Ich hab dazu eine andere These... ich arbeite ja als Entwickler, bis Anfang 24 noch als Freelancer, seit dem nun als ANÜ und habe in den letzten 5 Jahren dauernd auch mit Jüngeren zwischen 24 und 30 zu tun.
Allesamt sind (Halb-)Akademiker (Eigenbezeichnung, kommt nicht von mir - sie meinen, da Sie nur "Fachhochschule" anstatt Uni gemacht haben, sind Sie nur halbe Akademiker). Ich schätze insgesamt waren das bestimmt um die 30 junge Menschen in den letzten 5 Jahren, mit denen ich zusammen gearbeitet und auch viel über solche Themen gesprochen habe. Der Anteil von Uni-Abschlüssen lag vielleicht bei 60%, der Rest eben Fachhochschule bzw. einer sogar Autodidakt.
Hier im Norden DE's liegt der Schnitt bei Angestellten Entwicklern (Junioren - also praktisch frisch von Schule bis 6-8 Jahre Erfahrung) zwischen 55 - 70.000 / Jahr. Je weiter südlicher man geht, desto höher auch der Jahresbrutto (ca. bis 100-110k). Ich glaube es ist schon klar, dass bei solchen Gehältern auch hohe Sozialbeiträge eingezahlt werden müssen. Ich würde mal behaupten, dass ca. 90% von denen auch Deutsche sind und vielleicht 8% DE'ler mit Migrationshintergrund und 2% reine Ausländer (wobei der Ausländeranteil vor allem in Berlin, Düsseldorf und FFM exorbitant höher ist). Gearbeitet habe ich seit Covid zwar überwiegend Remote, aber täglich ständig mit Videocalls im Team und das bis auf Bayern und Sachsen in allen Bundesländern.
Was mir nun aufgefallen ist, dass alle von denen zwar nicht mehr daran glauben eine Rente zu bekommen und deshalb selbst vorsorgen (ETF's, Cryptos, etc.). Ich würde sogar auch sagen, dass eigentlich alle nicht planen in DE alt zu werden und "planen" ins Ausland auszuwandern. Das "planen" setze ich bewußt hervor, da Sie eigentlich nicht wirklich nen Plan haben, das ist praktisch bei allen nur ein Gedanke. Einige von denen haben auch eine Vorstellung, in welche Richtung es gehen soll (witzigerweise stehen da die Skandinavischen Länder, und die Schweiz ganz oben). Spricht man Sie aber darauf an, dass Sie im Grunde aber auch etwas dagegen tun könnten, z.b. bei den Wahlen, merkt man ganz klar, dass niemand mehr von denen an echte Wahlen glaubt und hier schon längst aufgegeben hat. Eigenartigerweise ist kein Einziger von denen "Grün" oder "Links" (was ich ehrlicherweise immer geglaubt habe) und kein Einziger von denen will nur 20 Stundenwoche oder sowas. Jeder Einzelne macht merklich seinen Job gern und arbeitet in der Regel teils auch mehr als 40 Std./Woche.
Wird man dann aber etwas politisch merkt man, dass die da absolut keine Meinung zu haben. Klimaneutralität? Joa... ist schon wichtig, aber mehr als selbst Müll trennen, mit den Öffis und Fahrrad fahren - dann Achselzucken. Links? können die gar nichts mit anfangen, habe irgendwie gar keine Meinung zu. Gerade arbeite ich ja nahe Bremen bei einem Unternehmen. In meiner Abteilung arbeiten so 5 Menschen zwischen 19 & 21 (1x Auszubildende und ein Werkstudent) und 4 Angestellte Junior-Entwickler (25-29 Jahre). Von den 4en sind 3 auf der Uni in Bremen gewesen und niemand von denen ist Links??? Konnte ich gar nicht glauben!
Darüber hinaus haben wir noch andere Standorte (u.a. z.b. in HH, aber auch Kroatien, Australien, etc., die lasse ich aber bewußt weg), wo auch noch einzeln welche aus meiner Abteilung arbeiten. Insgesamt haben wir 9 Menschen zwischen 25 und 29 Jahren in allen Standorten und ich habe mit allen außer einem schon oft über diese Themen gesprochen. Witzigerweise bin ich zwar nicht der Einzige, der zuvor fast 25 Jahre als Freelancer tätig war, aber wohl er Einzige, der mit denen über das Thema spricht. Denn ich werde dauernd von den jungen Leuten darüber ausgefragt. Dadurch entstehen ja auch diese Diskussionen. Alle 4, die in Bremen in meiner Abteilung sind, labern mich mindestens einmal die Woche mit dem Thema zu. Fange ich damit an, wie es in DE mit den Pflichten und Kosten zu Gange ist, wird das Thema schnell auf Ausland gewechselt oder andere Bereiche. Irgendwie scheint es den Leuten nicht zu interessieren, als hätten Sie den Standort DE bereits komplett abgeschrieben. Über solche Themen spreche ich lediglich mit den meist Familienvätern, die bereits zwischen 35 und 55 sind (und die jammern eigentlich immer nur und man merkt, wie der Neid aus denen spricht).
Sicherlich ist das nicht repräsentativ, aber ich glaube, dass die DE Twens vor allem im akademischen Bereich schon längst das Land abgeschrieben haben und langfristig sich damit vereinbaren, woanders Ihr Leben aufzubauen. Niemand fühlt sich dabei definitiv wohl, das merkt man denen in jeder Faser an, aber keiner sieht hier noch Potential. Das finde ich wirklich extrem erschreckend! Also wenn schon die nicht mehr auf das Land setzen, kein Vertrauen mehr in die Institution haben, wo soll da die Reise noch hingehen in diesem Land? Gerade für die Älteren, erst recht wenn sogar noch familiäre Verpflichtungen dran hängen, bleibt nicht die Wahl "ich mach mal fix den Abflug und mach mich vom Acker".