Angeles City Kleiner Exkurs: Sicherheit in Angeles City

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Die beiden Typen fuchtelten immer wilder mit ihren Colts herum und ich gewann langsam den Eindruck, dass nicht ich das Objekt ihrer Begierde war, sondern mein Fahrer, aber was würde mir das nützen, wenn die anfangen würden, wild durch die Scheiben zu ballern. Hatte nicht Jodltrio vor Kurzem erst von einer Schießerei auf der Perimeter Road berichtet, schoss es mir durch den Kopf. Ihr seht, jetzt schieße ich auch schon. Habt ihr schon mal Onkel schwitzen gesehen?

Sollte ich vielleicht einfach meine Tür aufmachen, aus dem Auto springen und so schnell wie möglich irgendwo in Deckung gehen oder das Weite suchen? Ich ließ von dieser Idee aber wieder ab, weil ich mir dachte, dass schnelle hastige Bewegungen oder Ansätze von Fluchtverhalten in solchen Situationen wohl eher kontraproduktiv sind und ich am Ende damit nur selbst zur Eskalation beitrage.

Plötzlich wandten sich die Männer aber mir zu, schrien "Pulisia" und forderten mich auf, die Tür zu öffnen. Das war jetzt natürlich doof, denn bisher hatten die mich nicht auf dem Schirm. Jetzt stand ich im Mittelpunkt. Ich dachte mir aber, was bringt es, sitzen zu bleiben, wenn die abdrücken. Ob ich jetzt im oder außerhalb des Wagens erschossen werde, macht ja keinen Unterschied. Also machte ich eine Bewegung mit meiner Hand in Richtung Türverriegelung.

"Don't do that, don't do that", fuhr mich der Driver an. Also zog ich meine Hand wieder zurück, um mir mit dieser Reaktion sofort wieder ein "open, open" von rechts einzuhandeln. Also das gleiche Spiel nochmal. Ich griff zur Türverriegelung. "Don't open. They will kill me. No, don't do it, they will kill me" von vorne links und ein "police, open the door" von rechts" war die Folge. Immer, wenn ich Anstalten machte, meine Tür zu öffnen, drehte sich der Fahrer zu mir, hielt meine Hand fest und schrie: "No, no, don't open. They no police, they will kill me". Ich sah es schon kommen: Ich öffne die Tür, es macht Bumm bumm und das Blut des Fahrers spritzt gegen die Scheiben.

Mein letztes Bumm bumm war aber doch erst zwei Stunden her und ich war noch nicht bereit für eine neue Runde. Ob die das überhaupt so kontrolliert durchziehen werden? Ein Toter, zwei Tote ... wen juckt das schon? Im übrigen war ich ein unliebsamer Zeuge. Wie komme ich da jetzt unbeschadet heraus? Mein Gehirn ratterte ... ... ...

Fortsetzung folgt
 
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        #102  

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Ich fühlte mich in einer Zwickmühle. Drinnen die Handgreiflichkeiten und das Geschrei des Fahrers "No police, don't open, they will kill me" (als ob mich das im Moment interessieren würde, wenn sie ihn kalt machen. Witzbold. Hätte ich eine Garantie, dass sie mich in Ruhe lassen würden, hätte ich doch schon längst die Tür geöffnet), draußen das Fuchteln mit den Knarren und die unablässige Order, nun endlich die Tür zu öffnen.

Zum Glück hatte mein Fahrer keine Waffe. Das wäre ja wie im Film, wenn sich die gegensätzlichen Parteien mit entsicherten Waffen gegenseitig in Schach halten, bloß mit dem Unterschied, dass in Filmen der Drehbuchautor meist lange Dialoge dazu schreibt, während im echten Leben schon längst Schüsse gefallen wären.

Ich stand vor der Frage: Wo sind die Guten, wo die Bösen? Im Auto der gute Fahrer und draußen die bösen Jungs? Oder im Auto der böse Fahrer, der Dreck am Stecken hat und draußen die (in diesem Fall gute) Polizei? Jedenfalls musste ich mich irgendwann entscheiden; ich saß schließlich nicht in einer gepanzerten Staatskarosse.
 
        #103  

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Onkel ²²² das ist spannend, was ist dann passiert ?
 
        #104  

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Wie konnte ich eine Entscheidung herbei führen? Klar war: Der Fahrer interessierte mich nicht, denn er stellte keine Bedrohung für mich dar. Also konzenrierte ich mich auf die beiden Gestalten außerhalb des Fahrzeugs mit ihrem Potenzial, mir weh tun zu können. Waren das nun Polizisten oder nicht? Das war die einzige Frage, die relevant war.

