Nele-Imke war kurz vor uns bei dem Hotel angekommen, aus dem Pong angerufen hatte, und diskutierte bereits mit einer Angestellten an der Rezeption. Diese war wenig hilfsbereit und weigerte sich strikt Hotelgäste mit unserem Anliegen zu behelligen. Auch Noi hatte nicht mehr Erfolg, als sie es von Thai zu Thai versuchte. Letztlich konnten wir nur warten bis Pong herauskommen würde. Den einzigen Ausgang des Hotels hatten wir von einem gegenüber liegendem Thai-Restaurant gut im Blick und so bezogen wir dort Position.
Ich hatte nicht wirklich ein gutes Gefühl dabei, denn das konnte Stunden dauern. Stunden, die ich mit Nele-Imke und Noi zusammen an einem Tisch überstehen musste. Keine wirklich gute Idee, aber eine Alternative sah ich auch nicht. Da musste ich irgendwie durch.
Nele-Imke war glücklicherweise abgelenkt. Das machte das Ganze etwas einfacher. Die Vorstellung, was Pong gerade durchmachte, nur wenige Meter entfernt, zerrte an ihren Nerven. Sonst hätte sie sicher auf den ersten Blick erkannt, dass zwischen Noi und mir etwas war.
"Why you not smile? You not happy?" fragte Noi mich schmunzelnd. Bevor ich antworten konnte, erklärte Nele-Imke ihr, wie es uns belasten würde Pong so nah zu sein, ihr aber dennoch nicht helfen zu können. Da musste ich dann doch etwas schmunzeln, aber Nele-Imke konnte ja nicht wissen was Noi meinte.
Wir saßen dort fast vier Stunden und beobachteten ein stetes Kommen und Gehen von Sextouristen mit ihren Mädchen. Einige davon waren mindestens doppelt so alt und dreimal so schwer wie ihre Mädchen. Einige hatten sogar zwei Mädchen an der Hand, das größte Schwein tatsächlich gleich drei.
Unvorstellbar, was an einem "normalen" Tag in so einem Hotel in Pattaya vor sich ging. Und jeder tat so, als wäre das ganz normal. Niemand schien auch nur einen Hauch von Mitleid für die armen Mädchen oder Ekel für das Geschehenzu empfinden.
Sicherlich waren auch einige Mädchen dabei, die einfach nur verdorben und zu faul waren einer anständigen Arbeit nachzugehen. Mit denen hielt sich unser Mitleid in Grenzen, aber diese Wenigen konnte man mit bloßem Auge erkennen.
Aufgetakelt, mit Schmuck behangen und in teure Klamotten gehüllt, versuchten sie zu übertünchen, dass sie der Bodensatz der Gesellschaft waren. Kannte man sich aber etwas aus und war medial auch nur ein wenig vorgebildet, erkannte man diese verdorbenen und schäbigen Nutten natürlich sofort. Dann konnte ihre billige Scharade nicht mehr täuschen.
Hätten sich die Sextouristen auf diese Nutten beschränkt, sich praktisch mit ihresgleichen im Dreck gesuhlt, wäre es schlimm genug, aber uns letztlich fast egal gewesen. Aber das taten sie nicht.
Es war so offensichtlich, dass sie eher die einfachen, meist jungen und unbedarften Mädchen bevorzugten. Sicher hatten sie dafür schon eine Art Perversen-Sensor entwickelt. Je jünger, einfacher gekleidet und hilfloser ein Mädchen schien, desto attraktiver wurde es für sie. Sicher waren sie auch noch billiger als diese aufgetakelten Profihuren, die ihren schäbigen Lohn für sich behalten konnten, statt ihn an irgendwelche Zuhälter und Menschenhändler abzugeben.
Wir konnten einfach nicht fassen, dass niemand von der Situation dieser armen Mädchen Notiz nahm. Selbst in Deutschland wurde doch darüber berichtet, wie sie in jungen Jahren, teilweise von den eigenen, bettelarmen Eltern, für eine Wochenration Reis an Menschenhändler verkauft und in schäbige Quartiere gepfercht wurden. Dort wurden sie dann geschlagen, gequält und vergewaltigt, um sie gefügig zu machen. Einmal gebrochen und gefügig gemacht, wurden sie herausgelassen. Herausgelassen nur, um den Perversen zu Diensten zu sein, ihren Launen und sicher oft unaussprechlichen Praktiken hilflos ausgeliefert. Gesehen hatten wir die Verschläge, in denen die Mädchen gehalten wurden, zwar nicht, aber wir wussten ja, dass es sie gab.
Die Einheimischen, die Polizei und Behörden kannten sich hier aus, wussten sicher genau wo sie sich befanden und unternahmen dennoch nichts, sondern ignorierten das offensichtliche Geschehen einfach.
Und die Sextouristen reisten um die halbe Welt, um sich auf diesem Sklavenmarkt mit billigem Fleisch zu versorgen. Vermutlich sparten sie auch noch das ganze Jahr über, um sich ein paar wenige Wochen im Jahr in Pattaya austoben zu können. Da kann keiner erzählen, er wüsste nicht was er den Mädchen antut und andere ihnen zuvor angetan haben, damit er seine Perversion befriedigen kann.
Noi äußerte sich zu dem Thema praktisch nicht. Auch wenn Noi mit diesem Rotlichtsumpf nichts zu tun hatte, wunderte es mich doch etwas, dass sie das Ganze so teilnahmslos hinnahm und einfach ignorierte. Sie sah ja auch was um sie herum geschah. Vermutlich wollte sie sich von all dem möglichst weit fernhalten und warf einfach die armen Sklavenmädchen mit den sich freiwillig verdingenden Nutten in einen Topf. Vielleicht schämte sie sich auch einfach nur für ihre Landsleute. Jedenfalls konzentrierte sie sich schlicht auf ihr Essen, dass sie bestellt hatte. Nele-Imke und ich tranken nur etwas. Hunger hatten wir zwar mittlerweile auch, aber das Restaurant wer sehr einfach, eher für die Einheimischen gedacht und hatte nur Thai-Kram im Angebot. So hungrig waren wir dann doch nicht.
Dann kam Pong aus dem Hotel. Wir erkannten sie schon von Weitem, hatten wir ihr Bild doch hundertmal genauestens betrachtet. Sie war es tatsächlich. Endlich waren wir am Ziel.
Nele-Imke sprang auf, rannte zu ihr und schloss sie in die Arme.