Und dann war alles anders ... (reloaded)

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        #753  

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Das Hotel war tatsächlich purer Luxus, kein Vergleich zu dem in Pattaya. Auch dort hatte ich auf der Suche nach Pong einige dieser Tophotels gesehen. Von daher überraschte mich die mondäne Lobby nicht wirklich. Allerdings war ich in Pattaya jeweils nur kurz in diesen Hotels gewesen und hatte keinen Gedanken daran verschwendet, wie es sich dort wohl wohnte. Schließlich war das eine Welt so gänzlich jenseits dessen, was man sich als Normalsterblicher leisten konnte und wollte.
Entsprechend fühlte ich mich in dieser für mich fremden Umgebung: Deplatziert, unwohl, beobachtet. Als wären alle Augen von Gästen und Personal auf uns gerichtet, weil sie witterten, dass wir nicht dorthin gehörten, dass wir nicht wie sie adelig, superreich oder beides waren.
Am liebsten hätte ich Nele-Imke noch in der Lobby gefragt, ob sie im Lotto gewonnen hatte, oder warum es nicht zwei bis drei Nummern kleiner ging. Aber das hätte sicherlich für zusätzliches Aufsehen gesorgt. Ich versuchte also möglichst unauffällig die Fahrstühle zu erreichen, was mir auch gelang.
Das Zimmer war sehr geräumig und äußerst komfortabel eingerichtet. Neben einem riesigen Doppelbett befand sich ein zweites Bett, welches wohl ein Einzelbett sein sollte, aber nicht viel kleiner als das Doppelbett in unserem Zimmer in Pattaya oder bei uns zuhause war. Neben dem Einzelbett stand noch ein kleines Bettchen für Off.
Nele-Imke hatte mal wieder an alles gedacht, was mich aber nicht wirklich wunderte. Sie war es ja gewohnt zu organisieren. Umso mehr verwunderte es, dass sie Pongs Visum nicht längst hatte.

Während Pong Off zu Bett brachte und ihr leise wohl irgendein Thaimärchen erzählte, informierten Nele-Imke und ich uns gegenseitig. Nachdem ich ihr eine abgespeckte und an ihren Wissensstand angepasste Kurzfassung der Geschehnisse in Pattaya nach ihrer Abreise dort gegeben hatte, lenkte ich das Gespräch auf das wichtigere Thema: Pongs Visum.
Nele-Imke berichtete, dass sie bereits mehrfach in der Botschaft vorstellig geworden war, die einfachen Sachbearbeiter dort aber unglaublich borniert seien und die Dringlichkeit entweder nicht verstehen konnten oder nicht verstehen wollten. Eine habe ihr sogar nahezu unverblümt ins Gesicht gesagt, dass sie ihr nicht glaube, dass Pong ihre Schwester war - Gentest hin oder her.
Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Nele-Imke darauf reagiert hatte und war mir sicher, dass die Sachbearbeiterin künftig vorsichtiger mit ihrer Wortwahl sein würde. Nele-Imke bestätigte meine Vermutung auch direkt mit der Schilderung, wie sie ob dieser Frechheit ihr Anliegen nach einem 30-minütigen, verbalen Scharmützel schließlich mit der Vorgesetzten erläuterten konnte.
Diese versprach sich der Angelegenheit anzunehmen und versuchte auch gleich bei dem zuständigen Herrn im Nebenbüro, laut Nele-Imke vermutlich dem Chef der Visumabteilung, mit ihren Unterlagen vorstellig zu werden. Nele-Imke war mittlerweile wieder etwas besänftigt, da diese Dame sehr viel kompetenter, engagierter und vor allem entgegenkommender als die dämliche Pute von Sachbearbeiterin war.
Nele-Imke konnte durch die halb geöffnete Tür des Nebenbüros sehen, dass der zuständige Herr dort war und hoffte schon gleich alles erledigen und mit dem Visum herausspazieren zu können.
Doch leider musste die Dame sie vertrösten, denn Herr Bergdorf, so erklärte sie, hätte noch einen dringenden Termin und könne sich daher nicht sofort darum kümmern. Sie hatte ihm aber die Unterlagen bereits übergeben und er würde sich nachmittags, spätestens aber am nächsten Tag bei ihr melden. Nele-Imke war zwar etwas skeptisch, erkannte aber, dass es nicht klug wäre auf sofortige Bearbeitung zu bestehen und beschloss, es fürs Erste dabei zu belassen.
Falls sich Herr Bergdorf nicht wie versprochen meldete, konnte sie ja immer noch nachhaken.
 
