Die Doku hat nun tatsaechlich einen blanken Nerv getroffen. Mal das duemmlich Verschwoerungsgelaber ausgeblendet, gibt's doch reichlich Missverstaendnisse, die z.T. bewusst befoerdert werden.
Es gibt Dokus, die in der Tat mit einem Script starten und dann Foerderung erhalten. Das sind meist relativ 'zeitlose' Themen, wie historische Persoenlichkeiten und Kulturen. Bei denen kommt es darauf an, dass das Material serioes den Wissensstand widerspiegelt. Das Script wird in der Regel nicht von Experten, sondern Wissenschaftsjournalisten gemacht. Es macht auch Sinn, weil diese Dokus oft sehr grosse Themenbreiten abdecken. Fuer die einzelnen Aspekte gibt's dann den Faktencheck. Ich habe das selbst in meinem eigenen Bereich mehrfach gemacht. Die Texte waren in der Regel ok, aber im Detail unpraezise. Dicke Brocken gab's kaum. Das liegt auch daran, dass die Autoren, wie alle Redakteure (so war's frueher zumindest) einen Magistabschluss vorweisen muessen. Sonst gab's keine Arbeitsvertraege. Die Leute kennen sich also mit Quellenanalyse und Literarturberichten aus. Fuer das Weitergehende kommen dann die Fachidioten zum Zug. Solche Dokus sind oft 2-3 Jahre in Arbeit, manchmal auch viel laenger. Das haengt vom Thema, Reisen und Genehmigungen in den zu besuchenden Laendern ab.
Im vorliegenden Fall ist ein solches Herangehen natuerlich undenkbar. Das war alles aktuell und man blieb am Thema dran, ohne zu wissen, was da noch kommt. Von daher kann man die obigen Unterstellungen zu Propaganda usw. sofort in den Muelleimer werfen.
Unbeachtet der Aktualitaet und der damit verbundenen Unwaegbarkeiten muessen aber alle faktischen Behauptungen belegbar sein. D.h. beim Kifi war sein eigenes Eingestaendnis, er ist eben kein Verdaechtiger, entscheidend. Die vielen O-Toene wurden in der Regel von weiterem Material begleitet, eingebettet, und damit auch bestaetigt. Man sah einmal kurz beim Interview mit Big Joke in Frankfurt, dass der Redakteur eine ganze Mappe mit Materialien, Fotos, Dokumente, auf den Tisch legte. Wurde alles verpixelt, aber es war doch eindeutig. Diese Materialien sind nicht gezeigt worden. Das hat zu einem mit dem Persoenlichkeitsschutz zu tun oder vermutlich eben auch mit strategischen Erwaegungen mit Bezug auf kuenftige Beitraege.
Wir muessen natuerlich auch zwischen Wertungen, die vielen hier nicht passen, und dem vorliegenen Material unterscheiden. Wertungen sind zulaessig und sinnvoll und sollten idealer Weise als solche sofort erkennbar sein. Aehnlich wie man es in der Tagesschau bei Kommentaren macht. Da wird man nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Das ist aber auch ok, weil Meinungsvielfalt ist gewollt und es gibt eben keine eine Wahrheit/Meinung, die alle teilen muessen. Mit anderen Worten Demokratie. Der Redakteur hat da einen Handlungsspielraum, wo er eigenverantwortlich auch seine Sicht der Dinge einbringen kann und soll.
Daneben bringt es nicht viel sich darueber aufzuregen, was denn alles nicht geleistet wurde. Die Leute haben mit dem vorhandenen Material gearbeitet, es weiter verfolgt und dann eine in sich schluessige und gut belegte Geschichte praesentiert. Die Motive des Qualitaetstouristen an sich, die Lage auf den Reisfeldern usw. sind sicherlich interessant und wichtig, waren aber kein Thema. Es macht also kaum Sinn, bildlich gesprochen, sich bei einer Fussballreportage ueber fehlende Einzelheiten zur Leichtathletik aufzuregen. Aber darum geht's einigen hier ja ueberhaupt nicht. Man benutzt die willkommene Gelegenheit eigene politische Inhalte unterzubringen. Es brennt doch sehr unter den Naegeln. Das Gemaekel ist letztendlich unerheblich, denn der entscheidende Qualitaetsnachweis kam von massgebender Stelle: Die panische Reaktion der thailaendischen Polizei. Die waren voll erwischt worden und konnten nicht viel machen. Man musste den deutschen Redakteuren sogar die weitere Arbeit im Lande ermoeglichen, Interviews geben. So etwas nennt man einen coup. Meinen Glueckwunsch.
Die Geschichte bot also einen interessanten Einblick in die Machenschaften der Polizei, die vielen Bundesbuergern voellig ueberrascht haben wird. Die thailaendische Gesellschaft wurde in der Kuerze der Zeit recht differenziert aufgeschluesselt und niemand wurde ueber einen Kamm geschert oder pauschal verdammt. Die Touris kamen schlecht weg, nicht als Verbrecher, aber eher als klaegliche Schar. Aber mal ehrlich, der Besoffene auf Party in Pattaya ist keine Ausnahme und die sieht man zur Genuege. Was er sagte kann man auf den Foren auch nachlesen. Von daher wurde da nichts inszeniert. Der Schriftsteller mit seinen Aussagen zum Alter und den Noeten kann man auch vielfach in den Beitraegen auf den Foren wiederfinden. Juengere moegen das anders sehen, doch habt einfach ein wenig Geduld. Das Alter hat kein Erbarmen. Die Selbstwahrnehmung mag anders aussehen, doch dann hilft vielleicht eine solche Konfrontation und man kommt zu einer neuen Einschaetzung.
Bei einer kuenftigen Doku zu Thailand/Pattaya, die vielleicht einen anderen Schwerpunkt setzt, koennte man durchaus eine breitere Spannweite in den Beziehungen aufzeigen. Es gibt schliesslich sehr viele Partnerschaften/Ehen, die LGBT-Szene eingeschlossen. Dann Leute die sich engagieren, z.B. im Gemeindezentrum in Naklua und bei anderen NGOs. Der Pfarrer kann zweifellos eine abgeklaerte und sehr menschenfreundliche Sichtweise bieten, wenn es denn im Sinne seiner Arbeit sein wurde. Es gibt Leute die Geschaefte betreiben, wie Baecker, Metzger und andere Berufe. Die Auswandererformate in den Privatsendern sind ziemlicher Mist und eine weniger effekthascherische Darstellung waere eigentlich ganz sinnvoll.
Das Gejammer, dass Thai-Uebeltaeter nicht hinreichend gewuerdigt wurden, bringt nichts. Es war ein deutscher Sendebeitrag und der richtet sich an ein deutsches Publik. Da steht dann tatsaechlich der deutsche Kifi im Mittelpunkt, weil der ist in erster Linie relevant. Das viele Thais keinen Schlag besser sind, aendert nichts an den Taten des Deutschen. So eine Denkweise ist natuerlich nicht neu, ablenken, relativieren und kleinreden.
So Zeit fuer den Nachtmarkt.