Lufthansa-Ferienflieger von Streiks bedroht
Mitten im Sommer drohen Urlaubern neueStreiks – bei der Lufthansa-Tochter Discover Airlines. Dort tobtein Machtkampf konkurrierender Gewerkschaften. Zwei davon machen demKonzern schwere Vorwürfe.
Dem Lufthansa-Ferienflieger Discover Airlines stehen unruhige Zeiten bevor. Auch Streiks in der Ferienzeit sind nicht ausgeschlossen. Hintergrund ist, dass es bis heute keinen Tarifvertrag für das 2021 gegründete Unternehmen gibt. Zwar verhandelte Lufthansa immer wieder mit den Gewerkschaften, doch zu einem Abschluss ist es bislang nicht gekommen.
Discover Airlines operiert mit einer schlankeren Kostenstruktur im Vergleich zu den Hauptmarken der Lufthansa Group. Die Personalkosten sind niedriger, Betriebsabläufe effizienter. Die Linie fliegt von den Flughäfen Frankfurt am Main und München aus Urlaubsziele in Ländern wie Spanien, Griechenland, den USA oder der Dominikanischen Republik an. Derzeit besteht die Flotte aus 27 Flugzeugen.
Konkurrierende Gewerkschaften
Nach SPIEGEL-Informationen könnte nun der Gewerkschaft Ver.di ein Tarifabschluss mit dem Lufthansa-Konzern für dessen Ableger Discover Airlines gelingen, und zwar für die Kabinenbesatzungen und das Cockpitpersonal. Der Abschluss würde jedoch die Kabinengewerkschaft Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) sowie die Pilotengewerkschaft VereinigungCockpit (VC) verärgern. Sie verhandeln ebenfalls seit Monaten mit der Lufthansa.
Bei der UFO vermutet man, dass Discover Airlines gezielt parallelmit Ver.di verhandelt haben könnte – um die Gewerkschaftengegeneinander auszuspielen. In einem internen Rundschreiben, das dem SPIEGEL vorliegt, heißt es: »Aus sehr gut unterrichteten Kreisen hört man schon lange das Gerücht, dass die Geschäftsleitungparallel mit Ver.di spricht, um sich am Ende auszusuchen, mit wem sielieber Tarifverträge schließen möchte.« Mittlerweile hätten sich die Indizien so weit verdichtet, dass »daran für uns kein Zweifel mehr besteht«.
UFO will nun ebenfalls einen Tarifabschluss erzielen, zur Not mit Streiks. Auf diese Weise möchte die Gewerkschaft auch beweisen, dass sie bei Discover Airlines mehr Mitglieder auf sich vereint als Ver.di. »Uns bleibt nur der Weg, einen Tarifvertrag zu erstreiken«,sagt Harry Jaeger, Leiter Tarifpolitik bei der UFO. »Denn für eine Auszählung, wer die meisten Mitglieder hat, ist er zwingend nötig.« Damit folgt UFO der Logik des sogenannten Tarifeinheitsgesetzes: Am Ende gilt nur der Tarifvertrag, den die mitgliederstärkste Gewerkschaft abgeschlossen hat.
Rasche Eskalation
Im Fall eines Ver.di-Abschlusses könnte man den Konflikt durch Streiks schnell eskalieren lassen, heißt es in UFO-Kreisen. Weil Streiks rasch anberaumt werden könnten, seien diese noch in der laufenden Ferienzeit denkbar. Auch ein Zusammenschluss mit denPiloten und deren Gewerkschaft Vereinigung Cockpit sei denkbar.
Bereits in der Vergangenheit gab es Streiks der UFO bei Discover Airlines, auch gemeinsam mit der Pilotengewerkschaft. Sie verpufften allerdings, weil es dem Unternehmen gelang, trotzdem viele Maschinen rechtzeitig in die Luft zu bekommen.
Möglich wäre nun allerdings, die Streiks zeitlich auszudehnen. Dann würden Arbeitszeiten überschritten werden, die es zuletzt möglich machten, gezielt Streikbrecher einzusetzen.
Auch bei der Pilotengewerkschaft VC ist man unglücklich über dieTarifverhandlungen für die Piloten der Discover Airlines. Auf VC-Rückfrage hätten der Konzern und die Geschäftsleitung von Discover Airtlines offen mitgeteilt, dass man auch mit Ver.di verhandle, heißt es in einem Informationsschreiben an Mitglieder, das dem SPIEGEL ebenfalls vorliegt. »Es gibt nicht den Wunsch, mit uns zu tarifieren«, konstatiert die Pilotengewerkschaft.
Bei den Piloten von Discover Airlines dürfte die Gewerkschaft VC den größeren Rückhalt haben als Ver.di. So unterzeichneten mehr als die Hälfte aller Cockpit-Mitarbeiter des Ablegers eine Petition mit einem Bekenntnis für die VC als Verhandlungspartner. Zwar sagt das nichts über die tatsächliche Zahl der Mitglieder aus,allerdings dürfte dies ein deutlicher Stimmungsindikator sein.
Lufthansa will die Vorgänge nicht im Detail kommentieren. »Wir bitten um Verständnis, dass wir grundsätzlich laufende Gespräche mit den Gewerkschaften nicht kommentieren«, sagt ein Konzernsprecher. Ziel bleibe »eine zeitnahe Tarifierung bei DiscoverAirlines«.
Quelle:
www.spiegel.de