Das
Marine war ein ganz anderer Schlag von Disko. Ich würde die Atmosphäre und Raumaufteilung eher mit dem vergleichen, was man hierzulande vielleicht als Abifete kennt. Die Einrichtung hatte seine beste Zeit schon hinter sich, die Beschallung war nicht ganz so ausgefeilt wie im Insomia. Es gab hier eine ausgemachte Tanzfläche in der Mitte des Raums umgeben vom DJ-Pult und Stehtischen. Einige Boxen, auf denen sich wieder die Tänzerinnen tummelten, durften natürlich nicht fehlen. Über der Tanzfläche war eine große Projektionswand angebracht, auf der erfreulicherweise Fußball lief. Der Raum an sich schien sehr viel größer zu sein, was vielleicht daran lag, dass es nicht ganz so voll war wie im Insomnia und man deutlich mehr Platz hatte. Hier gefiel es mir schon wesentlich besser.
Nichtsdestotrotz war der Laden insgesamt auch recht dunkel und man konnte nicht sehr weit blicken. Wir suchten uns einen ebenfalls strategisch akzeptablen Platz an einer der Tanzboxen aus und standen damit direkt neben der Tanzfläche, die immer noch gut gefüllt war. Zu Martls Leidwesen war die Auswahl hier um einiges schlechter als nebenan. Mir fiel zwar auch auf, dass hier Damen in größerer Facettenvielfalt anwesend waren, aber gestört hat es mich nicht. Lediglich der hohe Prozentanteil anwesender Ladyboys sei noch mahnend erwähnt für alle, die gerne einen über den Durst trinken und daraufhin Zufallsentscheidungen treffen aus Unschlüssigkeit.
Hier war also absolute Aufmerksamkeit für mich gefragt!
In dem Sinne begann ich vorbereitend ein Bier nach dem anderen zu leeren, um die
Entscheidung zu erleichtern. Allerdings tat sich einfach kein Lichtblick auf. Martl hingegen machte sofort Bekanntschaft mit einer der Boxenluder und holte sie zu einem Getränk aus ihrer exponierten Tanzposition herunter. Währenddessen bemerkte er noch eine weitere Lady direkt am Tresen stehend und hatte fortan den Zwiespalt zwischen dem Spatzen in der Hand und der Taube auf dem Dach. Ich fand so ziemlich gar nichts an seiner zweiten Auswahl, nur dass sie vielleicht etwas mehr zu essen vertragen könnte und riet zur kleinen Boxentänzerin. Dass sein Geschmack grundverschieden zu meinem war, würden wir in weiteren Situationen noch ausgiebig erkennen dürfen.
Letztendlich schickte Martl dann seine Tanzmarie hinfort und nahm intensiven Kontakt zu der anderen Frau auf.
Das sollte im Endeffekt mein
Glück gewesen sein!
Das Mädel kam von der Barposition zu uns hinüber und gesellte sich zu Martl. Allem Anschein nach hatte sie aber eine Freundin im Schlepptau, die vorher nicht zu sehen war. Fortan stand sie an einem Stehtisch hinter uns und plötzlich war es passiert. Sie gefiel mir auf Anhieb.
Gott sei Dank, dachte ich nur. Das könnte was werden und fragte den Experten sogleich, wie ich nun die Kontaktaufnahme in der lauten Disko gestalten sollte. Die trockene Antwort lautete: "Geh rüber zu ihr und pack ihr an den Arsch. Darüber freut sie sich." Na ja, wenn der Profi mir das schon sagt, dann folge ich am besten der Anleitung.
Immerhin konnte ich mich beherrschen und habe nicht gleich als erste Aktion ihren Hintern in die Hand genommen. Ich schlich herüber, sie hatte bereits durch meine Fragerei Lunte gerochen und so war der Kontakt bereits im Hingehen hergestellt, weil auch die Freundin schon warnend hinüber geblickt hatte. Kontakt mit ihrem Gesäß gab es zwar auch ausreichend, aber der kam erst zustande, als die weitestgehend wortlose Anbahnung im vollen Gange war.