Ich ließ die Szenerie nochmal schnell Revue passieren: Es ist 11 Uhr am hellichten Tag, wir stehen auf einer belebten Straße direkt vor dem ABC Hotel. Inzwischen hat der Vorfall zahlreiche Schaulustige angelockt, die das Geschehen aus sicherer Entfernung beobachteten.

Ich sagte mir, wenn das keine Polizisten sind, dann hätten sie doch schon längst geschossen. Warum und auf was sollten sie warten? Außerdem traten sie sehr gelassen auf. Sie fuchtelten zwar mit ihren Waffen herum, aber der Fahrer war auf jeden Fall aufgeregter und verhielt sich aggresiver. Ich sagte mir: Wären das da draußen Ganoven, dann wären sie doch schon längst nervös geworden und ausgerastet. Was hielt sie davon ab, durch die Seitenscheiben zu schießen? Die würden nicht so lange fackeln, wenn sie böse Jungs wären. Nicht an diesem Ort, nicht um diese Uhrzeit.

Ich hatte mich also dazu durchgerungen, die Tür zu öffnen, als ich plötzlich noch ein weiteres Indiz zu Gesicht bekam, dass meine Entscheidung bekräftigte. Der Typ auf meiner Seite merkte wohl, dass mich sein ständiges Rumgezuchtel mit der Waffe nervös machte und steckte sie ein. Dann holte er ein Plastikkärtchen aus seiner Tasche und hielt es gegen die Scheibe. Da stand etwas von Polizei mit Passbild, Stempel und allem was dazugehört. Es war sein Dienstausweis. Okay, was gelten schon Ausweise auf den Philippinen, aber andererseits passte das ganze bisher Geschehene auch nicht zu Wegelagerern oder Angehörigen der philippinischen Mafia.

Ich machte die Tür auf, stieg aus, sagte kein Wort, ging ein paar Schritte und verschanzte mich sofort in sicherer Entfernung, denn ob ich richtig lag mit meiner Vermutung, dass es Polizisten seien, wusste ich ja nicht und Priorität hatte meine eigene Sicherheit, sonst nichts. Ob die den jetzt abknallen oder was jetzt weiter passiert, war mir relativ egal.

Ich merkte aber beim Aussteigen sofort, dass sie sich nicht die Spur für mich interessierten und sofort dem Fahrzeuginnenraum zuwendeten. Es muss alles sehr schnell gegangen sein. "Zugriff" nennt man das wohl in der Fachsprache. Als ich mich aus der Ferne heraus herum drehte und wieder zum Auto schaute, war der Fahrer schon in Handschellen gefesselt. Die Lage war nun klar und ich ging wieder zum Auto.

Ich erklärte kurz, warum ich im Auto war und dass ich zum Flughafen müsste. Die Beamten luden mir mein Gepäck aus dem Kofferraum und übergaben mir auch meine Bordtasche, die noch im Auto lag. Ich kam auch sofort mit Angestellen des ABCs in Kontakt und fragte nach einem Transfer zum Airport. Eine Minute später saß ich im Minivan vom ABC Richtung Flughafen. 500 PHP übrigens der Preis, für denjenigen, den es interessiert. Die 400 PHP für den ursprünglichen Transfer, den ich bereits beim Checkout an das Hotel bezahlte hatte, habe ich als Erlebnistrip verbucht.

Im Nachhinein betrachtet befand ich mich zu keinem Zeitpunkt in Gefahr, deshalb schrieb ich eingangs von einem "lustigen" Erlebnis. Da ich aber keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Schusswaffen besitze und ich, soweit ich mich entsinnen kann, noch nie einen Menschen mit einer einsatzfähigen und einsatzbereiten Knarre in der Hand gesehen habe, könnt ihr euch in Etwa vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als die Typen mit ihren Knarren am Auto standen, vor allem, wenn man weiß, was ein Menschenleben auf den Phills wert ist. Mir ging der Arsch auf Grundeis, das könnt ihr mir glauben.
 
        #105  

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Oh, Mann... was für eine Geschichte :jil:

Ich habe ebenfalls wenig Erfahrungen mit Waffen und weiß nicht, ob ich mich vielleicht spontan eingenässt hätte :wink0:

Gibt es Deines Erachtens, rückblickend ein Learning aus der Geschichte? Ein Indiz, das auf bevorstehende Probleme hingewiesen hätte?

