzte ironische Geschichte, die uns schmunzeln lässt und den Spiegel vor die Nase hält. Man erkennt die Menschen in Thailand, und sich natürlich auch. Danke dafür
 
        #128  

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Ich les sowas auch ganz gern mal zwischendurch, danke fürs Teilen, @kalli :tu:
 
        #130  

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Auch ich habe die beiden Geschichten sehr gerne gelesen und hoffe auf mehr davon!!!!
 
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