Wir verließen zu viert gegen 5 Uhr das Marine, aber die Pärchen verloren sich schon auf den ersten Metern aus den Augen. Draußen in der Stille fiel mir auf, dass ich schon gut getrunken hatte. Um meine neue Begleitung, von der ich bis zu diesem Punkt überhaupt nichts wusste, war allerdings deutlich schlechter bestellt. Drinnen hatte ich überhaupt nicht wahrgenommen, wie betrunken sie doch war und hatte fortan eine leicht torkelnde Dame im Schlepptau.
Die mehr oder weniger erste Information, die ich über sie erlangte, war folgende. "You like sex? I'm not so good sex." Zwar hatten wir nur geklärt, dass wir zum Hotel fahren würden, aber sie hatte schon den richtigen Riecher bewiesen. Das war das Endziel der Anstrengungen für heute.
Na ja, sie sollte Gelegenheit erhalten, sich bei mir beweisen zu dürfen. Ob nun gut oder schlecht, würde mir für den Moment nicht so wichtig sein, obschon sie diese Ankündigung glatt noch einmal wiederholte, damit ich auch ja nicht zu hohe Erwartungen an sie hätte.
Auf dem kurzen Weg zum Hotel im Bahtbus auf der 2nd Road konnte ich immerhin noch klären, dass ihr Name
Dao war, sie 29 Jahre alt sei und aus Laos käme. Eigentlich machte sie für ihren selbst bekundeten Zustand der vollständigen Betrunkenheit noch einen relativ gefassten Eindruck. Außerdem sprach sie zu meinem Verzücken ein gutes Englisch.
Wir kamen im Hotel an und ich bewegte mich schon routiniert auf die schlafende Nachtbesetzung der Rezeption zu, als mir aus einer Sitzecke plötzlich zugerufen wurde.
Es war
Ning. :sc:
Au weia, ich hatte ja einiges erwartet, aber nicht Ning, die hier wohl schon stundenlang in der Lobby saß und auf mich wartete, der Hand in Hand und ziemlich angetrunken mit einer anderen Dame um 5:10 Uhr in der Frühe zum Boomboom aufgelaufen war. Das musste Ärger geben... meine 3 Tage der Freiheit waren abgelaufen und ich hatte in meiner wirren Stimmung überhaupt nicht mehr daran gedacht, mich wie versprochen in ihrer Bar blicken zu lassen.
Ich erwartete nun zurecht mein Donnerwetter und begab mich sofort mit der sehr wenig begeisterten Ning nach draußen vor die Türe. Der die Szenerie beobachtende Türjunge grinste nur diebisch und zeigte mit 2 Fingern auf, die für meine beiden Schäfchen stehen sollten. Einen Finger musste ich schnell los werden und die Wahl fiel natürlich auf Ning. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch eine Plastiktüte dabei, in der sie ein
Geschenk für mich mitführte. Auch das noch...
Sie überreichte mir die Tüte und begann sofort damit, Dao zu diffamieren und mit mir (immerhin völlig zurecht) zu schimpfen. Natürlich hatte ich ihr einen Besuch versprochen und hätte das auch definitiv wahr gemacht, aber jetzt gab es nichts mehr zu kitten an der Situation und meinem Versagen. Ich teilte ihr mein Bedauern mit, dennoch müsse sie jetzt einfach gehen. Es tat mir wirklich Leid, dass sie in der Nacht so lange auf mich gewartet hatte und ich ihr diese Ernüchterung mit Dao nicht ersparen konnte. Das war meine Schuld und ich versuchte es, mit Bestechung und gutem Zureden wieder aus der Welt zu schaffen. Ning wurde ziemlich schnell von mir abgewimmelt mit 500 THB Entschädigung für ihre Zeit und gegen meine Gewissensbisse. Zudem eröffnete ich ihr, am kommenden Tage um 18 Uhr ein klärendes Gespräch mit ihr führen zu wollen. Sie solle um diese Zeit zum Hotel zurück kommen und wir würden das dann alles klären. Klipp und klar stellte ich jedoch schon in dieser Nacht fest, dass es keinen zweiten Anlauf mit ihr geben würde. Ich weiß nicht, ob sie mich wirklich verstanden hatte, aber ließ sich noch die Barfine für den folgenden Tag geben. Damit war immerhin das Treffen fix.