Danke jedenfalls, dass Du uns hast teilhaben lassen - und sehr schön, dass Du unversehrt bist :tu:
 
        #106  

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Hauptsache, dass du gut aus dieser Sache rausgekommen bist , Onkel :tu:.............

So ein Erlebnis wünscht man wohl niemanden......
 
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        #107  

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Mensch Onkel, was Du so alles in Deinem Urlaub geboten bekommst. Ich bin froh, dass die Geschichte so glimpflich für Dich ausgegangen ist. :tu:

Ich hätte danach erst einmal duschen und ein Kilo Schokolade essen müssen.
 
        #108  

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Mann, da hast du ja echt Glück gehabt, es hätte wohl auch anders ausgehen können.

Im nachhinein ist da ja eine tolle Geschichte aber wenn man das erlebt dann sieht es anders aus, da hätte ich auch Gummiknie gehabt und mein Leben noch mal resumiert.

Da war dann wohl ein Schnaps notwendig
 
        #109  

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@Nixus_:
Ich denke nicht, dass man da irgendwelche Lehren daraus ableiten kann. Der Fahrer war zwar von Anfang an nervös (wusste wohl, dass man ihn zur Fahndung ausgeschrieben hatte), aber das sage ich jetzt. Willst du einen Fahrer ablehnen, bloß weil er einen nervösen Eindruck macht? Vielleicht steht seine Frau kurz vor der Entbindung von Drillingen, wer will das beurteilen.

Dann faselte er die ganze Zeit etwas von der philippinischen Mafia, das seien böse Menschen. Er sei nur Fahrer, ein guter Mensch und würde keine krummen Geschäfte machen. Ich dachte mir in dem Moment bloß, er will mir jetzt vielleicht ein Abo von "Der gute Christ heute" verkaufen, aber nur weil einer sonderbares Zeug labert, muss er ja nicht gleich auf der Fahndungsliste stehen. Stell dir das mal vor: Da würde ja das halbe Forum hier aus Kriminellen bestehen. Dass er mich bat, die Tür zu verriegeln, kann seinem Sicherheitsdenken geschuldet sein, auch das ist nichts, was besondere Rückschlüsse zuließe.

Also: Im Nachgang betrachtet war sein Verhalten auffällig, aber nur in der Nachschau. Und letztendlich war es ja keine bedrohliche Situation. Ich hätte noch den ganzen Tag im Auto bleiben können, weiß nicht, was die Bullen unternommen hätten, aber auf jeden Fall hätten sie mir nichts angetan, da bin ich mir sicher. Ich konnte also (im Nachgang betrachtet) gar nichts verkehrt machen, denn egal wie ich mich verhalten hätte, mir wäre nie etwas geschehen. Insofern gibt es auch keine Lehren daraus.

Eine andere Situation würde vorliegen, wenn es keine Bullen gewesen wären, aber mit dieser These möchte ich mich eigentlich nicht auseinandersetzen und erst recht keine Ratschläge erteilen. Erstens, weil ich dazu über keinerlei Erfahrungen verfüge und zweitens, weil ich auf diesbezügliche Erfahrungen gerne verzichten kann. Falls mir das nochmal passiert und es keine Bullen sind, sage ich dir danach Bescheid (oder du kommst mich auf dem Friedhof besuchen).


@all:
Ich habe mir in den etwa 10 Minuten, die das Ganze gedauert hat, natürlich "in die Hose gemacht", aber als es vorbei war, war ich ja froh und erleichtert, dass es tatsächlich Polizisten (in Zivil) waren. Ich hatte kurz danach noch weiche Knie, aber das verflog dann auch schnell wieder, da ja "eigentlich" nichts passiert war. Als ich am Airport ankam, war die Sache auch schon wieder gegessen. Wozu soll da ein Schnaps gut sein? :wink0:
 
        #110  

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@Onkel


zu verdauung!

nach dem "essen" nimmt man gelegentlich einen schnaps zu sich, für die verdauung, so sagt man jedenfalls.....




ich wäre wahrscheinlich da hinten drin gesessen, schweiss gebadet, die hände gefaltet, angst ohne ende

und hätte mich keinen cm bewegt. der eine sagt hüh und der andere hott.

aber in wirklichkeit weiss ich überhaupt nicht was ich getan hätte in dieser situation.

bin nur froh das mir sowas mit schusswaffen bis jetzt noch nicht passiert ist.







gruss medion
 
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