        #754  

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Herr Bergdorf hatte sich an diesem Nachmittag nicht mehr gemeldet und auch am nächsten Tag war der erhoffte Anruf ausgeblieben, was Nele-Imke natürlich dazu veranlasste am Nachmittag erneut die Botschaft zu besuchen. Zu ihrem Entsetzen musste sie feststellen, dass sie offenbar auf eine Art schwarze Liste gesetzt worden war. Jedenfalls wurde sie nicht mal mehr auf das Gelände gelassen und einen Herrn Bergdorf gab es dort angeblich gar nicht. Trotz Nele-Imkes erheblichem Protest, der nur hauchdünn von Handgreiflichkeit entfernt war, blieb ihr letztlich keine Wahl, als resigniert und unverrichteter Dinge mit den unbearbeiteten Unterlagen, die entweder der angeblich nicht existierende Herr Bergdorf, wahrscheinlicher aber das scheinheilige und verlogene Miststück von Abteilungsleiterin, an der Pforte für sie hinterlegt hatte.

Das erklärte auch, warum Nele-Imke daraufhin in dieses 5-Sterne-Hotel umgezogen war, ohne auch nur einen Gedanken an die Kosten zu verschwenden.
Nele-Imke erklärte das ganz sachlich und rational damit, dass es in unmittelbarer Nähe zur Botschaft lag und sie so morgens, mittags und abends vor der Botschaft nach dem Kerl Ausschau halten konnte. Aber ich kannte Nele-Imke und wusste, dass das bestenfalls die halbe Wahrheit war. Man hatte sie nicht nur nicht ernst genommen und die Visa verwehrt, man hatte sie, schlicht gesagt, verarscht. Und darauf reagierte Nele-Imke mit Zorn und einem unbändigen Wunsch nach Vergeltung. Das passierte nicht oft, aber wer Nele-Imke einmal in einer solchen Stimmung erlebt hatte, wusste sofort, warum sie Alexandre Dumas schätzte und welches seiner Werke es ihr besonders angetan hatte.

"Der wird ja nicht da drin wohnen. Früher oder später wird er rauskommen und dann knöpfe ich mir den vor. Dann ist es auch egal ob er Bergdorf oder sonstwie heißt. Wenn ich den in die Finger kriege, wird er seinen Namen selbst nicht mehr wissen und betteln Pong und Off Visa ausstellen zu dürfen."

Ich hörte Nele-Imkes Ausführungen mit wachsendem Entsetzen zu und mein toller Plan fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Alles hatte ich bisher auf die ein oder andere Weise hinbekommen und nun schien alles an einer Lappalie wie Visa zu scheitern. Ausgerechnet an den Visa, deren Beschaffung ich als reime Formsache angesehen hatte. Die Möglichkeit, dass man Pong und Off kein Visum ausstellen würde, hatte ich ernsthaft gar nicht in Betracht gezogen. Warum auch? Nele-Imke und ich hatten einen einwandfreien Leumund und würden ja für sie sorgen und wenn es sein müsste auch bürgen. Es war also auszuschließen, dass die beiden in irgendeiner Form zu einem Problem oder einer Belastung in Deutschland würden.
Ich verstand die Welt nicht mehr und hätte vor Verzweiflung heulen können. Da ich aber Pong nicht beunruhigen wollte, versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen.
Ich bezweifelte, dass Nele-Imkes Plan aufgehen würde. Selbst wenn wir diesen Herrn Bergdorf, oder wie auch immer er hieß, tatsächlich auf der Straße abfangen konnten, hatten wir noch lange keine Visa für Pong und Off. Es war nicht so, dass ich nicht geglaubt hätte, dass Nele-Imke jedes Wort ernst meinte, oder dass sie nicht in der Lage wäre ihn so durch die Mangel zu drehen, dass er nicht mehr wusste, wie er heisst. Daran hatte ich keine Zweifel.
Es war vielmehr so, dass ich uns anschließend eher in einer Zelle einer örtlichen Polizeistation sah, als mit Pong und Off im Flieger nach Hause.

Aber mir fiel auch nicht wirklich etwas Besseres ein und so fand ich mich am nächsten Morgen früh um 7 Uhr, nach einer langen und schlaflosen Nacht, mit Nele-Imke, Pong und Off beim Frühstück in einem kleinen Restaurant wieder. Das Frühstück dort war eher etwas für Pong und Off, weniger, eigentlich gar nicht, für Nele-Imke und mich. Aber das Restaurant bot einen optimalen Blick auf den Eingangsbereich der Botschaft.
 
