Teil 21 Springen oder nicht springen, das ist hier die Frage.
Ich lief in jener Zeit reichlich unentspannt durch die Gegend. Die Situation übte jede Menge Druck auf mich aus. Wie ich auf so etwas reagiere, ist jenen - die meine Geschichte bisher mitgelesen haben - schon bekannt. Ich schalte meinen Kopf ein, sammle Fakten sowie Entscheidungskriterien und analysiere damit die ganze Situation.
An meinen bisherigen Erkenntnissen in Bezug auf Aranaa (die ich in Teil 7 und Teil 15 schon beschrieben hatte) hat sich nichts geändert. Ja, es gab dazwischen einmal etwas Streit. Aber das schreckte mich nicht. Eine der wichtigsten Bedingungen für eine Beziehung ist ein funktionierendes Konfliktmanagement. Ich hatte gelernt, dass sich Aranaa nach einem Streit anfangs zurückzieht. Da lässt man sie am besten in Ruhe und wartet ab. Nach Abklingen der Emotionen kann man wieder vernünftig mit ihr sprechen. Passt.
Aranaa ist eine fröhliche und umgängliche Person, bei der nur selten leiser Zickenalarm zu vernehmen ist. Wenn sie dann auch noch am Abend zum Kühlschrank geht und sich ein Bier holt, dann weiß ich dass bald für ein paar Tage Enthaltsamkeit angesagt sein wird und übe mich daher in Nachsicht ;)
Mit Mike und Ning hatte ich ein normales freundschaftliches Verhältnis, aber ich sprach mit ihnen nicht mehr über Aranaa. Ich kannte ihre Einstellungen und es war ohnehin so ziemlich alles zu dem Thema gesagt, was es zu sagen gab.
Meinem Freundeskreis und teilweise meinem beruflichen Umfeld hier in Österreich war es durch die monatelange Anwesenheit von Aranaa natürlich nicht verborgen geblieben, dass ich mir eine Thai „aufgerissen“ habe… was naturgemäß für einiges Aufsehen sorgte. Die Reaktionen waren recht unterschiedlich. Es gab einige, die meinten dass wir sehr gut zusammenpassen. Andere waren wiederum etwas skeptisch, ob so etwas gut ist und Sinn macht und da waren noch jene, die selbst schon Erfahrungen mit Asien und den dortigen Frauen gemacht hatten. Menschen aus dieser Gruppe hatten meist eine eher negative Haltung, „die hat sicher in Pattaya noch ein paar andere Farangs neben dir laufen“ hörte ich nicht nur einmal. Aber das ließ mich definitiv kalt, was nicht von ungefähr kam.
Inzwischen war ich mit Aranaa schon 3 Jahre lang zusammen und mein Vertrauen in meine Einschätzung ihrer Person ist deutlich gestiegen. Aber nicht nur das gab mir Sicherheit. Sie hatte seit längerer Zeit mein altes iPhone. Dieses hat eine Ortungsfunktion, welche ich aktiviert hatte. Wenn ich auf mein iPhone blickte, konnte ich somit immer sehen wo sie gerade war. Ok… streng genommen sah ich nicht wo sie war, ich sah wo das iPhone war. Aber wenn ich anrief, hob sie immer sofort ab. Das zeigt, dass sie das Gerät immer bei sich trug.
Ich verfolgte mit, dass sie jeden Tag am Vormittag in die Schule fuhr und ab Mittag zu Hause war. Manchmal ging sie zu einem nahe gelegenen Tempel um zu beten. Einmal sah ich, dass sie an einem Sonntag ganz woanders war. Über Street View sah ich, dass das so eine Art öffentliches Gebäude war. Am nächsten Tag erzählte sie mir aus freien Stücken, dass sie auf einem Fest in einem Waisenheim war zu dem sie von Lehrern ihrer Sprachschule eingeladen wurde. Sie sendete auch ein paar Fotos.
Das erzeugt Vertrauen.
Ja, ich weiß. Ich schnüffelte ihr nach. Tut man nicht und normalerweise tue ich das auch wirklich nicht. Aber für Aranaa wirkte sich meine Schnüffelei sehr positiv aus. Ich wusste, dass sie sich am Abend nicht in Bars herum trieb und daher blieb ich bei solche Bemerkungen wie „die hat sicher noch andere Farangs nebenbei laufen“ sehr gelassen.
Ich begann über die Möglichkeit einer Heirat nachzudenken und tat dies natürlich nach wie vor in meiner mir üblichen analytischen Art und Weise. Was ist das Risiko? Was ist der Worst-Case? Welche Exit-Strategien habe ich?
Eine meiner schlimmsten Ängste war: kann ich im Falle einer Scheidung für den Rest meines Lebens zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden? Wie groß ist die Gefahr? Wie ist hier die aktuelle Gesetzeslage? Ich wusste es nicht.
In der Zeit während meiner Scheidung kannte ich mich zwar damals im Gesetz gut aus, aber das ist 20 Jahre her. Seit dieser Zeit hat sich viel verändert. Ich brauchte also professionelle Beratung und besorgte mir daher die Adresse eines Rechtsanwaltes, der auf das Fremden- und Eherecht spezialisiert ist, rief an und ersuchte ihn um einen Termin.
Ich schilderte ihm sehr offen meine Situation und befragte ihn zu allem, was mir in dem Zusammengang so durch den Kopf ging.
Der Rechtsanwalt fragte mich ob wir Kinder haben wollen. Nein, gemeinsame Kinder waren zwischen Aranaa und mir nie ein Thema. Ich hatte mich schon vor Jahren einer Vasektomie unterzogen und Aranaa wollte ohnehin auch keine mehr.
Das vereinfachte alles deutlich. Der Rechtsanwalt meinte, dass mir nicht viel passieren kann. Ich habe weder ein Haus, kein großes Vermögen oder sonstige Besitztümer. Er riet mir daher auch von einem Ehevertrag ab (kostet nur Geld und bringt in meinem Falle nur symbolischen, aber keinen praktischen Nutzen) und in Sachen Unterhaltszahlungen war er auch sehr entspannt. Wenn sie sich in Österreich im Arbeitsprozess befindet, besteht keine Gefahr. Das beruhigte mich, denn ich wusste, dass sie ja unbedingt arbeiten wollte.
Die Fakten signalisierten also Entwarnung. Rechtlich konnte mir offensichtlich nicht viel passieren. Alle bisher mit Aranaa gemachten Erfahrungen im Zusammenleben waren ausnahmslos positiv. Sie zeigte während ihrer Aufenthalte nie Heimweh, kam mit Kälte zurecht und ließ nie auch nur den Hauch eines Zweifels aufkommen, dass sie ihren Wunsch hier zu bleiben und zu arbeiten nicht ernst meinen könnte. Sie hat mir auch schon zweimal bewiesen (Massageausbildung, Deutsch-Kurs), dass sie in der Lage ist ein Ziel konsequent zu verfolgen, dafür Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen, diese zu überwinden und es am Ende auch zu erreichen… eine ganz wichtige Eigenschaft.
Aber die größte Hürde war ich selbst. Soll ich… ICH(!!) der eiserne Junggeselle, über meinen Schatten springen und mich wirklich auf meine alten Tage noch einmal neu binden? Oder soll ich ihr nicht lieber doch sagen, dass das mit dem Arbeiten in Österreich nichts wird und dass mir das alles so sehr leid tut?
Teil 22 folgt.