Kampf im Dunkeln
Gong stieg wieder auf das Moped und folgte Narbengesicht. Der fuhr mit dem Jeep weiter die Strasse hinunter, in Richtung zu Skippers Apartment, stellte Gong fest. Dort angekommen, stieg Narbengesicht aus. Zuerst schaute er vorsichtig an dem Gebäude hoch und stellte beruhigt fest, dass alles dunkel war. Mit etwas Anlauf rannte er in die Eingangstüre.
Das Schloss brach mit einem hässlichen Bersten und Narbengesicht stürmte die Treppe hoch. Mit einem Fusstritt öffnete er die Türe und lauschte dann wie ein Panther in alle Richtungen. Die Waffe schussbereit dem Blick folgend. Er betätigte den Lichtschalter und tauchte fast gleichzeitig nach rechts weg.
Das Apartment war verlassen und leer. Wütend stürmte er wieder die Treppe hinunter und stieg in den Jeep. Der Jeep machte keinen Mucks und verweigerte jegliche Einsatzbereitschaft.
Nun fast ausser sich vor Wut schlug er mit der Hand gegen das Lenkrad und versuchte erneut, den Wagen zu starten. Keine Reaktion, keine Zündung, nichts. Dann hörte er, wie ein Moped langsam die Strasse herunterfuhr. Er konnte erkennen, dass es sich um ein Motorradtaxi handelte. Der rote Überzug war auch in der Nacht klar zu erkennen.
Narbengesicht sprang katzengleich aus dem Jeep heraus und winkte das Motorrad zu sich. Sumibar in Naklua befahl er. Gong, welcher unter dem Helm sein Schmunzeln nicht verbergen musste, nickte und fuhr los. Den Jeep hatte er in Sekundenschnelle fahrunfähig gemacht und fuhr dann langsam und wie zufällig die Strasse hinunter. „Beim Kreisel rechts hoch“, zischte Narbengesicht und Gong nickte.
Er überlegte fieberhaft ‘Soll ich nun mit Narbengesicht zum Polizeiposten fahren, in die Sumibar oder an einen anderen Ort und ihn zuerst ausquetschen, bevor ich ihn abliefere?’
Er entschied sich für letzteres und bog vor dem Kreisel ab. Dort befand sich ein grosses, unbebautes Stück Land, abseits der Verkehrswege in Pattaya. Narbengesicht kannte sich in Pattaya nicht sonderlich gut aus und schnauzte den Fahrer nur an: „Du kannst solange in Pattaya herumfahren, wie Du willst, aber mehr als 30 Baht kriegst Du nicht.“
Gong nickte und schrie etwas wie: „Querstrasse“, und „in der Nacht gesperrt“, nach hinten und konzentrierte alle seine Sinne auf die nächsten Minuten. ,Ich muss den Überraschungsmoment ausnützen und ihn so schnell wie möglich entwaffnen.‘ Dann bog er in die kleine Strasse ein, hielt das Moped an und stieg ab. Mit der einen Hand zeigte er auf seine Körpermitte. „Ich muss schnell pissen.
In drei Minuten sind wir am Naklua Kreisel“, entschuldigte er sich bei Narbengesicht. Dann nahm er den Helm ab und holte zu einem Schlag aus. Narbengesicht hatte jedoch so etwas vorausgesehen und war fast gleich schnell mit dem Ziehen der Waffe.
Schon als der Fahrer etwas von Sperrstrasse nach hinten gebrüllt hatte, fingen seine Alarmglocken an zu schlagen und er hatte seine Hand vorsichtig in die Nähe seiner Waffe platziert. Jeep fährt nicht mehr, Mopedtaxi ist sofort zur Stelle und der Weg nach Naklua soll gesperrt sein. Ein bisschen zu viele Zufälle für einen misstrauischen Mann wie Narbengesicht.
Er drehte sich blitzschnell nach unten weg und rollte über den Mopedsattel auf die Strasse. Gleichzeitig zog er die Waffe vollends aus dem Schulterhalfter. Gong sprang ihm mit einem Hechtsprung über das Moped nach. Narbengesicht lag auf dem Bauch, riss die Waffe hoch und suchte sein Ziel. Bevor er jedoch schiessen konnte, traf ihn ein gezielter Fusstritt von Gong genau unter dem Handgelenk und die Waffe schepperte über den Asphalt.