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        #755  

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Member hat gesagt:
Wirklich schade, dass die Geschichte ausgeblutet ist....oder schreibt @awita bereits am Buch zur Geschichte??

Gruß Piper

..wohl am Drehbuch 5555
 
        #756  

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Rieche ich da vielleicht eine Heirat?

Freue mich, dass meine Lieblings "Story" weiter geht.
 
        #757  

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Dort herrschte reges Treiben, ein stetes Kommen und Gehen. Den Meisten glaubten wir ansehen zu können, ob sie dort arbeiteten, Touristen mit einem Problem oder Einheimische mit einem Visumantrag waren. Hinzu kamen diverse Fahrzeuge. Taxis, Limousinen und vereinzelt Lieferwagen. Einige wurden eingelassen, die meisten entluden ihre menschliche Fracht aber an der Straße und fuhren davon.
Nele-Imke hatte uns Herrn Bergdorf beschrieben. Ein Mittfünfziger, schlank, sprtlich, mit recht vollem, grauem Haar, weder Bart noch Brille.
Ich fand ja, dass das eine viel zu allgemeine Beschreibung war, die auf hunderte Männer zutreffen musste, aber Nele-Imke konnte keine weiteren Details nennen. Schließlich hatte sie ihn nur kurz durch einen Türspalt gesehen.
Zu meiner Überraschung stellten wir nach einiger Zeit fest, dass es sogar erstaunlich wenige Männer gab, auf die diese Beschreibung passte. Bis 10 Uhr waren es genau zwei, aber Nele-Imke verneinte beide Male, dass es sich um den Gesuchten handelte.
Obwohl wir natürlich versuchten auch die Insassen der Fahrzeuge zu erspähen, gelang uns das nicht immer.
Ich fragte mich, wie viele wohl, von uns ungesehen, hineingelangt waren. Vermutlich zwei oder drei Dutzend. Gegen 10 Uhr gaben wir vorerst auf. Bereits seit über einer Stunde waren fast ausschließlich Leute aufgetaucht, bei denen es sich ziemlich eindeutig nicht um Angestellte, sondern um Menschen mit einem Anliegen an die Botschaft handelte.
Die Angestellten waren ganz offensichtlich nahezu ausnahmslos vor 9 Uhr erschienen.
Die Besitzerin des Restaurants schien sich auch bereits zu fragen, was sie uns noch anbieten sollte. Es war wohl eher nicht üblich, dass man dort 3 Stunden bei Tee und Nescafe saß.
Noch verwundeter war sie sicherlich, als wir 2 Stunden später erneut erschienen, um dort wieder 3 Stunden Tee zu trinken.
Wir hatten uns vorgenommenen,
unserer Beute dort täglich von 7:00 bis 9:30 Uhr, sowie von 11:30 bis 14:00 Uhr und 16:00 bis 18:00 Uhr aufzulauern, um ihn bei Arbeitsbeginn, einer Mittagspause oder wenn er in den Feierabend ging, abzufangen und zogen das auch eisern durch. Zumindest Nele-Imke und ich. Für Off war das natürlich bereits nach wenigen Stunden zu langweilig. Sie verstand ja nicht worum es ging und es wäre eine Quälerei gewesen, sie dort stundenlang mit uns rumsitzen zu lassen. Daher vergnügten sich die beiden auf eigene Faust in der Stadt, während Nele-Imke und ich Posten bezogen.
Am zweiten Tag hatte sich auch die Restaurantbesitzerin nicht mehr wirklich über die seltsamen Ausländer gewundert, die stundenlang die Botschaft beobachteten. Als wir morgens dort ankamen, hatte sie uns mit ihrem strahlenden Lächeln freundlich begrüßt und uns den Tisch etwas zurechtgerückt, damit wir eine noch bessere Sicht auf die Botschaft hatten. Zwei Tees waren bereits fertig und warteten auf uns.
Am dritten Tag war der Tisch ganz verschwunden. Stattdessen warteten dort zwei bequeme Liegesessel auf uns, die sie, soweit ich das richtig verstanden habe, von einem benachbarten Massagesalon ausgeliehen hatte, weil Nele-Imke die Tage zuvor sichtbar auf den doch eher unbequemen Plastikstühlen gelitten hatte.
So vergingen zwei Wochen ereignis-und ergebnislos. Abgesehen von einem einzigen Mal am siebten oder achten Tag, als Nele-Imke plötzlich aufgesprungen und losgerannt war, weil sie Herrn Bergdorf erkannt zu haben glaubte. Aber noch bevor sie ihn erreichte, hatte sie erkannt, dass sie sich geirrt hatte und war frustriert zu ihrem Liegesessel zurückgekehrt.
Die Warterei war mehr als frustrierend und wurde zunehmend langweiliger, weil wir viele der Angestellten mittlerweile schon von weitem erkannten. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, zumal wir noch ein anderes Eisen im Feuer hatten.

