Es war schon wie ein Ritual und eine Hommage an die alten Zeiten. Meine fast ständige Anwesenheit in der Casanova Bar zu meinen Bangkok Zeiten haben mir einige Privilegien eingebracht, die für einen Farang wohl nicht alltäglich sind. Während meiner geldlosen Zeit hat mir Phi Thong geholfen. Da er selbst kein Apartment hatte, schlief er wie ein Teil seiner Staff nach Feierabend in der Bar. Nach Feierabend war allerdings extrem zu dehnen. Der Besitzer der Bar, Khun Somsak, hatte die Angewohnheit, jeden Abend zu vorgerückter Stunde in die Bar zu kommen, die Bücher zu prüfen und entsprechend die Einnahmen mitzunehmen. Mit Phi Thong ging er den Geschäftstag durch, genehmigte Orders und was es noch an wichtigen Ausgaben zu tätigen galt, genehmigte sich den einen und anderen Whisky und schloss die Bar meist gegen 3 Uhr, allerdings von Innen, was für uns hieß, in Bangkoks Nachleben auf die Rolle zu gehen. Ich genoss diese Zeit, stets in Begleitung von Phi Thong, ein paar Ladyboys und ab und an auch mal mit ein paar Ladies, lernte ich Bangkok von einer Seite kennen, die wohl den meisten Farang unbekannt bleiben wird. Dunkle, anrüchige Kellerbars in noch dunkleren Seitenstraßen der Petchburi Road abseits der ausgetretenen Touristenpfade boten mir unvergessliche Einblicke und Erfahrungen. Diese nächtlichen Touren waren prägend für mich, ein Ladyboy, wahrlich ein graziles Geschöpf dieser Spezie, hatte sich in mich verliebt und gestand mir eines Nachts ihre Liebe. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Erfahrung, einem Mädchen oder wie hier, einem Ladyboy einen Korb geben zu müssen. So fiel es mir recht schwer, ihr dies zu sagen. Es endete mit ihrer Akzeptanz aber auch mit Tränen. Ich erinnere mich noch ganz genau an Phi Thongs Schmunzeln. Meist endete ein solcher Abend am Morgen kurz nach Sonnenaufgang. Mit dem Taxi ging es zurück zur Soi 4, Phi Thong checkte, ob der Boss noch in der Bar war. Meist verließ er sie um diese Zeit und fuhr nach Hause. Die verbleibende Zeit überbrückten wir damit, eine Kleinigkeit zu essen und etwas Kaffee zu trinken. Dann ging es zurück in die Bar, Thong spendierte meist noch ein Absacker-Bier um die nötige Bettschwere zu erreichen. Ich zeigte mich erkenntlich, indem ich mich des Abends um die Musik kümmerte. Irgendwann fiel es Khun Somsak natürlich auf, dass Phi Thong einen besonderen Gast hatte. Ich weiß nicht wieso, warum und weshalb wie Phi Thong das gegenüber Khun Somsak vertreten hatte. Aber seitdem war ich akzeptiert oder besser gesagt, gehörte dazu, war irgendwie Bestandteil dieser Bar geworden und hatte meine Privilegien. Dass ich auch heute noch mein eigenes Getränk mitbringen kann, ist eines davon. Zwar kommt Khun Somsak nicht mehr so häufig, er ist mittlerweile auch in die Jahre gekommen, aber wenn ich ihn dort einmal treffe, gibt es jedes Mal etwas Small Talk, er lädt mich zu einem Drink ein und will wissen, wie es meiner Frau geht. Das finde ich umso mehr erstaunlich, da Khun Somsak eine recht konservative Einstellung hat. Er sieht in Bar Girls halt das, was so viele Thais in ihnen sehen, als Menschen zweiter Klasse und bringt ihnen kaum Achtung entgegen.
Ich hatte meinen Kauf abgeschlossen und Joy folgte mir. Sie wirkte etwas unsicher. Aber das war weiter nicht verwunderlich. In Pattaya hatte sie Heimvorteil wohingegen ich in Bangkok den Hort sah, an dem ich in Thailand gereift bin. Die Begrüßung in der Casanova war wie immer herzlich. Chian, ein enger Freund von Phi Thong, war da und freute sich besonders. Chian war ein feiner Kerl, hatte in der Bar sein Auskommen gefunden. Er konnte weder lesen noch schreiben, half aber an allen Ecken und Kanten wo Not am Mann war. Die Staff in der Casanova Bar gehörte eigentlich auch zu den wenigen Menschen in Thailand, die mich regelmäßig mit meinem bürgerlichen Namen anredeten, ein kleines Novum. Nach wie vor fühlte sich Joy unsicher, schaute etwas ungläubig und hatte wohl ihre Schwierigkeiten, dies alles zu verstehen. Ich lächelte in mich hinein. Es kam ja nicht oft vor, dass ich hier mit einer Lady auftauchte, die nicht meine Frau war. Chian fragte nach Phi Thong. In einem spontanen Entschluss nahm ich ihn mit vor die Tür und rief Phi Thong, der ja noch in Pattaya war, an. Ich übergab Chian mein Fone und die beiden hatten wohl ihre Freude daran, sich nach mehr als 10 Jahren mal wieder auszutauschen.
Wir hielten uns fast eine Stunde in der Casanova Bar auf. Es war schon fast Mitternacht und ich wollte zurück ins Hotel. Ich bräuchte mindesten meine 4 Stunden Schlaf. Wir verabschiedeten uns und fuhren mit einem Taxi zurück ins Hotel. Ich klopfte kurz bei Mem an um nach ihr zu schauen. Sie antwortete nicht und ich versuchte die zu öffnen. Mem hatte nicht abgeschlossen. Das Licht in ihrem Zimmer war gedämpft und ich fand sie schlafend vor. Leise zog ich die Tür wieder zu und folgte Joy in mein Zimmer. Wir zogen uns aus und gingen noch schnell duschen, bevor wir uns im Bett aneinander kuschelten. Die Nähe zu Joy und die Wärme ihres nackten Körpers ließen mich zwar reagieren. Aber irgendwie war die Anspannung des letzten Abends noch nicht verflogen Joy hatte Verständnis dafür, auch für sie war es eine nicht gerade angenehme Situation, es schien, als würde die Spannung die zwischen ihr und Mem lag eine Brücke von Mems Zimmer zu unserem schlagen. Trotzdem entspannte Joy mich auf angenehme Weise und nur Minuten später war ich eingeschlafen.