Narbengesicht schnellte wie eine Stahlfeder hoch, riss gleichzeitig die Arme vor sein Gesicht und konnte so den nächsten Schlag abfangen. „Es ist Zeit zu sterben!“, schrie er seinem Gegner zu und fiel unbewusst in seine burmesische Muttersprache zurück.
„Nach Dir, Narbengesicht“, erwiderte Gong heftig atmend in der gleichen Sprache. Narbengesicht hob erstaunt seinen Kopf und musterte seinen Gegner. „Gib’ auf Narbengesicht“, sprach Gong ruhig und tänzelte dabei leicht. Seine Augen registrierten jede kleine Bewegung seines Gegenübers und er war mit jeder Faser seines Körpers bereit, sofort auf einen Angriff zu reagieren.
„Dietrich ist bereits verhaftet“, versuchte es Gong mit einem Bluff. Narbengesicht schaute ihn fragend und erstaunt an und lachte dann schallend los: „Gut gemacht!“, grinste er Gong ironisch zu. Dann ging er zum Angriff über.
Die Hände vor dem Gesicht, stellte er den einen Fuss leicht nach vorne. Wie ein Thaiboxer verlagerte er sein Gewicht von einem Bein auf das andere und tänzelnd schritt er auf Gong zu. Sein ganzer Körper wippte im Gleichtakt und seine Augen starrten kalt wie Stahl auf seinen Gegner. Gong hob die Arme und umkreiste ihn.
Narbengesicht folgte ihm sofort und unbeirrt mit seinem tänzelnden Schritt und kam langsam näher. Plötzlich sprang Narbengesicht und segelte mit dem ausgestreckten Bein auf Gong zu. Gong beugte sich wie ein Baum im Wind leicht nach hinten und eisern schlossen sich seine Hände um das Fussgelenk des Angreifers. Durch die Wucht des Aufpralls wurde Gong nach hinten gewirbelt und fiel um.
Den Fuss noch immer fest im Griff, zog er Narbengesicht mit sich und rollte sich im Fallen auf die Seite. Ein hässliches Knirschen ertönte aus dem Fussgelenk von Narbengesicht, als seine Sehnen im Gelenk rissen. Gleichzeitig entfuhr Narbengesicht ein fast unmenschlicher Schmerzensschrei. Trotz der Verletzung riss er sich los und stürzte sich erneut auf Gong.
Sein Gesicht war zur Fratze verzerrt, die nun ein Gemisch aus Wut und Schmerzen zeigte. Die Augen flackerten gefährlich und es war ein irrer Glanz in ihnen. Gong konnte sich nicht schnell genug erheben und wurde von Narbengesicht völlig überrumpelt. Nachdem er das Knacken im Fussgelenk gehört hatte, war er sich sicher, dass der Kampf nun entschieden sei und blieb einen Sekundenbruchteil zu lange liegen.
Es schien, als verliehen die Schmerzen Narbengesicht zusätzliche Kräfte und wie ein tolles Tier stürzte er sich auf Gong. Seine Hände schlossen sich wie ein Schraubstock um die Kehle und er drückte mit unbändiger Kraft zu. Gong sah mit Schaudern in die verzerrte Fratze über ihm und sah das Flackern in den Augen von Narbengesicht.
Der eiserne Griff schnürte ihm die Luft ab und seine Augen traten aus ihren Höhlen. Verzweifelt versuchte er, dem Griff zu entrinnen. Doch bei jeder Bewegung schien sich dieser noch zu verstärken. Er spürte, wie langsam seine Sinne schwanden. Den Tod vor Augen, sah er sein Leben in loser Bildfolge vor sich ablaufen und in Gedanken nahm er Abschied vom Leben. Dann lockerte sich der Griff plötzlich ein wenig. Erstaunt öffnete Gong seine Augen und sah, dass ihn Narbengesicht interessiert und neugierig anschaute.