 
        #758  

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Ich hatte bereits am zweiten Tag selbst die Botschaft aufgesucht. Mich kannte man dort ja nicht und so konnte ich problemlos hineinkommen. Allerdings kam ich nur wenig später mit leeren Händen, beziehungsweise lediglich der Information, dass Pong und Off persönlich erscheinen mussten, wieder heraus.

Also ging ich am nächsten Tag mit Pong und Off erneut in die Botschaft. Den Gentest legten wir gar nicht erst vor. Wir wussten ja bereits, dass man die Geschichte mit Pong als Nele-Imkes Schwester nicht geglaubt hatte. Warum hätte die Wahrheit mit Off statt Pong zu einem anderen Ergebnis führen sollen? Ausserdem war es sicher klüger Nele-Imke komplett aus dem Spiel zu lassen und sie in der Botschaft besser gar nicht zu erwähnen.

Wir traten also als ganz normales Pärchen auf. Ich war im Urlaub in Pattaya gewesen, hatte dort Pong kennengelernt, wir hatten uns verliebt und wollten nun gemeinsam in Deutschland mit Off eine Familie gründen. Das entsprach nicht nur weitgehend der Wahrheit, sondern war zudem völlig unverfänglich. Das war das Normalste der Welt und, wie wir anhand der vielen anderen dort wartenden Pärchen sehen konnten, auch nichts Ungewöhnliches.
Wir waren daher guter Dinge, dass wir die Visa bekommen würden. Einzig die Frage, ob Pongs Name dort vielleicht wegen des Eklats mit Nele-Imke bekannt sein könnte, bereitete uns etwas Kopfschmerzen.
Der Sachbearbeiter, der Pongs Visumantrag samt Unterlagen entgegennahm war höflich und professionell, sah kurz alles durch, stellte einige Fragen und quittierte die Zahlung der Visumgebühr. Trotzdem hatte ich von da an irgendwie kein gutes Gefühl mehr bei der Sache. Es war nicht wirklich greifbar, aber mir schien es so, als wüsste er, dass der Visumantrag, den er gerade entgegennahm, abgelehnt werden würde. Ich kann es nicht erklären, wie ich darauf kam. Vielleicht war es die hochgezogene Augenbraue, als Pong seine Frage nach ihrem Beruf mit "Dancer" beantwortete. Jedenfalls war meine anfängliche, positive Erwartungshaltung deutlich gedämpft, aber mehr als Abwarten konnten wir eh nicht tun. Die Bearbeitung sollte 10 bis 14 Tage dauern. Sehr viel länger, als wir erwartet hatten, aber anders als Nele-Imke wollte ich nicht drängeln, sondern freundlich und kooperativ auftreten. Wenn wir dann nach zwei Wochen die Visa bekommen würden, hätte sich das Warten allemal gelohnt.

Vielleicht würde uns ja in der Zwischenzeit auch noch dieser Herr Bergdorf, der wie ich mittlerweile wusste, ziemlich sicher nicht so hieß, ins Netz gehen. Es war immer gut einen Plan B zu haben, auch wenn ich nicht wirklich wusste, welcher von beiden nun Plan A und welcher Plan B war.
Ein wirklich gutes Gefühl hatte ich bei beiden nicht, aber einer von beiden musste klappen. Und falls nicht, musste ein Plan C her. Pong in Thailand zurückzulassen, war jedenfalls keine Option.
 
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        #759  

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Das wird immer spannender.


Member hat gesagt:
Am dritten Tag war der Tisch ganz verschwunden. Stattdessen warteten dort zwei bequeme Liegesessel auf uns, die sie, soweit ich das richtig verstanden habe, von einem benachbarten Massagesalon ausgeliehen hatte, weil Nele-Imke die Tage zuvor sichtbar auf den doch eher unbequemen Plastikstühlen gelitten hatte.

Haha zu geil.
 
        #760  

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Herzlichen Dank für die Fortsetzung. Ich lese mit grossem Interesse und bin gespannt wie es weiter geht. Vielen Dank für die grossartige Story.
 
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