Fortan hatte ich wieder die Gelegenheit, mich um Dao zu kümmern. Jetzt sollte sie es besser auch Wert sein, dass ich hier über solche Hindernisse springen muss. Nachdem sie auf dem Zimmer in der Dusche verschwunden war, öffnete ich Nings Geschenk. Sie hatte mir 2 schwarze T-Shirts mit Thailand-Schriftzug und Elefanten gekauft. Kompletter Tourikram, aber ich mochte die Elefanten doch so gerne. Damit hatte sie eigentlich sogar meinen Geschmack halbwegs gut getroffen.
Zudem hatte sie einen zugetackerten Brief hinterlassen, in dem sich eine Visitenkarte der Bar mit ihrer Telefonnummer und viel gefühlsduseliger Text befanden.
(An dieser Stelle würde ich gerne den eingescannten Brief vorzeigen. Dummerweise kann ich das Teil seit meiner Abreise nicht mehr auffinden und fürchte, es ist für immer verloren. Dabei wäre es den Aufwand wirklich Wert gewesen...)
Den genauen Wortlaut kann ich jetzt natürlich nicht mehr rekonstruieren, aber es war so ungefähr: "Liebster Schatz, ich vermisse Dich so sehr. Wann kommst Du mich wieder besuchen in der Bar. Ich mag Dich viel zu sehr. Ich will Dich wiedersehen. Deine Ning". Alles in penibel und schön gestalteten Buchstaben verfasst, denen man die Mühe ansah.
Einerseits war mir das sehr unangenehm und ich wollte das beim besten Willen nicht, zum anderen tat sie mir nun umso mehr Leid. Auch auf die Gefahr hin, dass das nur der zwanzigste Serienbrief aus der Reihe "Wie verarsche ich einen dummen Touri" war, machte ich mir schon Vorwürfe wegen meiner nicht eingehaltenen Versprechungen. Einfach inakzeptabel für mich und bedurfte vorbehaltloser Aufklärung am kommenden Tag! Immerhin dafür hatte ich die Eier.
Jetzt wollten die aber von Dao umsorgt werden
und als wir beide bettfertig waren, ging die Sache zunächst ganz rund vonstatten. Zwar legte sie für meinen Geschmack etwas zu viel verbale Show in ihre Performance, aber so schlecht wie angekündigt machte sie sich eigentlich nicht. Nach ungefähr einer Viertelstunde fiel ihr dann aber plötzlich ein, dass ihr übel sei und sie nun schlafen wolle. Ich dachte, ich bin im falschen Film. Erst läuft alles ganz passabel ab in Anbetracht der Umstände und von jetzt auf gleich will sie pennen, während ich gerade dabei bin, mit ihr warm zu werden?
Diskotussis.
Genau davor hatte ich Angst und nun war es soweit. Eine betrunkene Hupfdohle abgeschleppt wider besseren Wissens und sofort doppelt bestraft worden. Ich mahnte sie ab, indem ein Aussetzen der Bezahlung angekündigt wurde. Jetzt war ich wirklich streng mit ihr und kannte keine Verwandten mehr in der Situation, da ich mich verkackeiert fühlte. Im Halbschlaf lauschte sie noch meinem Blubbern, bevor sich Dao zustimmend ins Land der Träume verabschiedete. Ich konnte mein Pech kaum fassen, aber machte es ihr gleich und beendete diesen unwürdigen Tag.