Dann erhellte sich plötzlich wissend sein Gesicht. Auf seinem Gesicht erschien ein schmutziges und gemeines Grinsen. „Du erinnerst mich an zwei Brüder, welche ich vor einigen Jahren geschlachtet habe“, zischte er. „Bevor ich sie kalt gemacht habe, schauten sie mich genau so an, wie Du gerade. Könnten deine Verwandten gewesen sein, das verdammte Demokratenpack.“ Er lächelte zufrieden vor sich hin, als er den Hass im Gesicht von Gong aufsteigen sah.
„Ich war sogar dabei, als man der Mutter gesagt hat, dass sie im Krieg gefallen sind. Leider musste ich die Nutte in Ruhe lassen. Gerne hätte ich sie den beiden in die Hölle nachgeschickt“, keuchte er und schnalzte mit der Zunge. „Wie auch immer. Lass’ es uns zu Ende bringen!“, und er drückte Gongs Kehle wieder mit voller Kraft zu. Etwas im Kopf von Gong schien zu explodieren. Das Bild seiner beiden Brüder stieg in ihm hoch.
Dahinter sah er seine Eltern. Sie riefen ihm etwas zu, was er nicht verstehen konnte. Dann schien es, als wenn sie ihm die Hand reichen würden. Er spürte die Hände physisch, welche sich warm um die seinen schlossen. War es die Todesangst, welche ihm zu einer letzten verzweifelten Rettungsaktion die Kraft gab oder waren es tatsächlich seine beiden Brüder, welche er klar vor sich sah und deren Hände er spürte?
Während Narbengesicht erstaunt aufschrie und dann sofort wieder versuchte, die ihm entglittene Kehle mit den Händen zu fassen, drehte sich Gong weiter und kniete dann auf. Er warf mit voller Wucht seinen Hinterkopf nach hinten und traf Narbengesicht im Gesicht.
Blut floss aus seiner Nase und Gong sprang auf. Wie ein Fisch japste er verzweifelt nach Luft. Bei jedem Atemzug strömte nur ein wenig der kostbaren Luft in seine Lungen. Dann endlich öffnete sich seine Kehle und gierig füllten sich die Lungen. Der schwarze Vorhang vor seinen Augen verschwand und gleichzeitig mit der Luft floss auch das Leben wieder in ihn zurück.
Er spürte eine eiserne, zu allem entschlossene Ruhe in sich. „Ja, ich hatte zwei Brüder, welche im Krieg gefallen sind“, sagte er mit bitterer Miene. Narbengesicht wischte sich das Blut aus der Nase und grinste ihn an. Er versuchte, Zeit zu gewinnen, weil er wusste, dass er mit dem verletzten Bein keine Chance hatte.
„Ich kann Dir auch genau sagen, wo wir sie verscharrt haben, wenn es Dich interessiert.“ Gleichzeitig humpelte er ein wenig nach hinten. Langsam fing er an, zu erzählen und humpelte immer weiter zurück. Gong hörte ihm gebannt zu. Gleichzeitig stieg ein Hassgefühl, gepaart mit einer gestauten Wut auf den Mörder in ihm hoch.
Er erschauderte und einen Moment blendete der Hass seine Sinne. Er vernahm die Worte von Narbengesicht wie aus weiter Ferne. Eine Woge der Traurigkeit vermischte sich mit dem Hass. Er sah, dass sich Narbengesicht von ihm entfernt hatte, aber er war für ein paar Sekunden gefangen in der Trauer und unfähig zu reagieren. Narbengesicht versuchte nun den Abstand zum Moped hinter ihm abzuschätzen, ohne dass er sich umschaute. Er sah den Mann vor sich, welcher in eine unendliche Tiefe zu starren schien und wie in Trance verharrte.
Während sich Narbengesicht immer mehr von ihm entfernte, schrie jede Faser in Gong: „Töte diesen Mann. Räche deine Brüder“, doch gleichzeitig hielt ihn das Pflichtgefühl davon ab und er war wie gelähmt. „Wenn ich das Drogensyndikat auslöschen will, brauche ich ihn lebend“, schrie die Stimme der Vernunft. Sollte er ihn töten oder leben lassen?
