Thailändisches Familienrecht: die internationale Scheidung
Erstellt am 06.08.2019
Die ausländisch-thailändische Heirat gilt in der Praxis nur in begrenztem Umfang als Erfolgsmodell. Die künstliche Verlängerung einer unerfreulichen Situation durch Aufrechterhaltung einer gescheiterten Ehe, bis es gar nicht mehr anders geht, ist eine Entscheidung, die in vielfacher Hinsicht zu einer wachsenden Belastung wird.
Was sich als Schrecken ohne Ende herausgestellt hat, muss nicht zu einem Ende mit Schrecken führen. Die unterschiedlichen Rechtsordnungen einer grenzüberschreitenden Mischehe machen es sinnvoll, die Scheidung als Projekt fachmännisch zu gestalten, anstatt unüberlegt eine blinde Flucht nach vorn anzutreten. Professioneller Rat ist wichtig, wenn es um erhebliche Vermögenswerte geht, insbesondere bei asymmetrischen Vermögensverhältnissen.
Die thailändische Privatscheidung
Anders als in Deutschland ermöglicht das thailändische Recht eine Privatscheidung ohne Gerichtsverfahren. Dies erfordert eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten vor Zeugen. Diese Vereinbarung ist ordnungsgemäß zu registrieren, entweder beim Bezirksamt in Thailand oder bei einer thailändischen Botschaft im Ausland.
Bei der gemischt thailändisch-ausländischen Privatscheidung stellt sich einerseits die Frage der Zuständigkeit thailändischen Rechts und andererseits die Problematik der Anerkennung außerhalb Thailands. Es ist der nicht seltene Praxisfall, dass sich erst Jahre später herausstellt, dass die Ehe doch nicht vollständig beendet wurde. Dies hat offensichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Vermögenssituation und die Möglichkeit zur Wiederverheiratung.
Die in Thailand vollzogene Privatscheidung ist in Deutschland grundsätzlich nicht anerkennungsfähig, wenn für die Scheidung der Ehe (auch) deutsches Recht maßgebend ist. Ähnliche Problematiken können sich bei einem Scheidungsurteil aus einem Drittland ergeben. Das Anerkennungsverfahren vor der deutschen Justizverwaltung zum Erhalt eines Ehefähigkeitszeugnisses kann dann zu Überraschungen führen.
Die Auswahl des Scheidungsgerichts
Es ist ein verbreitetes Vorurteil, dass die Scheidung in demselben Land stattzufinden habe, in dem die Hochzeit erfolgt ist. Dies ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Eheschließungsstatut, Ehewirkungsstatut, Ehescheidungsstatut und Scheidungsfolgenstatut sind hierbei streng zu unterscheidende Fachbegriffe des internationalen Privatrechts. Auch vor einem deutschen Scheidungsgericht kann je nach Sachverhaltsgestaltung eine Scheidung nach thailändischem Recht erfolgen. Auch eine einvernehmliche deutsche Scheidung mag dann übrigens eines thailändischen Scheidungsgrundes bedürfen.
Die Ehepartner mögen zum Scheidungszeitpunkt in unterschiedlichen Ländern leben. Die Zustellung der Scheidungsklage über die Grenze hinweg führt zu einer Sonderproblematik, die zumindest Auswirkungen auf die Gesamtdauer des Verfahrens hat. Hiermit in Zusammenhang stellt sich die Frage der Notwendigkeit von Übersetzungen, um eine wirksame Zustellung zu ermöglichen. Für die Scheidung vom Ehepartner, der nicht vor Gericht erscheint, gelten weitere Erschwerungen, aber es ist nicht unmöglich.
Die streitige Scheidung bedarf eines Scheidungsgrunds. Für die Auswahl ist es entscheidend, dass das angewendete Recht den gewünschten Scheidungsgrund auch kennt und akzeptiert. Hierbei geht es nicht nur um einen Vergleich des Wortlauts der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften, sondern auch um Praxiserfahrung hinsichtlich der tatsächlichen Handhabung.
Die Vermögensaufteilung
Thailand hat den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Während der Ehezeit angeschaffte Vermögensgüter und Schulden gehören beiden Ehepartnern im Grundsatz gemeinsam, auch wenn Art und Ausmaß dem anderen Ehepartner nicht bekannt sind. Daneben gibt es als Ausnahme Privatvermögen. Hier stellt sich in der Praxis die Konfrontation mit den thailändischen Ausländerbeschränkungen, die beispielsweise den ausländischen Grundstückserwerb verbieten aber nicht verhindern.
Weiterhin zu berücksichtigen sind die Auswirkungen auf das Auslandsvermögen, insbesondere des nicht-thailändischen Ehegatten, der voreheliche Erwerb von Vermögensgegenständen, der Vermögenserwerb des Ausländers mit Geldvermögen, das vor der Heirat erzielt wurde, und vieles mehr.
Sowohl Thailand wie auch das deutschsprachige Ausland kennen die grundsätzliche Möglichkeit, durch einen Ehevertrag vom gesetzlichen Güterstand abzuweichen. Dessen thailändische Anerkennung bei einem Abschluss außerhalb Thailands, beispielsweise vor der Verheiratung, vor der Einreise nach Thailand oder nur gemäß ausländischen Rechtsregeln, bedarf einer Prüfung im Einzelfall.
Strategie und Planung zur vorteilhaften Scheidung der gemischtnationalen Ehe
Es ist offensichtlich die falsche Vorgehensweise, ohne eine klare Planung ein internationales Scheidungsverfahren zu beginnen und dann abzuwarten, wie sich die Dinge wohl entwickeln werden. Die Scheidungsstrategie muss bereits abgeschlossen sein, bevor der Scheidungswunsch ernsthaft geäußert wird.
Eine interessante Gestaltungsmöglichkeit und Baustein der klugen Scheidungsstrategie ist die nach thailändischem Recht gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, während der Ehezeit getroffene Vereinbarungen zwischen den Ehegatten einseitig aufkündigen zu können. Dies ist selbst in den ersten zwölf Monaten nach der Scheidung noch möglich.
Der scheidungswillige Ehepartner muss sich bei seiner Vorgehensweise stets darauf einstellen, dass ihm die Gegenseite zuvorkommt und durch ein gutberatenes eigenes Vorgehen günstigere Voraussetzungen schafft. Wer auf diesen Scheidungswettlauf nicht eingestellt ist, wird ihn typischerweise verlieren.
Scheidungsfolgesachen, also Sorgerecht, Kindesunterhalt und Fragen des nachehelichen Unterhalts haben selbstverständlich ebenfalls ihre Berechtigung. Diese Gesichtspunkte sind vorliegend nicht näher angesprochen.
Die anwaltliche Vertretung beim Scheidungsverfahren ist sowohl in Deutschland wie auch in Thailand nur durch Berufsträger zulässig, die im jeweiligen Land lizenziert und gerichtlich zugelassen sind. Thailand hat fähige und unerwartet aggressiv vorgehende Scheidungsanwälte.
quelle:FB von Anwalt Dr. Ulrich E.