Diese zwei Gegensätze lähmten ihn für einen kurzen Augenblick und er war unfähig, in die eine oder in die andere Richtung zu agieren. Narbengesicht wusste nicht, warum der Mann die Gelegenheit nicht wahrnahm, ihn zu töten. Er wurde von seinem Instinkt und nicht von einem Gewissen geleitet. Mit einem Sprung, begleitet von einem Schmerzensschrei sprang er auf das Moped, drehte den Schlüssel, betätigte den Anlasser und fuhr mit heulendem Motor davon, während Gong regungslos stehen blieb..
Bis Gong aus seiner kurzzeitigen Lethargie erwachte und die Situation bewerten konnte, war es bereits zu spät. Wütend, aber mit der kalten Gewissheit, dass er nicht eher ruhen würde, bis er den Mann zur Strecke gebracht hatte, schaute ihm Gong nach.
Dann betastete er seinen stark schmerzenden und geschwollenen Hals. Falls Narbengesicht in die Sumibar gefahren war, musste er so schnell wie möglich Frank helfen. Trotz der Verletzung war Frank für Narbengesicht ein leichtes Opfer. Dem unbändigen Vernichtungswillen von Narbengesicht war er nicht gewachsen. Mit seinem typisch ausdauernden Gang trabte er die Strasse hinunter, Richtung Beach. Die eine Hand dauernd ausgestreckt, damit die Motorradtaxis sehen konnten, dass er nicht zum Spass lief.
Frank drohte vor Müdigkeit umzukippen, gab dem Drang aber nicht nach und behielt tapfer die Sumibar im Auge. Die Bar war bereits seit geraumer Zeit geschlossen und er blieb mit der Begründung an der Bar sitzen, dass er auf seinen Freund warten musste.
Das Barmädchen fragte kurz nach, ob es mit ihm gehen kann. Als er höflich, aber bestimmt ablehnte, zuckte es die Schultern und lief ohne Abschiedsgruss davon.
Wenig später klingelte das Handy. Frank war sofort hellwach und nahm den Anruf entgegen. „Pass auf Frank“, hörte er Gong keuchend in den Hörer rufen. „Narbengesicht ist mir entwischt. Vielleicht taucht er wieder in der Sumibar auf.“ Frank wurde es schwindlig. ,Vielleicht sitzt schon bald die ganze Bande da drin‘, dachte er. Der Gedanke beunruhigte ihn, sass er doch hier alleine und hatte nicht einmal eine Waffe. Er war dermassen beunruhigt, dass er es sogar fast ein wenig bedauerte, nicht mit dem Barmädchen mitgegangen zu sein.
„Tolle Aussichten sind das“, stammelte er in den Hörer. „Was erwartest Du nun von mir? Soll ich den Laden stürmen?“ Gong kannte die ironische Art von Frank noch nicht so genau, welche immer zum Vorschein kam, wenn er in Bedrängnis war. „Nein! Um Himmels willen, bleib’, wo Du bist.“
Der freute sich: „Endlich kriege ich einen vernünftigen Befehl“, und sprang über die Theke in das Innere der Bar hinein. „In zehn Minuten bin ich bei Dir“, versprach ihm Gong. Nach dem Gespräch schob Frank vorsichtig seinen Kopf über den Thekenrand, bis seine Augen zum Vorschein kamen und er hoffte aus tiefstem Herzen, dass Narbengesicht andere Pläne hatte, als hier aufzutauchen.
Ängstlich äugte er umher und seine Knie zitterten leicht unter ihm. ,Wieder so eine verdammte Scheisse‘, murmelte er vor sich hin. Dann wurde sein Blick starr und die Augen fixierten gebannt den Eingang zur Sumibar.
Zuerst tauchte Dietrich auf. Die Hände waren ihm auf den Rücken gebunden und er ging tief gebeugt. Sein Gang war nicht mehr elastisch, sondern er torkelte. Der hinter ihm gehende Ranzenwirt schob ihn in Richtung eines Autos. In der Hand hielt er eine Pistole.
Nachdem Narbengesicht nicht erschienen war, wusste der Ranzenwirt, dass er den Mann in der Vorratskammer nun selber beseitigen musste. ,In zwei Stunden wird es hell und bis dahin muss er verschwunden sein‘, murmelte er grimmig in sich hinein.
Während er sich mühsam erhob, verfluchte er Narbengesicht und noch mehr die Lage, in der er sich befand. Er öffnete vorsichtig die Tür der Vorratskammer, drückte den Lichtschalter und sah, dass der Mann nun bei Bewusstsein war. Der Schädel war voll eingetrockneten Blutes und er sah grauenhaft aus.
Der Mann stöhnte mehr, als dass er sprach. „Mein Name ist Daniel Dietrich und ich bin von der internationalen Drogenbehörde in Zürich. Wenn Sie mich nicht sofort freilassen und in ein Spital bringen, werden Sie einen Sack voll Probleme kriegen.“ ,Das befürchte ich allerdings auch‘ dachte der Ranzenwirt und wurde nervös. „Zuerst gehen wir zur Polizei“, versuchte er den Mann zu täuschen.
„Falls das mit der internationalen Drogenpolizei stimmen sollte, kann die Polizei Sie ins Spital fahren. „Von mir aus“, stöhnte Dietrich. In meinem Kopf klopft es, wie wenn ich einen Schädelbruch erlitten hätte.“ Der Ranzenwirt ignorierte die Bemerkung. „Bis Sie identifiziert sind, werde ich Sie allerdings nicht losbinden“, sagte er und half Dietrich beim Aufstehen. „Zudem bin ich bewaffnet, falls Sie einen Fluchversuch planen sollten“, und er fuchtelte mit seiner Pistole vor dem Kopf von Dietrich herum. Dann schritt er in Richtung Ausgang. Bevor er mit Dietrich auf die Strasse trat, schaute er in alle Himmelsrichtungen.
„Keine Sau mehr auf der Strasse“, stellte er zu Dietrich gewandt befriedigt fest. Dann schob er ihn zu seinem Pick Up. ,Zwischen Pattaya und dem angrenzenden Jomtienbeach ist grösseres Sumpfgelände‘, erinnerte er sich. Kürzlich hatte er sich mit Immobilienmaklern das Grundstück angeschaut und überlegt, ob er sich an einem dort geplanten Projekt beteiligen soll.
Das Gelände war ihm aber zu sumpfig erschienen. ,Der Sumpf kommt mir jetzt wie gerufen‘, dachte er und schubste Dietrich weiter in Richtung Fahrzeug.
Plötzlich hörte er klirrendes Glas von den gegenüber liegenden Bierbars. Eine Gestalt erschien schwankend und grölend in seinem Blickfeld. ,Diese verdammten Idioten‘, dachte er erschrocken. ,Lassen sie die Besoffenen einfach liegen, statt sie der Touristenpolizei zu melden, die sie gegen eine nette Bezahlung in ihre Hotels bringt.‘
Der Mann stoppte kurz und bemühte sich krampfhaft um sein Gleichgewicht. In der Hand hielt er eine Flasche Bier. Dann entdeckte er die beiden Gestalten auf der gegenüber liegenden Strassenseite. Er hob seine Flasche und prostete ihnen zu. Dann trat er auf die Strasse, rief ihnen freudig erregt wirre Begrüssungen in den verschiedensten Sprachen zu und wankte näher.
Er schaute auf den gefesselten Dietrich und lallte dem Ranzenwirt auf Englisch zu. „Oh! Hast Du einen Räuber gefangen?“ Der antwortete: „Genau. Pass’ auf, der ist gefährlich und ich muss ihn sofort zur Polizei bringen.“ Der Ranzenwirt wusste berufshalber genau, wie man mit Betrunkenen umgehen musste. „Ich bringe ihn schnell zur Polizei und wenn ich wieder zurück bin, trinken wir noch ein Bierchen zusammen“, meinte er gutmütig zu dem jungen Mann.
„Auf fein!“, jauchzte dieser auf und trat noch etwas näher.
Dann ging alles sehr schnell. Der Betrunkene war niemand anderes als Frank, welcher sich diese Rolle ausgedacht hatte, als er die Beiden aus der Bar kommen sah. Der Ranzenwirt war völlig überrumpelt, als Frank ihn rammte. Die Pistole flog in weitem Bogen weg, er knallte mit voller Wucht in die Mauer und die Pistole schepperte über den Asphalt.
Der Ranzenwirt sackte lautlos auf die Knie. Frank setzte nach, der Ranzenwirt kippte nach vorne weg und blieb dann wimmernd am Boden liegen. Dietrich schien ihn erst jetzt zu erkennen. „Wie kommst Du denn hierher?“, fragte er verwirrt. Frank beachtete ihn nicht und rief stattdessen mit seinem Handy Gong an.
Noch bevor das Handy richtig anfing zu klingeln, schoss ein Motorradtaxi um die Ecke und hinten drauf sass Gong. Frank strahlte ihn an. „Beide sind kampfunfähig. Du musst sie nur noch verhaften, einpacken und abliefern“, erklärte er und knetete sich die Hände.
Wenige Minuten später fuhren zwei Einsatzwagen der Polizei mit lauten Sirenen an den Tatort. Der Ranzenwirt war kreidebleich und wimmerte bei der leisesten Berührung, als er in das Fahrzeug geführt wurde.
„Nun brauche ich aber eine Mütze Schlaf“, meinte der noch immer stolz gereckte Frank. Dann sah er den blutunterlaufenen Hals von Gong und fragte erschrocken nach dem Grund. „Das erzähle ich Dir auf dem Heimweg, erwiderte Gong und stieg ebenfalls in das Polizeiauto ein.
„Pattaya ist verloren“, stöhnte Narbengesicht, der aus einiger Entfernung gespannt die Verhaftung des Ranzenwirts beobachtet hatte. Er wollte wirklich zurück in die Sumibar und sich dort pflegen lassen. Der Schmerz im Bein erschien ihm fast unerträglich. Trotz der Schmerzen blieb er aber vorsichtig, stellte das Moped einige hundert Meter vor der Sumibar ab und schlich sich mit schmerzverzerrtem Gesicht näher heran.
Er erkannte Frank sofort, welcher den Betrunkenen mimte und schaute gespannt zu, wie er den Ranzenwirt überwältigte. Auch Dietrich hatte er bemerkt und sofort wiedererkannt. Auf seinem Gesicht bildeten sich Sorgenfalten und er wiegte unsicher den Kopf hin und her. ,Soll ich eingreifen oder nicht‘, überlegte er sich immer wieder. Ein Gedanke überstrahlte jedoch alles und liess ihn sogar seine Schmerzen vergessen.
,Wo der Junge ist, ist auch die blonde Frau nicht weit!‘ grinste er trotz der höllischen Schmerzen auf.
So schnell es sein Fuss erlaubte, rannte er zurück zum Motorrad und folgte anschliessend unbemerkt dem Polizeiauto. Als er Frank und Gong im Parkhotel verschwinden sah, huschte ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht. Wenige Minuten später stand er vor dem Apartment von Skipper. Schnell hatte er den kleinen Schaden, den Gong am Jeep verursacht hatte, behoben und fuhr zum Gelände, auf dem der Kampf mit Gong stattgefunden hatte.
Tief gebeugt suchte er humpelnd den Boden ab. Nach wenigen Sekunden fiel sein Blick auf das Gesuchte. Schnell steckte er die Waffe ein und dann fuhr dann in eine der zahlreichen Apotheken von Pattaya, welche Tag und Nacht geöffnet haben.
Er kaufte sich starke Schmerztabletten. Der geschäftstüchtige Apotheker rieb ihm sogar das blau angeschwollene Fussgelenk ein und stabilisierte mit einem starken Druckverband das Gelenk. Gerne verkaufte er ihm auch von den illegalen Aufputschmitteln, welche er als Kopfschmerzmittel getarnt in einer Schublade lagerte.
Dann fuhr Narbengesicht weiter zum Hauptquartier des Syndikates in Pattaya und instruierte die Totengräber neu. „Die letzten Lieferungen ausführen und dann den Laden in Pattaya dichtmachen“, befahl er ihnen. Sie nickten und wussten, was mit dem Begriff ,dichtmachen‘ gemeint war.
Als der Tag über Pattaya hereinbrach, parkte er den Jeep etwas schräg vor das Parkhotel, schluckte eine der Aufputschtabletten und wartete.